Problemfelder von Pflegepädagogen in Bezug auf benachbarte pädagogische Bereiche. Die Überschneidung der Pflegepädagogik mit verschiedenen Subdisziplinen


Thèse de Bachelor, 2019

85 Pages, Note: 1,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problembeschreibung
1.2 Fragestellung

2 Begriffsannäherung
2.1 Pflege
2.2 Pädagogik
2.3 Pflegepädagogik

3 Die Pflege im geschichtlichen Kontext als Ausgangspunkt
3.1 Pflege als Beruf
3.2 Pflege in Deutschland auf dem Weg zur Profession
3.3 Die Perspektive der Pflegewissenschaft in Deutschland
3.4 Aktuelle Entwicklungen innerhalb der deutschen Pflegelandschaft

4 Einblicke in relevante Teilbereiche der Pädagogik
4.1 Die Pädagogik im geschichtlichen Kontext
4.2 Die Pädagogik als vielfältige Disziplin
4.3 Pädagogik im Gesundheitsbereich
4.4 Der Bereich der Berufspädagogik
4.5 Der Bereich der Erwachsenenpädagogik
4.6 Der Bereich der Sozialpädagogik
4.7 Der Bereich der Geragogik
4.8 Der Bereich der Medizinpädagogik

5 Facetten der Pflegepädagogik
5.1 Die Geschichte der Pflegelehrer
5.2 Ausbildung und Studium von Pflegepädagogen
5.3 Pflegepädagogen an Schulen des Gesundheitswesens
5.4 Pflegepädagogen in der Fort- und Weiterbildung
5.5 Pflegepädagogen in der Patientenberatung und Edukation
5.6 Aktuelle Entwicklungen zur Pflegepädagogik in Deutschland
5.7 Bildung in der Pflege international

6 Methodik
6.1 Der qualitative Forschungsansatz
6.2 Das Experteninterview
6.3 Die qualitative Inhaltsanalyse
6.4 Datenerhebung und Datenauswertung

7 Ergebnisse der Interviews in Bezug auf den Theorieteil

8 Diskussion und Zusammenfassung
8.1 Bereichsspezifische Problemfelder
8.2 Bereichsübergreifende Problemfelder
8.3 Zusätzliche relevante Aspekte die Pflegepädagogik betreffend

9 Fazit und Ausblick

Literatur

Anhang

Abstract

Die Pflegepädagogik, als Neuling innerhalb der Erziehungswissenschaften, leistet unter an­derem im Rahmen der Lehre an Pflegeschulen einen wichtigen Beitrag zur Funktion des Pflege- und Gesundheitssystems. Die Hauptarbeitsbereiche der Pflegepädagogen, Lehre und Beratung, überschneiden sich dabei mit verschiedenen anderen pädagogischen Subdiszipli­nen. Die vorliegende Bachelorarbeit befasst sich mit Problemfeldern von Pflegepädagogen, die diese bezüglich benachbarter pädagogischer Bereiche, wie z.B. der Berufspädagogik und der Erwachsenenpädagogik, beschreiben. Damit soll ein Beitrag zur Festigung der Disziplin Pflegepädagogik geleistet werden. Um die Forschungsfrage beantworten zu können erfolgte zuerst eine ausführliche Literaturrecherche. Anschließend wurden, im Rahmen eines qualita­tiven Ansatzes, Experten aus ausgewählten Arbeitsbereichen zu diesem Thema befragt. Im Endergebnis werden, neben einzelnen bereichsspezifischen Problemen, drei zentrale, be­reichsübergreifende Problemfelder ersichtlich: Eine Hierarchie der unterschiedlichen pädago­gischen Studien-Abschlüsse, die geringe Entfaltungsmöglichkeit der pflegepädagogischen Expertise in der beruflichen Praxis und eine schwache Präsenz der Pflegepädagogen in rele­vanten Bereichen außerhalb der Pflegeschulen. Es kann so von einer mangelnden Wertschät­zung gegenüber Pflegepädagogen gesprochen werden. Die vorliegende Arbeit zeigt verschie­dene weiterführende Forschungsansätze auf: Unter anderem wären im Hinblick auf die Forschungsfrage die Sichtweisen sowohl der benachbarten pädagogischen Bereiche, als auch der jeweiligen Entscheidungsträger im Bildungs- und Gesundheitswesen interessant.

Gender Erklärung

Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit wird in der vorliegenden Arbeit die gewohnte männliche Sprachform bei personenbezogenen Substantiven und Pronomen verwendet. Dies impliziert jedoch keine Benachteiligung anderer Geschlechter, sondern soll im Sinne der sprachlichen Vereinfachung als geschlechtsneutral zu verstehen sein.

1 Einleitung

Die gesellschaftliche Bedeutung von Erziehung und Bildung nimmt weiterhin zu. Infolgedessen verändern sich auch die Konturen der Pädagogik als Wissenschaft und Profession. Dieser Wandel erfolgt sowohl nach außen, bezogen auf Gesellschaft, Politik und ihre Nachbardiszip­linen, als auch nach innen, bezogen auf ihre unterschiedlichen Subdisziplinen und For­schungsfelder (Müller, Bohne & Thole, 2013, S. 19).

Der Pluralismus der verschiedenen Subdisziplinen innerhalb der Pädagogik ist als zuneh­mende Spezialisierung zu verstehen und insofern eine Reaktion auf die an sie herangetrage­nen vielfältigen und komplexen gesellschaftlichen Problemstellungen (Gudjons & Traub, 2016, S. 19-20). Zusätzlich erweitern sich die Arbeitsgebiete der Pädagogik immer mehr. Im Zuge dessen entstehen auch weiterhin neue Disziplinen (Gamm, 2017, S. 93). Eine dieser neu her­ausgebildeten Disziplinen ist die Pflegepädagogik (Sahmel, 2015, S. 13). In ihrem Zentrum stehen aktuelle und mögliche Handlungsfelder und Fragestellungen der Aus-, Fort- und Wei­terbildung im Pflege- und Gesundheitsbereich, der Beratung und Edukation von Patienten und deren Angehörigen, der Beratung in Pflegestützpunkten sowie der Projekt und Entwicklungs­arbeit (Brinker-Meyendriesch & Arens, 2016, S. 18; Sahmel, 2001, S. 5).

Der Schritt zur Teildisziplin der Pädagogik gelang der Pflegepädagogik im deutschsprachigen Raum Anfang der 1990er Jahre (Cassens, 2014, S. 70). Obwohl sie noch am Anfang ihrer Entwicklung steht, ist es ihr inzwischen gelungen ein eigenes pädagogisches Feld zu besetzen und so zumindest in ihrem Hauptarbeitsfeld, im System der Pflegeschulen zu einer eigenen Lehreridentität zu finden. Jedoch bedarf es weiterhin einer inneren Differenzierung und einer Festigung dieser Identität. So sind an den Pflegeschulen z.B. die verschiedenen Zuständig­keiten der Lehrenden noch weitgehend ungeklärt (Arens et al., 2018, S. 68). In den weiteren genannten Arbeitsfeldern hat sich die Pflegepädagogik noch nicht ausreichend gefunden. Hierzu bedarf es sowohl einer Differenzierung gegenüber anderen pädagogischen Bereichen, um damit die Einzigartigkeit der pflegepädagogischen Expertise darzustellen und auch neue pflegepädagogische Wirkungsbereiche zu begründen und zu erschließen, als auch einer gleichzeitigen Einbeziehung benachbarter pädagogischer Bereiche, um Gemeinsamkeiten zu finden, und so mögliche Synergien aufzudecken und zu nutzen.

Die sich im Spannungsbereich dieser gleichzeitigen Differenzierung und Einbeziehung erge­benden Problemfelder, zwischen der Pflegepädagogik und ihren benachbarten pädagogi­schen Bereichen, sollen in der vorliegenden Arbeit in den Fokus gerückt werden. Es soll eine erste, grundsätzliche Felderöffnung erfolgen, um später daraus neue Fragen zu generieren und somit eine weitere vertiefte, wissenschaftliche Bearbeitung zu ermöglichen. Ziel dieser Arbeit ist es, einen kleinen Beitrag zur Konsolidierung der Pflegepädagogik zu leisten.

1.1 Problembeschreibung

Pädagogische Bereiche können je nach Blickwinkel und individueller Gewichtung unterschied­lich beschrieben werden. So sind beispielsweise Einteilungen nach Lebensalter, nach Lern­formen, nach Zielgruppen und nach Inhalten möglich. Aus den gleichen Gründen können auch die jeweiligen Bereichsgrenzen durchaus unterschiedlich gezogen werden (Kade et al., 2011, S. 90).

In der vorliegenden Arbeit werden die benachbarten pädagogischen Bereiche hauptsächlich anhand ihres Einflusses auf die Pflegepädagogik bzw. anhand aktueller und zukünftiger, ge­meinsamer Arbeitsbereiche betrachtet und dann einbezogen.

Mit den erwähnten Problemfeldern sind nicht klar begrenzte, sich verschiebende, vielfältige Problem- Aufgaben- oder Fragestellungen der jeweiligen pädagogischen Bereiche gemeint, welche entweder gemeinsam oder aber in Konkurrenz zueinander bearbeitet werden können. Aufgrund der relativ offenen Fragestellung und des neuen Forschungsbereichs muss eine, zur Bearbeitung der Problemstellung nötige Literaturrecherche breit angelegt werden und umfas­send ausfallen. Ergänzt werden soll die Literaturrecherche dann durch Interviews mit Pflege­pädagogen um die aktuelle Sichtweise der entsprechenden Experten miteinzubeziehen.

Um in der vorliegenden Arbeit die vermuteten Problemfelder sichtbar zu machen, erfolgt ab Kapitel zwei zunächst eine Annäherung an zentrale Begriffe, gefolgt von einer ausführlichen Bearbeitung der Fragestellung mittels aktueller Fachliteratur ab Kapitel drei bis fünf. In Kapitel sechs wird die gesamte Methodik ausführlich dargestellt bevor eine weitere Vertiefung mittels qualitativer Experteninterviews erfolgt. Den Abschluss bilden dann die Kapitel acht und neun mit Diskussion und Zusammenfassung sowie Fazit und Ausblick. Den Fixpunkt der gesamten Arbeit stellt dabei die nachfolgende Forschungsfrage dar.

1.2 Fragestellung

Welche Problemfelder beschreiben Pflegepädagogen in Bezug auf benachbarte pädagogi­sche Bereiche?

2 Begriffsannäherung

Der für die vorliegende Arbeit relevante Hauptbegriff 'Pflegepädagogik' oder genauer 'Pflege­pädagoge' ist zusammengesetzt aus 'Pflege' und 'Pädagogik'. In den Abschnitten 2.1 bis 2.3 soll nun eine Annäherung an diese Begriffe erfolgen.

2.1 Pflege

Zuerst genaueres zum Begriff 'Pflege': Der Ursprung des westgermanischen Verbs 'pflegen' ist etymologisch nicht endgültig geklärt. Zunächst bedeutete es etwa so viel wie 'für etwas einstehen' bzw. 'sich für etwas einsetzen'. Umgangssprachlich hat der Begriff 'pflegen' bzw. als Substantiv 'Pflege' inzwischen viele Bedeutungen: Von Autopflege bis Landschaftspflege, von Wohlfahrtspflege bis Pflegebedürftigkeit. In der vorliegenden Arbeit ist der Begriff 'Pflege' bezogen auf 'professionelle Pflege' (im englischen 'nursing') im Gesundheitswesen. Wobei je­doch auch in diesem Bereich der Begriff 'Pflege' in verschiedenen Kontexten gebraucht wird. Insbesondere anhand der unterschiedlichen Berufsbezeichnungen ist diese Vielfalt erkennbar: Gesundheits- und Krankenpflege, Kinderkrankenpflege, Altenpflege, Heilerziehungspflege usw. (Brandenburg & Dorschner, 2015, S. 34; Spichiger, Kesselring, Spirig & Geest, 2006, S. 45).

Als Wissenschaft ist die Pflege jung. In den USA entstanden die ersten Studiengänge für Pflege Anfang des 20. Jahrhunderts. Auch herrscht bis heute noch keine Einigkeit darüber, was die spezifische Domäne einer Pflegewissenschaft sein soll (Panfil, 2013, S. 28 f.) bzw. ob die Pflege wissenschaftssystematisch eher innerhalb der Naturwissenschaften oder innerhalb der Sozialwissenschaften zu verorten ist (Schneider, Brinker-Meyendriesch & Schneider, 2005, S. 6). Die Auffassungen von Pflege waren und sind dabei nie einheitlich. Neben Verän­derungen im Laufe der Zeit gab und gibt es nationale, regionale und fachgebietsbezogene unterschiedliche Varianten von Pflege (Sauter, 2011, S. 43). Auch sind die Pflegeberufe nach wie vor deutlich durch die Medizin geprägt (Sahmel, 2001, S. 63).

Für einflussreiche Pflegetheoretikerinnen wie Hildegard Peplau ist Pflege ein signifikanter, the­rapeutischer und interpersonaler Prozess. Sie sieht Pflege auch als ein edukatives Instrument und als Reife fördernde Kraft (Peplau, 1995, S. 39). Für eine weitere führende Vertreterin der Pflegetheorien, Dorothea Orem, ist Pflege eine Kunst durch die der Pflegende hilfsbedürftigen Personen Unterstützung gewährt, um den täglichen Erfordernissen der Selbstpflege zu ent­sprechen (Orem, Felden & Bekel, 1997, S. 7). Die ANA (American Nurses Association) defi­niert Pflege als „... Diagnose und Behandlung menschlicher Reaktionen auf vorhandene oder

potenzielle Gesundheitsprobleme" (Sauter, 2011, S. 44). Aus dem deutschsprachigen Raum definieren Brandenburg und Dorschner die Pflege als das Beziehungsmanagement zwischen Patienten und Umgebung, welches die Förderung von Heilungs-, Gesundungs- sowie von Be­wältigungsprozessen zum Ziel hat (Brandenburg & Dorschner, 2015, S. 67).

Die Pflege unterteilt sich innerhalb der beruflichen Wirklichkeit in 'Pflegetheorie' und 'Pflege­praxis', wobei eben dieses Verhältnis von Pflegetheorie und Pflegepraxis vielfach ungeklärt bleibt (Brandenburg, Panfil & Mayer, 2018, S. 253). Pflege als Theorie oder 'Pflegewissen­schaft' und Pflege als Pflegepraxis sind personell und institutionell voneinander getrennt, je­doch gleichzeitig auch eng verbunden (Brinker-Meyendriesch & Arens, 2016, S. 139). Als Wis­senschaft ist Pflege „...eine Praxiswissenschaft, die sich mit menschlichen Erfahrungen, Bedürfnissen und Reaktionen in Zusammenhang mit Lebensprozessen, Lebensereignissen und aktuellen oder potenziellen Gesundheitsproblemen befasst. Als Wissenschaft generiert und überprüft Pflege Fachwissen über pflegerelevante gesundheitliche Phänomene und ent­sprechende Interventionen". Dagegen als „... Praxis unterstützt Pflege Individuen und Grup­pen im Rahmen eines Problemlösungs- und Beziehungsprozesses bei der Bewältigung des Alltags, beim Umgang mit Bedürfnissen und beim Streben nach Wohlbefinden, bei der Erhal­tung, Anpassung oder Wiederherstellung physischer, psychischer und sozialer Funktionen und beim Umgang mit existenziellen Erfahrungen. Dabei kommen der Gesundheitsförderung und dem Einbezug des Umfelds große Bedeutung zu. Die Rolle der Pflegenden lässt sich charakterisieren als die von fachkundigen, engagierten, interessierten und fürsorglichen Be­gleiterInnen" (Sauter, 2011, S. 39).

2.2 Pädagogik

Der Begriff 'Pädagogik' leitet sich vom altgriechischen Wort 'paidagogos' ab, welches Knaben­führer bedeutet (Bernhard, 2017, S. 16). Als eigene wissenschaftliche Disziplin ist die Päda­gogik (ähnlich wie die Pflege) noch relativ jung. Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts konnte sie sich vollständig aus der Philosophie herauslösen (Riedl & Schelten, 2013, S. 206). Die Pädagogik repräsentiert inzwischen die Wissenschaft von Erziehung und Bildung (Arnold & Pätzold, 2007, S. 14; Bernhard, 2017, S. 15), wobei Psychologie, Soziologie, Neurowissen- schaft, Medizin und Humanbiologie der Pädagogik als Hilfswissenschaften dienen (Mikhail, 2011, S. 12). Die beiden Begriffe 'Pädagogik' und 'Erziehungswissenschaft' werden häufig identisch gebraucht (Arnold & Pätzold, 2007, S. 28; Gudjons & Traub, 2016, S. 21; Otto, Bock, Rauschenbach & Vogel, 2002, S. 7). Stein definiert die Pädagogik wie folgt: "Pädagogik be­ziehungsweise Erziehungswissenschaft ist die Wissenschaft, die Prozesse der Erziehung, Bil­dung, des Lernens und der Sozialisation wissenschaftlich beobachtet, interpretiert, erklärt, die Auswirkungen dieser Prozesse vorhersagt und somit allen hieran beteiligten Personen der pädagogischen Praxis Handlungswissen zur Verfügung stellt" (Stein, 2017, S. 12).

Lenzen legt eine Skizze der besonderen Strukturen der Disziplin Erziehungswissenschaft vor. Er unterteilt sie in Subdisziplinen, Fachrichtungen und Praxisfelder (Lenzen, 2002, zitiert nach Gudjons & Traub, 2016, S. 21-23) wie z.B. die Subdisziplinen Sozialpädagogik, Berufspäda­gogik usw. die dann bestimmte Fachrichtungen untereinander organisieren und dabei auf den jeweiligen Praxisfeldern aufbauen (Stein, 2017, S. 13). In Abschnitt 4 bzw. 4.2 wird noch aus­führlicher auf diese Vielfalt eingegangen.

Die Hauptaufgabe der Pädagogik als kritischer Sozialwissenschaft besteht darin, jene Pro­zesse innerhalb der Gesellschaft, in denen Lernen, Erziehung und Bildung geschieht, wahr­zunehmen und entsprechend zu analysieren (Sahmel, 2015, S. 22). Die Pädagogik soll dabei die Erkenntnisfähigkeit fördern, da diese die Quelle aller Kompetenz darstellt (Arnold, 2007, S. 64). Die Leitidee der Pädagogik ist die 'Förderung zur Selbstwerdung' (Ilien, 2009, S. 10). Neben dem 'Lernen', als einem lebenslangen nicht auf spezifische Lernorte beschränktes Phä­nomen, welches sich als Lernprozess in Wissenszuwachs, Verhaltensänderung oder Persön­lichkeitsentwicklung dokumentieren lässt (Kessl, Kruse, Stövesand & Thole, 2017, S. 253) und der 'Sozialisation', welche den Vorgang der Vergesellschaftung des Menschen bezeichnet und die als Prozess definiert werden kann, „...durch den in wechselseitiger Interdependenz zwi­schen der biopsychischen Grundstruktur individueller Akteure und ihrer sozialen und physi­schen Umwelt relativ dauerhafte Wahrnehmungs-, Bewertungs- und Handlungsdispositionen auf persönlicher ebenso wie auf kollektiver Ebene entstehen" (Hurrelmann, 2008, zitiert nach Gudjons & Traub, 2016, S. 160), umreissen und bestimmen vor allem die Grundbegriffe der 'Erziehung' und der 'Bildung' das Feld der Pädagogik (Bernhard, 2017, S. 89). Mit 'Erziehung' wird die beabsichtigte personale Unterstützung bei der allseitigen Persönlichkeitsentwicklung des Menschen bezeichnet (Köck, 2000, S. 42). 'Bildung' dagegen meint zum einen 'sich bil­den', also den Prozess, in dem der Mensch zunehmend lernt, sein Leben selbstbestimmt zu gestalten, und zum anderen 'gebildet sein', als das Ergebnis eben dieses Bildungsprozesses (Mikhail, 2011, S. 51). In den genannten pädagogisch relevanten Fragen gibt es jedoch in der Regel nicht eine einzige anerkannte Position, sondern eine Vielzahl unterschiedlicher, oft so­gar entgegengesetzter, mehr oder weniger gut begründeter Ansichten (H.-C. Koller, 2017, S. 11).

Als Besonderheit ist die Pädagogik bzw. die Erziehungswissenschaft auf eine große Zahl prak­tischer Handlungsfelder bezogen (Krüger & Rauschenbach, 2012, S. 12). „... Ein Pädagoge kann daher als Wissenschaftler in der Erziehungswissenschaft bzw. als Erzieher oder Bil­dungsverantwortlicher in der Erziehungspraxis stehen" (Riedl & Schelten, 2013, S. 206).

2.3 Pflegepädagogik

Der Begriff 'Pflegepädagogik' ist seit Anfang der 1990er Jahre gebräuchlich. Hiermit wird so­wohl eine Teildisziplin der Pädagogik als auch ein pädagogisches Arbeitsfeld bezeichnet (Otto et al., 2002, S. 143), wobei die wissenschaftssystematische Verortung der Pflegepädagogik je nach Autor an verschiedenen Stellen erfolgt (Sahmel, 2015, S. 46 f.). Remme und Reiber se­hen die Pflegepädagogik hier auch in einem Spannungsfeld von Erziehungswissenschaft und Pflegewissenschaft (Reiber & Remme, 2009, S. 10).

Der Begriff 'Pflegepädagogik' vereint dabei die in den vorherigen Abschnitten beleuchteten Begriffe der 'Pflege' und der 'Pädagogik', wobei die Pädagogik als Erziehungswissenschaft über eine etwas längere wissenschaftliche Tradition verfügt, während die Pflege (bzw. Pflege­wissenschaft) sich noch in einem Anfangsstadium befindet (insbesondere in Deutschland) (Schneider et al., 2005, S. 10). Pflegepädagogik umfasst dabei genau genommen als berufli­ches Handlungsfeld bzw. Forschungsfeld nicht nur die 'Pflegepädagogen', sondern auch an­dere, je nach Sichtweise ähnliche oder verwandte Berufsgruppen (insbesondere Medizinpä­dagogen, Berufspädagogen Pflege und Gesundheit usw., auf die in den Abschnitten 4 und 5 noch genauer eingegangen wird) (B. Koller, 2009, S. 9).

Die zugehörige Pflegedidaktik nimmt Erkenntnisse aus verschiedenen erziehungswissen­schaftlichen Bereichen auf: U.a. aus der Berufspädagogik, der Erwachsenenbildung und der Sozialpädagogik (Ohlbrecht & Seltrecht, 2018, S. 225). Wie in der Einleitung bereits angespro­chen gibt es momentan verschiedene, konkrete Aufgabenbereiche für Pflegepädagogen (be­reits ab Bachelorgrad): Neben der klassischen Lehre an beruflichen Schulen die Organisation des Fort- und Weiterbildungsangebotes von Einrichtungen im Gesundheitsbereich und der Gesundheitsbildung bzw. die entsprechende Beratung von Patienten. Speziell innerhalb des letztgenannten Aufgabenbereiches ergeben sich dabei zukünftig zusätzliche Aufgaben für ent­sprechend pflegewissenschaftlich und berufspädagogisch orientierte Studiengänge (Bonse- Rohmann & Burchert, 2011, S. 19 f.).

3 Die Pflege im geschichtlichen Kontext als Ausgangspunkt

In diesem Abschnitt werden prägende Abschnitte der Pflegegeschichte beleuchtet. Der Ab­schnitt 5.1 schließt an dieses Kapitel an und nimmt speziell die Geschichte der Pflegelehren­den in den Mittelpunkt. Bereits in den ersten Hochkulturen (ab ca. 3000 v. Chr. in Mesopota­mien, Indien und China) gab es Heiler, die Kranke mittels einer Mischung aus Magie, Religion und rationalen Praktiken behandelten. Das antike Griechenland mit Hippokrates (460-370 v.Chr.) markierte dann den Beginn der modernen medizinischen Versorgung. Bereits hier war die Medizin auch stark auf eine Gesunderhaltung der Menschen ausgerichtet. Eine erste nach­weisbar organisierte Form der Krankenpflege gab es dann bei den Römern, da der Staat auf­grund der vielen Kriegsverletzten ein großes Interesse an einer medizinischen und pflegeri­schen Versorgung zeigte (unter Kaiser Augustus, 30 v.Chr.-14 n. Chr.) (Riedler, 2014, S. 15). Im Mittelalter unterstand das Gesundheits- und Sozialwesen der Kirche bzw. den kirchlichen Ordensgemeinschaften (Sauter, 2011, S. 144), welche sich aus der religiösen Lehre heraus dazu verpflichtet sahen, sich um Kranke und Arme zu kümmern. Das Diakonat (griech. dia­konein = dienen) wurde durch die katholische Kirche sogar eigens zum Zwecke der Alten- und Krankenpflege geschaffen. Die zunehmende Verstädterung im Mittelalter machte es den Or­den jedoch immer schwerer, die Menge an Kranken zu bewältigen. Die ersten Städte began­nen deshalb damit, eigene Hospitäler zu gründen. Vor allem die Folgen der Reformation, des 30-jährigen Krieges (16. und 17. Jh.) sowie später der Französischen Revolution (1789-1799) trieben diese Entwicklung voran (Riedler, 2014, S. 16).

Mit dem 18. Jahrhundert versuchten die Menschen ihr Leben im Zuge der Aufklärung auf Ra­tionalität und Vernunft zu stützen (Sauter, 2011, S. 144). Gleichzeitig wandelte sich durch die zunehmende ärztliche Tätigkeit in den Krankenhäusern, das sich verändernde Patientenklien­tel und durch den Fokus auf die medizinische Tätigkeit auch das Verhältnis zwischen Ärzten und Pflegenden. Den Pflegenden wurde ab jetzt die Rolle einer Grundversorgung der Kranken als Voraussetzung für die medizinische Behandlung zugeschrieben (Riedler, 2014, S. 18).

Die neuzeitliche Krankenpflege wurde dann im 19. Jhd. als bürgerlicher Frauenberuf geprägt (Wanner & Bischoff-Wanner, 1993, S. 32). Der Bedarf an Pflegekräften nahm mit der Industri­alisierung zu. Durch Armut, schlechte Ernährungsverhältnisse, unhygienische Bedingungen und die ausbeuterischen Arbeitsbedingungen in den Fabriken kam es zu einer enormen Zu­nahme von Seuchen und Krankheiten. Außerdem führte der Verlust traditioneller Familien­strukturen zur Verwahrlosung der Kranken und Alten (Riedler, 2014, S. 17). Als zentrale Per­son der Pflege ist für diese Zeit Florence Nightingale (1820-1910) zu nennen, welche den Beginn der westlichen Pflegetradition entscheidend prägte (u.a. durch die Gründung der ersten Krankenpflegeschule im Jahre 1860 in London) (Brandenburg & Dorschner, 2015, S. 41).

Zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts bewiesen Krankenschwestern in Deutschland mo­ralisches Pflichtbewusstsein durch unhinterfragtem Gehorsam gegenüber dem Arzt und der Ausbildungs- und Arbeitsstätte (Lay, 2014, S. 108), wobei die Mediziner ihren Einfluss auf die Pflege aufgrund eigener beruflicher Interessen beibehielten (Sahmel, 2015, S. 87). Der Ein­fluss bereits bestehender Pflegevereinigungen auf Gesetzgebung und Arbeitsbedingungen war gering (Wolff & Wolff, 2011, S. 185 f.). Da sich für die Pflege von Beginn an nicht ausrei­chend Menschen finden ließen, musste die Eintrittshürde zur Ausbildung entsprechend ge­ringgehalten werden (erste Prüfungsverordnung der Krankenpflege 1906) (Schneider et al., 2005, S. 3).

Mit dem Ersten Weltkrieg wurde das Bild der Kriegskrankenschwestern geprägt. Das aufopfe­rungsvolle kümmern um Schwerverwundete aufgrund von Nächstenliebe wurde als Ideal an­gesehen. Mit dem Ende des Kaiserreiches ergaben sich in der Zwischenkriegszeit auch viele berufspolitische Umwälzungen, wobei die bestehenden Pflegevereinigungen eher für eine Wahrung der beruflichen Traditionen sorgten. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialis­ten und dem gleichzeitigen Untergang der Weimarer Republik wurden die bestehenden Pfle­gevereinigungen in das nationalsozialistische Herrschaftssystem integriert. Die als 'Dienst an der Volksgemeinschaft' aufgefasste Unterordnung der Pflegenden führte schlussendlich zum dunkelsten Kapitel der Pflege in Deutschland. Ab 1933 wurden im Rahmen der 'Aktion T4' mehr als 70000 Menschen, mit der Unterstützung von Medizinern und Pflegenden, als 'le­bensunwert' getötet (Sahmel, 2015, S. 59-64). Die Krankenpflege im zweiten Weltkrieg unter­lag dann dem Deutschen Roten Kreuz (DRK). Es machte sich dabei zum willfährigen Helfer der Wehrmacht und damit des NS-Staates (Steppe, 2013, S. 139).

Mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges bestand in Deutschland ein akuter Mangel an ausge­bildetem Pflegepersonal. In Bayern gab es zum Beispiel nur 2000 registrierte Schwestern, bei einer Bevölkerung von 8 Millionen Menschen (Steppe, 2013, S. 220). Der Anteil an männlichen Pflegekräften in den Nachkriegsjahren war gering. Krankenpfleger wurden, wenn vorhanden, meist in der Psychiatrie eingesetzt. In den fünfziger Jahren war die Krankenpflege weitestge­hend religiös geprägt. Erforderliche Veränderungen in der bundesdeutschen Pflege wurden nur zögerlich umgesetzt. Erst 1957 trat ein erstes bundesdeutsches Krankenpflegegesetz in Kraft und die entsprechende Prüfungsverordnung 1959 (Wolff & Wolff, 2011, S. 262). Gleich­zeitig erfolgte in den angloamerikanischen Ländern bereits eine zunehmende Akademisierung des Pflegeberufes (Flaiz et al., 2014, S. 8).

Aufgrund der deutschen Teilung entwickelte sich die Pflegelandschaft in den beiden deutschen Staaten unterschiedlich (u.a. durch die Akademisierung der Pflegelehrerausbildung in der DDR). Zu Beginn der achtziger Jahre war im deutsch-deutschen Vergleich jedoch kein we­sentlicher Unterschied in der von den Lehrprogrammen vorgesehenen pflegefachlichen Aus­bildung vorhanden. Jedoch war die praktische Ausbildung in der DDR durch die pädagogisch­didaktisch geschulten Praxislehrkräfte professioneller (Wolff & Wolff, 2011, S. 282).

Ab den 1990er Jahren setzten dann auch im wiedervereinigten Deutschland deutliche Profes- sionalisierungsbestrebungen in der Pflege ein (auf die Akademisierung der Pflege in Deutsch­land wird in den Kapiteln 4.2 und 4.3 näher eingegangen). Gleichzeitig ergaben sich für die Pflege neue (bis heute bestehende Herausforderungen): U.a. Technisierung, demographi­scher Wandel und Ökonomisierung (Sahmel, 2015, S. 75 f.).

3.1 Pflege als Beruf

Wie im vorausgegangenen Abschnitt dargelegt, ergibt sich der aktuelle Stand des Pflegberufes aus der geschichtlichen Entwicklung heraus. Pflegende werden daher in ihrer Arbeit vor allem als Praktiker wahrgenommen. Ihr Beruf wird in der Gesellschaft meist mit dieser 'Pflegepraxis' in Zusammenhang gebracht. Die Pflegepraxis bezieht sich dabei auf die direkte und indirekte Pflege von Pflegebedürftigen und deren Angehörigen, sowohl im stationären, als auch im am­bulanten Setting. Pflege ist hier durch die Begegnung Pflegender mit zu Pflegenden gekenn­zeichnet (Brinker-Meyendriesch & Arens, 2016, S. 137 f.).

Die für die professionelle Berufsausübung erforderlichen Pflegeausbildungen finden in Deutschland nach wie vor nicht im Rahmen der regulären dualen Berufsausbildung statt. Die Pflegeschulen haben einen Sonderstatus (Wanner & Bischoff-Wanner, 1993, S. 85), auch als ein Ausbildungssystem eigener Art bezeichnet (Schneider et al., 2005, S. 406).

Als größte Berufsgruppe im Gesundheitswesen (Sahmel, 2001, S. 144) genießt die Pflege durchaus hohes Ansehen in der Bevölkerung, gilt jedoch auch traditionell als ein sehr belas­tendes Arbeitsfeld (Brandenburg & Dorschner, 2015, S. 60). Schichtdienst, geringe Entloh­nung, eine dauerhaft hohe physische und psychische Belastung und geringe Aufstiegschan­cen (Domnowski, 2010, S. 38) sowie auch eine heute noch vorhandene Fremdbestimmung durch Medizin und Ökonomie prägen nach wie vor den Pflegeberuf (Sahmel, 2015, S. 319; Schneider et al., 2005, S. 2). Gleichzeitig verändert sich der Pflegeberuf in Deutschland und reagiert mit starken Professionalisierungstendenzen auf neue gesellschaftlichen Herausforde­rungen.

3.2 Pflege in Deutschland auf dem Weg zur Profession

Die Professionalisierung des Pflegeberufes bzw. die Forderung nach einer Gleichstellung mit klassischen Professionen ist seit den 90er Jahren ein zentrales Anliegen der pflegerischen Berufsverbände (Sander & Dangendorf, 2017, S. 28). Diese Bestrebungen der Pflege in Deutschland zielten auch auf eine Erreichung des Status einer klassischen Profession (Pundt & Kälble, 2015, S. 140). "Der Anspruch der Pflege, sich zu einer eigenständigen Fachdisziplin zu entwickeln und sich von den bisher dominierenden Denkstrukturen der Medizin abzugren­zen, erfordert strukturierte, fundierte und wissenschaftliche Grundlagen und eine Weiterent­wicklung der Pflegebildung und der Pflegeforschung" (Schädle-Deininger, 2015, S. 193). Professionalisierung ist eine Folge der Verwissenschaftlichung aller Tätigkeiten im jeweiligen Feld. Auch zielt dies auf die Gesellschaft ab, um im jeweiligen Bereich an Dominanz zu ge­winnen und die eigene Position zu festigen. Eine Professionalisierung zielt ebenso auf die Gewinnung wissenschaftlicher Kompetenz angebunden an ethische Verpflichtungen gegen­über der jeweiligen Klientel (Tippelt & Hippel, 2018, S. 1053). Professionen sind Berufe be­sonderer Art, die relativ autonom und wissenschaftlich fundiert arbeiten. Sie gelten dabei in ihrem jeweiligen Bereich als Experten und erbringen besondere Leistungen für die Gesell­schaft bzw. für die jeweilige Klientel. Professionen haben sowohl Macht und Einfluss, als auch ein Monopol auf einen bestimmten Wissens- und Tätigkeitsbereich. Auch sind Professionen berufsständisch organisiert. In der Pflege steht in diesem Kontext vorerst die Akademisierung im Vordergrund (Sander & Dangendorf, 2017, S. 40).

In den neunziger Jahren wurde eine Akademisierung der Pflegeberufe in Deutschland durch­aus kontrovers diskutiert. Eine vollständige Akademisierung wurde aufgrund der zu erwarten­den immensen Kosten jedoch zurückgestellt. Auch die Ansiedlung der zugelassenen Studien­gänge an FHs und nicht an Universitäten ist u.a. darauf zurückzuführen (Pundt & Kälble, 2015, S. 152 f.). "Dem Wunsch nach einer qualitativ hochwertigen Pflege mit entsprechend qualifi­ziertem Personal stehen bei den meisten Arbeitgebern Kostengesichtspunkte entgegen. Dem­entsprechend existiert oft keine Vergütungsgruppe für Pflegefachkräfte mit einem akademi­schen Abschluss" (Flaiz et al., 2014, S. 51). Grundsätzlich wird die Akademisierung der Gesundheitsberufe auch weitreichende Folgen für die beruflichen Schulen in Deutschland ha­ben (dazu zählen auch Hebammen, Physio- und Ergotherapie und Logopäden) (Bonse-Roh- mann & Burchert, 2011, S. 45).

3.3 Die Perspektive der Pflegewissenschaft in Deutschland

Im Rahmen der Professionalisierung der Pflege soll die Pflegewissenschaft durch eine selbst­ständige Theoriebildung die Grundlage einer eigenständigen Disziplin schaffen, wobei „... Theorien, Modelle und Konzepte helfen, Wissen zu systematisieren und zu ordnen...“ und der Darstellung der Pflege und ihrer geistigen Hintergründe dienen (Sauter, 2011, S. 58). U.a. Bensch, Elsbernd, Brandenburg und Panfil definieren die Pflegewissenschaft als die Wissen­schaft des Phänomens 'Pflegen' mit der Thematik 'Mensch'. Sie ist aus den Geistes- und Na­turwissenschaften heraus entstanden und fokussiert sich u.a. auf die empirische Pflegefor­schung, pflegetheoretische Diskussionen und den Pflegeprozess. Die Pflegewissenschaft weist dabei auch eine notwendige Distanz zur Pflegepraxis auf (Brinker-Meyendriesch & Arens, 2016, S. 132 f.).

Obwohl die Pflegeforschung in Deutschland inzwischen ein durchaus hohes Niveau erreicht hat (Sahmel, 2015, S. 80), tritt sie bisher kaum in Erscheinung und ist personell und finanziell schlecht ausgestattet (Brandenburg & Dorschner, 2015, S. 50). Auch ist die Etablierung der Pflegewissenschaft als akademische Lehrdisziplin in Deutschland bis heute nicht gesichert (Sander & Dangendorf, 2017, S. 44).

In der Bundesrepublik gab es bis in die 80er Jahre hinein nur vereinzelte Versuche die Pflege zu akademisieren (Brandenburg & Dorschner, 2015, S. 50), wobei in der Deutschen Demo­kratischen Republik (DDR) bereits ab 1982 an der Berliner Humboldt-Universität ein Grund­ständiges Studium der Krankenpflege möglich war. Bis zum Jahr 1990 erwarben hier 143 Stu­dierende der Krankenpflege einen Universitären Hochschulabschluss (Wolff & Wolff, 2011, S. 285). Im Jahr 1989 wurde dann der 'Deutsche Verein zur Förderung von Pflegewissenschaft und Pflegeforschung' gegründet (Brandenburg & Dorschner, 2015, S. 52) und innerhalb dieses Vereins im Jahr 1992 die Sektion 'Bildungsforschung und Bildungsplanung' mit dem Ziel der Bildungsforschung im Bereich der Pflege (Arens et al., 2018, S. 61).

Der danach erfolgte zunehmende Aufbau pflegewissenschaftlicher Studiengänge und die Ent­stehung von Pflegeforschungszentren an Universitäten kann für Deutschland als eine 'nach­holende Modernisierung' (Sahmel, 2001, S. 20) und als 'politisch gewollt' bezeichnet werden. Die Einflüsse insbesondere der US-amerikanischen Pflege sind hier als zentral anzusehen (Remmers, 2011, zitiert nach Sahmel, 2015, S. 78). In den USA wird die Pflege als eigenstän­dige wissenschaftliche Disziplin gesehen, welche sich immer deutlicher zu anderen Wissen­schaften abgrenzen kann. Es besteht ein pflegerisches Metaparadigma (Person, Umwelt, Pflege, Gesundheit) und vorhandene Pflegemodelle und Theorien werden modifiziert und eva­luiert. Die Grenzen der amerikanischen Pflegewissenschaft erweitern sich dabei immer mehr (Brandenburg & Dorschner, 2015, S. 48 f.).

Bezüglich des Verhältnisses von 'Pflegewissenschaft' und 'Pflegepädagogik' gibt es verschie­dene Sichtweisen. Brühe stellt dazu fest: "Die Position, Pflegepädagogik als Teildisziplin der Pflegewissenschaft zu begreifen, ist aus einer geschichtlichen Entwicklungsperspektive durch­aus nachvollziehbar" (Brühe, 2014, S. 3). Es besteht dadurch jedoch gleichzeitig die Gefahr einer zu engen Anlehnung der Lehrenden in der Pflege an die Pflegewissenschaft (Wanner & Bischoff-Wanner, 1993, S. 304), denn die Auffassung, Pflegepädagogik sei eine Subdisziplin der Pflegewissenschaft bedeutet, sich in erster Linie an Pflegetätigkeiten zu orientieren und erst in zweiter Linie an einer Lehrtätigkeit (Reiber & Remme, 2009, S. 11). Als konkretes Bei­spiel für eine diesbezügliche Reformphase der Pflegepädagogikstudiengänge und eine Ablö­sung von den Pflegewissenschaften kann u.a. die Reakkreditierung der pflegepädagogischen Studiengänge an der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen herangezogen werden. Das Studienprogramm Pflegepädagogik ist hier seit 2017 im Unterschied zu einem Pflegestu­diengang deutlich als ein pflegelehrendes, ausbildendes Studienprogramm erkennbar (Arens et al., 2018, S. 202 f.).

3.4 Aktuelle Entwicklungen innerhalb der deutschen Pflegelandschaft

Um eine qualitativ hochwertige Pflege in Deutschland auch in Zukunft sicherzustellen, braucht es zukünftig deutlich mehr akademisch ausgebildete Pflegefachpersonen in der direkten Pati­entenversorgung (Robert Bosch Stiftung, 2018, S. 6), wobei trotz der gestiegenen Zahl an Pflegestudiengängen die Zahl der akademisch ausgebildeten Pflegekräfte nach wie vor gering ist (Sahmel, 2018, S. 73). Gleichzeitig besteht in den pflegerischen Berufsfeldern schon jetzt ein Fachkräftemangel und eine weitere Verschärfung dieses Mangels ist abzusehen (Weyland & Reiber, 2017, S. 5). Verschiedene Prognosen sagen bis 2030 annähernd 500000 fehlende Vollzeitkräfte in der Pflege voraus (Weyland & Reiber, 2017, S. 74), bei einem parallel rasant ansteigenden Bedarf an pflegerischer Versorgung (Robert Bosch Stiftung, 2018, S. 5). Die ökonomischen und technologischen Entwicklungen haben hier entscheidenden Einfluss auf die Berufstätigen im Gesundheitswesen und es kommt gegenwärtig besonders bei den Pfle­genden zu einer massiven Beschleunigung und Verdichtung ihrer beruflichen Tätigkeit (Sah­mel, 2015, S. 331).

Durch die allgemein zunehmende Akademisierung der Gesundheitsfachberufe kommt es zu einer Neujustierung der jeweiligen Berufsfelder. Dies führt einerseits zu Überschneidungen bzw. Konkurrenzsituationen, beispielsweise im Rahmen des Entlassungsmanagements in Krankenhäusern, in das Pflege und Soziale Arbeit eingebunden sind (Klebl & Popescu-Willig- mann, 2015, S. 410). Andererseits können hier spezialisierte Einzelkämpfer auch nicht mehr erfolgreich sein, sondern nur Teams, die gut über Professions- und Versorgungssektoren hin­weg Zusammenarbeiten. Dabei müssen die Beteiligten die jeweiligen Kompetenzen der ande­ren anerkennen, die eigenen Kompetenzen situationsangemessen einbringen, flexibel Schnitt­stellen bewältigen und bei Bedarf auch weitere Expertise miteinbeziehen (Robert Bosch Stiftung, 2018, S. 4).

Für eine Veränderung der Pflege ist dabei grundsätzlich die gesamte Disziplin, also sowohl die Pflegepraxis, als auch Management, Wissenschaft und Pädagogik notwendig (Branden­burg, Panfil & Mayer, 2018, S. 267). Denn „... wenn die berufliche Pflege in Deutschland den europäischen und internationalen Anschluss nicht verpassen soll, muss sie dringend ein lang­fristiges Gesamtkonzept für die pflegerische Bildung und Qualifikationsgrade entwickeln und überlegen, wohin die beruflich-professionelle Reise bildungspolitisch gehen soll. In diesem Zusammenhang ist die Etablierung der Pflegeausbildung, der entsprechenden Weiterbil­dungsmöglichkeiten sowie des wissenschaftlichen Arbeitens an Hochschulen der Dreh- und Angelpunkt, den es zu gestalten gilt. Um die Akademisierung in der Pflege voranzutreiben, müssen demnach attraktive Zugangswege für beruflich qualifizierte Pflegefachpersonen in ein Hochschulstudium geschaffen werden" (Schädle-Deininger, Luft, Kohlesch & Schmidt, 2016, S. 1).

4 Einblicke in relevante Teilbereiche der Pädagogik

Wie in der Einleitung und der Problembeschreibung dargelegt, versucht sich die Pflegepäda­gogik als Neuankömmling innerhalb der Wissenschaften zu behaupten bzw. zu profilieren. Die Pflegepädagogik und damit auch die Pflegepädagogen treffen dabei in ihrem beruflichen Um­feld auf bereits etablierte und auch auf ebenfalls neue, oder in der Entstehung begriffene Sub­disziplinen der Erziehungswissenschaft (Brühe, 2014, S. 8).

Die im Folgenden beschriebenen, zur Pflegepädagogik benachbarten Teilbereiche der Erzie­hungswissenschaft, haben alle im weiteren Sinne auch mit dem Gesundheitswesen zu tun, weswegen ein Abschnitt zur Gesundheitspädagogik angelegt wurde. Die Berufspädagogik und die Erwachsenenbildung erweisen sich für die Pflegepädagogik als sehr einflussreich (Sahmel, 2015, S. 35). Die Sozialpädagogik teilt sich mit der Pflegepädagogik verschiedene Arbeitsbe­reiche. Die Geragogik bildet ein Tätigkeitsfeld sowohl für Sozialpädagogen und Erwachsenen­bildner als auch für Pflegepädagogen. Die Medizinpädagogik bildet in ihrer Beziehung zur Pflegepädagogik einen Sonderfall, welcher in Abschnitt 4.8 genauer betrachtet wird. Um nun dieses Feld zu eröffnen erfolgt zu Beginn eine kurze Darstellung der Pädagogik im geschicht­lichen Zusammenhang.

4.1 Die Pädagogik im geschichtlichen Kontext

Die Geschichte der Pädagogik spiegelt die übrige Geschichte und verläuft wie diese nicht ge­radlinig (Fees, 2015, S. 313), wobei unser neuzeitliches Verständnis von Bildung bzw. von Pädagogik ihr Erbe in der antiken Welt hat. Hier ist vor allem die Idee der 'paideia' (griech. für Erziehung, Bildung) in den griechischen Stadtstaaten (5. Und 4. Jahrhundert v. Chr.) zu nen­nen, die auf das Leben in der 'Polis' (griech. für Stadtstaat) vorbereiten sollte. Die Griechen sahen in der paideia ein philosophisch geprägtes Ideal von Bildung. Nach Platon (427-347 v. Chr.) war es das Ziel der paideia, vom bloßen 'meinen' zum 'erkennen' der höchsten Ideen zu gelangen. Institutionalisierte Bildung jedoch, im Sinne öffentlicher Schulen, wurden erst über zweitausend Jahre später (in Preußen) eingeführt (Gudjons & Traub, 2016, S. 78 f.), wobei als eine Art Vorläufer dieses Typs von Bildung die ägyptischen Schreiberschulen oder auch die Ausbildung der Beamten im alten China genannt werden könnten (Arnold & Pätzold, 2007, S. 158).

Pädagogische Impulse als theoretische Umdeutung eines Bildungsbegriffes gibt es also be­reits seit der Antike, jedoch, wie im römischen Reich, als Schreib-, Grammatik- und Rhetorik­schulen vorerst als Privileg der Oberschicht (Gudjons & Traub, 2016, S. 80). Eine erste Her­ausarbeitung des Bildungsbegriffes als pädagogischer Grundbegriff erfolgte dann im Mittelalter (Mikhail, 2011, S. 39 f.), wobei hier die Lehrer stets Geistliche waren und die Lehr­ertätigkeit nicht als Beruf gesehen wurde, sondern als eine Amtstätigkeit (Terhart, Bennewitz & Rothland, 2014, S. 15). Erst durch die Reformation konnte eine allgemeine Bildung begrün­det werden (denn auch Laien sollten die Bibel lesen können) (Arnold & Pätzold, 2007, S. 158). Auf dem Weg zur Aufklärung entwickelte der Bischof Johann Comenius dann eine erste Di­daktik (Didactica Magna), nach der 'allen alles gründlich, auf alle Weise zu lehren sei' (Gudjons & Traub, 2016, S. 83 f.).

Im 18. Jahrhundert erfolgte insbesondere mit Rousseau eine bedeutende Anregung des Er­ziehungsdiskurses (Fees, 2015, S. 164). Mit der Aufklärung begann das so genannte 'päda­gogische 18. Jahrhundert'. Hier wird der Mensch als erziehungsbedürftig angesehen und die Erziehung liegt dabei auch in der Hand des Menschen. Mit der damals beginnenden Schul­pflicht und der damit einhergehenden Herauslösung der Schule aus der kirchlichen Bevormun­dung erfolgte auch die Etablierung der Pädagogik als eine wissenschaftliche Disziplin (erster Lehrstuhl für Pädagogik in Halle für Ernst Christian Trapp im Jahre 1779) (Gudjons & Traub, 2016, S. 85). Die ersten Lehrerseminare entstanden in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, jedoch vorerst in verschwindend geringer Zahl. Im Allgemeinen konnte sich noch jeder für eine 'Schulmeisterstelle' bewerben, dessen christlicher Lebenswandel ersichtlich war (Fees, 2015, S. 161 f.). Bis Ende des 19. Jahrhundert war das Schulwesen jedoch nach wie vor eher elitär geprägt und somit für den Großteil der Gesellschaft eher belanglos. Erst ab dem Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Schule als Ort erkannt, an dem Menschen Dinge lernen, die für ihre Aufgaben als Arbeiter bzw. Staatsbürger relevant sind (Zurbriggen, 2009, S. 70). Eine universitäre Lehrerqualifikation für die höheren Schulen setzte sich dann erst mit den Refor­men Wilhelm von Humboldts durch (Sahmel, 2015, S. 266), wobei sich das gesamte Bildungs­wesen radikal veränderte (z.B. mit der geforderten Allgemeinbildung und dem Einheitsschul­system) und in folge dann die Gründung der Berliner Universität (1809) und die Entstehung der Gymnasien und Realschulen geschahen (Gudjons & Traub, 2016, S. 94 f.). Mit dem Be­ginn des 19. Jahrhunderts begann dann die Gründung zahlreicher Industrieschulen. Hier übte die Wirtschaft zentralen Einfluss aus. Lernen sollte begleitend zu körperlicher Arbeit erfolgen und die Kinder sollten so zum Lebensunterhalt der Eltern beitragen (Fees, 2015, S. 201). Als 'Vater der Berufsschule' gilt hier Georg Kerschensteiner (1854-1932) (Gudjons & Traub, 2016, S. 105).

Am Übergang zum 20. Jahrhundert erfolgte dann eine Aufwertung des Lehrerberufes, insbe­sondere im Volksschulwesen, zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es in Preußen z.B. über 130 Lehrerseminare (Fees, 2015, S. 232 f.). Der Rahmen des heutigen modernen Bildungs-, Sozial-und Erziehungswesens verfestigte sich dann in den 20er Jahren des vorigen Jahrhun­derts (Krüger & Rauschenbach, 2012, S. 11), u.a. mit den verschiedenen sozialpädagogischen Bewegungen. Nach dem ersten Weltkrieg fand dann in der Weimarer Republik der Übergang vom zwei- zum dreigliedrigen Schulsystem statt (Fees, 2015, S. 289).

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten ab 1933 wurde das gesamte Ausbildungs­system in Deutschland in Vorbereitung auf einen neuen Krieg umgestellt. Hier ging es vor allem um Drill und rigide Rollenanpassung, Führung und Gefolgschaft. Für Jungen bedeutete dies eine militaristische, für Mädchen eine mutter- und dienstideologisch aufgeladene Erzie­hung. Das gesamte Schulwesen wurde vereinheitlicht, 'rassisch minderwertige' Kinder wurden selektiert. Zentrales Ziel aller Bildung war die vollkommene Einbindung in den 'Führerstaat' (Gudjons & Traub, 2016, S. 108 f.).

Mit dem Ende des 2. Weltkriegs wurden in der BRD die jeweiligen Bundesländer für die Bil­dungspolitik verantwortlich (Fees, 2015, S. 299). In den 50er Jahren erfolgte dann eine Wie­derherstellung der traditionellen Bildungsstrukturen (Gudjons & Traub, 2016, S. 110), bevor sich mit den Reformen in den 60er und 70er Jahren die Bildungsbeteiligung nochmals erheb­lich ausweitete und somit ein immer grösser werdendes Angebot an pädagogischen Einrich­tungen hervorgebrachte (Fees, 2015, S. 316). Nach dem 'Diktat der leeren Kassen' in den 80er Jahren und der fortschreitenden Ökonomisierung des Bildungswesens ist ab den 2000er Jah­ren bis in die Gegenwart ein umfassender bildungspolitischer Reformschub festzustellen (Gudjons & Traub, 2016, S. 110) (u.a. durch die 'Digitalisierung der Bildung'). Heutige Päda­gogik liegt nun im Spannungsfeld von geisteswissenschaftlicher Tradition sozialwissensschaft- lichem Anspruch und neuen Erkenntnissen aus der Hirnforschung (Lay, 2014, S. 302).

4.2 Die Pädagogik als vielfältige Disziplin

Im Verlauf der fortschreitenden Ausdifferenzierung einer wissenschaftlichen Disziplin bilden sich zunehmend Subdisziplinen. Dies erfolgt aufgrund einer zunehmenden Komplexität der akademischen Inhalte, die eine teilweise autonome Spezialisierung erforderlich machen (je­doch immer bezugnehmend auf die Theorien und Modelle der Stammdisziplin) (Krüger & Helsper, 2010, S. 326 f.). "Disziplinen sind entsprechend historisch vergänglich; sie sind kei­neswegs auf Dauer gestellt, können sich neu durchmischen und sogar auflösen. In der Ge­schichte der Wissenschaften - besonders in der Erziehungswissenschaft - gibt es dafür zahl­reiche Beispiele: War die Erziehungswissenschaft zunächst ein Anhängsel der Theologie und der Philosophie, so ist sie später der Psychologie zugeordnet worden, und erst seit den 1970er Jahren gibt es eigenständige Fachbereiche für Erziehungs- und Bildungswissenschaft, die sich zum Teil aus den Pädagogischen Hochschulen heraus entwickelt haben" (Faulstich-Wieland & Faulstich, 2008, S. 11). Als wissenschaftliche Disziplin ist die Pädagogik in verschiedene Subdisziplinen unterteilbar und widmet sich dabei den verschiedensten Aspekten des Bil- dungs- und Erziehungssystems (Arnold & Pätzold, 2007, S. 28). Diese erziehungswissen­schaftlichen Subdisziplinen differenzieren sich dabei auch immer mehr aus (Krüger, 2004, S. 245).

Grundsätzlich besteht für die Pädagogik jedoch keine einheitliche Unterteilung in Disziplinen. Verschiedene Autoren unterteilen jeweils unterschiedlich. Schelten benennt z.B. 6 Disziplinen als Hauptdisziplinen der Pädagogik: Allgemeine Pädagogik, Schulpädagogik, Sozialpädago­gik, Sonderpädagogik, vergleichende Pädagogik, Berufs- und Wirtschaftspädagogik. Diese Hauptdisziplinen lassen sich in weitere Subdisziplinen unterteilen, so z.B. die Sonderpädago­gik in: Körperbehindertenpädagogik, Blinden- und Sehbehindertenpädagogik, usw. (Schelten, 2010, S. 33-35). Schelten orientiert sich bei seiner Einteilung zu den Disziplinen der Pädago­gik u.a. an der Gliederung der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft (www.dgfe.de) (Schelten, 2010, S. 40 f.).

Lenzen wiederum beschreibt verschiedene stabile Strukturen innerhalb der Erziehungswis­senschaften, die teils historisch bedingt sind, sich jedoch auch aufgrund aktueller Fragestel­lungen entwickelt haben und sich weiterhin entwickeln. Er unterscheidet hier die Ebene der Subdisziplinen, die Ebene der Fachrichtungen und die Ebene der Praxisfelder. Die Ebene der Subdisziplinen (z.B. Sozialpädagogik, Erwachsenenpädagogik, Schulpädagogik) besteht seit vielen Jahren und verfügt über eigene Studiengänge. Die Ebene der Fachrichtungen (z.B. Be­triebspädagogik, Freizeitpädagogik, Umweltpädagogik) ist auf dem Weg sich zur Subdisziplin zu entwickeln und es gibt bereits zum Teil eigene Studiengänge. Auch diese Ebene hat sich aus Subdisziplinen entwickelt. Die Ebene der Praxisfelder markiert die Anwendungsebene. Hier sind die Themen weniger konkret, bzw. jünger und es finden sich Absolventen verschie­dener korrespondierender Fachrichtungen (Lenzen, 1997, S. 38-40). Wie in der Einleitung be­reits angemerkt, ist die Erziehungswissenschaft durch einen Pluralismus gekennzeichnet (eine Vielfalt an Theorien und Fachrichtungen), wobei eine abschließende Beschreibung der ge­samten Struktur der Erziehungswissenschaften jedoch nicht möglich ist (Lenzen, 1997, S. 37).

4.3 Pädagogik im Gesundheitsbereich

Innerhalb der Erziehungswissenschaften sind in den verschiedenen Teildisziplinen Schnittstel­len rund um Krankheit, Patientenversorgung, Krankheitsbearbeitung usw. vorhanden (Ohl- brecht & Seltrecht, 2018, S. 199). Teilpädagogiken, die eine hohe Affinität zur Gesundheitspä­dagogik aufweisen sind hier insbesondere die Sozialpädagogik/Soziale Arbeit, die Erwachsenenbildung, die (Gesundheits- und) Pflegepädagogik und die Medizinpädagogik (Cassens, 2014, S. 82-88).

Als Vorgänger einer Gesundheitspädagogik kann die hygienische Volksbelehrung gesehen werden, welche es in der BRD bis Ende der 50er Jahre gab. Typischerweise waren die hier handelnden Pädagogen studierte Sozialpädagogen (Cassens, 2014, S. 55 f.). Die Bedeutung der Gesundheitsförderung und Prävention hat dabei in den letzten Jahrzehnten zugelegt. Durch WHO und EU wurden entsprechende Rahmenbedingungen geschaffen, wodurch auch der Bedarf an akademischem Personal zugenommen hat, insbesondere aus dem pädagogi­schen Bereich (Schleider & Huse, 2011, S. 11). Die Zielsetzung gesundheitspädagogischer Tätigkeit ist die Verinnerlichung gesundheitsbezogenen Wissens und als Folge davon der Übergang in die gesundheitsbezogene Selbststeuerung der Betroffenen (Brinker- Meyendriesch & Arens, 2016, S. 369). Wesentliche Inhalte der Beratung zu Gesundheitsthe­men und Gesundheitsproblemen sind: Stärkung der menschlichen Selbstbestimmung, Stär­kung der menschlichen Partizipation, Verringerung der sozialen Ungleichheit im Kontext von Gesundheitsrisiken genauso wie die Reduktion potentieller Gesundheitsrisiken (Schleider & Huse, 2011, S. 12).

Die Verortung einer Gesundheitspädagogik kann zurzeit nicht abschließend beantwortet wer­den, denn sie kann ihre Heimat sowohl in den Erziehungswissenschaften als auch in den Ge­sundheitswissenschaften finden. Anteile können hier sowohl in klassischen Pädagogikstudi­engängen, in Gesundheitswissenschaftlichen Studiengängen und in Pflegepädagogischen Studiengängen gefunden werden (Cassens, 2014, S. 21 f.). Auch ergeben sich für Sozialar­beiter bzw. Sozialpädagogen verschiedene Arbeitsgebiete in der primären Gesundheitsprä­vention, zum Beispiel eine Einbeziehung von Suchtkranken und Suchtgefährdeten Menschen, oder von Menschen mit Behinderung (Bieker, 2011, S. 264 f.).

4.4 Der Bereich der Berufspädagogik

Die Berufs- und Wirtschaftspädagogik stellt für die Pflegebildung eine zentrale Bezugsdisziplin dar (Ohlbrecht & Seltrecht, 2018, S. 225). Manche Autoren schreiben sogar, dass die Pflege­pädagogik ein Teilbereich der Berufspädagogik sei (Reiber & Remme, 2009, S. 15 f.).

Als Teildisziplin der Erziehungswissenschaften beschäftigt sich die Berufspädagogik intensiv mit wirtschaftlichen und qualifikationsbezogenen Themen. Dabei ergeben sich sowohl Anbin­dungen an das Bildungswesen in der Sekundarstufe 2 (Berufsschulen), als auch an Bereiche außerhalb der traditionellen Formen des Schulwesens (Bildung- und Weiterbildung im direkten Umfeld des Arbeitsalltages) (Arnold, Gonon & Müller, 2016, S. 73).

Berufspädagogen unterrichten typischerweise an Berufsschulen, welche sich in ihrer heutigen Form im 19. Jahrhundert aus der allgemeinen Fortbildungsschule entwickelt haben (Riedl & Schelten, 2013, S. 28). Ihre Vorläufer waren bereits im Laufe des 18. Jahrhunderts mit dem Merkantilismus als Fach- oder Berufsschulen für das Bürgertum entstanden (Fees, 2015, S. 162 f.). Die Bezeichnung 'Berufspädagoge' bzw. 'Berufs- und Wirtschaftspädagoge' entstand dabei erst ab den 1920er Jahren aus der Gewerbelehrer und Diplom-Handelslehrer Ausbil­dung (Arnold et al., 2016, S. 13). Aufgrund der geschichtlichen Entwicklung besteht im deutschsprachigen Raum auch eine Trennung von beruflicher und allgemeiner Bildung (Gudjons & Traub, 2016, S. 272). In Deutschland, Österreich und der Schweiz sind öffentliche Schulen mittels eines allgemeinbildenden Auftrages auf die Öffentlichkeit ausgerichtet, wäh­rend berufliche Bildung hier zuerst auf eine Integration in die Arbeitswelt abzielt (Arnold et al., 2016, S. 28). Auch besteht für das berufliche Bildungswesen eine duale Ausrichtung, d.h. ge­meinsame Bildung durch staatliche Schulen und privatwirtschaftliche Betriebe (Roth, 2001, S. 519) und somit auch Bildung an den zwei Lernorten Schule und Betrieb (Riedl & Schelten, 2013, S. 29).

[...]

Fin de l'extrait de 85 pages

Résumé des informations

Titre
Problemfelder von Pflegepädagogen in Bezug auf benachbarte pädagogische Bereiche. Die Überschneidung der Pflegepädagogik mit verschiedenen Subdisziplinen
Université
University of Applied Sciences Deggendorf  (Fakultät Angewandte Gesundheitswissenschaften)
Note
1,0
Auteur
Année
2019
Pages
85
N° de catalogue
V507574
ISBN (ebook)
9783346069023
ISBN (Livre)
9783346069030
Langue
allemand
Mots clés
Pflegepädagogik, Probleme, Pädagogik, Berufspädagogik, Pflege
Citation du texte
Michael Werner (Auteur), 2019, Problemfelder von Pflegepädagogen in Bezug auf benachbarte pädagogische Bereiche. Die Überschneidung der Pflegepädagogik mit verschiedenen Subdisziplinen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/507574

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