Regionale Konvergenz und Divergenz


Exposé Écrit pour un Séminaire / Cours, 2005

23 Pages, Note: 1,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Konvergenz
2.1 Der Konvergenzbegriff
2.2 Konvergenzkonzepte

3. Empirische Analyse
3.1 Regressionsanalyse
3.1.1 Querschnittsanalyse
3.1.2 Zeitreihenmethode
3.1.3 Panel Data Methode
3.2 Verteilungs-Dynamik Ansatz
3.3 Vergleichbarkeit der Ergebnisse

4. Konvergenz und Divergenz
4.1 Konvergenzthese
4.1.1 Theorie
4.1.2 Empirie und Folgerungen
4.1.3 Kritik
4.2 Divergenzthese
4.2.1 Theorie
4.2.2 Kritik

5 Resümee und Ausblick

Anhang

Literaturverzeichnis

Versicherung

1 Einleitung

Ein Blick auf die verschiedenen Länder dieser Welt zeigt uns die enormen Unterschiede zwischen den Lebensbedingungen in den einzelnen Volkswirtschaften und wirft die Frage auf, ob überhaupt die Möglichkeit existiert, dass sie sich im Laufe der Zeit verringern. In manchen Gebieten, speziell den Ländern der „dritten Welt“, liegt das Pro-Kopf-Einkommen bei weitaus weniger als 10% des Wertes, den ein durchschnittlicher Bürger der Industrienationen zur Verfügung hat. Auch ein Vergleich der Pro-Kopf-Bruttosozialprodukte lässt extreme Unterschiede erkennen (USA: $40834, Chad: $392, Uganda: $697 zu beachten sind allerdings Preisniveauunterschiede (vgl. Jones, 2002: S.4)). Diese Unterschiede haben entscheidenden Einfluss auf alle Dimensionen der Lebensqualität der Einwohner, von existentiellen Aspekten wie Gesundheitsversorgung, Ernährung und Alphabetisierungsrate bis hin zur Anzahl von PCs und Internetzugängen pro Haushalt.

Auf den zweiten Blick erkennt der Betrachter allerdings auch gravierende Ungleichheiten auf der subnationalen Ebene. So ist selbst in einem relativ weit entwickelten Staat wie Deutschland ein beachtliches Stadt-Land und West-Ost Gefälle festzustellen. So war beispielsweise das Pro-Kopf-Einkommen 1996 in Hamburg 3,3-fach so hoch wie in Chemnitz, Magdeburg oder Dessau (vgl. Schüle, 2000: S.13). Gibt es auch hier Angleichungstendenzen oder ist der Preis für Konvergenz auf nationaler Ebene eine Divergenz der Lebensbedingungen und wirtschaftlichen Entwicklungen auf regionaler Ebene, wie von Konrad Lammers (vgl. 2003, S. 213) vermutet?

Welchen Stellenwert Konvergenz in der heutigen Politik - speziell in Europapolitik- hat, lässt sich am Doppelziel der EU: „Modernisierung der Gemeinschaft als Ganzes und Konvergenz innerhalb der Gemeinschaft“ ablesen (Delhey, 2003: S.103f). Dabei sollen durch Strukturwandel, Produktivitätserhöhungen und Humankapitalbildung die Wettbewerbsfähigkeit der Volkswirtschaften verbessert und Einkommen und Lebensstandard (inklusive nicht ökonomischen Aspekten wie Gesundheitsversorgung, sozialer Absicherung, etc.) der Bürger erhöht werden. Im Rahmen der ökonomischen und sozialen Kohäsion will Brüssel aber nicht nur die Wohlfahrt der Bürger fördern, sondern auch die Lebens- und Arbeitsbedingungen innerhalb der Gemeinschaft angleichen. Bis heute haben dabei die strukturpolitischen Instrumente wie Steuervergünstigungen/ Subventionen, Infrastrukturmaßnahmen von EU-Erweiterung zu EU-Erweiterung höhere Bedeutung erlangt. Im Jahr 2001 beanspruchten sie mit rund 30% des Gesamtbudgets (ca. 31Mrd.€) den zweitgrößten Ausgabenanteil nach den Agrarfördermitteln im Haushalt der EU (vgl. Delhey, 2003: S.103f).

Im weiteren soll der Frage nachgegangen werden, ob sich auf Basis konvergenter Wachstumsprozesse die Lebensbedingungen in den einzelnen Regionen wirklich mit der Zeit angleichen, oder ob sich im Gegenteil noch stärkere Unterschiede ausprägen. Dazu werden im zweiten Abschnitt, der in der Literatur verbreitete Begriff der Konvergenz, sowie Konzepte zur Messung desselben herangezogen. Im dritten Teil werden die Konzepte von Konvergenz und Divergenz gegenübergestellt und die zugrunde liegenden Theorien und Modelle diskutiert. Der vierte Abschnitt beschäftigt sich mit der Frage, welche Möglichkeiten es gibt, die vorgestellten Konzepte empirisch zu unterstützen und welche Probleme mit diesem Versuch einhergehen, woraufhin im Abschnitt fünf Resümee und Ausblick folgen.

2 Konvergenz

2.1 Der Konvergenzbegriff

Unter Konvergenz der wirtschaftlichen Entwicklung versteht die Literatur die „Angleichung wirtschaftlicher Indikatoren von Ländern bzw. Regionen, so dass die nationalen bzw. regionalen Unterschiede dieser Indikatoren im Zeitverlauf abnehmen, um schließlich zu verschwinden“ (Schüle, 2000: S.2). In den Sozialwissenschaften setzte sich ein Begriff von Konvergenz als „Tendenz ähnliche Strukturen zu entwickeln“ durch, der auch nicht-ökonomische Indikatoren einbezieht (Lohrmann, A.-M., 1999: S.324). Die Kommission der EG unterscheidet seit 1982 zwischen nominaler Konvergenz, die sich auf die „Angleichung der Kosten und Preisentwicklung nach unten“ bezieht (Entwicklung von Variablen wie Preisen, Löhnen, Wechselkursen und Zinsen, die alle kurzfristig zu beeinflussen sind) und realer Konvergenz, die als „eine Angleichung des Lebensstandards und der Lebensqualität nach oben“ verstanden wird (Kommission der europäischen Gemeinschaften, 1982: S.14). Die realwirtschaftlichen Größen sind eher langfristig beeinflussbar, weil Unterschiede hier zumeist auf relativ unflexiblen Strukturen beruhen. Über die konkreten Wirkungszusammenhänge zwischen nominaler und realer Konvergenz besteht noch Uneinigkeit (vgl. Pfeil, 1993: S.66f). Während einerseits nominale Konvergenz als Voraussetzung für reale Konvergenz angesehen (vgl. Kommission der europäischen Gemeinschaften, 1990: S.146f) und damit „innere und äußere Geldwertstabilität als Voraussetzung für eine permanente Angleichung der Lebensverhältnisse auf hohem Niveau“ propagiert wird, geht ein Teil der Literatur andererseits davon aus, dass „ein adäquates Wirtschaftswachstum eine gewisse Höhe der Inflationsrate erfordert“ (Pfeil, 1993: S.66f).

Im Licht der angespannten wirtschaftlichen Lage in den frühen 1970er Jahren und mit dem Ziel der Kohäsion verabschiedete der Ministerrat im Februar 1974 die Entscheidung „einen hohen Grad an Konvergenz der Wirtschaftsleistungen“ zu fördern (Lohrmann, A.-M., 1999: S.324). Diese ist unter dem Namen „Konvergenzentscheidung“ bekannt geworden (Ratsentscheidung 74/ 120/ EWG, 1974) und legte das Fundament für die heutigen Entwicklungen in der gemeinsamen Wirtschaftspolitik der EU. Die Vorstellungen von der wirtschaftlichen Entwicklung der Gemeinschaftsländer sind in Artikel 2 EWG-Vertrag in der Fassung von 1957 als „Aufgabe der Gemeinschaft“ festgelegt (vgl. Pfeil, 1993: S.2). Dies sind im Einzelnen eine harmonische Entwicklung des Wirtschaftslebens, eine beständige und ausgewogene Wirtschaftsausweitung, eine größere Stabilität und eine beschleunigte Hebung der Lebenshaltung.

Nachdem die theoretischen Fundamente beleuchtet wurden entsteht die Frage, welche Indikatoren sich für eine Konvergenzanalyse eignen. Für das weitere Vorgehen empfiehlt Pfeil (vgl. 1993: S.75ff) die wirtschaftliche Entwicklung einer Volkswirtschaft in vier Komponenten zu zerlegen und die möglichen Indikatoren für jeden Bereich einzeln zu beobachten:

Lebensbedingungen: Bruttosozialprodukt und Sozialindikatoren, etc.

Arbeitsmarktlage: Arbeitslosenquote, etc.

Güter-/ Faktorpreise: „consumer-price-Index“, Preisindex des Bruttosozialproduktes, etc.

öffentliche Finanzen: Haushaltsdefizit, Gesamtverschuldung, etc.

Da eine Betrachtung der Analysen aller Indikatoren bei weitem zu aufwändig würde, soll sich die weitere Betrachtung hauptsächlich auf die in der Literatur dominierenden Konzepte Pro-Kopf-Einkommen und Bruttosozialprodukt beschränken.

2.2 Konvergenzkonzepte

Festzustellen, ob Konvergenz im betrachteten Fall vorliegt, ist die Aufgabe verschiedener Konvergenzkonzepte:

absolute ß-Konvergenz:

Ärmere Länder/ Regionen wachsen, gemessen am Pro-Kopf-Einkommen schneller als reichere. Dabei bewegen sich alle betrachteten Ökonomien zum selben Steady State[1] (vgl. Barro, R.J./ Sala-i-Martin, X., 2004: S.44ff). Auch wenn die Entwicklung auf lange Sicht konvergent verläuft, können zufällige Schocks mit ungleichen Effekten auf die verschiedenen Regionen bewirken, dass sich die Ungleichheit zumindest übergangsweise nicht komplett zurückbildet (vgl. de la Fuente, A., 2000: S.15), sondern sogar zunimmt.

bedingte ß-Konvergenz:

Gemessen am Pro-Kopf-Einkommen wächst ein Land/ Region umso schneller je weiter es von seinem Steady State entfernt ist. Jedoch unterscheiden sich die einzelnen stationären Zustände aufgrund von Differenzen in Spar- und Investitionsrate, Ausbildungsstand, Stand der Technik und Politik (vgl. Barro, R.J./ Sala-i-Martin, X., 2004: S.47f). In bestimmten Konstellationen kann es dazu kommen, dass zwei Ökonomien bedingte, aber keine absolute Konvergenz zeigen. Dies ist der Fall, wenn beide in Richtung ihres eigenen Steady State wachsen und ihre Wachstumsraten deshalb sinken. Allerdings kann es sein, dass die reichere der beiden weiter entfernt ist und deshalb schneller als die ärmere wächst (keine absolute Konvergenz). Wenn die Ökonomien in Richtung eines gemeinsamen Steady State wachsen, sind beide Konzepte simultan zu verwenden. Weil jede Ökonomie in Richtung ihres eigenen Steady State wächst, kann auf lange Sicht ein hohes Maß von Ungleichheit bestehen bleiben. (vgl. de la Fuente, A., 2000: S.15). Die Geschwindigkeiten sind dabei nicht wie ursprünglich implizit angenommen identisch, sondern variieren abhängig von der nationalen Wachstumsrate, der Arbeitslosenquote und dem Stellenwert des Dienstleistungssektors (vgl. Dewhurst, J.H.Ll./ Mutis-Gaitan, H., 1995: S.34 ). Bei einer Prüfung auf bedingte Konvergenz von Regionen wird versucht, die länderspezifischen Faktoren auszuschalten, die sich auf den Steady State auswirken können (vgl. Schüle, 2000: S.9f).

σ-Konvergenz:

Betrachtet Änderungen in der Gesamtverteilung der Pro-Kopf-Einkommen (Busch, B./ Lichtblau, K./ Schnabel, C./ 1998: S. 10f) und kann sich als Folge von ß-Konvergenz entwickeln (vgl. Barro, R.J./ Sala-i-Martin, X., 2004: S.462). Die Standardabweichung der relativen Pro-Kopf-Einkommen zwischen den betrachteten Regionen im Zeitverlauf sinkt und impliziert den Abbau von Unterschieden im Pro-Kopf-Einkommen.

3 Empirische Analyse

Magrini beschreibt zwei mögliche Herangehensweisen die wirtschaftlichen Daten der betrachteten Ökonomien auf Konvergenz zu testen (vgl. 2004: S.2743):

3.1 Methodische Ansätze der Regressionsanalyse:

3.1.1 Querschnittsanalyse:

Barro und Sala-i-Martin testeten die neoklassisch motivierten[2] Voraussagen von Konvergenz mit einer Querschnittsregression. Sie untersuchten Daten zum Wachstum von u.a. den 48 US-Staaten zwischen 1880 und 2000 und 90 europäischen Regionen zwischen 1950 und 1990 und schätzten ß als Maßzahl für die Geschwindigkeit der Anpassung an den Steady State(vgl. Barro, R.J./ Sala-i-Martin, X., 2004: 466ff). Es ergab sich eine inverse Abhängigkeit des Wachstums vom Kapital/ Arbeit-Koeffizienten einer Volkswirtschaft (ß-Konvergenz) für die US-Staaten, Japan und mehrere europäische Staaten (darunter Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien und Schweden) mit einer relativ niedrigen Konvergenzrate von 2% (vgl. Anhang: Tab. 1&2 und Abb.3). Für Europa schien die ß-Konvergenz generell schwächer als für den Rest der betrachteten Regionen auszufallen und es wurde offensichtlich, dass die Ergebnisse stark von der Auswahl der betrachteten Länder und Ebenen der NUTS[3] (nomenclature of territorial units for statistics) Regionen abhängen und länderspezifischen Einflüssen unterlagen. Insgesamt änderten sich auch die Konvergenzmuster im Laufe der Zeit: Die starke bedingte Konvergenz zum Ende der 1970er Jahre schwächte sich zu Beginn der 1980er Jahre deutlich ab, um danach wieder mäßig hohe Werte anzunehmen (vgl. Magrini, S., 2004: S.2749).

Die Problematik der von Barro vorgestellten Studien auf Basis der Querschnittsanalyse liegt in der Möglichkeit, die entdeckte Dynamik auch mit verschiedenen anderen Interpretationen der Wachstumsprozesse zu erklären, obwohl diese von anderen Wirkungszusammenhängen ausgehen[4].

[...]


[1] Als Steady State wird nach Barro (vgl. Barro, R.J./ Sala-i-Martin, 2004: S.33) das langfristige Wachstumsgleichgewicht einer Volkswirtschaft bezeichnet, in dem sich zentrale Variablen des Modells nicht ändern: Der Pro-Kopf-Kapitalstock und der Pro-Kopf-Output sind konstant sofern technischer Fortschritt nicht integriert wird. Ansonsten wachsen sie mit dessen Rate.

[2] Untersuchung inwieweit zwei Merkmale korrelieren und Ermittlung der linearen Zusammenhänge.

[3] Die NUTS Statistik gliedert die Gebietseinheiten innerhalb der EU in 5 hierarchische Ebenen. Angefangen bei NUTS-1 für die Ebene von z.B. Bundesländern über NUTS-2 für z.B. Regierungsbezirke bis hin zu NUTS-5 als kleinster Einheit (vgl. Votteler, M., 2004: S.1).

[4] Zwecks ausführlicher Erläuterung siehe: Durlauf, S./ Quah, D., 1998: S.26f

Fin de l'extrait de 23 pages

Résumé des informations

Titre
Regionale Konvergenz und Divergenz
Université
RWTH Aachen University  (Allgemeine Volkswirtschaftslehre und Finanzwissenschaft)
Cours
Ökonomische Geographie und die Geographie moderner Volkswirtschaften
Note
1,0
Auteur
Année
2005
Pages
23
N° de catalogue
V51023
ISBN (ebook)
9783638470957
ISBN (Livre)
9783656770725
Taille d'un fichier
541 KB
Langue
allemand
Mots clés
Regionale, Konvergenz, Divergenz, Geographie, Volkswirtschaften
Citation du texte
Thomas Stüben (Auteur), 2005, Regionale Konvergenz und Divergenz, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/51023

Commentaires

  • Pas encore de commentaires.
Lire l'ebook
Titre: Regionale Konvergenz und Divergenz



Télécharger textes

Votre devoir / mémoire:

- Publication en tant qu'eBook et livre
- Honoraires élevés sur les ventes
- Pour vous complètement gratuit - avec ISBN
- Cela dure que 5 minutes
- Chaque œuvre trouve des lecteurs

Devenir un auteur