Hunger in der Welt. Physische Rahmenbedingungen, Verteilungsprobleme und Lösungskonzepte am Beispiel der Sahelzone


Exposé Écrit pour un Séminaire / Cours, 2004

19 Pages, Note: 1,3


Extrait


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung

II. Problemaufriss

III. Negative physische Rahmenbedingungen in der Sahelzone
1. Erosion durch Brennholzabbau und Ausweitung von Agrarflächen
2. Versalzung durch Bewässerung
3. Überweidung
4. Zusammenfassung und Vernetzung

IV. Die Verteilungsproblematik
1. Makroperspektivisch
2. Mesoperspektivisch

V. Lösungsansätze
1. Ernährungssicherheit
2. Liberalisierung der Agrarmärkte
3. Dauerhafte Agrarentwicklung
4. Zusammenfassung und Vernetzung

VI. Résumée

Anhang: Literaturverzeichnis

I. Einleitung

„In Erwägung, dass wir hungrig bleiben

Wenn wir dulden, dass ihr uns bestehlt

Wollen wir mal feststelln, dass nur Fensterscheiben

Uns vom guten Brote trennen, das uns fehlt.“

Dieses kleine Gedicht von Bertolt Brecht stellt gewissermaßen den Rahmen der vorliegenden Arbeit dar. Es soll untersucht werden, ob die Hungernden der Dritten Welt[1] tatsächlich nur durch „Fensterscheiben“ vom „guten Brote“ der Ersten Welt getrennt sind, oder ob hierbei weitreichendere Probleme zu überwinden sind.

Hierzu wird zuerst eine Übersicht über die verschiedenen Definitionen des Hungers und die prinzipiellen Sichtweisen auf den Hunger gegeben (Kapitel II). Diese sollen den theoretischen Rahmen der Arbeit bilden und die folgenden Kapitel gedanklich vorstrukturieren. Am Beispiel der Sahelzone werden dann die schlechten physischen Rahmenbedingungen der Nahrungsmittelversorgung dargestellt, welche dafür verantwortlich sind, dass sich die Problematik nicht entspannt, sondern im Gegenteil immer weiter verschärft (Kapitel III). Anschließend wird die zweite Ebene des Problems beleuchtet, die Verteilungsproblematik. Es soll aufgezeigt werden, ob und wie die Industrieländer auf der Makroebene auf Kosten der Entwicklungsländer den Agrarmarkt dirigieren. Zum anderen wird die Situation auf die national- regionale Mesoebene bezogen, um deutlich zu machen, dass die vorhandenen Nahrungsmittel auch im jeweiligen Entwicklungsland nicht gleichmäßig und gerecht verteilt werden wodurch manche Bevölkerungsteile mehr zu leiden haben als andere (Kapitel IV). Im fünften Kapitel werden dann die drei gängigsten Strategien zur Überwindung des Hungers in der „Dritten Welt“ vorgestellt und in ihrer Vereinbarkeit diskutiert. Zuletzt werden die Kernaussagen der Arbeit nochmals gebündelt dargestellt und versucht einen kurzen Blick in die Zukunft zu werfen.

Untersuchungsgegenstand der gesamten Arbeit ist das Afrika südlich der Sahara, insbesondere die Sahelzone und die angrenzenden Regionen, denn hier sind die Zukunftsaussichten am schlechtesten. Afrika ist mit dem asiatischen Wirtschaftsaufschwung und den politischen Problemen zwischen dem Westen und dem Nahen beziehungsweise Mittleren Osten aus dem Fokus des Interesses gefallen und droht marginalisiert und mit seinen Nöten allein gelassen zu werden[2]. Die Arbeit versucht nun Afrikas Hungerproblematik wieder etwas in das Bewusstsein zu rücken; zur Illustration werden deshalb einige Beispiele aus der Sahelzone an geeigneter Stelle genannt werden.

II. Problemaufriss

An dieser Stelle muss zuerst einmal geklärt werden was Hunger überhaupt ist und wie er definiert ist. Für die UNDP leidet ein Mensch Hunger, wenn er weniger als 1.960 Kalorien pro Tag zu sich nimmt[3]. Damit ist allerdings eine etwas willkürliche Grenze gegeben die unter verschiedenen Bedingungen sicherlich nicht zutreffen kann. So benötigt ein Büroarbeiter in der Stadt deutlich weniger Kalorien, um nicht Hunger zu leiden als ein Landwirt, der schwere körperliche Arbeit leisten muss. Schon deshalb ist der Hunger in ländlichen Regionen viel stärker verbreitet als in urbanen, obwohl dort mehr Nahrungsmittel produziert werden.

Ein zweites Manko dieser Definition ist die fehlende Berücksichtigung der Qualität der Nahrung. Selbst wenn mehr als 1.960 Kalorien zur Verfügung stehen, ist nicht garantiert, dass alle essentiellen Nährstoffe in ausreichender Menge in der Nahrung enthalten sind. Eine bessere Definition ist deshalb sicherlich die von Blanckenburg und Cremer, die Fehlernährung als

„jede Form der Nahrungszufuhr […], bei der die dem Körper zunutze kommende Menge an Energie oder an einem oder mehreren Nährstoffen für längere Zeit nach oben oder nach unten so stark vom Optimum abweicht, dass es zu einer Beeinträchtigung von Gesundheit und/ oder Leistungsfähigkeit kommt.“[4]

Hierbei werden sowohl die qualitativen und quantitativen, als auch die jeweils unterschiedlichen Bedürfnisse der Menschen berücksichtigt[5]. Es wird deutlich, dass auch eine Überernährung eine Form der Fehlernährung sein kann. Hunger und Fehlernährung sind also nicht identisch. Während sich Hunger vor allem auf den Aspekt des Mangels bezieht, schließt Fehlernährung auch die Überernährung mit ein. Für die Entwicklungsländer genügt es die Mangelseite der Fehlernährung zu untersuchen, was im Folgenden als Hunger bezeichnet werden soll.

Eine weitere wichtige Unterscheidung ist zwischen Nahrungs(un)sicherheit und Ernährungs(un)sicherheit zu treffen. Ersteres bezieht sich auf internationaler, nationaler, regionaler oder auf Haushaltsebene auf das ausreichende Vorhandensein, beziehungsweise die ausreichende Möglichkeit des Erwerbs, von Nahrungsmitteln (= „availability“)[6]. Letzteres geht darüber hinaus und berücksichtigt zusätzlich die speziellen Bedürfnisse von Säuglingen und Kleinkindern, aber auch die Möglichkeit der angemessenen Zubereitung (Brennholz) und der medizinischen Versorgung. Ernährungssicherheit herrscht erst dann, wenn auf Haushaltsebene alle Menschen gut ernährt sind[7].

Oft wird in diesem Zusammenhang ein Recht auf Nahrung (= „entitlement“) gefordert, um den Hunger einzudämmen. Doch ist hier Lachmann zuzustimmen, der sagt, dass den Menschen nicht mit der Überlassung von Rechten ökonomischer Art zu helfen ist, vielmehr müssen die Rahmenbedingungen geschaffen werden, dass sich Arbeitseinsatz auch in der Dritten Welt lohnt[8]. Richtig ist allerdings, dass solche Rechte in sozialpolitischer Sicht hilfreich sind[9]. Dies ändert jedoch nur den Blickwinkel auf die Problematik auf eine wünschenswerte Weise, kann aber nicht das Ursächliche an sich beheben.

Wenn man nun auf der individuellen Ebene die entitlements nicht als generellen Lösungsweg ansieht, so heißt das aber nicht, dass auf man auf der Ebene der Parteinahme ein Malthusianer ist. Jene würden betonen, dass es natürlich kein Recht auf Nahrung gibt, im Gegenteil: Hunger ist ein notwendiges Regulativ der Bevölkerungs explosion und letztlich unabdingbar. Letztlich scheint die Malthusianische Position aber im Laufe der Geschichte schon widerlegt, alle Voraussagen über die maximale Kapazität der Erde wurden weit überschritten, ohne dass sich auch nur die Tendenz geändert hätte. Die Natur könnte die Menschheit heute ausreichend versorgen weshalb die Sichtweise Malthus’ und seiner Vertreter, von den moralethischen Gründen einmal abgesehen, widersinnig ist[10].

Global gesehen, darin sind sich alle Experten einig, ist für Nahrungssicherheit gesorgt. Laut UNDP hätte bei gleichmäßiger Verteilung jeder Mensch im Durchschnitt 2760 Kalorien pro Tag zur Verfügung[11]. Doch genügt ein kurzer Blick auf die Weltkarte um die regionalen Unterschiede aufzuzeigen: In Afrika südlich der Sahara konzentrieren sich die Länder mit mangelnder Nahrungs- und Ernährungssicherheit ganz deutlich. 16 der 20 Staaten mit einer Nährstoffversorgung unter 2000 Kalorien lagen 1998 hier[12]. Jeder dritte Mensch in dieser Region ist unterernährt, mit steigender Tendenz[13]. Auch die Nahrungsmittelproduktion ging in Afrika zwischen 1980 und 1995 um 8 Prozent zurück während sie zum Beispiel in Asien um 27 Prozent und in Lateinamerika um 12 Prozent zunahm[14]. Man sieht hieran, dass Afrika die schlechtesten Zukunftsaussichten hat, wenn nicht bald ein umfassender Lösungsansatz gefunden werden kann.

Ein Grund für die sinkende Nahrungsmittelproduktion liegt in der immer weiter voranschreitenden Desertifikation die im nächsten Kapitel vorgestellt wird. Diese schränkt nicht nur die gegenwärtige Nahrungsmittelproduktion ein, sondern stellt auch auf längere Sicht ein Hindernis für die eigene Entwicklung dar, da die Abhängigkeit von Importen immer größer und die Möglichkeit von Exporten immer geringer wird.

III. Negative physische Rahmenbedingungen in der Sahelzone

Ein gewichtiges Hemmnis für alle Lösungskonzepte ist die abnehmende landwirtschaftliche Nutzfläche sowie, was oft vergessen wird, deren sinkende Produktivität[15]. Die Desertifikation ist hierbei definiert als das Ergebnis aus der Summe aller Faktoren, die die Verwüstung ehemals von Vegetation bedeckter Landschaft bewirken. Insbesondere das anthropogene Element steht hierbei im Mittelpunkt, auch wenn die klimatischen Ursachen nicht völlig vernachlässigt werden. In diesem Zusammenhang sind Begriffe wie „man- made desert“ und „desert encroachment“ wichtig, denn sie betonen nochmals den anthropogenen Faktor beziehungsweise grenzen die Desertifikation gegen andere Formen der ökologischen Degradation ab[16].

1. Erosion durch Brennholzabbau und Ausweitung von Agrarflächen

Zwei unterschiedliche Aspekte kommen in Bezug auf die Vernichtung der Pflanzen mit sekundärem Dickenwachstum[17] zum Tragen: Erstens die verstärkte äolische Erosion, welche nicht mehr von den Pflanzen und deren Wurzeln aufgehalten werden kann und zweitens die Veränderung des Wassergehaltes im Boden.

[...]


[1] „Dritte Welt“ wird in dieser Arbeit synonym mit „Entwicklungsländern“ benutzt und bezieht sich insbesondere auf die afrikanischen Länder südlich der Sahara. Ebenso werden „Erste Welt“, „Norden“ und „Westen“ im Sinne der Vereinfachung als Synonym für die Industrieländer verwandt.

[2] Schmidt, 2003: 87.

[3] UNDP, 2003: 106.

[4] Zitiert nach: Oltersdorf/ Weingärtner , 1996: 15.

[5] Allerdings ist diese Definition nur sehr schwer operationalisierbar, weshalb zumeist eine einfachere wie die der UNDP verwendet wird.

[6] Oltersdorf/ Weingärtner , 1996: 26.

[7] Oltersdorf/ Weingärtner , 1996: 49- 51.

[8] Lachmann, 1990: 87.

[9] Lachmann, 1990: 87.

[10] Dennoch ist der richtige Weg zu diesem Ziel bisher nicht gefunden worden. Die Arbeit soll hier einen möglichen Weg aufzeigen.

[11] UNDP, 2003: 106.

[12] Brameier, 1998: 38.

[13] UNDP, 2003: 106.

[14] UNDP, 2003: 106.

[15] Hauser, 1990: 150

[16] Zum Beispiel gegen das Waldsterben in Mitteleuropa. Vgl.: Mensching, 1990: 4.

[17] Natürlich fallen auch Pflanzen ohne sekundäres Dickenwachstum der Rodung und Brennstoffgewinnung zum Opfer, doch ist der Effekt der Bäume usw. der gewichtigste.

Fin de l'extrait de 19 pages

Résumé des informations

Titre
Hunger in der Welt. Physische Rahmenbedingungen, Verteilungsprobleme und Lösungskonzepte am Beispiel der Sahelzone
Université
University of Freiburg  (Institut für Kulturgeographie)
Cours
Geographische Entwicklungsforschung
Note
1,3
Auteur
Année
2004
Pages
19
N° de catalogue
V51095
ISBN (ebook)
9783638471527
ISBN (Livre)
9783638853989
Taille d'un fichier
529 KB
Langue
allemand
Annotations
Enthält eine Untersuchung der physischen Bedingungen der Agrarwirtschaft der Sahelzone, eine Makro- und Mesoperspektivische Analyse der Verteilungsproblematik, sowie drei mögliche Lösungsanstätze und deren Vernetzung. Zahlreiche Literaturverweise im Text/ Fussnoten (65 Stück). 16. Literaturangaben 5.621 Wörter 36.063 Zeichen [ohne Leerzeichen].
Mots clés
Hunger, Welt, Physische, Rahmenbedingungen, Verteilungsprobleme, Lösungskonzepte, Beispiel, Sahelzone, Geographische, Entwicklungsforschung
Citation du texte
Johannes Ohnmacht (Auteur), 2004, Hunger in der Welt. Physische Rahmenbedingungen, Verteilungsprobleme und Lösungskonzepte am Beispiel der Sahelzone, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/51095

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