Growth Hacking im Online Marketing von agilen Start-ups


Bachelor Thesis, 2019

50 Pages, Grade: 2,3


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Methodische Vorgehensweise und Aufbau

2. Theoretische Grundlagen von Start-ups
2.1 Definition und Charakteristika von Start-ups
2.2 Situation der Start-ups in Deutschland
2.3 Teamstruktur

3. Hintergrund und Theorie zu Agilität
3.1 Die Entwicklung zur agilen Organisation
3.2 Agiles Mindset
3.3 Vorstellung von agilen Methoden
3.3.1 Scrum
3.3.2 Lean Startup

4. Online Marketing Aktivitäten

5. Theoretische Grundlagen von Growth Hacking
5.1 Definition
5.2 Die Säulen des Growth Hackings
5.3 Der Growth Hacking Prozess
5.4 Growth Hacking Trichter im Online Marketing
5.5 Stärken und Schwächen von Growth Hacking

6. Growth Hacking im Online Marketing von agilen Start-ups
6.1 Bedeutung von Growth Hacking für Start-ups
6.2 Notwendigkeit agiler Konzepte
6.3 Anwendbarkeit von Online Marketing entlang des Growth Hacking Trichters
6.4 Chancen und Risiken des Einsatzes von Growth Hacking und Agilität in Start-ups
6.5 Handlungsempfehlungen für Start-ups

7. Schlussfolgerung

8. Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Scrum Framework

Abbildung 2: Bauen-Messen-Lernen Feedbackschleife

Abbildung 3: Die Säulen des Growth Hackings

Abbildung 4: Growth Hacking Prozess

Abbildung 5: Growth Hacking Trichter

Abbildung 6: Scrum im Growth Hacking

Abbildung 7: Growth Hacking Trichter im Online Marketing

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

„Starre Strukturen und Inflexibilität sind leider die Hauptursachen für das Scheitern vieler guter Ideen“(Schäfer und Ternès, 2016, S. 125).

Durch die Digitalisierung in den letzten Jahren gab es viele Veränderungen in der Gesellschaft und Wirtschaft(Kollmann und Schmidt, 2016, S. 4). Aus dem digitalen Wandel resultieren neue Organisationsformen, die sich flexibel und schnell auf veränderte Marktbedingungen anpassen können. Sie durchbrechen alte Strukturen und treten als starke wettbewerbsfähige Marktteilnehmer auf. Start-ups mit disruptiven Geschäftsmodellen sind ein Beispiel hierfür.(Skala, 2019, S. 9)Durch die Zunahme an Komplexität innerhalb und außerhalb einer Organisation, wird Agilität wichtiger und Start-ups können sich damit besser anpassen(Brown und Ellis, 2017, S. 268; Müller, 2018, S. 9–16). Um am Markt bestehen zu bleiben ist eine agile Transformation hin zu einem agilen Mindset notwendig(Deeken und Fuchs, 2018, S. 22). Agile Methoden helfen zusätzlich dabei, da sie die Kundenorientierung in den Vordergrund setzten. Denn ein gutes Produkt allein reicht nicht mehr aus, um erfolgreich zu sein.(Brown und Ellis, 2017, S. 87; Denning, 2016c, S. 5)Durch den technologischen Fortschritt im Online Marketing, ist es möglich geworden mit den Veränderungen Schritt zu halten(Dockery und Knudsen, 2018, S. 116). Gleichzeitig bietet es eine höhere Reichweite und einfaches Sammeln von Daten(Tuten, 2008, S. 10). Allerdings weisen Start-ups einige besondere Charakteristika auf, wie den Mangel an Kapital, weshalb die Umsetzung von Marketingmaßnahmen erschwert wird. Deshalb spielt für Start-ups der effiziente Einsatz von Ressourcen eine wichtige Rolle.(Hahn, 2018, S. 118)Das Ziel von Start-ups ist es, eine hohe Reichweite mit niedrigem Kapitaleinsatz zu erreichen, was durch Growth Hacking ermöglicht wird(Sternad, Hartlieb und Stromberger, 2018, S. 20).

1.1 Problemstellung

In Deutschland ist die Start-up Gründerszene stetig am Wachsen(Hahn, 2018, S. 8). Aufgrund der Digitalisierung kommen neue Geschäftsmodelle zum Einsatz, die weniger Ressourcen erfordern(Müller, 2018, S. 52). Start-ups gelten als revolutionärer Wandler und Treiber des Wirtschaftswachstums, da sie Arbeitsplätze schaffen, den Wettbewerbsdruck stärken und neue Technologien entwickeln(Kollmann, 2016, S. 1; Kollmann et al., 2018, S. 17; Skala, 2019, S. 9). Dennoch scheitert ein Großteil der Start-ups bereits innerhalb der ersten fünf Jahre und 93% auf lange Sicht(Harris, 2019, S. 1). Zum einen liegt es an äußeren Faktoren, wie einem niedrigen Bekanntheitsgrad oder einem hohen Wettbewerbsdruck. Zum anderen scheitern sie an inneren Faktoren, wie die Entwicklung eines unerwünschten Produktes, einem fehlenden Marktverständnis oder der geringen Ressourcenverfügbarkeit.(Triebel und Schikora, 2016, S. 240–246)Um dem entgegenzuwirken entwickelte Sean Ellis eine Methode, die er als Growth Hacking bezeichnete, das mit niedrigem Kapitaleinsatz schnell und effektiv Start-ups zum Wachstum verhelfen soll. Dabei geht es darum, Instrumente des Online-Marketings mit Datenanalyse und Entwicklung zu kombinieren.(Herzberger und Jenny, 2018, S. 37–41)Doch auch die Unsicherheiten von außen, wie die Zunahme an Komplexität und der digitale Fortschritt, verlangen danach, dass sich Start-ups ständig verändern und neu anpassen(Dams, 2019, S. 1 f.).

Die Problematik und die Begründung dieser Arbeit besteht darin, dass ein Großteil der Start-ups kurz nach der Gründung scheitert. Die Hauptgründe hierfür sind die Entwicklung und Vermarktung eines unerwünschten Produktes, eine mangelnde Reichweite und die Verfügbarkeit von geringen finanziellen Ressourcen.(Kollmann et al., 2018, S. 75)Darüber hinaus befinden sich Start-ups in einem unsicheren Umfeld und müssen sich neuen Veränderungen flexibel anpassen können, da sie ansonsten ebenfalls scheitern(Müller, 2018, S. 47). Diese Herausforderungen werden in der vorliegenden Arbeit betrachtet und Methoden werden vorgestellt, die Start-ups dabei unterstützten, diese Hürden zu überwinden. Ziel dieser Arbeit ist herauszufinden, inwiefern agile Methoden, Online Marketing und Growth Hacking, Start-ups dabei unterstützen, die Herausforderungen und Schwierigkeiten zu umgehen, um im aktuellen Wirtschaftsgeschehen bestehen zu bleiben.

1.2 Methodische Vorgehensweise und Aufbau

Zur Beantwortung der Problematik wird eine Literaturrecherche auf Basis von Sekundärmaterial herangezogen, das aus aktueller und wesentlicher Fachliteratur stammt.

Zunächst werden in Kapitel 2 Start-ups von anderen Unternehmensgründungen abgegrenzt und die besonderen Charakteristika erläutert. Daraufhin wird die Situation in Deutschland vorgestellt und die Teamstruktur erklärt.

In Kapitel 3 wird der Begriff „Agilität“ definiert und die Entwicklung zur agilen Organisation aufgezeigt. Daraus ergeben sich das agile Mindset und agile Methoden.

Die Entwicklungen treffen auch das Online Marketing, dessen relevante Disziplinen in Kapitel 4 vorgestellt werden.

Schließlich behandelt Kapitel 5 das Growth Hacking. Für das weitere Verständnis wird der Begriff definiert und die Methode vorgestellt. Dies umfasst die Säulen des Growth Hackings, den Growth Hacking Prozess und den Growth Hacking Trichter. Dadurch ergeben sich Stärken und Schwächen, die am Ende des Kapitels erläutert werden.

Kapitel 6 widmet sich der Bedeutung von Growth Hacking für Start-ups, der Notwendigkeit von Agilität sowie der Betrachtung der Online Marketing Aufgaben entlang des Growth Hacking Trichters. Chancen, Risiken und Handlungsempfehlungen, die sich für Start-ups ergeben, werden hiervon abgeleitet.

2. Theoretische Grundlagen von Start-ups

Start-ups werden als revolutionäre Wandler bezeichnet, da sie durch neue Technologien viele Prozesse verändern(Skala, 2019, S. 9). Denn dieser Fortschritt beeinflusst neben der Gesellschaft auch die gesamte Arbeitswelt, wodurch alles komplexer und dynamischer wird(Müller, 2018, S. 9–16). Deshalb sind neue Methoden notwendig, um die daraus entstehenden Probleme zu lösen(Metzger, 2018b, S. 3 f.). Disruptive[1] Geschäftsmodelle von Start-ups auf digitaler Basis, ermöglichen es entsprechende Lösungen zu finden. Dadurch gelten sie als Treiber des dynamischen Wirtschaftswachstumes.(Kollmann, 2016, S. 1–626)

2.1 Definition und Charakteristika von Start-ups

In der Literatur gibt es eine Vielzahl von unterschiedlichen Definitionen für Start-ups. Im ursprünglichen Sinne steht Start-up für die Phase der Unternehmensgründung. Allerdings wird im Alltag die Gründung von innovativen und wachstumsorientieren Unternehmen mit digitalem Geschäftsmodell, mit dem Wort Start-up assoziiert.(Hahn, 2018, S. 4)Der Bundesverband Deutsche Startups e.V. definiert den Begriff Start-up, im Deutschen Startup Monitor (DSM) von 2018, als Unternehmen, das vor weniger als zehn Jahren gegründet wurde, ein Umsatz- bzw. Mitarbeiterwachstum plant und/oder innovative neue Ideen auf den Markt bringt(Kollmann et al., 2018, S. 18). Zusätzlich gibt es weder Unternehmensgeschichte noch eine klare Zukunftsaussicht oder Überlebenschance. Ein Start-up ist auf dem Markt noch unbekannt, hat keine klare Position und nur wenige Mitarbeiter. Auch die Knappheit der Ressourcen ist ein wichtiges Merkmal von Start-ups.(Vetter, 2011, S. 63–67)Daher sind, neben der Entwicklung des Produktes, die Geschwindigkeit von Umsatzentwicklung und Wachstum am wichtigsten (Kollmann et al., 2018, S. 49). Die Projekte sind digital, skalierbar und effizient(Metzger, 2018b, S. 1). Dabei profitieren Start-ups von der Entwicklung internetbasierender Kommunikations- und Vertriebskanäle, da sie dadurch eine große Reichweite schaffen(Sternad, Hartlieb und Stromberger, 2018, S. 37).

Zusammengefasst werden Start-ups, in der vorliegenden Arbeit, als wachstumsorientierte Jungunternehmen definiert, die noch nicht am Markt etabliert sind. Sie weisen wenig Kunden auf und haben knappe Ressourcen. Zudem bestehen sie aus einem kleinen Team mit durchschnittlich 12 Mitarbeitern.(Kollmann et al., 2018, S. 28; Vetter, 2011, S. 63–67)Ihr wichtigstes Ziel ist der schnelle Markteintritt mit einem hohen Bekanntheitsgrad ohne hohen Kapitaleinsatz(Skala, 2019, S. 21). Da deutsche Start-ups dieser Definition entsprechen, wird im folgenden Gliederungspunkt die Situation in Deutschland betrachtet.

2.2 Situation der Start-ups in Deutschland

In Deutschland lässt sich generell ein Rückgang der Unternehmensgründungen feststellen, was unter anderem auf die positive Entwicklung am Arbeitsmarkt zurückzuführen ist. Dennoch ist ein Rückgang von 17% im Jahr 2016 auf nur 557.000 Gründer im Jahr 2017 als kritisch zu betrachten.(Metzger, 2018a, S. 1)Diese Anzahl umfasst allerdings alle Arten von Gründungen. Bei der Betrachtung von Start-ups, nach vorliegender Definition, wurden 2017 insgesamt 60.000 Start-ups erfasst. Dies entspricht einem Zuwachs von 6.000 neuen Start-ups vom Jahr 2016 auf 2017.(Metzger, 2018b, S. 1)Durchschnittlich werden jährlich 5.000 innovative und wachstumsorientierte Start-ups in den Bereichen Online Handel, Finanztechnologie, Software, Analyse, Mobilität und Gesundheit gegründet(Kollmann und Schmidt, 2016, S. 26; Lennartz, 2019, S. 7).

Die geringe Anzahl an Neugründungen, im Vergleich zu anderen Ländern, ist auf eine Vielzahl von Faktoren zurückzuführen. Dabei spielt die Mentalität der deutschen Gesellschaft eine wichtige Rolle, welche die Angst vor dem Scheitern verstärkt.(Kollmann, 2016, S. 107)Zwar suchen junge Gründer nach neuen Herausforderungen und Unabhängigkeit, nach Anerkennung und Wohlstand, treffen aber auf Hürden, die sie vom Gründen eines Start-ups abhalten. Dazu zählen, neben der schwierigen Kapitalbeschaffung, die Bürokratie und das hohe Risiko. (Kollmann, 2016, S. 107; Kollmann et al., 2018, S. 39–42; Metzger, 2018b, S. 5)Bei genauerer Betrachtung der bereits bestehenden Start-ups lässt sich feststellen, dass 51,7% vor weniger als zwei Jahren gegründet wurden und nur 20,8% vor mehr als vier Jahren. Das liegt daran, dass der Großteil in den ersten Monaten oder Jahren wegen externer Unsicherheiten scheitert(Müller, 2018, S. 21–47). Dazu zählt unter anderem die risikoaverse Eigenschaft deutscher Investoren, die die Finanzierung von Start-ups deutlich erschwert und für einen Mangel an finanziellen Ressourcen sorgt(Hahn, 2018, S. 15; Schwarz, Krajger und Dummer, 2015, S. 341). Zusätzlich bedarf es für den Erfolg eine gute Marketingstrategie, die den Markteintritt ermöglicht. Nur so kann das Start-up potenzielle Kunden auf sich aufmerksam machen und schnellstmöglich eine Mindestanzahl an Kunden erreichen.(Hahn, 2018, S. 118; Sternad, Hartlieb und Stromberger, 2018, S. 9)Doch der DSM 2018 ergab, dass die größten Schwierigkeiten „die Kundengewinnung[…], Produktentwicklung […] und das Wachstum“(Kollmann et al., 2018, S. 75)sind.

In Start-ups gibt es nur wenige Mitarbeiter, wodurch ein besonderes Teamgefüge entsteht, das im Nachfolgenden vorgestellt wird.

2.3 Teamstruktur

Ein weiteres maßgebliches Charakteristikum eines Start-ups ist die Teamstruktur. Seit Ende der 1990er-Jahre wird Gruppenarbeit wichtiger, da die Komplexität der Aufgaben stieg. Mittlerweile ist Teamarbeit überall präsent, so auch in Start-ups.(Hofert, 2016, S. 30)Neben dem Potenzial von Markt und Industrie entscheidet die Zusammenarbeit in Teams über den Erfolg oder Misserfolg(Accardi-Petersen, 2011, S. 34; Harris, 2019, S. 3). Zudem fördert sie die Innovationsfähigkeit(Hofert, 2016, S. 33). Ein Team sollte funktionsübergreifend zusammengesetzt werden, um das unterschiedliche Fachwissen der Mitarbeiter miteinander zu verbinden(Slogar, 2018, S. 131 f.). Durch heterogene Teams kommt es zwar zu Unstimmigkeiten, allerdings sind nur durch gemischte Teams mit neuen Denkweisen, wettbewerbsfähige Lösungen zu finden(Hofert, 2016, S. 25). Start-ups haben den Vorteil, dass eine Zusammenarbeit mit guter Kommunikation von Gründung an etabliert ist(Shaughnessy, 2018, S. 22). Auch keine oder sehr flache Hierarchien fördern diese(Weber und Gesing, 2019, S. 6). Durch die geringe Mitarbeiterzahl können Entscheidungen zwar schnell getroffen werden, jedoch gibt es keine klaren Strukturen(Kollmann, 2016, S. 236; Kollmann et al., 2018, S. 29; Müller, 2018, S. 52). Bei innovativen Gründungen müssen alle Mitarbeiter von der Idee überzeugt sein, damit das Start-up erfolgreich sein und sich im Markt durchsetzen kann(Hahn, 2018, S. 17). Charakteristisch ist deshalb eine starke Ausprägung des Gemeinschaftsgefüges, des sogenannten Teamgeistes(Kollmann, 2016, S. 385). Mitarbeiter wollen sich selbst in Teams organisieren, sinnvolle Arbeit leisten, legen Wert auf ein offenes Klima mit Feedback und sind bereit, aus Fehlern zu lernen(Gloger, 2017, S. 160). Durch die junge Altersstruktur weisen sie eine höhere Produktivität auf, sind schnell, spontan, kreativ und lernen rasch(Baumgartner et al., 2018, S. 108).

Die beschriebenen innovativen Start-ups basieren auf einem digitalen Geschäftsmodell und sind mit verschiedenartigen Problemen konfrontiert, die zum Scheitern führen können. Doch durch ihre besondere Teamstruktur und Charakteristika bieten Start-ups gute Voraussetzungen für Agilität oder arbeiten bereits mit agilen Ansätzen.(Grabmeier, 2017, S. 33)Der Begriff Agilität wird direkt mit Start-ups verknüpft und wird deshalb im anschließenden Kapitel behandelt(Deeken und Fuchs, 2018, S. 4).

3. Hintergrund und Theorie zu Agilität

Die Welt wird zunehmend komplexer, chaotischer und ist vom Wandel geprägt. Rahmenbedingungen für Organisationen verändern sich fortlaufend und der dadurch resultierende Wandel verlangt nach neuen Denkansätzen.(Ames, 2019, S. 3 f.)Durch diese disruptiven Veränderungen wird mehr gefordert als effiziente und stabile Prozesse. Eine Mentalität innerhalb der Organisationen, die Veränderungen zulässt und fördert, ist nötig, um konkurrenzfähig zu bleiben.(Deeken und Fuchs, 2018, S. 22)Wegen dieser Notwendigkeiten wird in diesem Kapitel das Thema Agilität behandelt.

3.1 Die Entwicklung zur agilen Organisation

In der Vergangenheit gab es bereits verschiedene Phasen der Agilität. Die Entwicklung begann Mitte des 20. Jahrhunderts in der Soziologie und beeinflusste auch die Organisationswissenschaft. In den 1990er-Jahren wurde Agilität zu einem Bestandteil der Softwareentwicklung und legte den Schwerpunkt auf die Kundenorientierung.(Fischer et al., 2018, S. 93–97; Rahn, 2018, S. 5)Denn damals wurden technologische Projekte anspruchsvoller und klassisches Projektmanagement reichte nicht mehr aus, um Kundenwünschen gerecht zu werden(Dams, 2019, S. 2). Die meisten Projekte scheiterten, da sie zu lange dauerten und sich die Anforderungen änderten(Hofert, 2016, S. 7).

Durch diese Entwicklungen existieren viele Assoziationen zu den Begriffen „Agilität“ und „agil“. Im Hinblick auf Organisationen wird Agilität als flexibel, ausgewogen, koordiniert und anpassungsfähig verstanden.(Accardi-Petersen, 2011, S. 11; Miclea, Izvercian und Buciuman, 2016, S. 1038)Agil bedeutet zudem schnell, veränderbar und dynamisch zu sein(Hofert, 2016, S. 2). Dadurch kann dynamisch und passend auf eine Marktveränderung reagiert werden(Bruce und Jeromin, 2016, S. 61). Im wirtschaftlichen Kontext mit Bezug auf die disruptiven Veränderungen ergibt sich folgende Definition:

„Agilität ist die Fähigkeit von Teams und Organisationen, in einem unsicheren, sich veränderndem und dynamischen Umfeld flexibel, anpassungsfähig und schnell zu agieren. Dazu greift Agilität auf verschiedene Methoden zurück, die es Menschen einfacher machen, sich so zu verhalten.“(Hofert, 2016, S. 5)

Im Jahr 2001 wurde ein Agiles Manifest beschlossen, dessen Ziel es war, die Komplexität aus Prozessen der Softwareentwicklung zu nehmen, die durch den technologischen Fortschritt entstanden ist(Bruce und Jeromin, 2016, S. 61; Dams, 2019, S. 3–9). Durch die damals entwickelten Grundsätze lassen sich Prinzipien für agiles Projektmanagement ableiten. Dem Manifest entsprechend, geht es um flexible, anpassende und schnelle Prozesse, die auf Werten basieren.(Baumgartner et al., 2018, S. 2–8; Bruce und Jeromin, 2016, S. 61 f.; Dams, 2019, S. 3)Diese Werte setzen die Kundenorientierung in den Vordergrund und fordern eine schnelle Reaktion auf Kundenwünsche. Dafür benötigen die Mitarbeiter eine hohe Entscheidungsfähigkeit innerhalb von selbstorganisierten Teams.(Werro, 2018, S. 4–6)Eine Organisation ist nur im Gesamten agil, wenn auch die Kultur transformiert wird, starre Strukturen aufgebrochen werden und eine Kundenorientierung in allen Bereichen stattfindet(Fischer et al., 2018, S. 156). Die neue agile Organisationskultur erlaubt es Fehler zu machen, da sie davon ausgeht, dass Fehler dabei helfen, zu lernen und die bestmögliche Lösung zu finden(Lennarz, 2017, S. 19). Agilität ist keine Aufgabe, sondern eine Haltung, ein sogenanntes Mindset, das ganzheitlich etabliert sein muss(Denning, 2016b, S. 13; Werro, 2018, S. 37). Deshalb werden die Eigenschaften dieses agilen Mindsets im Folgenden dargestellt.

3.2 Agiles Mindset

Der Begriff Mindset stammt aus der Kognitionspsychologie und bezeichnet die Grundeinstellung und Wertehaltung einzelner Personen. Im organisatorischen Umfeld geht es um die Einstellung zu bestimmten Themengebieten.(Hruby und Hanke, 2014, S. 3 f.)Als agil wird ein Mindset dann bezeichnet, wenn diese Einstellungen erlernt werden können und ein fortlaufender Prozess des Lernens stattfindet(Dams, 2019, S. 5–7). Zugrundeliegende agile Werte sind das persönliche Engagement, Feedback, Fokussierung, Wertschätzung, Klarheit und Aufgeschlossenheit(Hofert, 2016, S. 10 f.). Diese Denkweise umfasst die Ausrichtung nach einem Mehrwert für Kunden, den Einsatz von autonomen Teams, die Koordination der Arbeit, durch strukturierte wiederholende und kundenorientierte Praktiken, Transparenz und die kontinuierliche Verbesserung. Dabei ist die Kommunikation offen und nicht hierarchisch.(Denning, 2016b, S. 13)Aber nicht nur innerhalb der Teams wird das agile Mindset gefordert, sondern auch in der Führungsebene, um ein einheitliches Ziel zu schaffen(Dams, 2019, S. 5–7; Deeken und Fuchs, 2018, S. 4). Insgesamt ist das agile Mindset wichtiger, als die Einführung von einzelnen agilen Methoden(Denning, 2016a, S. 18). Dennoch sind sie nicht zu vernachlässigen und werden deshalb im nächsten Kapitel vorgestellt.

3.3 Vorstellung von agilen Methoden

Die Hauptaufgabe von agilen Methoden ist es, Dinge zu vereinfachen(Accardi-Petersen, 2011, S. 11 f.). Dadurch, dass sich nur eine agile Organisation in einem disruptiven Umfeld behaupten kann, sind sie sehr wichtig(Deeken und Fuchs, 2018, S. 7; Prodoehl, 2019, S. 16 f.). Agile Methoden bringen in komplexen und wechselhaften Umfeldern viele Vorteile. Sie ermöglichen flexible und anpassungsfähige Handlungen, die dem Druck der Veränderungen standhalten. Zusätzlich werden Hierarchien abgeflacht und die Zusammenarbeit gefördert, um die Synergien unterschiedlicher Fähigkeiten von Mitarbeitern zu nutzen.(Herr und Richtarski, 2018, S. 289)Denn nur funktionsübergreifende und selbstorganisierte Teams bringen großen Erfolg(Back, Thoma und Guggisberg, 2018, S. 32). Allerdings sind agile Methoden bislang nicht weit verbreitet(Moreira, 2017, S. 34). Trotzdem werden sie bereits als Lösung genutzt, um eigene Schwierigkeiten, die durch Veränderungen im Umfeld auftreten, zu überwinden(Hofert, 2016, S. 8–10). Nicht nur Schnelligkeit ist dabei ein wichtiger Faktor, sondern auch die Fähigkeit zur Anpassung von Konzepten an Strukturen und Prozessen(Accardi-Petersen, 2011, S. 11–46). Der größte Vorteil ist, dass während dem Projektverlauf neu auftretende Chancen direkt wahrgenommen werden können(Herr und Richtarski, 2018, S. 285). Der Fokus von organisatorischer Agilität liegt auf der Kundenorientierung und der Schaffung eines Mehrwertes(Denning, 2016c, S. 5). Durch das Agile Manifest wurden viele Prozesse verändert und es entwickelten sich Handlungsrahmen. Projekte sollen wiederholend (iterativ), schrittweise (inkrementell), einfach und veränderbar geplant und durchgeführt werden. Durch regelmäßiges Feedback, Rückblicke (Retroperspektiven) und eigenständige kleine Teams werden die Projekte unterstützt.(Dams, 2019, S. 13–15)

Nach dem gegenwärtigen Stand, ist Scrum in Organisationen am weitesten verbreitet(Baumgartner et al., 2018, S. 24). Deshalb wird diese Methode neben Lean Startup im Folgenden vorgestellt.

3.3.1 Scrum

Scrum findet in der Informationstechnik (IT) am meisten Anwendung(Hofert, 2016, S. 11). Doch durch die Objektivität der Methode kann sie ebenfalls auf Themen außerhalb der IT angewendet werden(Dams, 2019, S. 19). Denn Scrum bildet ein iteratives und inkrementelles Rahmenwerk. Es definiert ein flexibles, ganzheitliches Projektmanagement, in dem ein Entwicklungsteam zusammenarbeitet, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen und die Annahmen des traditionellen, sequenziellen Ansatzes in Frage stellt.(Denning, 2016b, S. 11)Laut WINKLER führt Scrum zu einer „gemeinsamen, teambasierten, interdisziplinären, selbstorganisierten Zusammenarbeit.“(2018, S. 208)

Ursprünglich gab es drei wichtige Rollen in einem Scrum Projekt. Der Scrum Master, der Product Owner und das selbstorganisierte Team bildeten die Basis.(Dams, 2019, S. 19)Die Rollen werden nach Fähigkeiten und Potenzial vergeben. Der Scrum Master dient als Moderator und kontrolliert den Fortschritt und die Umsetzung der Aufgaben. Der Product Owner konzentriert sich auf das Produkt und dessen Vision sowie Positionierung am Markt. Das Team ist funktionsübergreifend und kann jederzeit durch Fachexperten erweitert werden.(Dams, 2019, S. 19; Lennarz, 2017, S. 37–44)Zudem ist es stark mit dem Management, Kunden und Nutzern verbunden(Gloger, 2017, S. 156). In Abbildung 1 ist zu sehen, dass sich das Projekt in einzelne Phasen unterteilt, sogenannte Sprints, die zwischen zwei und vier Wochen andauern. In diesen Phasen wird das Projekt umgesetzt und am Ende reflektiert. Die verschiedenen Aufgaben innerhalb eines Sprints werden im Sprint Backlog festgehalten und orientieren sich am Product Backlog[2]. Täglich findet ein Treffen statt, in dem in vorgegebener Zeit über positive und negative Erfahrungen gesprochen wird. Dieses Meeting wird als Daily Scrum bezeichnet. Nach jedem Sprint findet die Review Phase statt, in der die Stakeholder über den Fortschritt im Projekt informiert werden. In der anschließenden Retroperspektive werden Probleme analysiert und Verbesserungsvorschläge für den nächsten Sprint abgeleitet.(Dams, 2019, S. 19 f.)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung1: Scrum Framework

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Dams, 2019, S. 35

Die Nutzung von Scrum als agile Methode bietet einige Vor- und Nachteile. Die Offenheit des Rahmenwerks bietet eine breite Einsatzmöglichkeit. Trotz Struktur und Planung können Änderungen am Projekt leicht vorgenommen werden und durch die übergreifende Funktion des Teams und die Integration des Kunden werden bessere Lösungen erzielt. Auch die inkrementelle und iterative Vorgehensweise trägt zur Effizienz bei.(Dams, 2019, S. 20)Scrum ist wegen der hohen Transparenz gut für große Projekte geeignet. Allerdings ist es kompliziert und daher schwer zu verstehen und umzusetzen. Wichtige Teilelemente werden vernachlässigt und ein Erfolg bleibt deshalb aus.(Lennarz, 2017, S. 19 f.)

[...]


[1] NB: „(zer)störend oder auflösend“(Rößler, 2018, S. 6).

[2] NB: Das Product Backlog enthält alle relevanten Aufgaben des Projektes(Dams, 2019, S. 32).

Excerpt out of 50 pages

Details

Title
Growth Hacking im Online Marketing von agilen Start-ups
College
University of Applied Sciences Kempten
Grade
2,3
Author
Year
2019
Pages
50
Catalog Number
V511501
ISBN (eBook)
9783346091949
ISBN (Book)
9783346091956
Language
German
Keywords
online marketing, growth hacking, startup, start-up, scrum, projektmanagement, agil, agilität, agile, gründen, unternehmensgründung, gründer, gründerin, gründertum, wachstum, e-mail marketing, online-marketing, suchmaschinenoptimierung, seo, sea, suchmaschinen werbung
Quote paper
Jasmin Armbruster (Author), 2019, Growth Hacking im Online Marketing von agilen Start-ups, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/511501

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