Modifikation von Phrasemen in Werbeanzeigen von "Brot für die Welt"


Dossier / Travail de Séminaire, 2019

20 Pages, Note: 2,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Grundbegriffe der Phraseologieforschung

3. Funktion und Gebrauch von Phrasemen in der Werbung

4. Phraseme in Werbeanzeigen von Brot für die Welt

5. Fazit

6. Literaturverzeichnis

7. Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

Wer sich die deutsche Sprache zur Brust nimmt, wird ziemlich schnell bemerken, dass Phraseme nicht unbedingt dünn gesät sind. Sie begleiten uns fast pausenlos durch unser Leben und sind folglich auch in unserer Alltagssprache allgegenwärtig. Deshalb bedient sich auch die Werbesprache dieser Mittel, um uns unter anderem für ihre Produkte emp­fänglicher zu machen. Von „Geiz ist geil“ (Saturn 2003 - 2007) bis „Einmal hin, alles drin“ (Real 2008): Werbung gelingt es wie keinem anderen Medium, Ausdrücke in unse­rer Erinnerung fest zu verankern. Dabei sind diese beiden Beispiele streng genommen keine Phraseme im eigentlichen Sinne, weisen jedoch aufgrund ihrer Kürze sowie Präg­nanz und nicht zuletzt der stark rhetorischen Gestaltung eine phraseologische Neigung auf. Diese vorliegende Arbeit soll aufzeigen, was ein Phrasem wirklich zu einem Phra- sem macht und wie Werbung diese Eigenschaften für sich nutzt. Dabei werden zuerst die Eigenschaften von Phrasemen aufgeführt und zunächst auf theoretischer Ebene aufge­zeigt, mithilfe welcher sprachspielerischer Mittel sie in Form und Bedeutung verändert werden können. Daraufhin werden die Funktion und der Gebrauch von Phrasemen in der Werbung dargestellt, bevor diese letztendlich anhand von Beispielen zweier Werbepla­kate von Brot für die Welt analysiert werden.

2. Grundbegriffe der Phraseologieforschung

Die Phraseologie ist ein linguistisches Forschungsgebiet, welches sich mit Wortschatz­einheiten zwischen Wort und Satz beschäftigt. Genauer gesagt befasst sich dieser Teilbe­reich mit den sogenannten Phrasemen. Sie „bestehen aus mehr als einem Wort, [...] [wo­bei] die Wörter nicht für dieses eine Mal zusammengestellt [sind], sondern es [...] sich um Kombinationen von Wörtern [handelt], die uns als Deutschsprechenden genau in die­ser Kombination (eventuell mit Varianten) bekannt sind“ (Burger 2015, S. 11). Phraseme, welche die Eigenschaften der Polylexikalität und Festigkeit aufweisen, werden unter Phraseologie im weiteren Sinne zusammengefasst. Sofern sie noch eine dritte Eigen­schaft, die Idiomatizität, innehaben, redet man von Phraseologie im engeren Sinne. An dieser Stelle ist anzumerken, dass auf die Eigenschaften von Phrasemen später näher ein­gegangen wird. Im Allgemeinen können Phraseme durchaus komplexe sowie sehr inte­ressante Wortkombinationen sein, deren Bedeutung nicht immer auf den ersten Blick ver­ständlich sein muss. Wenn wir von der Bedeutung eines Phrasems sprechen, so reden wir prinzipiell von einer phraseologischen, übertragenen Bedeutung und einer wörtlichen Be­deutung, welche wir uns aus unserem Alltag ableiten können. Einige Phraseme, wie zum Beispiel den Löffel abgeben, haben eine phraseologische Bedeutung, andere eine kon­krete wörtliche, die auf einen abstrakten Bereich übertragen wurde, wie beispielsweise ein Haar in der Suppe finden. Wiederum gibt es andere, bei welchen der Zusammenhang zwischen wörtlicher und übertragener Bedeutung nicht mehr nachvollziehbar ist, zum Beispiel einen Korb geben, oder welche Komponenten enthalten, die nur noch im Zusam­menhang mit diesem Phrasem verwendet werden, wie Gang und gäbe. Im letzteren Fall ist das Wort gäbe, was für sich alleine in unserem Wortschatz nicht existiert, eine soge­nannte unikale Komponente (vgl. Burger 2015, S. 13f.).

Phraseme haben wie bereits erwähnt drei Eigenschaften. Ihr erstes Merkmal ist ihre Polylexikalität. Sie bestehen aus mindestens zwei Wörtern (Schwein haben) und ma­ximal aus einem ganzen Satz (Alle Wege führen nach Rom). Dabei ist mit einem Wort eine Wortschatzeinheit, genauer gesagt ein Lexem, gemeint. Im Prinzip ist hier bei der Unterscheidung zwischen einem oder zwei Wörter die grafische Trennung entscheidend. Ihre zweite Eigenschaft ist ihre Festigkeit. Phraseme kommen in genau ihrer Zusammen­setzung vor, auch wenn andere Konstellationen durchaus denkbar wären. Die Festigkeit von Phrasemen zeichnet sich hierbei durch drei Aspekte aus. Erstens ist die Gebräuch­lichkeit der Wortverbindung entscheidend. Es reicht nicht aus, dass einige Sprecher den jeweiligen Ausdruck in dieser Konstellation kennen, sondern es ist notwendig, dass er auch in dieser Variante gebraucht wird. Elementar für die Entstehung eines Phrasems ist also nicht die Existenz einer Wortverbindung. Vielmehr seine Verwendung ist ausschlag­gebend. Zweitens muss eine psycholinguistische Festigkeit gegeben sein. Der Sprecher muss die Wortverbindung kognitiv als Einheit abrufen können. An dieser Stelle muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass Phraseme durchaus noch konjugiert, dekliniert oder umgestellt werden dürfen, ohne dass gegen das Prinzip der Festigkeit verstoßen wird. Aufgrund ihrer Eigenschaft der Festigkeit spricht man bei Phrasemen auch von fes­ten Wortverbindungen oder phraseologischen Wortverbindungen. Den Gegenbegriff hierzu bilden die freien Wortverbindungen. Drittens und letztens weisen Phraseme eine strukturelle Festigkeit auf. Man spricht hierbei oft auch von einer syntaktischen Festig­keit. Jede Wortverbindung unterliegt morphosyntaktischen und semantischen Prinzipien, an welche es sich zu halten gilt. Phraseme sind nur eingeschränkt syntaktisch veränderbar, was beispielsweise durch Variation oder Modifikation eines Phrasems möglich ist. Die letzte Eigenschaft von Phrasemen, die nebenbei bemerkt nicht zwingend zutreffen muss, ist ihre Idiomatizität. Darunter verstehen wir, wenn eine Komponente eines Phrasems nicht seine reguläre Bedeutung einbringt. Deutlich wird dies am Beispiel einen Streit vom Zaun brechen. Hier ist die Komponente vom Zaun brechen idiomatisch, während die üb­rigen Phrasemkomponenten ihre ursprüngliche Bedeutung beibehalten. Solche Phrase­men, bei denen nur Teile idiomatisch sind, nennt man teil-idiomatisch. Letztendlich ist an dieser Stelle festzuhalten, dass sich die Bedeutung eines Phrasems nicht alleine aus der Bedeutung ihrer Bestandteile und ihrer syntaktischen Verknüpfung erschließen lässt (vgl. Burger 2007, S. 15ff.).

Neben ihren drei Eigenschaften haben Phraseme genauso viele Zeichenfunktio­nen, anhand derer man sie auch kategorisiert. Es wird hierbei zwischen strukturellen, kommunikativen sowie referentiellen Phrasemen unterschieden. Strukturelle Phraseme stellen grammatische Relationen her. Sie entsprechen Funktionswörtern, wie zum Bei­spiel in Bezug auf oder mit Hilfe von. Kommunikative Phraseme, oder auch Routinefor­meln genannt, erfüllen spezielle Aufgaben beim Vollzug sprachlicher Handlungen. Diese können häufig in der Alltagssprache vorgefunden werden. Beispielsweise sind hier Guten Morgen, was weiß ich oder ich meine zu nennen. Die dritte Kategorie, die Klasse der referentiellen Phraseme, nimmt Bezug auf Ereignisse, Eigenschaften, Sachverhalte oder Objekte der realen Welt, wobei unter dem Begriff der realen Welt auch fiktive Welten angesiedelt sind. „Innerhalb der referentiellen Phraseme ergibt sich eine Zweiteilung nach dem semantischen Kriterium, ob sie Objekte und Vorgänge bezeichnen (das Schwarze Brett, Kopf an Kopf) oder ob sie als Aussagen über Objekte und Vorgänge fungieren (Morgenstund hat Gold im Mund)“ (Burger 2007, S. 32). Wenn Phraseme dazu dienen, Objekte und Eigenschaften zu bezeichnen, dann spricht man von nomativen Phrasemen. Sie sind meistens satzgliedwertig. Bei diesen Phrasemen unterscheidet man nochmals an­hand des Grades der Idiomatizität in Idiome, welche in allen Bestandteilen idiomatisch sind, in Teil-Idiome, die in nur einigen Komponenten idiomatisch sind, und sogenannten Kollokationen, welche nicht oder nur sehr schwach idiomatisch sind, dennoch in Kombi­nation als feste Einheit des Wortschatzes gebräuchlich sind. Spezielle Subklassen von nominativen Phrasemen sind Paarformeln (klipp und klar), komparative Phraseme (frech wie Oskar), onymische Phraseme beziehungsweise Mehrwort-Eigennamen (das Weiße Haus), phraseologische Termini (die rote Karte) oder Kinegramme, die sprachliche Ko­dierung von nonverbalem Verhalten (die Nase rümpfen) (vgl. Burger 2007, S. 31ff.).

Dienen Phraseme dazu, wahrheitswertfähige Aussagen, auch Propositionen ge­nannt, über die Welt zu tätigen, spricht man von propositionalen Phrasemen. Diese sind meist satzwertig. Auch hier wird nochmals in Subklassen unterschieden. Allerdings nicht wie bei den nominativen Phrasemen anhand ihres Grades der Idiomatizität, sondern an­hand ihrer syntaktischen sowie textlinguistischen Eigenschaften. Dabei wird in feste Phrasen und topische Formeln typologisiert. Feste Phrasen sind satzwertige Phraseme, die an einen konkreten Kontext geknüpft sind, wie zum Beispiel da liegt der Hund be­graben. Topische Formeln hingegen sind satzwertige Wortverbindungen, die im Gegen­satz zu den festen Phrasen nicht an den Kontext gebunden sind. Ihre Bedeutung ist auch ohne diese Verknüpfung verständlich. Sie lassen sich in die Gruppe der Sprichwörter und in die Gruppe der Evidenzformeln beziehungsweise Gemeinplätze unterteilen. Sprich­wörter sind in sich geschlossene Einheiten, die syntaktisch und textlinguistisch nicht an den Kontext angepasst werden müssen. Ihre Bedeutung wird auch ohne den Kontext ver­standen, weshalb man sie auch als Mikrotexte bezeichnet (vgl. Burger 2007, S. 107). Ein Beispiel für ein Sprichwort ist Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Evidenzformeln beziehungsweise Gemeinplätze müssen ebenfalls nicht an den Kontext gebunden werden. Sie treffen Aussagen über Selbstverständlichkeiten und übernehmen im jeweiligen Kon­text eine spezielle pragmatische Funktion, indem sie beispielsweise bewerten oder trös­ten, wie Was sein muss, muss sein und Man lebt nur einmal. Eine weitere Subklasse der propositionalen Phraseme sind die Geflügelten Wörter. Die Bezeichnung hierfür geht ur­sprünglich auf Homer zurück, der damit literarische Zitate deklarierte. Heute gelten auch Ausdrücke aus Film, Werbung und anderen Gebieten dazu. Entscheidend ist, dass den Sprechern klar ist, dass der verwendete Ausdruck auf eine bestimmte Quelle zurückgeht. Ein Beispiel für Geflügelte Wörter ist Sein oder Nichtsein, das ist hier die Frage (vgl. Burger 2007, S. 33ff.).

Nachdem nun die Typologie von Phrasemen aufgezeigt wurde, wird nun die bei der Erläuterung der strukturellen Festigkeit von Phrasemen angedeutete Möglichkeit der Veränderung von Phrasemen näher erläutert. Grundsätzlich kann ein Phrasem auf zwei voneinander zu unterscheidenden Weisen verändert werden. Zum einen spricht man von der Variation von Phrasemen. Damit bezeichnet man lexikalische und syntaktische Vari­anten der Nennform eines Phrasems. Unter der Nennform verstehen wir die Normalform, die wir beim Nachschlagen im Wörterbuch finden. Es gibt also Phraseme, die nicht nur eine spezielle Nennform besitzen, sondern mehrere in ähnlichen Varianten. Daher spricht man bei der Variation von Phrasemen von usuellen Erscheinungen. Typen von Variatio­nen können beispielsweise kürzere oder längere Varianten des Phrasems oder der Aus­tausch von Komponenten durch Synonyme oder auch Antonyme sein (vgl. Burger 2007, S. 22f.). Im Gegensatz dazu steht die Modifikation von Phrasemen. Hier spricht man von einer okkasionellen Erscheinung. Sie ist eine bewusst gesetzte Abweichung von der Nennform, die an den Kontext gebunden ist. Im Allgemeinen unterscheidet man bei der Modifikation zwischen formaler und semantischer Modifikation. Weicht das Phrasem in Bezug auf die verwendeten Ausdrücke von der Nennform ab, so liegt eine lexikalische Modifikation vor. Ist eine Abweichung in Bezug auf die üblicherweise angenommenen Restriktionen festzustellen, so handelt es sich um eine syntaktische Modifikation. Will man ein Phrasem auf formale Modifikation untersuchen, muss mit der Betrachtung der Nennform begonnen und davon ausgegangen werden, dass diese syntaktisch und lexika­lisch fest ist, das heißt keine anderen Variationen möglich sind. Ist dann bei einzelnen Komponenten zum Beispiel eine Veränderung in Numerus oder die Hinzunahme von At­tributen festzustellen, so ist eine formale Modifikation erfolgt. Vorsicht ist allerdings bei der Konjugation des Verbs innerhalb eines Phrasems geboten. Dieses kann, genauso wie übrige Satzglieder eines Satzes, der ein satzgliedwertigen Phrasem enthält, normal ver­ändert werden (vgl. Burger 2007, S. 162ff.).

Die semantische Modifikation stellt die interessantere der beiden Möglichkeiten der Veränderung eines Phrasems dar. Hierbei werden sowohl die phraseologische als auch die wörtliche Bedeutung bewusst aktiviert.

[...]

Fin de l'extrait de 20 pages

Résumé des informations

Titre
Modifikation von Phrasemen in Werbeanzeigen von "Brot für die Welt"
Université
University of Mannheim
Note
2,0
Auteur
Année
2019
Pages
20
N° de catalogue
V512129
ISBN (ebook)
9783346104168
ISBN (Livre)
9783346104175
Langue
allemand
Mots clés
modifikation, phrasemen, werbeanzeigen, brot, welt
Citation du texte
Marcel Brand (Auteur), 2019, Modifikation von Phrasemen in Werbeanzeigen von "Brot für die Welt", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/512129

Commentaires

  • Pas encore de commentaires.
Lire l'ebook
Titre: Modifikation von Phrasemen in Werbeanzeigen von "Brot für die Welt"



Télécharger textes

Votre devoir / mémoire:

- Publication en tant qu'eBook et livre
- Honoraires élevés sur les ventes
- Pour vous complètement gratuit - avec ISBN
- Cela dure que 5 minutes
- Chaque œuvre trouve des lecteurs

Devenir un auteur