Digitalisierungspotenziale von Geschäftsmodellen. Einfluss der Leistungseigenschaften von Produkten und Dienstleistungen


Tesis de Máster, 2016

107 Páginas, Calificación: 1.0


Extracto


Inhaltsverzeichnis

Abstract

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1. Einleitung
1.1. Motivation und Zielsetzung
1.2. Vorgehensweise und Aufbau

2. Theoretische Grundlagen
2.1. Abgrenzung der Forschungsobjekte
2.1.1. Digitale Startups
2.1.2. Traditionelle Unternehmen
2.1.3. (Digitales) Geschäftsmodell
2.1.4. Digitalisierungspotenzial
2.1.5. Leistungseigenschaften
2.2. Digitalisierung
2.2.1. Begriffsdefinition und Kategorisierung
2.2.2. Digitalisierung in traditionellen Unternehmen – Status Quo
2.2.3. Treiber der Digitalisierung
2.3. Digitalisierung als Enabler für geschäftsmodellrelevante Trends
2.4. Business Model Canvas nach Osterwalder
2.5. Herausforderungen für traditionelle Unternehmen bei der Digitalisierung ihrer Geschäftsmodelle

3. Bearbeitung der Forschungsfrage
3.1. Forschungsmodell
3.2. Forschungsmethodik
3.3. Erfassung der Leistungseigenschaften
3.4. Konzeptionierung der Interviews
3.5. Analyse der BMCs – Digital Startups
3.5.1. Airbnb ULC
3.5.2. Uber B.V
3.5.3. Washio INC
3.5.4. DoorDash INC
3.5.5. Munchery INC
3.6. Zwischenergebnisse – Digital Startups
3.7. Analyse der Interviews – traditionelle Unternehmen
3.8. Endergebnis – Digital Startups & traditionelle Unternehmen
3.9. Handlungsempfehlungen

4. Diskussion
4.1. Implikationen für die bestehende Theorie
4.2. Implikationen für die Praxis
4.3. Einschränkungen der Arbeit

5. Zusammenfassung und Ausblick

Literaturverzeichnis

Anhang

Die digitale Transformation ist Chance und Herausforderung zugleich. Digitale Startups verändern durch disruptive Geschäftsmodelle in vielen Branchen das bestehende Marktgefüge. Für traditionelle Unternehmen hingegen ist die digitale Transformation eher eine Herausforderung. Eine von vielen möglichen Hypothesen hierfür ist, dass traditionelle Unternehmen oftmals ein geringeres Digitalisierungspotenzial aufweisen. Als mögliche Einflussfaktoren auf das Digitalisierungspotenzial der Geschäftsmodelle werden in dieser Arbeit die Leistungseigenschaften von Produkten und Dienstleistungen betrachtet. Hierzu wurden branchenübergreifend die Produkte und Dienstleistungen digitaler Startups und traditioneller Unternehmen durch qualitative Inhaltsanalysen untersucht und die Leistungseigenschaften sowie damit verbundene Digitalisierungsaussichten und Herausforderungen erörtert. Die Annahme, dass Leistungseigenschaften einen Einfluss auf das Digitalisierungspotenzial ausüben, konnte zum Teil bestätigt werden. Die Ursachen für die erschwerte, digitale Anreicherung bei traditionellen Unternehmen liegen jedoch nicht ausschließlich in den Leistungseigenschaften der Produkte und Dienstleistungen begründet. In vielen untersuchten Fällen waren es Umweltfaktoren oder firmenspezifische Probleme der Vergangenheit, die bis in die Gegenwart hineinwirken, die die Umsetzung von Digitalisierungsaussichten hemmen. Um konkretere Einflüsse feststellen zu können, werden darüber hinausgehende Untersuchungen als sinnvoll eingeschätzt.

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Prognose zum Volumen der jährlich generierten digitalen Datenmenge weltweit in den Jahren 2005 bis 2020. (EMC Corporation, o. J.)

Abbildung 2: Methodische Vorgehensweise im Rahmen der Forschungsfrage

Abbildung 3: Empirisch gestütztes Methodenprofil der Wirtschaftsinformatik (Wilde & Hess, 2007, S. 284)

Abbildung 4: Kategorisierung Digitalisierungsmaßnahmen (in Anlehnung an Westerman et al., 2011, S. 17)

Abbildung 5: Stellenwert Digitalisierung (Capgemini Deutschland Holding GmbH, 2016, S. 13)

Abbildung 6: BIP Entwicklung innerhalb der Wirtschaftssektoren (Statistisches Bundesamt, 2016)

Abbildung 7: Prognose zur Anzahl vernetzter Geräte weltweit bis 2020 (Cisco Systems, 2015)

Abbildung 8: Business Model Canvas (Osterwalder & Pigneur, 2010, S. 18f)

Abbildung 9: Forschungsmodell (eigene Darstellung)

Abbildung 10: Merkmale der angewandten Forschungsmethodik (eigene Darstellung)

Abbildung 11: Beispiel zur Abgrenzung der relevanten Leistungseigenschaften

Abbildung 12: Ausschnitt Interviewleitfaden – Interviewfragen

Abbildung 13: Ausschnitt Interviewleitfaden – Orientierung

Abbildung 14: Airbnb BMC (Deep, 2015a)

Abbildung 15: Uber BMC (Deep, 2015c)

Abbildung 16: Washio BMC (Deep, 2015d)

Abbildung 17: DoorDash BMC (Deep, 2016)

Abbildung 18: Munchery BMC (Deep, 2015b)

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Bewertungsskala Digitalisierungsaussichten

Tabelle 2: Bewertungsskala Umsetzungskomplexität

Tabelle 3: Berücksichtigte Faktoren zur Ableitung der Hypothesen

Tabelle 4: Potenzielle Leistungseigenschaften, abgeleitet von den Grundlagen der BWL und VWL

Tabelle 5: Potenzielle Leistungseigenschaften nach Becker(2010, S. 5)

Tabelle 6: Finale Auswahl an Leistungseigenschaften

Tabelle 7: Interview-Leitfragen

Tabelle 8: Airbnb Leistungseigenschaften

Tabelle 9: Uber Leistungseigenschaften

Tabelle 10: Washio Leistungseigenschaften

Tabelle 11: DoorDash Leistungseigenschaften

Tabelle 12: Munchery Leistungseigenschaften

Tabelle 13: LE Verteilung der Digital Startups

Tabelle 14: Inhaltsanalyse Interview Caravan Hersteller Teil 1

Tabelle 15: Inhaltsanalyse Interview Caravan Hersteller Teil 2

Tabelle 16: Verteilung Digitalisierungsaussichten pro Unternehmen

Tabelle 17: Wertebereichsverteilung der Digitalisierungsaussichten pro LE

Tabelle 18: Verteilung Umsetzungskomplexität pro Unternehmen

Tabelle 19: Wertebereichsverteilung der Umsetzungskomplexität pro LE

Tabelle 20: Handlungsempfehlungen in Abhängigkeit der Leistungseigenschaften

1. Einleitung

1.1. Motivation und Zielsetzung

„Nichts ist so beständig wie der Wandel“

– Heraklit von Ephesus (etwa 540 - 480 v. Chr.)

Um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben, gilt es vor allem für traditionelle, langjährig am Markt aktive Unternehmen, sich immer wieder gewissen Herausforderungen zu stellen und diese bestmöglich zu meistern. Ein entscheidender Faktor für langfristigen Erfolg ist der Mut zur Veränderung und zum Wandel, statt das starre Festhalten an bestehenden Konventionen, obwohl die Unternehmensumwelt stetigen Änderungen unterliegt. Die hohe Geschwindigkeit des technologischen Wandels ist einerseits Chance und andererseits Risiko. Besonders junge, flexible Startups mit kleinen Teams, kurzen Entscheidungswegen und ohne belastende, schwergängige Organisationsstrukturen können davon profitieren und eher für disruptive Innovationen sorgen und somit Druck auf den bestehenden Markt ausüben. Demgegenüber stehen die angesprochenen größeren, traditionellen Unternehmen, für die der technologische Wandel zwar ebenso eine Chance, vor allem aber eine große Herausforderung ist, da deren Wettbewerbsfähigkeit bedroht wird. Eine Herausforderung, die momentan von besonders hoher Bedeutung ist, wird als Digitalisierung bezeichnet. Nachdem die Digitalisierung zuallererst in der Medienindustrie für radikale Neuordnungen sorgte, ist die Sensibilität für die digitale Transformation sowie deren Bedeutsamkeit auch in anderen Branchen gestiegen (Westerman, Calméjane, Bonnet, Ferraris, & McAfee, 2011, S. 5).

Digitalisierung der Ökonomie bzw. Digitale Transformation ist kein völlig neuer Begriff. Doch waren die damit verbundenen Technologien vor einem Jahrzehnt noch fremd und neuartig, sind sie heute schon sehr viel greifbarer. Die Vierte Industrielle Revolution und Smart Sensors. Internet of Things und Pervasive Computing. Big Data und – Analytics. Nur einige von vielen Trends, bei denen die digitale Transformation in gewisser Weise die Voraussetzung zur Erreichung bzw. ein Enabler ist. Dass die Transformation schon begonnen hat, zeigt sich bei Betrachtung des jährlich generierten digitalen Datenvolumens, das nicht nur stetig, sondern ebenso rasant ansteigt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Prognose zum Volumen der jährlich generierten digitalen Datenmenge weltweit in den Jahren 2005 bis 2020. (EMC Corporation, o. J.)

Im Rahmen dieser Transformation ist es für traditionelle Unternehmen nicht nur möglich, sondern notwendig, die bestehenden Geschäftsmodelle anzupassen, um gegenüber Startups mit digitalen Geschäftsmodellen disruptiven Charakters weiterhin marktfähig zu bleiben (Hoffmeister, 2013, S. 79). Durch die Digitalisierung kann die Art und Weise der Wertschöpfung innerhalb eines Unternehmens grundlegend verändert werden. Bestehenden Geschäftsmodellen stehen also Anpassungen bevor – angetrieben von der Digitalen Transformation. Die Digitalisierung hat selbstverständlich nicht nur Auswirkungen auf das reine Geschäftsmodell eines Unternehmens. Die Transformation wirkt sich ebenso auf weitere unternehmensinterne Prozesse aus. Die Auswirkungen sind also allgegenwärtig (Primärprozesse und Unterstützungsprozesse) und branchenübergreifend (Rasch & Hentrich, 2015). Da der Umfang einer Masterarbeit begrenzt, das Thema Digitalisierung aber so umfassend ist, wird sich in diesem Rahmen lediglich auf die Transformation der für das Geschäftsmodell relevantesten Funktionen fokussiert.

Es ist schwer vorstellbar, dass eine allgemeingültige Vorgehensweise für die erfolgreiche Digitalisierung eines bestehenden Geschäftsmodells existiert. Daher dreht sich die vorliegende Masterarbeit im Prinzip um die Frage, inwieweit sich die Leistungseigenschaften (LE) der Produkte oder Dienstleistungen, die dem Geschäftsmodell traditioneller Unternehmen zugrunde liegen, auf das Digitalisierungspotenzial des verbundenen Geschäftsmodells auswirken. Ziel der Arbeit ist es demnach, festzustellen, ob bzw. inwieweit sich die Leistungseigenschaften auf das Digitalisierungspotenzial auswirken - dies ist die Forschungsfrage dieser Arbeit. Zudem wird im Fall von erkennbaren Auswirkungen beabsichtigt, in Abhängigkeit der Leistungseigenschaften jeweils die entsprechenden Faktoren zu erkennen, die es bei der Digitalisierung traditioneller Geschäftsmodelle zu berücksichtigen gilt. Durch Betrachtung von Geschäftsmodellen junger, digitaler Startups und durch Interviews mit Experten aus traditionellen Unternehmen können Informationen aus einer breiten Spanne - was Leistungseigenschaften der Produkte und Digitalisierungsgrad des Geschäftsmodells angeht – herangezogen werden. Auf Basis dieser zwei Datenquellen sowie unter Berücksichtigung von Recherchen zu relevanten Treibern der Digitalisierung von Geschäftsmodellen wird im Nachgang eine Analyse durchgeführt.

1.2. Vorgehensweise und Aufbau

Um dem Anspruch einer wissenschaftlichen Arbeit gerecht zu werden, ist methodisches Vorgehen sowie die Anwendung anerkannter wissenschaftlicher Methoden unverzichtbar. Im Falle der vorliegenden Arbeit wird das Potenzial durchzuführender wissenschaftlicher Methoden durch den qualitativen Charakter der zugrunde liegenden Daten jedoch stark eingeschränkt. Nach Betrachtung verschiedener Methoden und dem Ausschluss der ungeeigneten entschied sich der Autor zum einen für die Ausrichtung von Experteninterviews. Zum anderen kommt die Durchführung einer qualitativen Inhaltsanalyse hinzu. Da die zugrunde liegenden Daten lediglich stark qualitativer Natur sind, ist während der Inhaltsanalyse eine Aggregation bzw. Verallgemeinerung der erhobenen Daten notwendig. Erst danach kann die eigentliche Extraktion der Daten erfolgen. Die Aggregation wird vonnöten sein, um danach verwertbare Gemeinsamkeiten und Unterschiede erkennen zu können. Bevor diese Methoden allerdings zur Anwendung kommen, wird eine Recherche und Informationsbeschaffung durchgeführt, um im ersten Schritt dem Leser der vorliegenden Arbeit das notwendige Hintergrundwissen sowie die relevanten Begrifflichkeiten erläutern zu können. Eine veranschaulichte Übersicht des Vorgehens ist Abbildung 2 zu entnehmen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Methodische Vorgehensweise im Rahmen der Forschungsfrage

Die genannten Methoden lassen sich in der folgenden Übersicht von Wilde und Hess übergreifend der qualitativen Querschnittanalyse zuordnen (Wilde & Hess, 2007, S. 282). Die Größe des entsprechenden Kreises spiegelt die Einsatzhäufigkeit in wissenschaftlichen Arbeiten im Bereich der Wirtschaftsinformatik wider.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Empirisch gestütztes Methodenprofil der Wirtschaftsinformatik (Wilde & Hess, 2007, S. 284)

Spiegelt die Anwendung der qualitativen Querschnittanalyse zwar nur einen verhältnismäßig geringen Anteil wider, ist sie für den Kontext dieser Arbeit dennoch aus den genannten Gründen bestens geeignet.

Auf Basis der Ergebnisse der Inhaltsanalyse der BMC’s und Interviews sowie der Informationen aus der Recherche wird dann der Einfluss der Leistungseigenschaften auf das Digitalisierungspotenzial festgestellt. Zusätzlich wird von den Untersuchungsergebnissen ein Maßnahmenplan bzw. ein Leitfaden in Abhängigkeit der vorhandenen Leistungseigenschaften zur Digitalen Transformation von traditionellen Geschäftsmodellen abgeleitet. Abschließend findet eine kritische Schlussbetrachtung der Ergebnisse statt.

2. Theoretische Grundlagen

Im folgenden Kapitel werden die für die Arbeit relevanten, theoretischen Grundlagen behandelt bzw. wird das notwendige Hintergrundwissen vermittelt. Neben der Definition von grundlegenden Begrifflichkeiten, auf die sich die Forschungsfrage (FF) bezieht, wird vor allem das Thema Digitalisierung umfassender behandelt, um zu verdeutlichen, welche Relevanz die Thematik aufweist. Im Zuge dessen werden unter anderem die Treiber der Digitalisierung sowie die Technologien, mit denen die Digitalisierung in Wechselwirkungen steht, erfasst. Nachfolgend werden in einem weiteren Abschnitt die Chancen und Risiken der Digitalisierung für Unternehmen betrachtet. Im Rahmen dieser Arbeit wird außerdem das Business Model Canvas von Alexander Osterwalder verwendet, um digitale Geschäftsmodelle zu betrachten. Die Funktionsweise dieses Management Tools, welches zum Beschreiben, Visualisieren, Bewerten und Anpassen von Geschäftsmodellen dient (Osterwalder & Pigneur, 2010), wird ebenfalls behandelt.

2.1. Abgrenzung der Forschungsobjekte

Um ein klares Verständnis der verwendeten Begrifflichkeiten sicherzustellen, wird im Folgenden auf die Objekte und Werte eingegangen, um welche sich die Forschungsfrage dreht. Im Rahmen dieser Arbeit wird hauptsächlich von traditionellen Unternehmen und digitalen Startups – Startups mit digitalen Geschäftsmodellen – gesprochen.

2.1.1. Digitale Startups

Der Bundesverband Deutsche Startup e.V. (BVDS) spricht im Rahmen eines Projektes mit der HWR Berlin und dem Förderer KPMG von drei Merkmalen, die ein Startup auszeichnen. Somit definiert sich ein solches durch ein geringes Alter, eine hohe Innovationskraft des zugrunde liegenden Geschäftsmodells sowie zuletzt durch das Bestreben eines signifikanten Wachstums (Ripsas & Tröger, 2014, S. 4). Eric Ries berücksichtigt in seiner Definition vor allem den Sachverhalt, dass das Umfeld, in dem sich das Geschäftsmodell eines Startups bewegt, von hoher Ungewissheit geprägt ist (Ries, 2012, S. 32). Die Startups, die innerhalb dieser Arbeit betrachtet werden, befinden sich alle im Sektor der Digitalwirtschaft bzw. zeichnen sich durch digitale Geschäftsmodelle aus. Wenn im Rahmen dieser Arbeit also von Startups gesprochen wird, handelt es sich stets um digitale.

2.1.2. Traditionelle Unternehmen

Demgegenüber stehen traditionelle Unternehmen – langjährig am Markt agierende Unternehmen, die nicht erst aus einem hochaktuellen Trend oder der vierten industriellen Revolution heraus entstanden sind. Unternehmen, die nur durch die Fähigkeit sich den stetig ändernden Marktbedingungen anpassen zu können, über Jahrzehnte hinweg erfolgreich sind (Homma & Bauschke, 2015, S. V). Im Rahmen dieser Arbeit wird der Begriff für all jene Unternehmen eingesetzt, deren Geschäftsmodell durch die digitale Transformation und durch die digitalen Startups bedroht wird. Traditionelle Unternehmen sind also solche, die einen geringen Digitalisierungsgrad aufweisen und sich erneut einem Wandel unterziehen müssen, um erfolgreich zu bleiben.

2.1.3. (Digitales) Geschäftsmodell

Der Begriff des Geschäftsmodells stammt nach Konczal (1975, zitiert nach Stähler, 2001, S. 38) und Dottore (1977, zitiert nach Stähler, 2001, S. 38) aus dem Gebiet der Daten- sowie der Prozessmodellierung von Unternehmen. Das Verständnis des Begriffs unterlag jedoch einem langen Wandel und bezieht sich nun weniger auf ein Modell, das zur Umsetzung für ein geschäftsunterstützendes Informationssystem genutzt wird. Vielmehr versteht man heute unter dem Begriff ein Konzept, das beschreibt, auf welche Art und Weise ein Unternehmen anstrebt, die Erfüllung eines Kundenbedürfnisses umzusetzen (Stähler, 2001, S. 39).

Zott et al. haben im Rahmen ihrer Literaturanalyse zum Begriff Geschäftsmodell eine ausgiebige Übersicht bekannter Definitionen ausgearbeitet (vgl. Zott et al., 2011, S. 1024). Die dort aufgeführten bergen sowohl Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede. Ein Großteil dieser Definitionen stellt die Erfüllung von Kundenbedürfnissen in den Vordergrund und versteht unter einem Geschäftsmodell die Beschreibung aller wertschöpfungsrelevanten Kernaktivitäten sowie die Benennung der involvierten Akteure (vgl. Timmers, 1998; Magretta, 2002; Morris et al., 2005; Johnson et al., 2008; Teece, 2010; zitiert nach Zott et al., 2011, S. 1024). Zott und Amit (2010, zitiert nach Zott et al., 2011) hingegen zielen in ihrer Definition eher auf die unternehmensübergreifenden, verflochtenen Beziehungen von Aktivitäten ab, die ein Geschäftsmodell aufweist. Noch abstrakter ist die Auslegung von Casadesus-Masanell und Ricart (2010, zitiert nach Zott et al., 2011), die ein Geschäftsmodell lediglich als das Abbild der realisierten Unternehmensstrategie ansehen. Nach Meinung des Autors der vorliegenden Arbeit dient diese Definition allerdings kaum der Aufklärung, sondern wirft eher weitere Fragen auf. Eine kompakte, verständliche, aber dennoch umfassende Definition liefern Osterwalder und Pigneur (2010, S. 14) mit ihrer Darlegung, dass ein Geschäftsmodell das Grundprinzip beschreibt, nach welchem eine Organisation Nutzen erstellt, ausliefert und erfasst. Darauf aufbauend entstand ihr erfolgreiches Werkzeug (Business Model Canvas) zum Beschreiben von Geschäftsmodellen, welches sich aus mehreren individuell zu befüllenden Bausteinen bzw. Bestandteilen zusammensetzt und somit eine gewisse Analogie zu der bereits genannten Mehrheit der Definitionen aufweist. Aus diesem Grund gilt für diese Arbeit die Definition von Osterwalder und Pigneur, wenn von einem Geschäftsmodell gesprochen wird.

Da der Fokus der Arbeit auf digitalen Geschäftsmodellen liegt, ist es wichtig zu bestimmen, was ein Geschäftsmodell zu einem digitalen Geschäftsmodell macht. Hoffmeister (2015b) merkt zunächst an, dass eine direkte Übersetzung eines traditionellen Geschäftsmodells hin zu einem digitalen Geschäftsmodell nicht ohne Weiteres möglich ist, da die Art und Weise wie Werte in einem digitalen Geschäftsmodell generiert werden, schlichtweg zu anders ist. Er hebt hervor, dass die Abwicklung der Transaktionen nicht mehr mit der Abwicklung in traditionellen Modellen vergleichbar ist. Durch den technologischen Fortschritt und die digitalen Technologien wurde es ermöglicht, rein digitale Geschäftsmodelle aufzubauen, bei denen die Transaktionen nur noch zwischen Digitalsystemen stattfinden und die Leistungen somit stets digital bzw. virtuell sind. Menschliches Zutun kann teilweise gänzlich vermieden werden. Ebenfalls als digitale Geschäftsmodelle werden Modelle bezeichnet, die die Geschäftsmodelle, denen physische Leistungen zugrunde liegen, unterstützen. Der Autor der vorliegenden Arbeit bezeichnet letztere Modelle zukünftig als hybride Geschäftsmodelle, um eine klare Ausdrucksweise sicherzustellen.

Da der Begriff des digitalen Geschäftsmodells deutlich jünger ist, sind in diesem Fall Definitionen nicht allzu zahlreich vorhanden. Hoffmeister (2015a, S. 68f) definiert es wie folgt: „Digitale Geschäftsmodelle sind Automatensysteme. Hier soll unter Automat eine „Plattform“ im Sinne einer Hard- und Softwarekombination verstanden werden, die vorbestimmte Abläufe (Regelwerke) mittels Softwareagenten selbsttätig ausführt. Dabei werden bestimmte Eingaben benötigt, die dann zu einer bestimmten Ausgabe führen.“ Die Definition passt auf die rein digitalen Geschäftsmodelle mit ausschließlich digitalen bzw. virtuellen Leistungen. Bei Betrachtung von hybriden Geschäftsmodellen ist anzumerken, dass ein solches Automatensystem ein bestehendes traditionelles Geschäftsmodell ergänzen kann. Wichtig zu verstehen ist, dass Unternehmen oftmals nicht durch ein einziges Geschäftsmodell abzubilden sind. Vielmehr kommt es auf den Grad der Abstraktion an, aus welchem man ein Unternehmen und dessen Leistungserbringung betrachtet. Das von Hoffmeister aufgegriffene Konzept, dass Unternehmen (und somit auch Geschäftsmodelle) aus sogenannten Fraktalen bestehen, geht auf Hans-Jürgen Warnecke zurück. Nach seiner Auffassung ist ein Fraktal eine eigenständig operierende Unternehmenseinheit – die Ziele und Leistungen dieser Einheit können präzise beschrieben werden (Warnecke, 1996, S. 142). Dementsprechend könnte die Digitalisierung eines Fraktals innerhalb eines traditionellen Geschäftsmodells zu einem hybriden Geschäftsmodell führen – unter der Bedingung, dass die neu geschaffenen digitalen Ressourcen dem Kunden einen Mehrwert bringen können, der über den des analogen Vorgehens hinausgeht.

Im Hinblick auf rein digitale Geschäftsmodelle kann man vier grundlegende (abstrahierte) Muster unterscheiden, mit denen sich digitale Geschäftsmodelle abbilden lassen (Hoffmeister, 2015a, S. 120ff). Anbietende und nachfragende Seite bzw. eingebende und ausgebende Clients werden immer über einen Anwendungsserver gekoppelt.

Das wohl präsenteste ist demnach das mehrseitig interaktive Muster – auch Multi-Sided Platform genannt –, bei dem mindestens zwei voneinander abhängige Kundengruppen miteinander verbunden werden (Hoffmeister, 2015a, S. 120; Osterwalder & Pigneur, 2010, S. 21). Erfolgreiche Beispiele für dieses Muster sind beispielsweise Airbnb, MyTaxi sowie das Urlaubsportal booking.com.

Eine Weiterentwicklung dieses Musters ist das Multiagentensystem. Hierbei sind ebenfalls mindestens zwei Akteure involviert, die sich die gleiche Plattform bzw. das selbe Softwareumfeld teilen (Schumacher, 2001, S. 1). Im Kontext digitaler Geschäftsmodelle ist anzumerken, dass es sich bei den Akteuren um weitestgehend autonom handelnde Softwareagenten handelt – lediglich aus administrativen oder einrichtungsverbundenen Gründen wird menschliches Zutun benötigt (Hoffmeister, 2015a, S. 124). Als interessantes Beispiel hierfür ist Google AdWords zu nennen. Hier müssen die Grundeinstellungen selbst vorgenommen werden. Gemäß der Konfiguration wird die Abwicklung der Anzeigenschaltung sowie Kennzahlenmessung bzw. Reportingleistungen von den Softwareagenten übernommen.

Während bei den ersten zwei Mustern beide Seiten Ein- und Ausgabefunktionen besitzen, beschränkt sich beim dritten – dem Broadcast-Muster - eine Seite auf ein ausschließlich sendendes System, das die Daten über eine Softwareplattform der nachfragenden Seite zur Verfügung stellt (Hoffmeister, 2015a, S. 126). Wetter24.de stellt nach diesem Konzept Wetterdaten zur Verfügung, die permanent von eigenen Stationen geliefert werden.

Das letzte Muster ist das Software-as-a-Service Konzept. Das Besondere dabei ist, dass es eine einseitige Plattform ist, die lediglich mit einem Akteur interagiert (Hoffmeister, 2015a, S. 128). Bei diesem simpleren Konzept ist der Auftraggeber auch gleichzeitig Auftragnehmer, da die Kombination aus Software und Hardware auf der Plattform es erlaubt, selbsttätig Leistungen zu erbringen.

2.1.4. Digitalisierungspotenzial

Unter Digitalisierungspotenzial wird im Rahmen dieser Arbeit die Gesamtheit an Chancen verstanden, durch Überführung des bestehenden Geschäftsmodells in ein digitales oder hybrides Geschäftsmodell die Befriedigung der Kundenbedürfnisse zu erhöhen. Digitalisierung innerhalb der Wertschöpfung muss nicht immer eine Befriedigung des zu stillenden Kundenbedürfnisses zur Folge haben. Eine vernetzte Produktion beispielsweise hat vorwiegend Effizienzvorteile für das produzierende Unternehmen selbst. Aus Sicht des Kunden ist es jedoch eher irrelevant, ob die Produktion seines nachgefragten Produktes vernetzt ist und durch Predictive Maintenance die Ausfallzeiten verringert werden oder nicht. Der Fokus des Digitalisierungspotenzials des Geschäftsmodells wird dementsprechend in dieser Arbeit überwiegend auf direkte Nutzenvorteile für den Kunden gelegt. Außerdem wird im Rahmen dieser Arbeit unter dem Digitalisierungspotenzial auch die Komplexität der Realisierung berücksichtigt.

2.1.5. Leistungseigenschaften

Um den Einfluss der Leistungseigenschaften von Produkten und Dienstleistungen auf das Digitalisierungspotenzial der damit verbundenen Geschäftsmodelle traditioneller Unternehmen dreht sich die Forschungsfrage dieser Arbeit.

Unter Leistungseigenschaften werden in dieser Arbeit Attribute bzw. Merkmale verstanden, über deren Ausprägung ein Produkt oder eine Dienstleistung näher charakterisiert werden kann.

Die Auslegung, welche Faktoren zur Charakterisierung berücksichtigt werden und welche nicht, ist flexibel und hängt vom Detaillierungsgrad der Betrachtung und vom Sinn und Zweck hinter der Forschungsfrage ab. Welche Attribute dementsprechend im Rahmen dieser Arbeit betrachtet werden, wird später behandelt. Je nach Ausprägung dieser Attribute wird ein unterschiedliches Digitalisierungspotenzial erwartet.

2.2. Digitalisierung

Aufgrund der hohen Relevanz des Digitalen Wandels für die heutige Wirtschaft wird das Thema nachfolgend umfassender behandelt. Über den direkten Bezug zu digitalen Geschäftsmodellen hinaus kann die Größenordnung und die Wichtigkeit dieses Trends verdeutlicht werden.

2.2.1. Begriffsdefinition und Kategorisierung

Bei der Digitalisierung geht es stark vereinfacht gesehen darum, die Zustände physikalischer Größen in genauen Werten bzw. Ziffern abzubilden, wie Hoffmeister (2015a, S. 84) argumentiert. Ein digitaler Temperatursensor gibt dementsprechend exakte Einzelwerte aus – inklusive einer Nachkommastelle beispielsweise 62,8 Grad Celsius. Der nächstgrößere Wert wäre 62,9 Grad Celsius. Die physikalisch existierenden Zwischenwerte sind dem Sensor unbekannt. D.h. aus einem kontinuierlichen Werteverlauf wurde eine Menge von diskreten Einzelwerten.

Durch eben jene Digitalisierung verschiedenster Größen werden Unternehmen neue Möglichkeiten zur Weiterverarbeitung dieser Daten erlangen. So versteht die Capgemini Deutschland Holding GmbH (2016, S. 13) unter Digitalisierung „die Erfassung und Abbildung der Welt in digitaler Form, um Informationen und Prozesse zu vernetzen. Der Zweck ist, auf dieser Basis neue Produkte und Services zu erstellen.“ Nach Betrachtung dieser Definition wird die Bedeutung der Digitalisierung für die Wirtschaft viel deutlicher – wer hierbei frühzeitig agiert, kann sich Wettbewerbsvorteile sichern und das Marktgefüge zu seinen Gunsten verändern, indem dem Kunden gänzlich neue Produkte und Services geboten werden. Eine ähnliche Ansicht vertreten Hamidian und Kraijo (2013, S. 5), die unter der Digitalisierung im zeitgemäßen Verständnis nicht nur eine Überführung analoger Informationen auf digitale Medien verstehen. Vielmehr geht es um die Überführung der Lebens- und Arbeitsweise des Menschen auf eine digitale Ebene (Hamidian & Kraijo, 2013, S. 5). Eine damit verbundene Sichtweise ist, dass mit der Digitalisierung der Einsatz von entsprechender Technologie verbunden wird, um die Leistungsfähigkeit und die Reichweite von Unternehmen zu steigern (Westerman et al., 2011, S. 5).

Da diese Arbeit im Kontext der Digitalisierung von traditionellen Geschäftsmodellen steht, ist die Definition der Capgemini Studie in hohem Maß adäquat zur Bearbeitung der Leitfragen dieser Arbeit.

Wie bereits angedeutet, hat die Digitalisierung weitreichenden Einfluss, der auch über die Anpassung von Geschäftsmodellen und die Art und Weise der Wertschöpfung hinausgeht. Prinzipiell ist die Digitalisierung über die komplette Wertschöpfungskette hinweg spürbar. In jeglichen Primär- und Sekundärprozessen nach Porter1 können digitale Technologien und Lösungen implementiert werden, um Effizienzsteigerungen zu erreichen. Eine zeitgemäße Kategorisierung, um Digitalisierungsmaßnahmen einzuordnen, ist die des MIT Center for Digital Business, bei der nach Kundenerlebnis, operativem Prozess und Geschäftsmodell unterschieden wird. (Westerman et al., 2011, S. 5ff)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Kategorisierung Digitalisierungsmaßnahmen (in Anlehnung an Westerman et al., 2011, S. 17)

Nach dieser Kategorisierung von Westerman et al. (2011, S. 18ff) bezieht sich der Bereich Kundenerlebnis auf jegliche Aktivitäten, die dem Kunden vor, während und nach der Geschäftsabwicklung einen Mehrwert bieten. Von Analytics-basierter Kundensegmentierung, um das Kundenverständnis zu erhöhen, über digital-optimierte Vertriebslösungen, um Umsatzwachstum zu generieren, bis hin zu digitalen Self- Service Angeboten, um mehr Berührungspunkte mit dem Kunden zu erreichen. (Westerman et al., 2011, S. 18ff)

Wenn von einer Digitalisierung der operativen Prozesse gesprochen wird, dreht es sich oftmals (vor allem in produzierenden Unternehmen) um Prozessdigitalisierung. Manuelle Abläufe durch Software und digitale Lösungen ersetzen, um die Effizienz zu steigern. Aber auch das Zunutzemachen von neuen Funktionen, wie beispielsweise Predictive Maintenance, kann die Fehleranfälligkeit im produzierenden Umfeld verringern. Neben der Verbesserung von Produktionsprozessen birgt die Optimierung der Arbeitskraft ebenfalls hohe Chancen. Ortsunabhängiges Arbeiten, schnellere Kommunikationsprozesse und der Austausch von Fachkenntnissen über räumliche Grenzen hinweg können durch Kollaborationswerkzeuge und virtuelle Projektumgebungen umgesetzt werden. Doch auch das Performance Management wird durch Transparenz und die Zunahme von rein datenbasierten Entscheidungen effektiver. (Westerman et al., 2011, S. 20ff)

Der für diese Arbeit relevanteste Bereich ist die Kategorie des Geschäftsmodells. Den Weg eines hybriden Geschäftsmodells zu gehen, ist meist durch Produkt- bzw. Serviceanreicherung durch digitale Ressourcen möglich. Das zugrunde liegende physische Produkt bleibt identisch – durch damit kombinierte, digitale Services ist es Unternehmen somit möglich, sich Wettbewerbsvorteile in konkurrenzstarken Märkten zu sichern. Eine weitere Möglichkeit neben der Anreicherung von bestehenden Geschäftsmodellen ist die Erweiterung des bestehenden Geschäftsmodell-Portfolio. Das bedeutet, es werden zusätzliche, rein digitale Geschäftsmodelle entwickelt, um das Leistungsspektrum des Unternehmens zu erhöhen. Eine weitere Chance, die der Digitalisierung zugeschrieben wird, ist die sogenannte Digitale Globalisierung. Durch den technologischen Ausbau des Unternehmens wird eine höhere Zentralisierung sowie eine höhere Dezentralisierung ermöglicht – zur gleichen Zeit. Globale Vereinheitlichung in Primär- und Sekundärprozessen bei gleichzeitiger lokaler Marktanpassungsfähigkeit in Marketing, Vertrieb, Kundenkommunikation sowie Öffentlichkeitsarbeit. Die Digitale Globalisierung ist zwar in der Kategorie Geschäftsmodelle vorzufinden, ist aber im Prinzip nur durch eine Kombination von Digitalisierungsmaßnahmen aller drei Kategorien umsetzbar. (Westerman et al., 2011, S. 22f)

Der gemeinsame Nenner dieser Kategorisierung bildet die digitale Leistungsfähigkeit des Unternehmens. Darunter werden alle Basisfähigkeiten verstanden, die die Digitalisierungsvorhaben überhaupt ermöglichen. Hierzu zählt nicht nur ein einheitlicher und qualitativ hochwertiger Datenbestand im Unternehmen. Auch die Lösungskompetenz der Mitarbeiter spielt eine Rolle – das korrekte Einschätzen der Auswirkungen neuer Technologien und die damit einhergehenden Chancen und Risiken für das eigene Unternehmen sind ebenso notwendig. Ein weiteres Thema ist die Nutzung von Analytics Methoden zur Gewinnung neuer Erkenntnisse aus den größer gewordenen Datenbeständen, was spezifisches Knowhow sowie weitere Investitionen in die bestehende IT-Landschaft bedingt. Eine weitere Basis für die digitale Transformation ist eine starke Integration von Business und IT. Das Verhältnis zwischen Geschäftsbereichen und der IT-Abteilung entspricht oft der Natur von Servicenachfrager und Serviceprovider. Eine bessere Basis wäre ein Verhältnis im Sinne einer Partnerschaft, aus der gegenseitiger Nutzen entsteht. (Westerman et al., 2011, S. 23ff)

2.2.2. Digitalisierung in traditionellen Unternehmen – Status Quo

Dass die Digitalisierung branchenübergreifend einen immens hohen Stellenwert hat, wird immer deutlicher. Die digitale Transformation ist nicht nur für bestimmte Industrien eine Herausforderung. Zwar zeigte sich in einigen Branchen der disruptive Charakter der Digitalisierung plötzlicher als in anderen – allen voran musste sich der Mediensektor teils neu erfinden. Dennoch wird der Stellenwert der Digitalisierung branchenübergreifend hoch eingeschätzt, wie kürzlich aus einer Studie von Capgemini hervorging (Capgemini Deutschland Holding GmbH, 2016, S. 13).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Stellenwert Digitalisierung (Capgemini Deutschland Holding GmbH, 2016, S. 13).

Mittlerweile stellt das Vorantreiben der Digitalisierung eine der häufigsten Anforderungen der Geschäftsführung an die IT dar (Capgemini Deutschland Holding GmbH, 2016, S. 34). Zu diesen Ambitionen passt der momentane Eindruck, dass sich die meisten Unternehmen noch unzureichend auf die Digitalisierung vorbereitet fühlen – zwar wurden Handlungsbedarfe erkannt, aber noch wenig Bemühungen zur Beseitigung dieser angestrebt (Linss, 2015). Hier muss sich die Einstellung und die Handlungsbereitschaft innerhalb von Unternehmen noch grundlegend ändern, da selbst Unternehmen in sehr traditionellen Branchen durch innovative Geschäftsmodelle einen Kundenverlust verspüren (Betz & Henkes, 2016, S. 11). Grund für diesen Sachverhalt könnte ein immer noch fehlendes Verständnis für die tatsächliche Tragweite des Digitalisierungstrends unter den Verantwortlichen sein, was 2013 in einer Studie von Deloitte und Touche GmbH (2013, S. 18) festgestellt wurde. Diese Annahmen decken sich mit den jüngsten Ergebnissen einer weiteren Studie, aus der hervorging, dass den meisten Unternehmen noch unklar ist, wie sie digitale Lösungen und Strategien für ihre Organisation erarbeiten und umsetzen können (Kienbaum Consultants International GmbH, 2016).

Neben dem mentalen Bewusstsein bei Verantwortlichen spielen bei der Digitalisierung selbstverständlich technische Aspekte eine große Rolle, weshalb momentan die digitale Transformation in vielen Köpfen noch als reines Thema der IT-Abteilung gesehen wird, obwohl es vielmehr ein bereichsübergreifendes ist. Trotzdem spiegelt die IT natürlich einen wesentlichen Enabler für die Transformation wider – die IT- Readiness schätzen viele Firmen in Bezug auf die Digitalisierungsvorhaben allerdings zu niedrig ein. IT-Abteilungen wird nicht zugetraut den Weg der Digitalisierung vollbringen zu können, was dazu führen kann, dass an der unternehmensinternen IT vorbei gearbeitet und sich an externe Partner gewandt wird (Betz & Henkes, 2016, S. 15). Gleichzeitig werden an IT-Abteilungen seit Jahren hohe Erwartungen an Effizienzsteigerungen gestellt – bei knapp bemessenen Budgets. Das resultiert schnell in einem zu geringen Humankapital innerhalb der IT, um unternehmensweit allen Belangen ganzheitlich gerecht zu werden. Im Zusammenhang mit der Digitalen Transformation ist dies ein noch kritischerer Sachverhalt als schon in der Vergangenheit (Herrmann, 2016). Die Tatsache, dass es bisher in den wenigsten Unternehmen Führungskräfte gibt, die explizit in einer bereichsübergreifenden Funktion zum Vorantreiben der Digitalen Transformation tätig sind (Betz & Henkes, 2016, S. 15), kann verschiedene Gründe haben. Einerseits steht die Erkenntnis zur Notwendigkeit einer solchen Funktion im Konflikt mit den bereits genannten Unsicherheiten und Unklarheiten, die größtenteils vorherrschen. Andererseits kann auch schlichtweg ein zu knappes Budget der Grund sein.

In direktem Kontext zu bestehenden Geschäftsmodellen gehen die meisten Unternehmen von Veränderungen innerhalb der Ertragsmechanik und Ressourcenstruktur aus – und die wenigsten von Änderungen in der Konfiguration und der Art und Weise wie Wertschöpfung zukünftig erreicht wird (Deloitte & Touche GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, 2013, S. 19). Bei Betrachtung von erfolgreichen Startups ist jedoch zu beobachten, dass diese gerade bei der Art und Weise wie sie Wertschöpfung für den Kunden generieren innovativ vorgehen.

Die digitale Transformation innerhalb Unternehmen ist einerseits ein aktuelles Thema und genießt einen hohen Stellenwert auf der Agenda von Unternehmen. Ein ganzheitliches Verständnis über die Tragweite der Thematik, das für das erfolgreiche weitere Vorgehen unabdingbar ist, liegt andererseits jedoch in den wenigsten Fällen vor. Über alle betrachteten, branchenübergreifenden Studien hinweg bestand der Konsens, dass größtenteils noch Aufholbedarf besteht und viele Unternehmen noch am Anfang der Transformationsbemühungen stehen.

2.2.3. Treiber der Digitalisierung

Bei all den Bestrebungen, die digitale Transformation umzusetzen, ist es sinnvoll zu berücksichtigen, was eigentlich die Digitalisierung vorantreibt. Was sind die Gründe, die zu diesem technologielastigen Veränderungsdrang im Unternehmensumfeld geführt haben?

Wenn die Treiber der Digitalisierung im Kontext von Unternehmen betrachtet werden, ist zunächst zwischen unternehmensinternen und –externen Treibern zu differenzieren. Während externe Treiber von Quellen außerhalb des Unternehmens (beispielsweise gesetzliche Auflagen) kommen, ergeben sich interne Treiber aus dem Unternehmen selbst heraus – wie beispielsweise Anforderungen der Geschäftsleitung an die Transparenz von entscheidungsrelevanten Daten (Deloitte & Touche GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, 2013, S. 9).

Größtenteils werden die Treiber der digitalen Transformation im unternehmensinternen Bereich gesehen. Klassisch betriebswirtschaftliche Größen wie die Kosteneffizienz sollen gesteigert werden. Durch das Ziel kosteneffizienter zu arbeiten, werden Digitalisierungsvorhaben angetrieben, um sich die Transparenzsteigerung und Automatisierungsleistung, die mit neuen Technologien einhergeht, zunutze zu machen. Dementsprechend sehen viele Akteure Projekte im Umfeld von Prozessoptimierungen als primären Treiber für die Digitalisierung. Davon, dass externe Treiber einen ebenso hohen Einfluss haben könnten, sind weniger Individuen überzeugt. Als primärer externer Treiber werden sich verändernde Kundenanforderungen identifiziert. (Deloitte & Touche GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, 2013, S. 9ff)

Da diese Ergebnisse lediglich Einschätzungen von Unternehmensentscheidern innerhalb einer Studie sind, stellt dies eine Momentaufnahme dar. Bei Berücksichtigung des prinzipiell wichtigsten Antriebs von Unternehmen – die Erfüllung von Kundenbedürfnissen – stellt sich die Frage, wodurch die internen Treiber verursacht werden. Es ist wahrscheinlich anzunehmen, dass die internen Bemühungen tatsächlich durch externe Treiber – Kundenanforderungen – verursacht werden. Möglicherweise ist dies nicht immer direkt wahrnehmbar. Jedoch spätestens wenn Kundenverlust durch nicht zufriedenstellende Digitalisierungsbemühungen in einem Unternehmen verzeichnet werden und die Kunden zur Konkurrenz abwandern, weil diese die digitale Transformation passender angegangen sind, wird der eigentliche Treiber der internen Optimierungen klar. Der Veränderungsdrang beruht auf hohen Kundenanforderungen. Dies ist mitunter damit zu begründen, dass die Digitalisierung im privaten Umfeld weiter vorangeschritten ist als im Arbeitsumfeld und Unternehmen immer mehr unter Zugzwang stehen. (Kiehne, 2015; Deloitte & Touche GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, 2013, S. 10)

Der entscheidende Faktor, der der digitalen Transformation zugrunde liegt, ist allein der Kunde und die Erfüllung seiner Bedürfnisse.

Technologie an sich wird allerdings ebenfalls oft als Treiber identifiziert. Aufgrund der Tatsache, dass Technologie eine so immens hohe Relevanz im heutigen Alltag hat, wird diese oft als Selbstzweck eingestuft. Allerdings stuft der Autor der vorliegenden Arbeit Technologie immer noch als Mittel zum Zweck ein. Trotz der Allgegenwärtigkeit stellt technologischer Fortschritt keinen Selbstzweck dar. Es ist immer noch ein Mittel zum Zweck. Technologische Neuerungen erlauben es, Kundenbedürfnisse auf neue Art und Weise zu erfüllen und dementsprechend das zugrunde liegende Geschäftsmodell anzupassen.

2.3. Digitalisierung als Enabler für geschäftsmodellrelevante Trends

Ob gänzlich neuentwickelte Geschäftsmodelle oder die evolutionäre Weiterentwicklung bestehender Geschäftsmodelle – als zugrunde liegende Gemeinsamkeit ist die fortschreitende digitale Transformation, die neue technologische Konzepte ermöglicht, zu erkennen. Die zunehmende Realisierung von Konzepten wie dem Internet of Things (IoT) und der Industrie 4.0 haben erhebliche Auswirkungen auf Geschäftsmodelle. Aber auch Trends, die in ihrer Natur weniger technologiegeprägt sind, können durch die Digitalisierung effektiver umgesetzt werden und haben somit ebenfalls starke Auswirkungen auf die Leistungserbringung von Unternehmen. So ist seit langer Zeit der Trend des Anstiegs des tertiären Sektors in der Wirtschaft zu beobachten. Auch bereits vor dem Digitalisierungshype war diese Entwicklung bemerkbar. Allerdings wird die Digitalisierung diesen Trend weiterhin verstärken. Im Rahmen von Industrie 4.0 und dem IoT werden zunehmend Geschäftsmodelle im Dienstleistungssektor entstehen, die in Verbindung mit bestehenden, meist physischen Produkten traditioneller Unternehmen eine Art Lösungspaket ergeben. Womit der nächste Trend erkennbar ist – der Paradigmenwandel vom Produkt zur Lösung. Vom Produktfokus zum Kundenfokus. Diese Entwicklung ist das Ergebnis der globalisierten Wirtschaft. Ein vergleichbares Produkt mit nahezu identischen Produkteigenschaften, womöglich noch zu einem geringeren Preis, ist mittlerweile mit verhältnismäßig geringem Aufwand im Internet zu finden, was dazu führt, dass der Wettbewerb um Kunden mehr und mehr durch das Anbieten eines cleveren Gesamtpakets gewonnen wird (Engelhardt, 2016).

Die genannten Trends bzw. Beobachtungen tauchen bei Recherchen zum Thema Digitalisierung im Kontext von Geschäftsmodellen immer wieder auf. Daher wird die Berücksichtigung selbiger für die Bearbeitung der Forschungsfrage als sehr wichtig eingeschätzt.

Zunächst zur Entwicklung der Wirtschaftssektoren. Der Primäre Sektor (Agrarwirtschaft) stagniert schon seit Jahren auf einem extrem niedrigen Niveau durch sich abwechselnde, positive und negative Wachstumsraten und verzeichnet damit den geringsten Anteil der Bruttowertschöpfung in Deutschland (siehe Abbildung 6).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: BIP Entwicklung innerhalb der Wirtschaftssektoren (Statistisches Bundesamt, 2016)

Das produzierende Gewerbe (Sekundärer Sektor) und die Dienstleistungsbranche (Tertiärer Sektor) hingegen steigen stetig an. Während das Wachstum innerhalb der letzten 15 Jahre im Sekundären Sektor lediglich 56% betrug, stieg der Tertiäre Sektor im selben Zeitraum um die fast zweifache Rate an – um 111%. Auffällig ist, dass das Wachstum im Dienstleistungssektor vor allem in den letzten vier Jahren stärker wurde.

Die erste Feststellung ist also, dass die Dienstleistungsbranche ihre Stellung als Wirtschaftsmotor weiterhin ausbauen wird. Der starke Anstieg in den vergangenen Jahren könnte bereits mit der Digitalisierung zu erklären sein.

Ein technologielastiger Trend beschreibt das Internet of Things. Unter IoT wird ein Konzept verstanden, das auf der Allgegenwärtigkeit von vernetzten, mit verschiedensten Sensoren ausgestatteten Geräten im Privat- und Arbeitsleben und deren Kommunikation untereinander basiert. Durch die zunehmende Verbreitung von Smartphones, RFID Tags, Sensoren, Aktuatoren und verschiedenen Kommunikationsprotokollen sind die intelligenten Geräte in der Lage miteinander zu kommunizieren. (vgl. Giusto, Iera, Morabito, & Atzori, 2010, S. V)

Auf diesem Konzept baut die Vision der vierten Industriellen Revolution auf, bei der es um die „Verfügbarkeit aller relevanten Informationen in Echtzeit mittels Vernetzung aller an der Wertschöpfung beteiligten Instanzen sowie die Fähigkeit aus den Daten den zu jedem Zeitpunkt optimalen Wertschöpfungsfluss abzuleiten.“ (Bitkom, VDMA, & ZVEI, 2015, S. 6) geht. Das Internet of Things wird hier also im industriellen, vorwiegend produzierenden, Umfeld umgesetzt. Die Verwirklichung dieser Konzepte und Visionen hängt maßgeblich mit dem Fortschreiten der digitalen Transformation zusammen, da die Basis der dafür benötigten Technologien intelligente, digitale Geräte sind, welche permanent Daten in digitaler Form generieren.

Zu der ersten Feststellung, dass die Wertschöpfung (und somit auch Geschäftsmodelle) zukünftig immer öfter im Dienstleistungsbereich angesiedelt sind, kommt nun also der Faktor der Technisierung im Kontext IoT hinzu. Vernetzte Geräte werden dementsprechend in zukünftigen Geschäftsmodellen eine immer größere Rolle spielen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: Prognose zur Anzahl vernetzter Geräte weltweit bis 2020 (Cisco Systems, 2015)2

Das Unternehmen Cisco Systems rechnet mit 50 Milliarden vernetzten Geräten weltweit im Jahr 2020.

Der mitunter wichtigste Trend in der globalisierten Wirtschaft, um dem Wettbewerbsdruck standzuhalten, ist der Wandel hin zum Lösungsvertrieb. Hier ist mehr und mehr ein Paradigmenwechsel erkennbar. Kundenbedürfnisse erfüllt man nicht mehr länger mit Produkten, sondern mit individuellen Lösungen, bei denen die Erfüllung von ergebnis-, verfügbarkeits- und funktionsorientiertem Kundennutzen im Vordergrund steht (Geck, 2015). Ein Paradebeispiel für diesen Ansatz ist die Wandlung des Geschäftsmodells von Rolls Royce im Bereich Triebwerke. Statt weiterhin das Produkt des Triebwerks – den physischen Gegenstand – zu vertreiben, entschied sich Rolls Royce dazu, stattdessen Schubkraft zu vertreiben. Der gewünschte Nutzen des Kunden – Verfügbarkeit von Schubkraft – wird von Rolls Royce durch eine Integration von Produkt und Dienstleistungen kundenspezifisch erbracht. Der angestrebte Nutzen des Kunden bestimmt dabei die Ausprägungen bei Produkt- und Dienstleistungsanteilen. Das Triebwerk selbst bleibt dabei wohlgemerkt Eigentum von Rolls Royce.

Die Feststellung bei diesem Trend ist, dass sich durch den zunehmenden Kundenfokus – auch Customer Centricity genannt - die produzierende Industrie zum Teil neu erfindet, um erfolgreich zu bleiben. Statt Produkten stehen Lösungskonzepte im Vordergrund, da der Kunde im Prinzip kein Produkt, sondern ein Bedürfnis erfüllen will.

Berücksichtigt man nun die ersten beiden Feststellungen bzw. Trends, wird klar, dass die kundenspezifische Integration von Dienstleistungen und Produkten in Zukunft immer öfter von Unternehmen umgesetzt wird. Erst durch smarte, digitale Technologien wird eine kundenspezifische und lösungsorientierte Leistungserbringung ermöglicht. Rolls Royce nutzt bei seinem Power-by-the-Hour Geschäftsmodell Sensoren, um Predictive Maintenance in Ihrer Lösung zu integrieren (Horton, 2014). Dadurch können folgenschwere und kostenintensive Reparaturen für den Kunden vermieden werden – die Verfügbarkeit der Schubkraft erhöht sich also. Die Annahme wird durch den erkennbaren Trend der Wirtschaftssektorenentwicklung unterstützt. Durch solche kundenorientierte Gesamtlösungen wandelt sich das Geschäftsmodell zu einer Dienstleistung. Dieser liegt zwar noch das gleiche physische Produkt zugrunde, das vorher primär vertrieben wurde, aber der Wert des neuen Geschäftsmodells ist durch die Service-Integration für den Kunden deutlich höher als vorher.

Auch der steigende Wunsch nach Individualisierung ist in Verbindung mit dem Lösungsvertrieb als wichtiger Trend in der Wirtschaft erkennbar. Der Drang des Menschen nach Differenzierung und Einzigartigkeit oder Unverwechselbarkeit schlägt sich demnach auch in der Wirtschaft nieder. Konsummärkten steht also eine noch stärkere Segmentierung als ohnehin schon vorhanden bevor. Massenmärkte werden dagegen immer kleiner – individualisierte und konfigurierbare Produkte sind immer mehr im Trend. Im Automobilsektor ist dies besonders gut zu beobachten. Hier finden Konfiguratoren immer größere Anwendung und die Individualisierbarkeit der Fahrzeuge ist teilweise enorm.3 Durch die Digitalisierung bietet sich die Chance, eine Mass Customization zu verwirklichen. Die Idee hinter diesem Konzept ist, die Individualisierung von Produkten sowie Leistungen einer großen Anzahl an Kunden anbieten zu können – unter einer ähnlichen Effizienz wie im Massenmarkt bzw. in der Massenproduktion. (Hess, 2008, S. 18f)

Alle genannten Trends befinden sich untereinander in einer gewissen Wechselwirkung. Die steigende Wichtigkeit der Dienstleistungsindustrie führt zu einem Umdenken in der produzierenden Industrie. Durch die zunehmende Digitalisierung und technologische Ansätze wie das IoT werden intelligente Produkte und Services ermöglicht. Dies wiederum führt zu einem vermehrten Auftreten von Geschäftsmodellen, welche Produkt und Service integrieren, was sich letztendlich wieder in der Statistik des BIP nach Wirtschaftssektoren niederschlägt.

2.4. Business Model Canvas nach Osterwalder

Ein populäres Werkzeug, um neue Geschäftsmodelle zu entwickeln und Überlegungen zur damit verbundenen Wertschöpfungsstruktur zu machen, ist das Business Model Canvas von Alexander Osterwalder und Yves Pigneur. Das Konzept basiert auf neun grundlegenden Elementen, die in ihrer Gesamtheit die Logik der Wertschöpfung widerspiegeln. Das fertige Canvas kann im Nachgang zur Orientierung bei der weiteren Strategieumsetzung (organisatorisch, prozessual, systemtechnisch) verwendet werden. (Birnhäupl, 2012, S. 66)

Da die Verwendung des BMC stark von Kreativität geprägt ist, findet es oft in Form eines Workshops mit mehreren Beteiligten Anwendung. Im Zusammenhang mit der Bearbeitung der Forschungsfrage wird das BMC nicht nur behandelt, weil es ein wichtiges und interessantes Werkzeug für Unternehmen zur Geschäftsmodellmodellierung ist. Sondern die Geschäftsmodelle mehrerer Digital Startups liegen als BMC vor und dienen als Basis für die durchzuführende Inhaltsanalyse. Hinzu kommt, dass bei der Analyse des Einflusses der Leistungseigenschaften auf das Digitalisierungspotenzial Bezug auf einige Beschreibungselemente des Business Model Canvas genommen werden kann.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 8: Business Model Canvas (Osterwalder & Pigneur, 2010, S. 18f)

Der erste Block, den es bei Überlegungen zu einem neuen Geschäftsmodell zu berücksichtigen gilt, beschreibt die Kundensegmente. Hier sollen alle verschiedenen Kundengruppen oder Organisationen definiert werden, die durch das Geschäftsmodell erreicht und bedient werden sollen. Die Kundensegmente werden von Osterwalder und Pigneur als eines der wichtigsten Elemente eines Geschäftsmodells betrachtet. Um Kunden und ihre Bedürfnisse besser befriedigen zu können, ist es an dieser Stelle sinnvoll, angemessene Gruppierungen vorzunehmen – die Kunden also zu segmentieren. Anhand welchen Merkmalen dies geschieht, kann von Geschäftsmodell zu Geschäftsmodell unterschiedlich sein. Es geht darum, Kundensegmente anhand von gemeinsamen Bedürfnissen, Verhaltensweisen oder anderen Attributen innerhalb einer Gruppe von Personen oder Organisationen zu identifizieren, die relevant für das Geschäftsmodell sein könnten. Im nächsten Schritt steht die Entscheidung an, welche Segmente letztendlich bedient werden sollen und welche man bewusst ignorieren kann. Innerhalb eines Geschäftsmodelles kann es ein oder mehrere Kundensegmente geben. (Osterwalder & Pigneur, 2010, S. 20f)

Das Element Nutzenversprechen beschreibt das Geflecht aus Produkten und/oder Dienstleistungen, das Werte für ein bestimmtes Kundensegment generiert. Es ist der entscheidende Faktor, weshalb sich Kunden für eben jenes oder ein anderes Unternehmen entscheiden. Nutzenversprechen lösen gezielt ein Problem oder Bedürfnis des Kundensegments. Es ist also eine Menge von Vorteilen, die ein Unternehmen den Kunden bietet. Vor allem in diesem Block kann es zu Innovationen kommen, die sich disruptiv auf den bestehenden Markt auswirken. Der Nutzen für die Kunden kann quantitativer (Preis, Geschwindigkeit der Leistungserbringung, o.Ä.) oder qualitativer (Design, Benutzerfreundlichkeit, o.Ä.) Natur sein. (Osterwalder & Pigneur, 2010, S. 22f)

Im Bereich Kanäle geht es darum, festzulegen, wie die Unternehmung Kundensegmente erreicht und mit diesen kommuniziert, um das Nutzenversprechen zu erbringen. Es geht um alle Schnittstellen zu den Kunden - Kommunikationskanäle, Vertriebskonzept und Absatzwege. Die Kanäle sind Kundenberührungspunkte, die hohen Einfluss auf die Kundenzufriedenheit haben und Marketing-, Vertriebs- und Supportzwecken dienen. Hierbei müssen die Kanäle nicht unbedingt zum eigenen Unternehmen gehören. Synergievorteile durch die Zusammenarbeit mit Partnern sind ebenso wichtig wie die Nutzung unternehmensinterner Ressourcen. (Osterwalder & Pigneur, 2010, S. 26f)

Kundenbeziehungen beschreiben die Art der Beziehung, die das Unternehmen mit einem Kundensegment etablieren will. Für jedes Kundensegment sollten separate Überlegungen stattfinden. Das Verhältnis zwischen Unternehmen und Kunden kann auf persönlicher oder automatischer Ebene stattfinden oder auch eine bewusste Mischform annehmen und wird entsprechend der zugrunde liegenden Motivation (bspw. Kundengewinnung oder Kundenbindung) aufgebaut. Bei jungen Unternehmen werden Anpassungen im Block Kundenbeziehungen häufig nach einer gewissen Marktsättigung vorgenommen, um sich beispielsweise von einer aggressiven Strategie der Kundengewinnung zu einer Strategie der Kundenbindung zu entwickeln. Typische Umsetzungen sind beispielsweise persönliche Kundenbetreuung, die Einrichtung von Self-Service Portalen, das Bereitstellen von automatisierten Services, die Einbeziehung von Nutzer Communities oder sogar Co-creation-Ansätze, um Kunden aktiv in die Wertschöpfung des Unternehmens mit einzubeziehen. (Osterwalder & Pigneur, 2010, S. 28f)

[...]


1 Bzgl. des Modells der Wertschöpfungskette vgl. ausführlich Porter, 1985

2 Ab 2015 Prognose.

3 Vgl. Opel Adam Konfigurator: http://www.opel.de/fahrzeuge/modelle/personenwagen/adam/konfigurator-adam.html

Final del extracto de 107 páginas

Detalles

Título
Digitalisierungspotenziale von Geschäftsmodellen. Einfluss der Leistungseigenschaften von Produkten und Dienstleistungen
Universidad
Friedrich-Alexander University Erlangen-Nuremberg  (IT Management)
Calificación
1.0
Autor
Año
2016
Páginas
107
No. de catálogo
V513788
ISBN (Ebook)
9783346106162
ISBN (Libro)
9783346106179
Idioma
Alemán
Palabras clave
Digitalisierung, Geschäftsmodell, Business Model Canvas, business model, digitization, digitalisation, Digitalisierung Geschäftsmodell
Citar trabajo
Florian Siegel (Autor), 2016, Digitalisierungspotenziale von Geschäftsmodellen. Einfluss der Leistungseigenschaften von Produkten und Dienstleistungen, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/513788

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