Mediensozialisation von Kindern

Soziale, mediale und kommunikative Wandlungsprozesse in der Gesellschaft


Term Paper, 2017

46 Pages, Grade: 2,3


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Hauptteil:

1. Sozialisation und Entwicklungsaufgaben
1.1. Sozialisation und Mediensozialisation
1.2. Entwicklungsaufgaben

2. Zugang zur kindlichen Lebenswelt
2.1. Sozial-Ökologischer Ansatz nach Bronfenbrenner
2.2. Medien-Ökologischer Ansatz nach Baacke
2.3. Sozial-Ökologischer Ansatz als theoretische Grundlage

3. Zur Konstruktion des Leitfadens
3.1. Erläuterung der Methode
3.2. Forschungsfrage und Forschungsziel

4. Reflexion des Leitfadens
4.1. Verlauf des Interviews
4.2. Probleme bei der Durchführung
4.3. Mögliche Lösungen und Verbesserungsvorschläge

III. Fazit

Literaturverzeichnis

Anhang

I. Einleitung

Als Hinführung zum Thema der vorliegenden Hausarbeit „Mediensozialisation von Kindern“ zum gleichnamigen Seminar möchte ich zunächst auf soziale, mediale und kommunikative Wandlungsprozesse in der Gesellschaft, die Rolle der Medien im Alltag der Gesellschaft, besonders von Neun bis 12-Jährigen Kindern, und die Rolle der Medien in Bezug auf den Sozialisationsprozess von Kindern eingehen. Im Folgenden soll die Forschungsfrage vorgestellt, sowie der Aufbau der Hausarbeit dargelegt werden.

Mit Hilfe von verschiedenen Studien zum Thema lassen sich soziale, mediale und kommunikative Wandlungsprozesse in der Gesellschaft abbilden. Die sogenannte KIM-Studie, eine regelmäßig durchgeführte Untersuchung zum Umgang mit Medien von Sechs- bis 13-Jährigen, gibt Aufschluss darüber inwieweit Kinder verschiedene Medien nutzen und wie sich diese Mediennutzung über die Jahre wandelt. Medien haben in unserer heutigen Welt auf unsere Gesellschaft verschiedene Wirkungen und sind als fester Bestandteil in unserem Alltagsleben verankert. (vgl. Vollbrecht; Wegener 2010: 17) Die folgenden Aussagen wurden der KIM-Studie 2016 entnommen.

Die meisten Kinder werden in jüngstem Alter schon mit verschiedenen Medien und Mediengeräten konfrontiert, an diese gewöhnt und wachsen mit diesen als alltäglichem Bestandteil des Lebens auf. Der Großteil der im Rahmen der Studie befragten Familien verfügt über eine bedeutende Auswahl an technischen Mediengeräten. So findet man in den meisten Haushalten einen Fernseher, Smartphones, Internetzugang und einen Computer bzw. Laptop, sowie ein Radio. Im Vergleich zur 2014 durchgeführten KIM-Studie ist vor allem ein deutlicher Zuwachs an Smartphones und Tablets in Familien zu verzeichnen. Kinder nutzen diese Medien alleine, mit Freunden oder zusammen mit ihren Eltern oder Geschwistern. Bereits die Hälfte der sechs- bis 13-Jährigen besitzt ein eigenes Handy oder Smartphone. Als regelmäßige Aktivität im Alltag der Kinder ist das Fernsehen mit 96% führend auf Platz eins, das Treffen mit Freunden folgt auf Platz zwei. Fragt man allerdings nach den Freizeitbeschäftigungen, die die Kinder am liebsten ausüben wandert das Fernsehen mit 32%, nach Freunde treffen und draußen spielen, auf den dritten Platz. Dennoch ist das Fernsehen für die sechs- bis 13-Jährigen die wichtigste Medientätigkeit. Ein Computer bzw. Laptop wird von 77% der befragten Kinder zumindest selten benutzt und 66% der Kinder nutzen zumindest selten das Internet. Hier lassen sich erhebliche Unterschiede der verschiedenen Altersstufen erkennen. Während von den Sechs- bis Siebenjährigen nur jedes Dritte Kind das Internetangebot nutzt, sind von den zwölf bis 13-Jährigen bereits 94%, im Internet unterwegs.

Es lässt sich generell beobachten, dass Kinder mit steigendem Alter Medien öfter und intensiver nutzen. Vor allem in der Phase des Schulwechsels, also im Alter zwischen neun und elf Jahren, ist ein eindeutiger Anstieg der Mediennutzung zu sehen. Während Fernsehen die beliebteste Medientätigkeit im Alltag von allen befragten Altersstufen darstellt, wächst die Bedeutung von Computer, Internet und Smartphone. Mit diesen Medien wird kommuniziert, recherchiert, Videos und Filme, überwiegend auf der Plattform YouTube, angesehen, sowie Spiele gespielt.

Die Medien als fester Begleiter und als ständige Quelle von verschiedenen Eindrücken spielen also zwangsläufig auch eine große Rolle im Sozialisationsprozess von Kindern. Medien erfüllen verschiedene Aufgaben, Ziele, und Funktionen. Diese werden oft auch als Wirkung der Medien beschrieben und gesehen. (vgl. Vollbrecht; Wegener 2010: 17) Medien galten lange und gelten immer noch als vorwiegend negativer Sektor im Sozialisationsprozess. (vgl. Schorb 2005: 384) Fernsehen soll unter anderem vom schulischen Lernen abhalten und das Familienleben stören. (vgl. Vollbrecht; Wegener 2010: 20) Allerdings werden Medien, vor allem Presse und Rundfunk, Erziehungsaufgaben, wie zum Beispiel die Bildungsfunktion der Meinungsbildung und der Vermittlung politischen Wissens, zugeschrieben. (vgl. Schorb 2005: 384) Außerdem geben sie beispielsweise Handlungsmuster vor, die nachgeahmt werden oder zeigen Personen, die wiederrum als Sozialisatoren erscheinen. (vgl. Hüther 1975: 66) Medien fungieren also vielfältig als Sozialisationsinstanz im Sozialisationsprozess. Auf diesen Prozess der Sozialisation und der Mediensozialisation wird im folgenden Kapitel näher eingegangen.

Die Forschungsfrage „Welche Rolle spielen Medien bei der Bewältigung von Entwicklungsaufgaben bei Kindern in der frühen Adoleszenz?“ soll in der vorliegenden Arbeit untersucht werden. Zu diesem Zweck wurde im Rahmen des Seminars ein Fragebogen für ein Leitfaden-Interview mit Kindern im Alter von neun bis 12 Jahren erarbeitet.

Die vorliegende Hausarbeit zum Seminar gliedert sich in folgende Kapitel: Zunächst werden grundlegende Begriffe und Definitionen im Punkt „Sozialisation und Entwicklungsaufgaben“ dargelegt. Unter dem zweiten Abschnitt „Zugang zur kindlichen Lebenswelt“ werden mit der Darstellung verschiedener Theorien weitere Bezüge zum Thema geschaffen. Im darauffolgenden Kapitel „Zur Konstruktion des Leitfadens“ soll die Forschungsfrage und das Forschungsinteresse abgebildet werden und der Bezug zu den theoretischen Grundlagen geschaffen werden. Zu Letzt soll im Punkt „Reflexion des Leitfadens“ die Anwendung des Fragebogens reflektierend betrachtet werden. Das Fazit schließt im Anschluss an den Hauptteil die Hausarbeit ab, gefolgt von einem Literatur- und Quellenverzeichnis und dem Anhang, in welchem das transkribierte Interview zu finden ist.

II. Hauptteil

1. Sozialisation und Entwicklungsaufgaben

Erforderliche Begriffe werden in den nächsten Kapiteln erklärt und definiert, um Grundlagen für das Forschungsinteresse dieser Hausarbeit zu schaffen.

1.1. Sozialisation und Mediensozialisation

1828 tauchte die Bezeichnung und die Definition des Begriffs der Sozialisation erstmals im Oxford Dictionary auf. (vgl. Veith 2015: 17) In der heutigen Zeit könnte man den Begriff wie folgt definieren: Sozialisation beschreibt die Entwicklung eines Individuums, einer Persönlichkeit in und in Bezug auf die Gesellschaft und das Umfeld. Um es präziser zu sagen: „Sozialisation bezeichnet den Prozess der Vergesellschaftung des Menschen als Anpassung an und Einbindung in die Gesellschaft. Damit werden unter Sozialisation sowohl die Erziehung als intendierter und institutionalisierter pädagogischer Akt der Vermittlung von Wissen, Normen und Werten gefasst als auch die Formen personaler und medialer Information, die als informelles Lehren bzw. Lernen bezeichnet werden.“ (Schorb 2015: 381) Sozialisation ist ein wechselseitiger Prozess der zwischen den sogenannten „Sozialisatoren“, welche als Ziel haben dem zu sozialisierenden Individuum Werte, Regeln, Erwartungen und Rollen zu vermitteln, und den „Sozialisanden“, den bereits beschriebenen Individuen. Diese Individuen können beispielsweise Kinder oder Immigranten sein, aber auch ein neuer Mitbewohner in einer Wohngemeinschaft oder ein neuer Arbeitskollege. (vgl. Süss 2004: 25) Allgemein gesagt also ein Individuum das in einer Gesellschaft, einem Kreis, einer Gruppe oder an einem Ort oder bestimmten Platz neu ist. Sozialisationsinstanzen und Sozialisationsagenten bilden die Sozialisatoren. Personen, zum Beispiel Eltern, oder Einrichtungen, wie zum Beispiel die Schule, zählen zu den Sozialisationsinstanzen. Während diese bewusst die Aufgabe der Sozialisation von Individuen verfolgen, wirken Sozialisationsagenten unbewusst und ohne bestimmte Absicht sozialisierend. Medien und Altersgenossen gehören beispielsweise zu Sozialisationsagenten. (vgl. Süss 2004: 25) Eine andere Theorie wäre nach Hurrelmann folgende: Er separiert nicht in Sozialisationsinstanzen und -agenten, sondern teilt die Sozialisationsinstanzen in drei Stufen. Die primäre Sozialisationsinstanz besteht aus dem nahestehenden Umfeld: Familie, Verwandtschaft und Freunde. Bildungsinstitutionen wie die Universität, die Schule oder der Kindergarten bilden die sekundäre Sozialisationsinstanz. Die tertiäre und somit dritte Stufe, besteht aus Gleichaltrigen, außerschulischen Organisationen und den Medien. (vgl. Süss 2004: 25) Diese Beispiele beziehen sich aufgrund des Themas dieser Arbeit hauptsächlich auf die Sozialisation von Kindern.

Die Medien als Sozialisationsinstanz wurden bereits genannt. Im Folgenden soll der Begriff der Mediensozialisation näher erläutert und definiert werden. Wie bereits in der Einleitung erwähnt zeigen Medien eine bestimmte Wirkung auf den Menschen, auch Medienwirkung genannt. Diese wurde bereits Anfang des 20. Jahrhunderts und wird auch in der heutigen Zeit erforscht und wissenschaftlich beleuchtet. (vgl. Vollbrecht; Wegener 2010: 19) Man unterschied auf welche verschiedenen Sektoren Medienwirkung Einfluss hat: auf Bildung, Auffassungen, Einstellungen, Handlungsweisen, Auftreten und Emotionen. (vgl. Vollbrecht; Wegener 2010: 19) Jedoch muss gesagt werden, dass die Medienwirkung auf den Menschen deutlich komplexer und verworrener ist als diese Aufteilung. Durch die schnelle Weiterentwicklung und Verbreitung unterschiedlicher Medien vor allem in den letzten Jahren wird es zunehmend schwieriger die Medienwirkung lückenlos empirisch zu erforschen und Zusammenhänge aufzuzeigen. Dennoch sollte festgehalten werden, dass Medien bestimmte Wirkungen zeigen und verschiedene Funktionen erfüllen und somit im Sozialisationsprozess eine wichtige Rolle spielen. (vgl. Vollbrecht; Wegener 2010: 19 f.) Besonders bei der Sozialisation von Kindern spielen sie eine große Rolle: Medien helfen Heranwachsenden bei der Bewältigung von Entwicklungsaufgaben. Auf diese wird im nächsten Kapitel eingegangen. Medien fungieren wie bereits beschrieben als Sozialisationsinstanz beziehungsweise als Sozialisationsagent. Sie haben Einfluss auf das Wissen, das Verhalten, die Meinungen und Emotionen der Kinder und beeinflussen somit wichtige Sektoren des Sozialisationsprozesses. Eltern oder Erziehende, Altersgenossen und das Individuum, also das Kind selbst, beeinflussen die individuelle Mediensozialisation in Bezug auf den Umgang mit Medien und deren Inhalten. Mediensozialisation ist genau wie die Sozialisation ein wechselseitiger Prozess. (vgl. Süss 2013: 34) Folgendes Zitat soll den Begriff der Mediensozialisation und dessen Bedeutung komprimiert beschreiben: „Mediensozialisation bei Kindern und Jugendlichen umfasst alle Aspekte, bei denen die Medien für die psychosoziale Entwicklung der Heranwachsenden eine Rolle spielen.“ (Süss 2013: 33)

Abschließend sollen folgende Punkte betont werden: Sozialisation und Mediensozialisation sind lebenslange Prozesse die im Kindesalter beginnen und bis ins hohe Alter anhalten. (vgl. Süss 2013: 33) Dieser Vorgang ist dann erfolgreich, wenn das Individuum die Aufgabe und das Ziel, sich an sein soziales und kulturelles Umfeld anzupassen, geschafft und erreicht hat. (vgl. Schorb 2005: 381)

1.2. Entwicklungsaufgaben

Wie bereits beschrieben helfen Medien bei der Bewältigung sogenannter Entwicklungsaufgaben. Diese Aufgaben sollen im Folgenden erklärt und aufgezeigt werden.

Der Begriff Entwicklungsaufgaben beschreibt Anforderungen an Heranwachsende aber auch an Erwachsene im Sozialisationsprozess. Durch diese Aufgaben werden Individuen sozialisiert und für ein Leben in einer Gesellschaft tauglich gemacht. (vgl. Veith 2015: 67) Besonders Kinder orientieren sich oft an Eltern oder Bezugspersonen, Familie, Gleichaltrigen, Schulkameraden, Freunden oder den Medien. Zwei Theorie, welche die Entwicklungsaufgaben beschreiben sollen an dieser Stelle genannt werden. Robert J. Havighurst stellte 1948 erstmals das Konzept der Entwicklungsaufgaben auf. Er unterteilte zunächst das Leben in verschiedene Abschnitte in denen verschiedene Aufgaben erfolgreich bewältigt werden müssen. Je nach Alter und Entwicklungsstand variieren diese Aufgaben. Die Bewältigung der Entwicklungsaufgaben geschieht entweder unbewusst oder bewusst. Viele dieser Aufgaben bestehen aus der Bewältigung alltäglicher Handlungen und Situationen. Die Aufgaben enthalten neben individuellen Zielen verschiedene Kategorien, wie körperliche Entwicklung, Vorstellungen und Erwartungen des sozialen Umfelds sowie die Entwicklung von Werte- und Moralvorstellungen. Diese Kategorien sind nicht nur Teil der verschiedenen Aufgaben, sondern sie beeinflussen außerdem die Entwicklung. (vgl. Havighurst 1974: 19 ff.) Dieser Ansatz wurde von Eva Dreher und Michael Dreher 1985 weiterentwickelt. Sie führen die Berücksichtigung einer handlungstheoretischen Auffassung hinzu und beziehen die Wechselwirkung von Individuum und Umwelt, den Handlungsraum und die Auswahlrichtungen für verschiedene Handlungen mit in das Konzept der Entwicklungsaufgaben ein. Handlungsmöglichkeiten und -konzepte spielen eine wichtige Rolle bei der Entwicklung und Veränderung und für den Fortschritt des Individuums. Dreher und Dreher bringen neben dem Punkt der Handlungskonzepte außerdem die Wirkung von Umwelt und deren Zusammenhängen an. Das Individuum setzt sich mit der Umwelt auseinander und es entsteht eine Wechselwirkung mit Reaktionen, die die Entwicklungsaufgaben und deren Bewältigung beeinflussen. Sie spezialisieren sich in ihrer Forschung hauptsächlich auf Jugendliche und führen Studien mit Befragungen und Gesprächen mit solchen durch. Auch Hurrelmann entwickelte die Ansätze weiter und definierte Entwicklungsaufgaben wie folgt: „Mit Entwicklungsaufgaben sind von der Gesellschaft artikulierte Lernanforderungen und Verhaltensweisen gemeint, die Gesellschaftsmitglieder sich aneignen müssen und zu ›meistern‹ haben, wenn sie eine zufriedenstellende und konstruktive Bewältigung des Lebens und eine Integration in ihr soziales Umfeld – inklusive der damit verbundenen Anerkennung – erreichen wollen“ (vgl. Veith 2015: 67)

Wichtig für die Bewältigung dieser Aufgaben ist die Belohnung und Sanktionierung bei Erfolg und Misserfolg, sowohl durch das Individuum selbst als auch durch die Gesellschaft. Dies kann die Aufnahme weiterer Entwicklungsaufgaben fördern oder hemmen. (vgl. Veith 2015: 67) Entwicklungsaufgaben werden entweder vom Kind oder Individuum selbst ohne die Hilfe anderer bewältigt oder mit Einwirken von Eltern, Freunden, den Medien oder anderen Sozialisationsinstanzen. (vgl. Dreher; Dreher 1985: 47 ff.) Eine Entwicklungsaufgabe ist zum Beispiel auch die des sich Aneignens von Medienkompetenz um in der modernen Gesellschaft interagieren zu können. (vgl. Süss 2013: 33) Medienkompetenz hilft also beim Bewältigen von Entwicklungsaufgaben und stellt selbst eine solche dar. Als Ursprung von Entwicklungsaufgaben lässt sich der Alltag von Kindern, die physische Entwicklung, die Erwartungen der Gesellschaft und individuelle Wünsche und Werte aufzeigen. Diese bilden gleichzeitig wichtige Kategorien die bereits genannt wurden. Da es in der vorliegenden Hausarbeit besonders um die Mediennutzung von Kindern im Alter von neun bis zwölf Jahren geht, sollen an dieser Stelle auch die Entwicklungsaufgaben speziell dieser Altersgruppe beleuchtet werden. Kinder in diesem Alter stehen meist kurz vor der Phase der Pubertät. Das Denkvermögen und die Fähigkeit Konzepte und Erfahrungen zu verknüpfen werden erweitert. Außerdem charakteristisch für diese Altersstufe ist die Entwicklung von sozialen Kompetenzen. (vgl. Steinberg 2017: 4 ff.) Kinder erfahren also gleichzeitig bemerkenswerte physische und kognitive Veränderungen. Während jüngere Kinder noch motorische Fähigkeiten lernen und üben, spielen zum Beispiel soziale und gesellschaftliche Faktoren, wie etwa Freundschaften eine immer wichtigere Rolle. Verschiedene soziale Rollen, wie auch die der weiblichen und männlichen Geschlechterrolle, und Stellungen in einer Gruppe zu übernehmen erweist sich als wichtige Entwicklungsaufgabe der Neun- bis Elf-Jährigen. (vgl. Fend 1990: 7) Auch Aufgaben wie das Erlernen von selbstständigem Handeln und Denken und das Entwickeln von Konzepten für das alltägliche Leben gewinnen immer mehr an Bedeutung. Wertvorstellungen und moralische Denkweisen werden weiterentwickelt. (vgl. Steinberg 2017: 5 ff.) Außerdem stellt sich die Aufgabe der Akzeptanz des eigenen Erscheinungsbilds und der eigenen Identität als besonders wichtig heraus. (vgl. Fend 1990: 4) Besonders die Massenmedien können bei der Bewältigung dieser grundlegenderen Aufgaben eine große Hilfe für Heranwachsende sein. (vgl. Vollbrecht; Wegener 2010: 140) Sie bieten Handlungsmuster und Vorbilder die nachgeahmt werden oder zur Orientierung dienen können. Imitation und Nachahmung spielen hierbei eine große Rolle. (vgl. Barthelmes; Sander 1997: 35 ff.)

2. Zugang zur kindlichen Lebenswelt

Die im Folgenden vorgestellten Ansätze untersuchen die wechselseitigen Verbindungen zwischen dem sozialen Umfeld und dem menschlichen sozialen Verhalten. Diese bilden die theoretische Grundlage für nachfolgende Forschungen zum Sozialisationsprozess und bieten so den Zugang zur kindlichen Lebenswelt. Zwei Ansätze werden erklärt und einander gegenübergestellt.

2.1. Sozial-Ökologischer Ansatz nach Bronfenbrenner

Ziel dieser Theorie war die Erforschung der menschlichen Entwicklung und der Wechselwirkung zwischen einem Individuum und dessen Umwelt. Bronfennbrenner teilte die Umwelt eines Menschen in drei verschiedene Ebenen, welche ineinander gestaffelt sind. Als innersten Kreis beschreibt er das direkte Umfeld, also Lebensbereiche, wie zum Beispiel die Familie oder die Schule. Den zweiten Kreis beschreibt er als Ebene der Wechselwirkungen, also den Verknüpfungen zwischen den verschiedenen Lebensbereichen. Diese beeinflussen die Entwicklung des Individuums, also Beispielsweise, und im Folgenden so genannt, des Kindes. Die dritte Ebene beinhaltet übergeordnete Strukturen. Also zum Beispiel die Beeinflussung des Kindes durch Ideologien und gesellschaftliche und kulturelle Anschauungen. Außerdem nennt er die Beeinflussung durch Ereignisse in Lebensbereichen in denen das Kind überhaupt nicht teilnimmt, zum Beispiel die der Eltern. Bronfenbrenner definiert bestimmte Begriffe für die verschiedenen Ebenen und Systeme. Die Beziehungen und die wechselseitigen Beeinflussungen zwischen den Individuen gleicher Lebensbereiche nennt er Mikrosystem, also all das was in der ersten innersten Ebene geschieht. Die zweite Ebene, die der Wechselbeziehungen zwischen den Lebensbereichen, nennt er Mesosystem. Den Bereich der bereits beschriebenen Beeinflussung des Kindes durch Ereignisse in Lebensbereichen in denen das Kind selbst nicht anwesend ist, nennt er das Exosystem. Zuletzt bezeichnet er die alles einschließende, übergeordnete Ebene der gesellschaftlichen und kulturellen Vorstellungen als Makrosystem. Er beschreibt also das Aufwachsen bzw. die Entwicklung eines Menschen in verschiedenen ökologischen Zonen, die aufeinander und ineinander wechselseitige Wirkungen haben können und Beziehungen beinhalten können. Diese wiederrum beeinflussen die Entwicklung und machen diese aus. (vgl. Bronfenbrenner 1981: 23 ff.) Diese Theorie bildet als Voraussetzung somit eine Grundlage der Sozialisationsforschung.

2.2. Medien-Ökologischer Ansatz nach Baacke

Dieter Baacke ergänzte zunächst die vorhergegangene Theorie von Urie Bronfenbrenner und erweiterte diese dann mit einem medialen Kontext.

Baacke verdeutlicht mit seiner Theorie die wichtige Rolle des Umfelds für die Entwicklung von Kindern. Die Erlebnisse, Erfahrungen, Prozesse und Personen die um das Kind herum passieren und existieren, werden von Heranwachsenden wahrgenommen und reagieren auf diese. So beeinflusst die Umwelt, also das was um das Kind passiert, die Entwicklung. Baacke teilt die Umwelt nicht in verschiedene Systeme, sondern in vier sozialökologische Zonen, in welchen das Leben stattfindet. Diese Zonen bauen von der ersten bis zur vierten aufeinander auf und gliedern die Lebensbereiche und beschreiben Ordnungssysteme. Die Zonen sind teilweise mehr oder weniger transparent. Handlungen können so zum Beispiel in mehreren Zonen stattfinden oder nur in einer. Die Aufreihung der Zonen beginnt mit dem „ökologischen Zentrum“, welches für das direkte Umfeld, das Zuhause und die wichtigsten Personen des Beginns der Entwicklung, der Sozialisation, steht. Die Eltern bzw. die Familie und ein vertrauter Ort, der immer wieder aufgesucht werden kann, bilden also dieses Zentrum. Um diese Zone kreist die zweite: der „ökologische Nahraum“, die allgemeine, nicht spezifizierte Umgebung des Zentrums. Da die erste Zone das Zuhause des Kindes beschreibt, gilt die zweite Zone als Nachbarschaft, als Stadtteil, als Straße, als Siedlung oder einfach als Umland. Hier nimmt das Kind seine ersten Kontakte und Außenbeziehungen zu anderen Personen, die nicht der Gruppe der Bezugspersonen aus dem ökologischen Zentrum angehören, auf. Dies kann, abhängig vom Raum in welchem das Kind aufwächst, zum Beispiel beim Spielen mit Gleichaltrigen geschehen. Um diese Zone schließt sich die nächste: die „ökologischen Ausschnitte“. Diese umfasst alle zweckbestimmten Orte, also alle diejenigen die eine bestimmte Funktion oder Aufgaben innehaben. Als Beispiele könnten hier die Schule oder vorhergehend der Kindergarten und Geschäfte oder Einkaufsläden genannt werden. Hier treffen die Heranwachsenden auf die Aufteilung in verschiedene Rollen und die damit verbundenen Erwartungen. Das Kind muss hier also lernen Ansprüchen gerecht zu werden und die Orte für die vorgegebenen Zwecke zu besuchen oder zu nutzen. So trifft es beispielsweise in der Schule auf die Rolle des Schülers und die damit verbundenen Rollenerwartungen und muss lernen sich diesen anzupassen und diese bestmöglich zu erfüllen. Die vierte und somit letzte Zone bildet die „ökologische Peripherie“, in welcher zeitweilige Kontakte und Bekanntschaften oder unbeabsichtigte Aufeinandertreffen entstehen und stattfinden. Dies wird erst durch die ersten drei Zonen ermöglicht. Die ökologische Peripherie besteht aus nichtalltäglichen, unvertrauten Orten, wie zum Beispiel der Besuch einer anderen Stadt oder der Urlaub in einem anderen Land. Diese Orte erweitern den Handlungsspielraum und bieten alternative Möglichkeiten im Gegensatz zum gewohnten Lebensbereich. Durch das Außergewöhnliche, Nicht- Alltägliche wirken diese Eindrücke besonderes eindringlich auf das Kind, oder allgemein gesagt auf das Individuum. Alle vier Zonen bieten also unterschiedliche Handlungs- und Kommunikationschancen. (vgl. Ganguin 2008: 136 ff.)

Diese von Baacke aufgestellten Zonen bieten nun den Grund für den medien- ökologischen Ansatz. Durch den Wandel der Zeit und das Aufkommen der Medien fügt Dieter Baacke also noch die Existenz, die Ausstattung sowie die Nutzung von Medien in seine Theorie ein. Bereits im ökologischen Zentrum, also einfach gesagt zu Hause macht das Kind die ersten Erfahrungen mit Medien. Es lernt nicht nur erste Grundlagen wie zum Beispiel die ersten emotionalen und sozialen Beziehungen, sondern auch den ersten Nutzen und Umgang mit Medien. Die zunehmende Ausstattung von Familien mit verschiedenen Mediengeräten soll an dieser Stelle nicht erneut genannt und aufgezeigt werden. Die erste Zone wird also deutlich von Medien mitbestimmt und das Kind hier bereits sehr früh an diese gewöhnt. In der darauffolgenden Zone, dem ökologischen Nahraum, lernen Kinder nun wie Medien in und von anderen Familien, von Freunden, von den Nachbarn, von Gleichaltrigen und Anderen allgemein genutzt und gebraucht werden. Es werden Unterschiede in Besitz und Nutzen von Mediengeräten klar und somit auch unterschiedliche Informationen, Interessen und Kompetenzen deutlich. Die ökologischen Ausschnitte stellen die dritte Zone dar, in welcher bestimmte Umgebungen, die mit einem oder mehreren Medien ausgestattet sind, gegeben sind. Unterschieden werden hier zentrierte, also Orte an denen das Medium im Mittelpunkt steht, und nicht-zentrierte Medienumgebungen, an denen Medienvorhanden sind aber nicht im Mittelpunkt stehen. Als Beispiele könnten hier Kinos als zentrierte und Cafés oder Restaurants in denen ein oder mehrere Fernsehgeräte laufen als nicht-zentrierte Medienumgebungen genannt werden. Und auch die letzte Zone, die ökologische Peripherie, ist von den Medien, genauer gesagt den Neuen Medien geprägt. Da diese Zone mit ihren außergewöhnlichen Ausnahmesituationen besonders eindringlich wirkt, dringen über diese äußerste Zone die Neuen Medien in alle andern Zonen ein. (vgl. Ganguin 2008: 138 ff.) Um im Bereich der Medienökologie zu forschen stellte Baacke diese These der Unterteilung in verschiedene Zonen mit Bezügen zu Medien und die daraus resultierende Entwicklung von Heranwachsenden auf. Diese Theorie soll somit als Grundlage für die Betrachtung der Entwicklung eines Individuums, Veränderungen in der Gesellschaft und der Wechselwirkung zwischen Mensch und Umwelt in Bezug auf Medien dienen.

2.3. Sozial-Ökologischer Ansatz als theoretische Grundlage

Um einen Zugang zur kindlichen Lebenswelt zu erlangen, sind gewisse Grundlagen und somit theoretische Ansätze nötig. Die im vorhergehenden beschriebenen sozial-ökologischen Ansätze erweisen sich im vorliegenden Forschungsfall besonders passend, da die Ansätze das direkte und indirekte Umfeld von Heranwachsenden beschreiben. Das Umfeld eines Kindes wird sowohl beim sozial-ökologischen Ansatz, als auch bei der Weiterentwicklung, dem medien-ökologischem Ansatz, in verschiedene Ebenen und Zonen gegliedert. Diese beinhalten unter anderem verschiedene Aufgaben und Aufgabenbereiche, die gemeistert werden müssen und aus denen das Kind etwas lernen kann. Außerdem zeigen die Ebenen und Zonen verschiedene Institutionen, Personengruppen oder Orte auf, die die Heranwachsenden sozialisieren. Die Lebenswelt eines Kindes wird theoretisch beschrieben und gibt mit dieser Grundlage dem Forscher die Möglichkeit das soziale Umfeld praktisch widerzuspiegeln. Außerdem lassen sich Bedürfnisse, Interessen und die verschiedenen Entwicklungsstufen ableiten. Auch der Bezug zu Medien und die Wirkung dieser auf die Entwicklungsaufgaben und deren Bewältigung, wird in den vorgestellten Theorien geknüpft. So bieten diese eine treffende Grundlage für den vorliegenden Forschungsfall.

Die Ansätze zeigen also das gesamte Umfeld eines Kindes inklusive den zu bewältigenden Aufgaben und Lektionen, den Bedürfnissen und Interessen, sowie dem Bezug zu Medien und dem medialen Alltag. Durch die genaue Aufgliederung in Ebenen und Zonen und die Darstellung der unterschiedlichen Aufgaben und Einflüsse im Sozialisationsprozess, kann ein eindeutiger Zugang zur kindlichen Lebenswelt geschaffen werden.

3. Zur Konstruktion des Leitfadens

Theoretische Ansätze und empirische Vorgehensweisen werden im folgenden Kapitel verknüpft. Die empirische Methode wird zunächst erklärt und dargestellt.

3.1. Erläuterung der Methode

Als empirische Vorgehensweise wurde im Rahmen des Seminars das Leitfa- den-Interview, oder auch teilstandardisiertes Interview genannt, gewählt. Eine Methode der qualitativen Forschung bietet sich für die Beantwortung der For- schungsfrage besser an als eine quantitative, da so inhaltliche Schwerpunkte spezifischer und genauer abgefragt und auch beantwortet werden können. Charakteristisch für ein Leitfadeninterview und somit eine qualitative Befra- gung sind offene Fragen. Grundlegend nimmt man als Forscher an, dass die zu befragende Person viel Wissen und Kenntnis über das zu erforschende The- mengebiet hat. Durch die Fragen versucht man dieses Wissen abzufragen. Der zugrundeliegende Leitfaden beinhaltet diese Fragen und dient außerdem als Stütze für den Ablauf und den Interviewer. Die Fragen sollten möglichst so formuliert werden, dass Antworten wie Ja oder Nein vermieden werden. Das Interview sollte mit einem Tonaufnahmegerät aufgenommen werden, umso im Anschluss vom Forscher transkribiert werden zu können. (vgl. König; Zedler 2002: 174 ff.) Der Leitfaden für das Interview, das im Rahmen dieser Hausar- beit durchgeführt wurde, wurde im Seminar gemeinsam von der Dozentin und den Studierenden erarbeitet.

Auch in der Forschung mit Kindern sollten diese als Experten ihrer kindlichen Lebenswelt angesehen werden. Somit sind Eigenschaften wie Geduld, Ernst- haftigkeit, Vertrauenswürdigkeit, Einfühlsamkeit und Offenheit des Intervie- wers gegenüber den befragten Kindern hierbei besonders wichtig. Ebenso wichtig ist es die Kinder über das Vorhaben, den Ablauf und die Aufgaben vorab zu informieren. Generell ist es notwendig eine Beziehung zum Kind auf- zubauen um beispielsweise Verweigerung des zu Interviewenden zu vermeiden und das Forschungsvorhaben verfolgen zu können. (vgl. Wehr 2014: 146)

3.2. Forschungsfrage und Forschungsziel

In der Einleitung wurde bereits die KIM-Studie genannt und angeführt. Aus dieser ging bei der Betrachtung der Mediennutzung unterschiedlicher Altersstufen hervor, dass Kinder mit zunehmendem Alter sowohl mehr Medien nutzen als auch mehr Zeit mit und für diese aufbringen. Aus dieser Beobachtung entstand die Frage nach dem Wert und der Bedeutsamkeit von Medien für Kinder für die Bewältigung der Entwicklungsaufgaben im Prozess des Heranwachsens in der frühen Adoleszenz. Diese Altersstufe wird eingegrenzt auf das Alter von neun bis zwölf Jahren, da in diesem Abschnitt deutliche Unterschiede in Bezug auf die Mediennutzung erkannt werden. Der Übertritt von der Grundschule in eine weiterführende Schule findet ungefähr in diesem Alter der Kinder statt und bringt somit viel Veränderung und Anforderungen mit sich. Mit Hilfe des Leitfadens soll herausgefunden werden welche Entwicklungsaufgaben die Kinder zu bewältigen haben. Verschiedene Fragen zu Bezugspersonen, wie Familienmitgliedern, Freunden und Gleichaltrigen, zu Freundschaften und Werten wie beispielsweise Vertrauen, zu Inhalten die für das Kind interessant sind, auch in Bezug auf die Übermittlung dieser von und über die Medien, zum Gebrauch von Medien und zum Besitz von Mediengeräten sind im Leitfaden festgehalten. Außerdem wurden die Befragten aufgefordert ein Bild von einem Ort zu malen, an welchem Medien besonders wichtig sind. Die Fragen wurden so gewählt und formuliert, dass sie auf verschiedene Entwicklungsaufgaben und die Bewältigung dieser abzielen. Man möchte Einblick in den Alltag und somit auch in die alltäglichen Probleme der Heranwachsenden bekommen. Mit Fragen wie zum Beispiel „Wenn dich etwas beschäftigt, hast du dann Freunde/Freundinnen, mit denen du darüber reden kannst?“ oder „Wenn du ein Problem hast: An wen wendest du dich dann?“ möchte man herausfinden in wie weit Kinder bei der Bewältigung bestimmter Aufgaben auf die Hilfe von Freunden oder Eltern oder anderen Bezugspersonen zurückgreifen. Außerdem soll herausgefunden werden welchen Stellenwert Beziehungen, wie Freundschaften oder die sozialen Rollen in verschiedenen Bereichen oder in einer Gruppe für Kinder haben. Auch Entwicklungsaufgaben, die das Selbstbild und das zurechtkommen mit dem eigenen Körper und der eigenen Identität beinhalten werden mit verschiedenen Fragen wie zum Beispiel „Gibt es im Fernsehen eine Figur von der du denkst „so möchte ich auch sein“?“ abgefragt. Teilweise sind die Fragen direkt gestellt, bei anderen ist die Interpretation des Forschers nötig. Das Interview wurde im Rahmen dieser Hausarbeit sowohl mit einem 12-Jährigen, als auch mit einem Neun-Jährigen Mädchen durchgeführt. Im folgenden Kapitel werden beide reflektiert. Im Anhang ist das transkribierte Interview mit der 12-Jährigen zu finden, da dieses aufschlussreicher und für weitere Forschung bedeutender ist.

4. Reflexion des Leitfadens

4.1. Verlauf des Interviews

Das Interview wurde in den Kinderzimmern der beiden Mädchen, bei geschlossener Zimmertür einzeln durchgeführt, um nicht gestört werden zu können. Aufgezeichnet wurden die Gespräche mit meinem eigenen Smartphone, welches zwischen dem Mädchen und mir lag. Nach einer kurzen Erklärung und Hinführung auf das abzufragende Thema stieg ich direkt mit der Einstiegsfrage, welche Ereignisse des letzten halben Jahres abfragt, ein. Bei beiden Kindern handelt es sich um meine Schwestern. Diese Tatsache beeinflusste das Verhältnis des Interviewers, also mir, und den Interviewten, also meinen Schwestern, und den Umgang miteinander während des Interviews meiner Meinung nach durchaus. Anfänglich konnte ich die Aufregung und Nervosität bei beiden Mädchen spüren. Die erste Frage wurde von beiden eher zögerlich beantwortet, während die darauffolgenden Fragen schneller und ausführlicher beantwortet wurden. Generell lässt sich festhalten, dass die Ältere lauter, schneller und ausführlicher auf die Fragen geantwortet hat, als die Jüngere. Die 12-Jährige konnte bei einigen Fragen, die die Mediennutzung betrafen, vollständig, aufschlussreich und mit Beispielen antworten, während die Neun-Jährige zaghaft und auch oftmals gar nicht auf Fragen bezüglich Smartphones und andern Medien antworten konnte. Alle Fragen wurden von beiden mehr oder weniger genau und treffend beantwortet. Das zu malende Bild wurde allerdings von beiden verweigert, dafür wurde aber mit Worten ein Ort beschrieben. Da die Tür der Befragungszimmer geschlossen gehalten wurde, kam es nicht zu Störungen durch andere Familienmitglieder oder anderer Störquellen. Auch das Ton aufzeichnende Smartphone war auf Flugmodus geschalten, um so störende Anrufe oder Nachrichten abzuwehren. Die Mädchen setzten sich jeweils auf ihre Betten, da dies der bequemste Platz laut beiden war. Während des Interviews wechselten beide auffällig oft ihre Sitzposition. Nach ungefähr einem Drittel der Fragen konnte ich bei beiden merken wie die Konzentration nach lässt und die Ungeduld steigt. Die Sitzpositionen wurden geändert und anstelle von mündlichen Antworten wurde oft Mimik und Gestik eingesetzt, wie zum Beispiel einfach nur das Schütteln des Kopfes. Die jüngere Befragte nutzte im Vergleich zur älteren öfter das Kopfschütteln um Fragen mit „Ja“, „Nein“ oder „Ich weiß nicht“ zu beantworten. Hier fragte ich dann oft nochmal nach um eine genauere Antwort zu erhalten und notierte das Kopfschütteln in meinen Unterlagen. Manche Fragen wurden ausführlicher beantwortet als andere, was meiner Meinung nach teilweise an der Thematik aber auch an der Formulierung der Fragen lag. Beide erkannten sich wiederholende oder ähnlich klingende Fragen und schmunzelten oftmals über diese. Da ich beide gut kenne kann ich sagen, dass die meisten Fragen ehrlich beantwortet wurden. Besonders bei der Abfrage der einzelnen Medien und des Mediennutzungsverhalten stieg die Ungeduld, Unkonzentriertheit und Ungenauigkeit. Im Großen und Ganzen dauerte das Interview für beide Mädchen sehr lange, mit der Älteren brauchte ich ungefähr eine Stunde und 20 Minuten, mit der Jüngeren eine Stunde und 45 Minuten. Nach den letzten Fragen und Beendigung des Interviews konnte ich beiden die Erleichterung anmerken. Dennoch lässt sich insgesamt festhalten, dass die Interviews reibungslos und positiv verliefen.

[...]

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Details

Title
Mediensozialisation von Kindern
Subtitle
Soziale, mediale und kommunikative Wandlungsprozesse in der Gesellschaft
College
University of Bamberg
Grade
2,3
Author
Year
2017
Pages
46
Catalog Number
V514971
ISBN (eBook)
9783346104540
ISBN (Book)
9783346104557
Language
German
Keywords
mediensozialisation, kindern, soziale, wandlungsprozesse, gesellschaft
Quote paper
Lara Fleischmann (Author), 2017, Mediensozialisation von Kindern, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/514971

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