Störende Ausspracheabweichungen chinesischer Deutschlerner und entsprechende Verbesserungsansätze


Term Paper, 2018

22 Pages, Grade: 1,30


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1 Aktueller Forschungsstand der Ausspracheabweichungen chinesischer Deutschlerner
1.1 Suprasegmentale Abweichungen
1.2 Segmentale Abweichungen

2 Darstellung der Umfrageergebnisse
2.1 Haufig storend wirkende Abweichungen des aufgenommenen Chinesen
2.2 Bewertung des aufgenommenen Chinesen

3 Verbesserungsansatze zu haufig storend wirkenden Aussprachefehlern chinesischer Deutschlerner
3.1 Ansatze zu storend wirkenden segmentalen Fehlern
3.2 Ansatze zu storend wirkenden suprasegmentalen Fehlern

Zusammenfassung

Bibliographie

Anhang

Einleitung

Aufgrund des guten Rufs des deutschen Bildungssystems in China entscheiden sich immer mehr Chinesen, nach Deutschland zum Studium zu fahren und die akademische Atmosphare an deutschen Hochschulen zu erleben. Die Zahl chinesischer Studierenden in Deutschland hat sich in den letzten zehn Jahren von 25.000 auf mehr als 35.000 erhoht. Auch wenn chinesische Deutschlerner entweder beim Germanistikstudium an chinesischen Hochschulen oder an privaten Sprachschulen in China oder in Deutschland die deutsche Aussprache systematisch gelernt haben, lasst sich ihr chinesischer Akzent in interkulturellen Kommunikationssituationen einfach erkennen. Fremder Akzent „entsteht auf der Basis artikulatorischer und prosodischer Interferenzen sowie einer insgesamt abweichenden Artikulationsbasis zwischen Mutter- und Zielsprache [...]" (Reinke 2011: 73f) und „fuhrt zu einer vom Standard abweichenden Aussprache" (Rakic / StoBel 2013: 11). Wegen der groBen Distanz zwischen der deutschen und der chinesischen Sprache fallt es vielen chinesischen Deutschlernenden schwer, ihre Akzente beim Sprechen abzulegen. Allerdings kann ein fremder Akzent negative Folgen mit sich bringen. Beispielsweise konnten die Sprecher mit Akzenten aufgrund der eingeschrankten Verstandlichkeit beim Zuhoren negativ bewertet werden. Somit liegt das Hauptaugenmerk der vorliegenden Arbeit auf die Wirkung der Ausspracheabweichungen chinesischer Deutschlerner und gezielte Ansatze zur Verbesserung ihrer haufig storend wirkenden Aussprachefehler.

Ziel der Arbeit ist, zu untersuchen, welche Ausspracheabweichungen chinesischer Deutschlerner stark storend beim Horen wirken, wie die Chinesen mit Ausspracheabweichungen bewertet werden und welche MaBnahmen chinesische Deutschlerner eingreifen konnen, um ihre storend wirkenden Abweichungen zu verbessern und um negative Bewertungen wegen ihrer Akzente zu reduzieren. Mit den Antworten auf diese zu untersuchenden Fragen konnen den chinesischen Deutschlernern bewusst gemacht werden, welche phonetischen Elemente sie intensiv uben mussen und wie sie mit ihren typischen Aussprachefehlern besser umgehen konnen.

Im Rahmen des Seminars „Phonetische Sprechwirkungsforschung" basiert die Arbeit auf die Ergebnisse des Fragebogens, der von 19 TeilnehmerInnen (6 MuttersprachlerInnen und 13 Nicht-MuttersprachlerInnen) ausgefullt wurde. Die Kontrollgruppe haben sieben Horproben gehort, die storenden Ausspracheabweichungen aller Sprecher notiert und jeden Sprecher damit bewertet. In dieser Arbeit beschrankt sich die Autorin auf die Situation beim Textvorlesen. Die Situation bei produktivem Sprechen wird nicht im Rahmen dieser Arbeit analysiert.

Die vorliegende Arbeit gliedert sich in drei Kapitel. Zu Beginn wird auf den aktuellen Forschungsstand uber die Ausspracheabweichungen chinesischer Deutschlerner eingegangen, wobei die probandenubergreifenden Abweichungen bei Suprasegmentalia und Segmentalia in Cordula Hunolds (2008) Untersuchung vorgestellt werden. Im Anschluss daran werden die Ergebnisse der durchgefuhrten schriftlichen Befragung im Seminar „Phonetische Sprechwirkungsforschung" dargestellt, namlich die haufig storenden Abweichungen des aufgenommenen chinesischen Sprechers und die Bewertung ebenjenes Chinesen im Vergleich mit den anderen aufgenommenen Sprechern. Zum Schluss werden die entsprechenden Verbesserungsansatze zu besonders storenden Aussprachefehlern chinesischer Deutschlerner in segmentalem und suprasegmentalem Bereich verdeutlicht.

1 Aktueller Forschungsstand der Ausspracheabweichungen chinesischer Deutschlerner

Hunold hatte sich in ihrer Untersuchung mit den suprasegmentalen und segmentalen Ausspracheabweichungen chinesischer Deutschlernenden durch die konkreten Einzelfallstudien mit zehn chinesischen Probanden auseinandergesetzt, deren Heimatdialekt Peking-Dialekt1 ist. In diesem Kapitel werden die probandenubergreifenden Ausspracheabweichungen bei Suprasegmentalia und Segmentalia in der Studie von Hunold dargestellt.

1.1 Suprasegmentale Abweichungen

Die Analyse der suprasegmentalen Abweichungen chinesischer Deutschlerner nahm in Hunolds Forschung einen wichtigen Platz ein, da das Sprechen „in Tonen“ und „in Silben“ typisch chinesischen Akzent charakterisiert. Obwohl die Regeln der Suprasegmentalia des Deutschen nicht so eindeutig wie die der Segmentalia festgelegt werden, sind Abweichungen gegen erwartete Melodie, Sprechtempo, Lautstarke und Rhythmus der Rede deutlich herauszuhoren und werden als nicht- deutscher „Akzent“ angesehen (vgl. ebd.: 156).

Aus den Einzelfallstudien ergab sich, dass die hauptsachlichen suprasegmentalen Abweichungen der chinesischen Probanden in den folgenden Aspekten existieren: Wortakzente, Satzakzente, Melodie und Rhythmus.

Vielfaltig waren die Abweichungen der Wortakzentuierung bei allen Probanden. Vor allem wurden zweisilbige Worter auf beiden Silben gleich betont, auch wenn die letzte Silbe nicht akzentuiert werden soll (z. B. stehen - ['ste'hen], neben - ['ne'ben], sagen - ['sa'gen]). AuBerdem wurden zwei oder mehr nicht nebeneinander stehende Silben in Wortern mit mehr als zwei Silben wie auszuruhen, abgenommen, Purzelbaume nach dem ABAB-Muster2 betont (auszuruhen - ['auszu'ruhen], abgenommen - ['abge'nommen], Purzelbaume - ['Purzel'baume]).

Des Weiteren gab es auch falsche Wortakzente, die keinem regelmaBigen Muster folgten (z. B. antworten - [ant'wortete], Nachtigall - [nachti'gall]). Insgesamt kann festgehalten werden, dass je langer ein Wort ist, desto haufiger kommen die Fehler vor und sind desto abwechslungsreicher (vgl. ebd.: 157f).

Ahnlich wie die Wortakzente in einzelnen Wortern lassen sich die Satzakzente in einzelnen Satze auch nicht erkennen. Die folgenden Elemente wurden beim Vorlesen des Textes falsch akzentuiert: Bekanntes und fur die Verstandlichkeit Unwesentliches wie erstes und letztes Wort im Satz (z. B. Da sagte die eine Frau zu anderen. / Und was kannst du von deinem Sohn sagen ?), finite Verben (z. B. Mein Sohn ist gewandt und stark.), unbestimmte Artikel (z. B. Dann kam noch eine dritte Frau hinzu.), Zahlworter und Attribute (z. B. Dann nahmen die drei Frauen ihre vollen Eimer und gingen.). Daruber hinaus wechselten betonte und unbetonte Worter in Satzen regelmaBig (z. B. Das setzte sich neben die drei Frauen auf einen Stein, um sich auszuruhen.) (vgl. ebd.: 158ff). Im Wesentlichen liegt das Problem darin, dass die inhaltlichen Schwerpunkte der Satze nicht gesetzt werden.

Die Schwierigkeit bei der Satzmelodie besteht in nicht eindeutigen Melodieverlaufen. Insbesondere wurde auf zwei Probleme bei den meisten Probanden hingewiesen: Erstens wurden mehrere Gipfel im Laufe eines Satzes eingefugt, so dass die Satze abgehackt und unruhig klangen (z. B. Dann nahmen die Frauen ihre vollen Eimer und gingen.). Zweitens wurde eine horizontale Melodie vor Kommas oder vor dem Konnektor und mit einer fallenden Melodie ersetzt, z. B. Der dritte aber lief gleich auf seine Mutter zu ( ^), nahm ihr die schweren Eimer ab ( ^) und trug sie nach Hause. (vgl. ebd.: 162f) Bei der Melodiefuhrung ist hervorzuheben, dass der Text ohne Rucksicht auf die semantischen Zusammenhange „in Tonen“ gesprochen wurde.

Nicht zuletzt wurden fur die Rhythmisierung der Satze auch zahlreiche Abweichungen festgestellt. Mehrere Pausen wurden von den meisten Probanden sowohl in kurzen als auch in langen Satzen willkurlich gesetzt (z. B. Dann nahmen / die Frauen / ihre vollen Eimer / und gingen.), so dass suprasegmentale Einheiten dabei zerstort wurden. Weiterhin wirkten sich Sprossvokale, also die Erhohung der Silbenzahl, negativ auf den Gesamtrhythmus des Textes aus (z. B. was sagst du - [vass saksts du:]) (vgl. ebd.: 166).

Aus der Untersuchung ging hervor, dass die zehn Probanden weit groBere Probleme bei Suprasegmentalia als bei Segmentalia haben.

1.2 Segmentale Abweichungen

Zur Segmentalia untersuchte Hunold die Abweichungen der Probanden bei Vokalen und Konsonanten getrennt. Im Folgenden werden die beiden Problembereiche mit konkreten Beispielen in den Einzelfallstudien erlautert.

Hunold vertritt den Standpunkt, dass der Vokalismus des Deutschen fur chinesische Lerner heikel ist, da „Vokallange und -qualitat im Chinesischen nicht distinktiv sind“ (ebd.: 166).

Als Erstes wurden kurze Vokale mehrfach lang gesprochen und der Wortakzent wurde zugleich darauf gesetzt. Bei 9 von 10 Probanden waren kurze offene [i], [o] und [o] quantitativ und qualitativ abweichend (z. B. dritte - ['dri:ta], vollen - ['fo:lan], Mutter - ['mu:te]). Kurzes offenes [y] wurde entweder als langes und geschlossenes [y:] oder als [re] ausgesprochen. Lange Vokale waren fur die Sprecher normalerweise qualitativ abweichend. Lange geschlossene [u:], [e:] und [o:] wurden als offene [o:], [s:] und [o:] gesprochen (z. B. nun - [no:n], neben - ['ns:bn], Sohn - [zo:n]). [0:] war gleichzeitig quanlitativ und qualitativ problematisch und wurde entweder als kurzes [re] oder als [o] gesprochen (z. B. Sohnen - ['zrena] oder ['zona]). Im GroBen und Ganzen lasst sich feststellen, dass die Quantitativ eher bei kurzen Vokalen abweichend ist und die Qualitativ eher bei langen Vokalen nicht korrekt ist (vgl. ebd.: 167).

Neben der Vokalquantitat und -qualitat waren die Fehler beim Vokalneueinsatz auch mehrmals aufgetreten. Bei 3 Probanden wurde der Vokalneueinsatz insbesondere vor [i] nicht realisiert, beispielsweise in an ihm, es ist, von ihm.

Im Vergleich zu Vokalen hatten die Abweichungen der Konsonanten weniger negative Einflusse auf die Verstandlichkeit beim Horen. Die Hauptprobleme der Probanden bestanden wesentlich in Explosive, Frikative bzw. Nasale und Liquide.

Bei Explosive wurden Fortis-Explosive bei vielen Probanden zu stark behaucht (z. B. Greis - [krais], Brunnen - ['prunan], andere - ['antara]). Zudem wurde die Auslautverhartung wegen Sprossvokalbildungen nicht realisiert (z. B. und - [unds], sind - [zinds]).

Bei Frikative konnten die meisten Probanden den konsonantische [«]-Laut nicht richtig aussprechen. In der Untersuchung wurde das /«/ bei mehreren Probanden als „ubermaBig starker Reibelaut [X]" (ebd.: 169) gesprochen. Daruber hinaus wurde das /«/ retroflex wie im Chinesischen gebildet.

Bei Nasale und Liquide hatten mehrere Sprecher Probleme mit [l] und den Endungen <-n> und <-en>. Mit der Interferenz aus dem Englischen - die erste Fremdsprache der Chinesen - wurde [l] in der Mitte oder am Ende der Worter (z. B. holten, Nachtigall) velarisiert. Und die Endungen <-n> und <-en> wurden entweder zu [q] nasaliert (z. B. Sohn - [zo: q]) oder direkt elidiert (z. B. Frauen zu Frau).

Die gesamte Untersuchung zeigte, dass die unklaren Wortgrenzen und das Sprechen „in Tonen" oder „in Silben" als das wesentliche Problem chinesischer Deutschlerner identifiziert werden. Somit kam Hunold zur folgenden Konklusion: „Suprasegmentale Abweichungen haben einen weit groBeren Stellenwert als segmentale." (ebd.: 157)

Jedoch wurde in Hunolds Studie die Ausspracheprobleme ausschlieBlich ausgehend von dem ausgewahlten Text „Die Sohne" analysiert. Zudem betrifft Hunolds Untersuchung die Bewertung chinesischer Deutschlerner im Vergleich mit der Bewertung anderer Nicht-MuttersprachlerInnen nicht. Folglich werden im nachfolgenden Kapitel die Ergebnisse der Umfrage bezuglich der Wirkung chinesischen Akzentes auf Studierende und der Bewertung der Person im Rahmen des Seminars „Phonetische Sprechwirkungsforschung" dargestellt.

[...]


1 Das Hochchinesisch basiert auf dem Peking-Dialekt, ist aber nicht identisch mit ihm. (vgl. https://www.oai.de/en/49- ostasienlexikon/ddd/1168-dialekte.html [Zugriff: 11.07.2018])

2 In Hunolds Untersuchung wurde A als Hauptakzent und B als Nebenakzent bezeichnet.

Excerpt out of 22 pages

Details

Title
Störende Ausspracheabweichungen chinesischer Deutschlerner und entsprechende Verbesserungsansätze
College
University of Kassel
Grade
1,30
Author
Year
2018
Pages
22
Catalog Number
V520333
ISBN (eBook)
9783346134189
Language
German
Notes
Diese Arbeit erforscht die Ausspracheschwierigkeiten und Abweichungen chinesischer Deutschlernender und die Sprechwirkung jener Akzente. Es werden Verbesserungsvorschläge für den Deutschunterricht gemacht, mit denen chinesische DaF-Lehrende auf ebendiese Abweichungen und Probleme eingehen und den Lernenden den Erwerb des Deutschen erleichtern können.
Keywords
Ausspracheabweichungen chinesischer Deutschlerner, Deutschunterricht für chinesische Lernende, Chinesischer Akzent im Deutschunterricht, Sprechwirkung chinesischer Akzente im Deutschen, Chinesischer Akzent, Verbesserungsvorschläge für chinesische Deutschlehrende, Schwierigkeiten chinesischer Schülerinnen und Schüler im Deutschunterricht
Quote paper
Ruanling Miao (Author), 2018, Störende Ausspracheabweichungen chinesischer Deutschlerner und entsprechende Verbesserungsansätze, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/520333

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