«Die Wahrheit ist von dieser Welt; in dieser wird sie aufgrund vielfältiger Zwänge produziert, verfügt sie über geregelte Machtwirkungen. Jede Gesellschaft hat ihre eigene Ordnung der Wahrheit,[...]; es gibt Mechanismen und Instanzen, die eine Unterscheidung von wahren und falschen Aussagen ermöglichen und den Modus festlegen, in dem die einen oder die anderen sanktioniert werden; es gibt einen Status für jene, die darüber zu befinden haben, was wahr ist und was nicht.» (Foucault 1978: 51)
Die Analyse des gesundheitspolitischen Diskurses erfolgt aus einer sozialwissenschaftlichen Perspektive unter dem Paradigma der sozialen Beziehungen des Menschen und seiner Einbindung in gemeinsame Sinnsysteme und Wissensordnungen. Methodologisch und methodisch verortet ist sie im Ansatz der Wissenssoziologischen Diskursanalyse nach Reiner Keller, begründet auf der Diskurstheorie von Michel Foucault. Die Analyse der sprachlichen Elemente beruht auf dem methodischen Instrument der Kollektivsymbolik nach Jürgen Link.
Der institutionell-organisatorische Kontext bildet die Gesundheitspolitik in Deutschland; das diskursive Ereignis bildet die Gesundheitsreform 2003. Die Analyse untersucht die medialen Diskussionen ausgewählter Pressetexte im Jahr 2004, das Jahr des In-Kraft-Tretens der Gesundheitsreform. Sie untersucht die Aussageereignisse auf der Grundlage der sprachlichen Äußerungen und Bedeutungszuschreibungen der Akteure, ihre dimensionale und inhaltliche Ausprägung auf den Diskursebenen der Ethik, Wirtschaft, Politik und des Gesellschaftssystems.
Die Ergebnisse zeigen die Strukturen der Auseinandersetzung innerhalb der sozialen Praktiken der Akteure im Umgang mit der Gesundheitsreform 2003 und ihre Einbettung in die Entwicklungen sozialer Veränderungen in einem übergreifenden soziokulturellen Kontext. Die Analyse zeigt auf, wie sich die verschiedenen Akteure den veränderten Bedingungen stellen und ihre Argumentationen und Strategien. Sie zeigt ebenfalls auf, welche Lücken der öffentliche Diskurs hat, welche Mechanismen und Strategien der Aus- und Abgrenzung von Themenbereichen und Berufsgruppen eingesetzt werden und welche symbolischen Bedeutungen in den sprachlichen Äußerungen vermittelt werden. Darüber hinaus geht sie ein auf gesellschaftliche Veränderungsprozesse, die unter den Dichotomien Risiko − Absicherung, Selbstsorge – Kontrolle den Prozess der Bedeutungszuschreibung Medikalisierung – Ökonomisierung begleiten.
Inhaltsverzeichnis
- I EINLEITUNG
- 1 Abgrenzung des Themas
- 2 Ziele
- 3 Aufbau der Arbeit
- II GESUNDHEITSPOLITIK
- 4 Einführung
- 4.1 Ziele und Dimensionen der Gesundheitspolitik
- 4.2 Ebenen der Entscheidung
- 5 Soziale Sicherung und Gesundheitspolitik
- 5.1 Definition und Modelle
- 5.2 Kernprinzipien
- 5.3 Interventionsformen der Gesundheitspolitik
- 6 Gesundheitssystem in Deutschland
- 6.1 Begriffsklärung
- 6.2 Akteure und Organisationsstruktur
- 6.2.1 Staat
- 6.2.2 Interessengruppen
- 7 Gesundheitspolitik in Deutschland
- 7.1 Probleme und Interventionen
- 7.2 Wandel in der Gesundheitspolitik
- 7.3 Gesundheitsreform 2003
- 7.4 Ausblick
- III METHODOLOGIE UND METHODIK
- 8 Literaturrecherche und -analyse
- 8.1 Literatur zur Gesundheitspolitik
- 8.2 Literatur zur Methodologie und Methodik
- 8.3 Literatur zu Medien und Kommunikation
- 9 Wissenssoziologie
- 9.1 Soziale Konstruktion
- 9.2 Kommunikative Konstruktion
- 9.3 Diskursive Konstruktion
- 10 Diskursforschung
- 10.1 Einführung
- 10.2 Ansätze der Diskursforschung
- 10.3 Diskurstheorie (Michel Foucault)
- 10.3.1 Archäologie
- 10.3.2 Genealogie
- 10.3.3 Gouvernementalität
- 10.4 Kollektivsymbolik
- 11 Stufen des Forschungsprozesses
- 11.1 Ziel der Analyse
- 11.2 Methodologie
- 11.3 Grundbegriffe
- 11.4 Fragestellungen
- 11.5 Medien und Politik
- 11.6 Methodische Umsetzung
- 11.6.1 Datenkorpus
- 11.6.2 Auswahl der Daten zur Feinanalyse
- 11.6.3 Feinanalyse und interpretative Analyse
- IV ANALYSE DES GESUNDHEITSPOLITISCHEN DISKURSES
- 12 Datenauswahl
- 13 Datenkorpus
- 14 Auswahl der Daten zur Feinanalyse
- 15 Feinanalyse und interpretative Analyse
- 15.1 Definitions- und Handlungsmacht
- 15.2 Systeme Sozialer Sicherung im Neoliberalismus
- 15.3 Lenkung und Kontrolle der Gesundheitsversorgung
- 15.4 Armut und Normalität
- 15.5 Umbau des Sozialstaates
- 16 Zusammenfassung der Ergebnisse
- V DISKUSSION
- Gesundheitspolitik als Diskurs in der Tagespresse
- Analyse der Gesundheitsreform 2003
- Machtstrukturen und Diskursebenen im gesundheitspolitischen Diskurs
- Soziale Sicherung und Neoliberalismus
- Umbau des Sozialstaates
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Diplomarbeit befasst sich mit der Analyse von Artikeln zur Gesundheitsreform 2003 in der Tagespresse. Ziel ist es, den gesundheitspolitischen Diskurs in den Medien zu untersuchen und die darin enthaltenen Machtstrukturen und Diskursebenen aufzudecken.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die das Thema abgrenzt, die Ziele der Arbeit erläutert und den Aufbau der Arbeit darlegt. Im zweiten Teil der Arbeit wird das Themenfeld der Gesundheitspolitik umfassend beleuchtet. Es werden die Ziele und Dimensionen der Gesundheitspolitik, die Ebenen der Entscheidungsfindung, die Soziale Sicherung und die Interventionsformen der Gesundheitspolitik behandelt. Zudem wird das deutsche Gesundheitssystem mit seinen Akteuren und Organisationsstrukturen erläutert. Im Anschluss werden die Probleme und Interventionen der Gesundheitspolitik in Deutschland, der Wandel in der Gesundheitspolitik und die Gesundheitsreform 2003 beleuchtet.
Im dritten Teil der Arbeit werden die methodischen Grundlagen der Analyse dargelegt. Es werden die Literaturrecherche, die Wissenssoziologie und die Diskursforschung erläutert. Die Autorin beschreibt die verschiedenen Ansätze der Diskursforschung, insbesondere die Diskurstheorie von Michel Foucault, und erläutert die Stufen des Forschungsprozesses, die für die Analyse des gesundheitspolitischen Diskurses angewandt werden.
Der vierte Teil der Arbeit widmet sich der Analyse des gesundheitspolitischen Diskurses in der Tagespresse. Es werden die Datenauswahl, der Datenkorpus, die Auswahl der Daten zur Feinanalyse und die Feinanalyse und interpretative Analyse behandelt. Die Autorin analysiert den Diskurs anhand von fünf Themenfeldern: Definitions- und Handlungsmacht, Systeme Sozialer Sicherung im Neoliberalismus, Lenkung und Kontrolle der Gesundheitsversorgung, Armut und Normalität sowie Umbau des Sozialstaates.
Schlüsselwörter
Gesundheitspolitik, Diskursanalyse, Tagespresse, Gesundheitsreform 2003, Soziale Sicherung, Neoliberalismus, Machtstrukturen, Diskursebenen, Armut, Normalität, Umbau des Sozialstaates.
- Citation du texte
- Dipl. Pflegewirtin (FH) Barbara Müller (Auteur), 2006, Gesundheitspolitik als Diskurs in der Tagespresse - Analyse von Artikeln ausgewählter Themen zur Gesundheitsreform 2003, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/53027