Die Verhansung der Stadt Köln zwischen 1471 und 1476


Dossier / Travail de Séminaire, 2006

22 Pages, Note: sehr gut


Extrait


Inhalt

EINLEITUNG

DIE HANSETAGE - BEDEUTUNG UND FUNKTION

DIE STADT KÖLN IM HOCHMITTELALTER UND ZU BEGINN DER FRÜHEN NEUZEIT

DER KÖLNER SONDERWEG 1468 - 1474

DIE VERHANSUNG KÖLNS UND DER FRIEDEN VON UTRECHT

DIE WIEDERAUFNAHME KÖLNS IN DEN HANSEBUND

SCHLUSSBETRACHTUNG UND FAZIT

LITERATURVERZEICHNIS, QUELLEN- UND ABBILDUNGSNACHWEIS

Einleitung

Ziel der dieser Arbeit zu Grunde liegenden Aufgabe ist die Darstellung des Kölner Sonderweges und die Verhansung Kölns in den Jahren 1471 - 1476.

Um zu versuchen auf diese Frage zu antworten, muss Material ausgewählt werden, das sowohl die Kölner Aspekte, als auch die Rolle der anderen Städte in ausreichendem Maße beleuchtet. Dies ist im vorliegenden Fall sehr schwierig gewesen, da Standardwerke wie Philippe Dollingers „Die Hanse“ auch nach mehrmonatigem Warten in Hannover nicht verfügbar bzw. sogar in der Bestandsbibliothek des Seminars dauerhaft ausgeliehen waren. Daher basiert die Literaturauswahl im Wesentlichen auf den Forschungen von Prof. Dr. Stuart Jenks, Universität Erlangen, sowie Dr. Nils Jörn, Universität Greifswald. Beide bieten durch ihre unterschiedlichen Ansatzpunkte differenzierte Beurteilungen zum Thema Verhansung der Stadt Köln. Die ergänzende Literatur hat demzufolge assistierenden Charakter, die im Nachweis belegten Quellen standen ebenfalls nur Auszugsweise in den genannten Werken zur Verfügung.

Das Vorgehen bei der Bearbeitung ergibt sich aus der historischen Folge. Nach einer kurzen Übersicht zur Funktion der Hansetage sowie einem Überblick über die Stadt Köln unterteilt sich die Arbeit in drei Abschnitte. Zunächst wird der Kölner Sonderweg untersucht und relevante Ereignisse in dessen Umfeld beleuchtet. Daran anschließend folgt die Schilderung der Ereignisse im Zuge der eigentlichen Verhansung und der Folgen für Köln aus dem Frieden von Utrecht. Den Abschluss bildet die Darstellung der Wiederaufnahme der Kölner in den Bund. Die Schlussbemerkung bildet ein Fazit zur Lage, sowie den Versuch einer weitergehenden Fragestellung.

Die Hansetage - Bedeutung und Funktion

Während Hartmut Schwerdtfeger den ersten offiziellen Hansetag der deutschen Hanse mit 1358 in Lübeck angibt1, sind bereits seit 1325 deutsche Kaufleute bekannt die in London als „Kölner Kaufleute von der deutschen Hanse“ auftraten. Auch wurden bereits seit 1264 Versammlungen im Stil der Hansetage abgehalten, wobei ein Hansetag zwischen 2 Tagen und 8 Wochen andauern konnte.2 Insgesamt gab es 72 offizielle Hansetage seit 1358, dies entspricht im Schnitt einem alle 4,3 Jahre. Wie noch erläutert wird, waren in Krisenzeiten jedoch auch jährliche Treffen üblich, wenn auch unter verschieden starker Besetzung.3

Grob beschrieben kann man die Aufgabe der Hansetage dahingehend definieren, dass sie als das leitende Organ der Hanse die wiederkehrende Hauptversammlung der Hansestädte darstellte. Hier wurden alle maßgeblichen Entscheidungen getroffen, gleich ob es sich um Privilegiengewährung, Verhandlungen mit ausländischen Städten oder Herrschern oder innerpolitische Sanktionen gegen Bündnispartner handelte. Einzig der Hansetag war berechtigt im Namen der Hanse über Krieg oder Frieden zu entscheiden bzw. entsprechende Verhandlungen zu beauftragen. Ferner war jedes Mitglied gemäß den Statuten verpflichtet, sich bei Streitigkeiten dem Schiedsspruch des Hansetages zu unterwerfen.4

Grundlage für das mächtigste Sanktionsmittel der Hanse gegen ihre eigenen Städte - die Verhansung - waren beispielsweise Umstürze innerhalb der Mitgliedsstädte oder wie im Fall Kölns die Missachtung von Beschlüssen des Gremiums.5

Auch wenn dies ein Beispiel für starke Bindungen innerhalb der Gemeinschaft darstellen kann, ist es insoweit als nur bedingt wirksam anzusehen als dass jedes Förderationsmitglied zu jedem Zeitpunkt die Möglichkeit besaß, noch vor Einsetzen der Sanktionen aus der Hanse auszutreten. Den Weg dieses Rückzuges wählten viele Städte um drohenden Strafen zu entgehen. Allerdings stellt diese Rückzugsmöglichkeit auch einen der tragenden Pfeiler der Organisation Hanse dar. Da Beschlüsse unter den Anwesenden einstimmig zu fallen hatten, wäre ansonsten zu oft mit einer Blockade der Entschlüsse zu rechnen gewesen. So konnten Städte unter Vorwänden wie der Treue zum Landesherren einen geordneten Rückzug antreten oder die Hanse durch Geld anstelle von Truppen im Falle einer Kriegsführung unterstützen.6

Die Stadt Köln im Hochmittelalter und zu Beginn der Frühen Neuzeit

Die Stadt Köln, mit 40.000 Einwohnern um 1430 die größte deutsche Stadt, hebt sich in vielerlei Hinsicht von anderen Hansestädten ab. Bereits 1112 gab es eine Schwurgemeinschaft, die coniuratio pro libertate. Diese stellte die Bürgerschaft als Instanz auf eine Stufe neben Erzbischof, Kaiser und Grafen. Auch das erste Siegel einer deutschen Stadt ist für Köln verbrieft. Folgerichtig führte bereits seit 1216 ein Rat der Bürgerschaft die Stadtgeschäfte. 7 Im Bezug auf den Handel fällt das Jahr 1187 auf, hier wurde in Köln die Fremdschuldhaftung abgebaut, ein Vorgang den in späteren Zeiten auch die Hanse oftmals für sich beanspruchen würde.8 Bereits im 13. Jahrhundert wird von Kölner Kaufleuten in London berichtet, die dort eine Hanse unterhielten, in der jeder Kölner Englandfahrer zwangsweise Mitglied sein musste. So lebten sie zwar in England jedoch unter heimischen Rechten, frei von englischen Strafen oder Steuern und verhängten eigene Geldbußen und Sanktionen unter ihren Mitgliedern. Letztere wirkten über London hinaus. Ein Kölner Kaufmann, welcher sich seiner Bestrafung durch die Londoner Hanse entzog musste bei seiner Rückkehr nach Köln mit einer doppelten Bestrafung rechnen.

Gab es Forderungen Einzelner die sich gegen England richteten war ebenfalls nur die Kölner Hanse und nicht der einzelne Kaufmann vertretungsberechtigt. Dieser Schutz der Fernhändler unter gleichzeitiger Wahrung des „Stadtrechts“ ist für Friedland eines der bedeutendsten Zeugnisse der Kölner Hanse und Spiegel für die europäische Urbanisierung, welche auch in Köln ihren Beginn nahm.9

Die folgende Darstellung basiert auf den Analysen von Stuart Jenks und Nils Jörn und gibt in 3 Abschnitten die wesentlichen Entwicklungen vor, während und nach der Verhansung Kölns wieder. Da es nicht Gegenstand dieser Arbeit ist, auf die globalen Aspekte des Geschehens einzugehen, geschieht dies nur insoweit, als Köln direkt dadurch betroffen war.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.2: Siegel der Stadt Köln (um 1268, das erste von 1120 ging verloren) Text: Heiliges Köln, durch Gottes Gnade treue Tochter der römischen Kirche Der Kölner Sonderweg 1468 - 1474

Die Grundlage für den Kölner Sonderweg liegt vornehmlich in den Angelo-Hansischen Spannungen. Hierfür sind vor allem die wiederholten Kaperungen hansischer Baienflotten in den Jahren nach 1449, sowie der Angelo-Dänische Vertrag aus dem Jahre 1465 verantwortlich. Dieser regelte den Zugang der Engländer nach Island.10 1467 jedoch töten englische Händler den dänischen Gouverneur, woraufhin der dänische König Christian I. englische Schiffe im Sund aufbringen und die Schiffe und Waren festsetzen lässt. In Reaktion darauf - und in Ermangelung dänischer Schiffe in den englischen Häfen - ließ England die hansischen Güter und Schiffe beschlagnahmen mit der Begründung, dass Danziger Schiffe an der Kaper der englischen beteiligt waren.

Aus heutiger Sicht ist jedoch lediglich erwiesen, dass zwei der sieben Schiffe aus Danzig stammten in weiterer Folge bestritt selbst der dänische König jedwede hansische Beteiligung.11

Nach der Festnahme der Hansekaufleute kommt es zu Protesten beim englischen König. Nach einer Anhörung vor dem Kronrat werden zumindest die Kölner Kaufleute der Deutschen Hanse wieder freigelassen, da sie den Nachweis erbringen konnten, dass ihre Stadt zu selber Zeit mit Dänemark im Krieg lag.12

Nach weiteren Protesten des Kölner Rats und unter Hinweis auf die Vereinbarungen zwischen England und der Hanse von 1437, die jegliche Fremdschuldhaftung ausschloss, gelang es den Kölnern ihre Waren und Schiffe vom Repressalienarrest auszuschließen. Die übrigen Mitglieder der Hanse wurden im selben Jahr vom Kronrat zu einer Strafe von 20.000 Pfund verurteilt, bis zu deren Eintreibung sie weiter in Haft verblieben.13

Die Verhandlungsbemühungen Lübecks zu jener Zeit waren nicht von Erfolg beschieden, da sowohl Köln als auch Danzig in England ihre eigenen Interessen vertraten.

Hier beginnt der eigentliche Kölner Sonderweg. Die besonders herausragende Stellung der Kölner Kaufleute im Londoner Stalhof deutete schon darauf hin, dass ein Boykott nur unter extremen Bedingungen durch den Rat der Stadt Köln mitgetragen worden wäre.14 Dieser befürchtete immense Verluste durch einen Boykott der englischen Häfen und forderte seine Englandfahrer auf, zukünftig keine Bündnisse mit anderen Hansefahrern mehr einzugehen. Als Begründung hierfür diente das Argument, dass ein in England entstehendes Machtvakuum in Handelsbeziehungen nur allzu gern von aufstrebenden Nationen wie Holland ausgenutzt worden wäre.15

Außerdem sah der Rat der Stadt Köln für seine Kaufleute den größeren wirtschaftlichen Schaden, da im Gegensatz zu den osthansischen Städten der überwiegende Teil des Wohlstandes durch den Englandhandel gesichert wurde.16

Daher ging der Rat auch im innerhansischen dazu über, einen von den anderen Mitgliedern separierten Weg zu gehen. Wie schon zwischen 1449 und 1454 boykottierte Köln fortan die Hansetage, focht alle gegen sich gerichteten Strafandrohungen als illegitim an und kündigte pro forma an, alle auf den Hansetagen getroffenen Beschlüsse als nicht bindend zu betrachten. So sagte man die Tagfahrt zum Hansetag am 29.08.1468 im Vorfeld ab, da den Kölner Ratssendboten keine Sicherheit auf der Reise garantiert werden konnte. Hierbei wurde auf einen Angriff auf Kölner Boten auf der Rückreise vom Hansetag 1465 angespielt.17

Letzten Endes war dieser Hansetag jedoch zu schwach besucht, als dass er beschlussfähig gewesen wäre. Daher riefen die 30 anwesenden Städte einen neuen Hansetag für den 23. April 1469 bei Strafe von einer Goldmark für Nichterscheinen aus. Auf diesem wurde dann am 24. Juni 1469 offiziell das Verbot der Englandfahrt bei Androhung der Verhansung für den Fall der Missachtung beschlossen.18 Diesem Verbot zuvor gingen noch Verhandlungen Lübecks und der wendischen Hansestädte, welche jedoch nach dem Schuldspruch durch den Kronrat abgebrochen werden. In weiterer Folge schlug Danzig ein Import und Handelsverbot für englische Tuche vor und der Deutsche Kaufmann wird offiziell abberufen.19

Der Rat der Stadt Köln ist jedoch keinesfalls bereit, seine Mitglieder unter den Folgen der osthansischen Politik leiden zu lassen. Die von Lübeck auf dem Hansetag beanspruchte und bestätigte Führungsposition wird diesbezüglich ebenso in Abrede gestellt wie das Recht überhaupt unter Strafandrohung zu einem Hansetag zu laden. Vielmehr bemüht man sich nun zu verhindern, dass ein offensichtlicher Verkehr mit anderen Hansen in England zu einer Haftungsnahme gegenüber Kölner Kaufleuten führt.20 Im Zuge dieser Bemühungen wies man die Kölner Vertreter im Londoner Stalhof an, künftig keine Briefe mehr aus dem Kontor Brügge zu öffnen (welches die Korrespondenz mit den im Gefängnis befindlichen Kaufleuten betrieb), sowie mit Schreiben vom 7. Dezember 1469 eine eigene Niederlassung zu Gründen mit eigenen Aldermännern und eigenen Statuten. Damit war das Ausscheren aus der Deutschen Hanse perfekt.21

[...]


1 Schwerdtfeger, Hartmut: Die Hanse und ihre Städte. Delmenhorst 2004, S. 58

2 Friedland, Klaus: Die Hanse. Urban Taschenbücher Bd. 409. Stuttgart 1991. S. 126

3 Vgl. ebd.: S.135

4 Adaptiert aus http://www.bernhardkeller.de/Projekte/_Die_deutsche_Hanse_/_Hanse__- _Inhalt/_Hanse__-_Handelsgebiete/_Hanse__-_Kaufleute/_hanse__-_hansetag.html

5 Hammel-Kiesow, Rolf: Die Hanse. C.H. Beck Wissen in der Beck’schen Reihe; 2131, München 2000, S. 85

6 Pichierri, Angelo: Die Hanse - Staat der Städte, ein ökonomisches und politisches Modell der Städtevernetzung. Leske + Buderich Reihe Stadt, Raum und Gesellschaft, Band 10. Opladen 2000, S.71f.

7 http://www.stadt-koeln.de/weltjugendtag/geschichte/mittelalter/index.html

8 Friedland, Klaus: Die Hanse. S. 97

9 Vgl. ebd.: S. 106f.

10 Jenks, Stuart: England, die Hanse und Preußen: Handel und Diplomatie; 1377 - 1474. Teil 2: Diplomatie. Köln 1992, S. 710

11 Jörn, Nils: With money and bloode – Der Londoner Stalhof im Spannungsfeld der englisch-hansischen Beziehungen im 15. und 16. Jahrhundert -. Köln 2000, S.17 und S. 27f.

12 Jenks, Stuart: England, die Hanse und Preußen. S. 713

13 Jörn, Nils: With money and bloode. S. 31

14 Vgl. ebd.: S. 21

15 Vgl. ebd: S. 32

16 Wollschläger, Hermann Maria: Hansestadt Köln – Die Geschichte einer europäischen Handelsmetropole -, Herausgegeben anlässlich des 8. Hansetages der Neuzeit vom 16. bis 18. September 1988 in Köln, Köln 1988, S. 136f.

17 Jenks, Stuart: England, die Hanse und Preußen. S. 714

18 Jörn, Nils: With money and bloode. S. 33 und S. 35f.

19 Jenks, Stuart: England, die Hanse und Preußen. S. 719

20 Jörn, Nils: With money and bloode. S. 37ff.

21 Jenks, Stuart: England, die Hanse und Preußen. S. 715f.

Fin de l'extrait de 22 pages

Résumé des informations

Titre
Die Verhansung der Stadt Köln zwischen 1471 und 1476
Université
University of Hannover  (Historisches Seminar)
Cours
Die Hanse
Note
sehr gut
Auteur
Année
2006
Pages
22
N° de catalogue
V53474
ISBN (ebook)
9783638489201
Taille d'un fichier
547 KB
Langue
allemand
Annotations
Im Mittelpunkt der Betrachtung steht die in jeder Hinsicht zu den bedeutendsten Städten des Heiligen Römischen Reiches gehörende Stadt Köln, die durch ihre eigenständige, häufig genug eigensinnige Wirtschafts- und Bündnispolitik innerhalb des Hansebundes Sonderwege einschlug. Sprachlich, stilistisch und formal entspricht die Arbeit aber den erforderlichen Bedingungen. Die Hausarbeit wäre mit der Note 1 (sehr gut) zu bewerten. Dr. Annette v. Boetticher Hannover, d. 08.04.2006
Mots clés
Verhansung, Stadt, Köln, Hanse
Citation du texte
Daniel Herrmann (Auteur), 2006, Die Verhansung der Stadt Köln zwischen 1471 und 1476, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/53474

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