Das Erneuerbare-Energien-Gesetz im Zeichen der Zeit

Eine Policy Analyse der Novellierung 2017


Thèse de Bachelor, 2019

36 Pages, Note: 1,7


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Einleitung 4

Das Advocacy Coalition Framework
Die Grundannahmen
Das Grundmodell

Das Politikfeld der erneuerbaren Energien - die Rahmenbedingungen
Das Stromeinspeisungsgesetz
Das Erneuerbare-Energien-Gesetz 2000
Das Erneuerbare-Energien-Gesetz 2004
Das Erneuerbare-Energien-Gesetz 2009
Das Erneuerbare-Energien-Gesetz 2012
Das Erneuerbare-Energien-Gesetz 2014

Advocacy-Koalitionen im Politikfeld der erneuerbaren Energien
Die okonomische Koalition
Die okologische Koalition

Politische Rahmenbedingungen der 18. Legislaturperiode
Nationale Einflusse
Europaische und internationale Klimaziele

Das wissenschaftliche Gutachten im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums

Das erste Eckpunktepapier des BWMi
Die Stellungnahmen der okologischen Koalition
Greenpeace Energy eG
Naturschutzbund Deutschland
Deutsche Umwelthilfe
Bund fur Umwelt und Naturschutz Deutschland
Bundnis Burgerenergie
Bundesverband Erneuerbare Energien
Stellungnahmen der okonomischen Koalition
Einordnung der Koalitionspositionen zum ersten Eckpunktepapier

Das Eckpunktepapier zum Referentenentwurf des BWMi
Stellungnahmen der okologischen Koalition
Greenpeace Energy eG
Naturschutzbund Deutschland
Deutsche Umwelthilfe
Bundesverband Erneuerbare Energien
Stellungnahmen der okonomischen Koalition
Bundesverband der deutschen Industrie
Deutscher Industrie- und Handelskammertag
Einordnung der Koalitionspositionen zum Referentenentwurf

Die Verabschiedung des EEG 2017

Einordnung und Fazit

Quellenverzeichnis

Einleitung

Der Ausbau der erneuerbaren Energien (EE) ist eine tragende Saule zur Bewaltigung der globalen Herausforderung des Klimaschutzes. Der Energiesektor ist aufgrund der Verbrennung fossiler Energietrager fur einen groBen Anteil der Treibhausemissionen verantwortlich und somit auch ein sensibler Gegenstand, uber den vielfach diskutiert wird. Ein zentrales Instrument zur Forderung des Ausbaus von erneuerbaren Energien ist das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das seit seiner Einfuhrung im Jahr 2000 mehrfach novelliert und an die aktuellen Herausforderungen angepasst wurde.

Diese Arbeit beschaftigt sich anhand der Novellierung von 2017 mit den Einflussfaktoren, die mit der Anderung des Forderungsverfahrens auf das Kernelement des Gesetzes eingewirkt haben. Im Mittelpunkt soll dabei der Umgang mit den unterschiedlichen Akteuren stehen, die durch die Umstellung auf das Ausschreibungsverfahren unter Druck geraten. Daraus ergibt sich die Fragestellung, welche Faktoren zu einer Umgestaltung des Forderungsverfahren gefuhrt haben.

Zentrale These ist dabei, dass eine Verknupfung von Umwelt- und Klimaschutz mit dem Effizienzgedanken sich auf die Anpassung des EEG ausgewirkt und damit der okonomischen Koalition politische Dominanz verschafft hat.

Um die vielfaltige Landschaft von Akteuren zu ordnen, die im Rahmen eines Konsultationsprozesses zur Reform Stellung genommen haben, wird die Novellierung in dieser Arbeit mithilfe des Advocacy Coalition Frameworks (Siehe S.5) untersucht. Die beiden im Politikfeld der erneuerbaren Energien vorhandenen Koalitionen existierten in ihren Grundzugen schon vor der Novellierung 2017. Sie zeichnen sich durch eine besonders ideologiegeleitete Argumentation aus, die eine geeignete Basis fur die Verwendung des Advocacy-Coalition-Modells bietet.

Nach der Erlauterung des Analyserahmens wird zunachst das Politikfeld der EE skizziert, um den Ursprung und die Entwicklung des EEG nachzuvollziehen. Im Anschluss daran werden dem Analyseframework entsprechend die Akteure vorgestellt, die sich im Politikfeld der EE bewegen. Dabei werden auch ihre Grunduberzeugungen dargelegt, auf denen ihre politischen Positionen basieren. Daraufhin wird der unmittelbare politische Entstehungskontext des EEG 2017 erortert, der mit der Verabschiedung des Pariser Klimaabkommens sowie zunehmenden europaischen Klimaverpflichtungen Einfluss auf die Reform besitzt. Im Anschluss wird der Reformprozess des EEG chronologisch dargestellt. Dieser umfasst neben einer wissenschaftlichen Studie im Vorfeld des Prozesses ein allgemeines Eckpunktepapier sowie einen Referentenentwurf. In beiden Dokumenten wurden die verschiedenen Koalitionen gebeten, zu den MaBnahmen Stellung zu nehmen. Die Stellungnahmen der verschiedenen Akteure bilden dabei den Schwerpunkt dieser Arbeit. Die Arbeit schlieBt mit der Beschreibung der Regelungen des finalen Gesetzentwurfes sowie den Ruckschlussen, die sich in Bezug auf die Fragestellung ziehen lassen.

Das Advocacy Coalition Framework

Das Advocacy Coalition Framework (ACF) von Paul Sabatier ist keine wissenschaftliche Theorie im klassischen Sinne. Vielmehr versteht es sich als eine universelle Analyseperspektive mit dem Anspruch, Policy-Analysen in vielen unterschiedlichen Politikfeldern anzuleiten und dabei auf verschiedene politische Gegebenheiten einzugehen. Als dynamische Analyseperspektive konzentriert sich das ACF auf die Existenz und Untersuchung von objektiven Zusammenhangen. Damit liegt der Schwerpunkt nicht ausschlieBlich auf der Evaluation bestimmter Policies, sondern das ACF begleitet den gesamten politischen Prozess.

Die Grundannahmen

Das ACF basiert auf drei Grundannahmen, die als Bedingungen gesehen werden konnen, damit der Analyserahmen effektiv angewendet werden kann. Die erste dieser drei Annahmen ist, dass politische Entscheidungen in sogenannten Subsystemen getroffen werden. Diese bestehen aus Netzwerken von spezialisierten Akteuren, die sich mit einem bestimmten Policy­Problem befassen. Die Akteure eines Subsystems konnen aus verschiedenen Grunden an der Bildung einer Policy beteiligt sein. Denn die Akteurs-Definition des ACF geht uber Politiker, Burokraten und Lobbyisten hinaus. Auch Wissenschaftler, Journalisten, Aktivisten und weitere fachspezifische Experten lassen sich den Koalitionen zuordnen. Die diversen Akteure innerhalb eines Subsystems werden wiederum in klar positionierte und vermittelnde unterschieden. Vermittelnde Akteure (sogenannte ,broker') charakterisieren sich dadurch, dass sich ihre inhaltliche Position nicht einer bestimmten Koalition zuordnen lasst. Ubertragt man die Akteurs-Definition des ACF auf den deutschen Parlamentarismus, werden die parlamentsinternen Akteure vor allem auf der Ebene der gesamten Parteien und ihrer Koalitionen untersucht, da parteiinterne Koalitionsprozesse die Grenzen von Politikfeldern uberschreiten.

Die zweite Grundannahme fur das ACF sind die Belief-Systeme, die von den beteiligten Akteuren verfolgt werden. Dabei existieren verschiedene Ebenen von Uberzeugungen. Die oberste Ebene bilden die normativen und ontologischen Kernuberzeugungen, die sich aus der individuellen Sozialisation ableiten. Das ACF nimmt dabei an, dass politische Eliten uber ein widerspruchsfreies Set von Uberzeugungen verfugen und diese auch in allen Interaktionen mit anderen Akteuren durchsetzen mochten. Die zweite Ebene besteht aus den Policy- bezogenen Uberzeugungen und Werten eines Akteurs. Verglichen mit den allgemeinen Kernuberzeugungen sind die Policy-Kernuberzeugungen wandelbarer. Die dritte und letzte Ebene bilden die sekundaren Aspekte. Sekundare Aspekte sind noch flexibler als die ubergeordneten Ebenen, beinhalten jedoch dafur nur die Uberzeugungen in Bezug auf die Wahl des Instruments zur Umsetzung einer bestimmten Policy. Das ACF umfasst damit drei verschiedene Ebenen, deren Uberzeugungen auf den unteren Ebenen zwar eher zur Disposition stehen, jedoch auch fur den gesamten Prozess von nachrangiger Bedeutung sind. Umgekehrt geht die zunehmende Bedeutung der Uberzeugungen mit abnehmender Kompromissbereitschaft einher (Bandelow, 2015:315)

Die dritte Grundannahme ist die namensgebende Advocacy-Koalitionen-Annahme. Diese besagt, dass sich die Akteure der jeweiligen Subsysteme zu Koalitionen zusammenschlieBen, um ihre politische Position effektiv durchzusetzen. Das Vorhandensein einer Koalition ist an eine bestimmte Bedingung geknupft. Diese Bedingung besteht darin, dass mindestens zwei Akteure uber dieselben Uberzeugungen der ersten Uberzeugungsebene verfugen, sich aber auf der zweiten Ebene trotz ursprunglich gegensatzlicher Positionen annahern, um gemeinsam einen starkeren Einfluss auszuuben. Zwischen den gebildeten Koalitionen existieren sogenannte Policy-Broker, die als Vermittler fungieren. Policy-Broker sind Akteure, die wahrend des Policy-Prozesses wechselnde Uberzeugungen vertreten haben. Eine weitere indirekte Akteursform sind die latenten Akteure. Latente Akteure sind zwar vom laufenden Policy-Prozess betroffen, greifen jedoch nicht aktiv oder in Vertretung in den Prozess ein. Oftmals konnen latente Akteure aber auch durch ihre reine Anwesenheit den eigentlichen Prozess zwischen den beteiligten Akteuren beeinflussen.

Eine weitere Nebenannahme des ACF ist der sogenannte Devil Shift, der sich auf die Wahrnehmung der anderen Koalition bezieht. Der Devil Shift sorgt dafur, dass die andere Koalition von der eigenen Koalition als besonders feindlich empfunden und auf dieser Grundlage auch der feindliche Einfluss auf den gesamten Prozess uberschatzt wird. Durch die Annahme des Devil Shift sollen beispielsweise politische Eskalationen erklart werden.

Das Grundmodell

Das Grundmodell des ACF sieht Policy-Subsysteme grundlegend als Systeme mit zwei einander entgegengesetzten Koalitionen. Weniger konfliktreiche Politikfelder konnen auch nur aus einer Koalition bestehen. Das Grundmodell ist jedoch auf maximal vier Koalitionen beschrankt, da die Koalitionen mit zunehmender Anzahl nicht uber genug Durchsetzungsfahigkeit verfugen.

Die Durchsetzungsfahigkeit beziehungsweise die Starke einer Koalition hangt von verschiedenen Ressourcen ab: Geld, Fachwissen, der Anzahl der Unterstutzer und rechtlicher Autoritat. Nach diesem Ressourcenmodell ist eine machtige Koalition nicht automatisch mit einer demokratischen Mehrheit gleichzusetzen. Jedoch besitzen demokratische beziehungsweise parlamentarische Mehrheiten haufig die oben genannten Ressourcen. Die eigentliche Dominanz einer Koalition entsteht jedoch laut dem ACF aufgrund einer beliebigen Ressource, die nicht innerhalb des Policy-Subsystems existiert und deren Verfugbarkeit nur auf die dadurch dominierende Koalition beschrankt ist (Bandelow, 2015:316).

Die politischen Prozesse innerhalb eines Subsystems orientieren sich an den Phasen des Policy-Zyklus. Dabei spielt die Reihenfolge der Phasen jedoch keine Rolle, da das ACF sich auf die Ergebnisse und die Faktoren zur Erklarung eines Wandels innerhalb einer Policy konzentriert. Ein weiterer Bestandteil des ACF sind die sogenannten Policy-Lernprozesse, die sich zwischen den Mitgliedern einer Koalition abspielen. Dabei geht es um den Austausch von Wissen und Erfahrung, um die relevanten Inhalte und Zusammenhange besser zu verstehen. Ziel dieses Austauschs ist die Optimierung der Instrumente zur Durchsetzung des gemeinsamen Koalitionswillens.

Zusammenfassend lasst sich sagen, dass die Einstellungen der Advocacy-Koalitionen aufgrund der festen Belief-Systeme und der jeweiligen Ressourcen bezuglich einer Policy haufig durch externe Systemveranderungen verandert werden. Dabei handelt es sich um strukturelle Faktoren, die auBerhalb des Policy-Subsystems liegen. Diese auBeren Einflusse werden mittels Policy-Lernens von den Advocacy-Koalitionen aufgenommen und flieBen dadurch in die politische Implementierung ein.

Im Folgenden soll mithilfe des ACF untersucht werden, aufgrund welcher Systemveranderungen das EEG von 2017 entstanden ist. Dabei spielt insbesondere die gleichbleibende Regierungskoalition aus Christdemokraten und Sozialdemokraten eine tragende Rolle, da die Koalition innerhalb einer Wahlperiode das gleiche Gesetz mit unterschiedlichen Ausrichtungen verabschiedete.

Das Politikfeld der erneuerbaren Energien - die Rahmenbedingungen

Erneuerbare Energien wurden in den vergangenen Jahren deutlich ausgebaut und umfassen heute 37,8 % des deutschen Strommarktes (Bundeswirtschaftsministerium, 2019). Der Grundstein fur das Aufkommen der EE wurde bereits 1991 mit dem Stromeinspeisungsgesetz gelegt.

Das Stromeinspeisungsgesetz

Das Stromeinspeisungsgesetz regelte erstmalig die Einspeisung von Strom aus EE in das offentliche Netz. Vor dem Inkrafttreten am 1. Januar 1991 bestand keine exakte Gesetzesnorm fur die Stromeinspeisung. Das Gesetz verpflichtete Elektrizitatsversorgungsunternehmen fortan Strom aus regenerativen Quellen abzunehmen und zu verguten. Entstanden ist das Gesetz aufgrund einer parteiubergreifenden Initiative aus den Fraktionen von CDU/CSU und Bundnis 90 die Grunen, obwohl CDU/CSU und FDP in dieser Legislatur gemeinsam regierten (Bechberger, 2000:5).

Im Jahr 1998 wurde das Stromeinspeisungsgesetz novelliert. Dabei wurde das Gesetz im Wesentlichen durch Klauseln ersetzt, die den Handel der Energieversorgungsunternehmen untereinander regulieren. Zuvor kam es aufgrund der Abnahmepflicht des oftmals teureren Stroms aus EE teilweise zu wirtschaftlichen Verlusten bei den Energieversorgungsunternehmen. Zusatzlich enthielt die Gesetzesnovelle Verpflichtungen fur die Bundesregierung, insofern sie eine zweijahrige Berichtspflicht der Bundesregierung gegenuber dem Bundestag einfuhrte (Bechberger, 2000:5).

Die Regelungen des Stromeinspeisungsgesetzes waren stark auf die Forderung von Windenergie und Wasserkraft ausgelegt. Andere EE wie Biomasse, Deponiegas, Klar-Gas oder Photovoltaik konnten aufgrund von fehlenden Zuschussen nicht zu bedeutenden Energietragern innerhalb des Systems werden. Windenergie und Wasserkraft hingegen erlebten im Zuge des Stromeinspeisungsgesetzes einen starken Zuwachs. Die Ursache fur ihren Auftrieb waren die staatlichen Zuschusse sowie die Abnahme- und Vergutungspflicht seitens der Energieversorgungsunternehmen.

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz 2000

Da das Stromeinspeisungsgesetz durch europaische Herausforderungen auf dem Strommarkt nicht langer zeitgemaB war, verabschiedete der Bundestag am 25. Februar 2000 das EEG. Dieses enthielt klare Regelungen zur Losung der Herausforderungen, die das vorangegangene Gesetz der vorherigen Regierungsfraktionen hinterlassen hat. Die Hauptaufgabe des neuen Gesetzes war eine Antwort auf die gefallenen Strompreise durch die europaische Strompreisliberalisierung. Die flexible Regelung des alten Gesetzes, die Forderquote und Strompreis aneinander koppelte, konnte aufgrund der gefallenen Preise die Vergutungs- und Abnahmepflicht der Energieversorger nicht mehr gewahrleisten. Hierzu hat das EEG Untergrenzen fur die Vergutung von EE festgelegt. Das Problem der geografischen Unterschiede, bei dem Energieversorgungsunternehmen in windintensiven Regionen bisher zur Abnahme der Uberkapazitaten verpflichtet waren, wurde von den neuen Regelungen gelost. Fortan waren die Ubertragungsnetzbetreiber dazu verpflichtet, die uberschussigen Mengen nicht nur zu erfassen, sondern auch gerecht zu verteilen und auszugleichen.

Die Rechtsunsicherheiten bezuglich des europaischen Beihilfenrechts wurden durch das EEG aufgehoben. Dies geschah, indem die Abnahmepflicht der Anlagenbetreiber auf einen Mindestzeitraum von zwanzig Jahren beschrankt wurde. Daraus resultierte nach dem europaischen Recht kein dauerhaft subventionierender Eingriff in den europaischen Strommarkt mehr. Energieversorgungsunternehmen waren jedoch weiterhin verpflichtet, den Strom aus regenerativen Quellen abzunehmen und erhielten dafur nun statt einer flexiblen eine festgeschriebene Mindestvergutung.

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz 2004

Ganzheitlich betrachtet fuhrte die Novellierung des EEG im Jahr 2004 zu einer Ausdifferenzierung der Vergutungssatze. Einzelne Vergutungssatze und Leistungsklassen sowie verschiedene Boni wurden verandert oder neu eingefuhrt, was eine erhohte Komplexitat des gesamten Gesetzes zur Folge hatte.

Detaillierte und praxisbezogene Anderungen gab es bezuglich der Forderquoten fur die regenerativen Energietrager. So wurde der Mindestvergutungssatz fur Windenergieanlagen an Land von 5,9 auf 5,5 Cent pro Kilowattstunde abgesenkt. Damit wollte der Gesetzgeber eine Uberforderung der windintensiven Kustenregionen vermeiden. Zusatzlich mussten neu gebaute Windkraftanlagen nun mindestens 60 % des Referenzertrages leisten, um den Mindestvergutungssatz zu erhalten. Ziel dieser MaBnahme war es, Windenergieinvestitionen in windarmen Regionen zu vermeiden. Der Mindestvergutungssatz fur Anlagen auf dem Meer wurde hingegen von 9 auf 12 Cent pro Kilowattstunde erhoht und von der Reduktion in den kommenden Jahren bis zum Jahr 2008 befreit. Ziel war es, potentiellen Investoren bei derartig kostenintensiven Vorhaben Planungssicherheit zu gewahren.

Auch in Bezug auf die Biomasse wurde der Fordersatz fur kleine Anlagen erhoht, damit diese rentabel betrieben werden konnten. Der Anbau von Pflanzen zur Produktion von Energie wurde durch eine Pramie von 2,5 Cent pro Kilowattstunde erstmalig berucksichtigt. Bei der Wasserkraft wurden ebenfalls Anpassungen zur Verstarkung der Fordereffekte vorgenommen. Beispielsweise wurden nun auch groBere Anlagen mit hoherer Leistung gefordert. Kleinere Anlagen erhielten hingegen eine Festschreibung des bestehenden Fordersatzes bis zum Jahr 2005. SchlieBlich gab es auch bei der Geothermie Anpassungen, um die verschiedenen AnlagengroBen individuell zu fordern (Dagger, 2009:79-81).

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz 2009

Das EEG von 2009 erhielt die wesentlichen Inhalte seines Vorgangers aufrecht. Dafur wurden an vielen Stellen verschiedene Details erganzt, um Rechtsunsicherheiten zu beseitigen, was unter anderem zu einer Verdreifachung der Paragraphen fuhrte. Der AnstoB fur die Novellierung 2009 war der Erfahrungsbericht zum EEG von 2007. Auf dieser Grundlage wurde ein Referentenentwurf aus dem Bundesumweltministerium erarbeitet, das okologisch motivierte Standpunkte vertrat. Demgegenuber stand das Bundeswirtschaftsministerium, das seinen Schwerpunkt auf die marktwirtschaftlichen Aspekte des Gesetzes legte. Daraus resultierten muhsame Verhandlungen zwischen der okonomischen und okologischen Koalition, die zum Inkrafttreten des novellierten EEG am 1. Januar 2009 fuhrten (Seibt, 2015:19).

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz 2012

Die Beratungen zum EEG sollten ursprunglich erst nach der Sommerpause des Jahres 2011 beginnen. Jedoch sorgte der Reaktorunfall in Fukushima im Marz 2011 fur die Vorlegung eines Energiewendepakets im Sommer 2011. Die Novellierung, die am 1. Januar des Folgejahres in Kraft trat, ist gekennzeichnet von einem zugigen Gesetzgebungsprozess, der sowohl von Verbanden als auch von Abgeordneten stark kritisiert wurde (Seibt, 2015:20). In der Novelle werden die Ausbauziele fur EE schriftlich fixiert. Demnach sollen bis 2030 mindestens 50 %, 2040 mindestens 65 % und 2050 mindestens 80 % des Stroms aus EE ins deutsche Stromnetz flieBen. Daruber hinaus enthalt die Novelle Regelungen zur Optimierung der Markt-, Netz- und Systemintegration von EE. Dies wird vor allem durch die Verbesserung des Zusammenspiels von fossilen und EE vorangetrieben, die durch verschiedene materielle Anreize in Form von Pramien erreicht werden soil. Dabei werden die Pramien anhand der Situation des Energietragers am Markt individuell gestaltet (Bundeswirtschaftsministerium, 2019).

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz 2014

Die Reform des EEG im Jahr 2014 stellt eine grundsatzliche Veranderung in der Novellierungsgeschichte des EEG dar. Erstmals wird den EE von der Politik eine tragende Rolle auf dem deutschen Strommarkt zugeschrieben (Bundeswirtschaftsministerium, 2014). Der Anteil der EE am deutschen Strommarkt betragt im Jahr 2014 bereits 25 %. Um diesem schnellen Ausbau Rechnung zu tragen, werden die Privilegien der EE stark eingegrenzt und okonomisch optimiert. Zudem fuhrte die Bundesregierung ein erstes Pilotprojekt ein, bei dem die Forderung zum ersten Mal mittels eines Ausschreibungsverfahrens vergeben wird. Begrundet wird dieser Schritt mit dem schnellen Ausbau von EE, da die Bundesregierung in diesem Zusammenhang eine Uberforderung vermeiden wollte. Gleichzeitig fuhrt das EEG von 2014 Ausnahmeregelungen fur energieintensive Industrien ein, deren Stromkosten in der Vergangenheit aufgrund der zu zahlenden EEG-Forderung nicht wettbewerbsfahig waren. Daher fuhrte die Koalition zum Schutz von Wertschopfung und Arbeitsplatzen die Befreiung der energieintensiven Unternehmen ein. Fur Altanlagen, die bereits vor der Novellierung 2014 existierten, galten weiterhin die festgelegten Fordersatze nach dem alten System. Jedoch wurde die Altanlagen im Zuge der Neuauflage mit einer hoheren Degressionskurve belegt beziehungsweise schneller reduziert als ursprunglich vorgesehen (Bundeswirtschaftsministerium, 2019).

Advocacy-Koalitionen im Politikfeld der erneuerbaren Energien

Die Formulierung und stetige Weiterentwicklung des EEG unterlag seit seiner Einfuhrung stets einer groBen und vielfaltigen Anzahl von Interessen. Grundsatzlich lassen sich die Akteure nach dem ACF in zwei Koalitionen einteilen. Dabei versammeln sich die Koalitionen hinter zwei konkurrierenden Ansatzen bezuglich des Umgangs mit der Energiewende. Auch wenn beide Koalitionen das gemeinsame Ziel der Etablierung der EE verfolgen, gibt es einen Diskurs bezuglich der Schwerpunktsetzung.

Die okonomische Koalition

Die okonomische Koalition stellt die Wirtschaftlichkeit der EE an die Spitze ihres Wertesystems. Daher setzt sie sich fur eine hohe Wettbewerbsfahigkeit der EE ein, die die gesamte Wirtschaft jedoch nicht negativ beeinflussen darf. Aus diesem Grund engagiert sich die okonomische Koalition vor allem fur effiziente GroBanlagen und niedrige Umlagekosten auf der Basis von flexiblen Vergutungsmodellen, um die Belastung fur Stromverbraucher und energieintensive Unternehmen so gering wie moglich zu halten. Allerdings werden die politischen Zielvorgaben, die sich auf den Anteil der EE am deutschen Strommarkt beziehen, von der okonomischen Koalition abgelehnt. Sie furchtet eine Wettbewerbsverzerrung gegenuber anderen Staaten auf dem liberalen europaischen Strommarkt, da diese nicht zum Ausbau von EE verpflichtet sind. Die okonomische Koalition besteht dem Schwerpunkt entsprechend aus den groBen Energieversorgungsunternehmen wie E.ON, RWE und Vattenfall (Seibt, 2015:25). Hinzu kommen die Interessenverbande der Industrie, wie zum Beispiel der Bundesverband der deutschen Industrie e. V. und der Verband der Industriellen Energie- und Kraftwerkwirtschaft e. V.

Auf politischer Ebene ist das Bundeswirtschaftsministerium der okonomischen Koalition zuzuordnen, das hinsichtlich der EE eine okonomisch ausgerichtete Position vertritt.

Die okologische Koalition

Die okologische Koalition ist auf der Akteursebene von einer groBeren Heterogenitat als die Koalition, die sich tendenziell gegen einen schnell voranschreitenden Ausbau der regenerativen Energietrager stellt. Das zentrale Ziel der okologischen Koalition besteht in einer moglichst schnellen und vollstandigen Ersetzung der fossilen und atomaren Energietrager durch EE. Politisch argumentiert die Koalition mit den volkswirtschaftlichen und industriepolitischen Vorteilen. Wesentlich ist dabei die Moglichkeit einer unabhangigen und dezentralen Versorgung aus EE, die im Gegensatz zu fossilen Energietragern nicht aus dem Ausland importiert werden mussen. Zusatzlich werden durch die stetige Weiterentwicklung der Anlagen zur Gewinnung von EE auch neue Arbeitsplatze geschaffen. Diese entstehen zudem in einem innovativen Feld, das groBe Potentiale fur die volkswirtschaftliche Wertschopfung bietet. Ein weiteres Argument der Koalition ist der Umwelt- und Klimaschutz, der durch den flachendeckenden Einsatz von EE geleistet wird. Damit positioniert sich die Koalition aufgrund der Schaden fur Umwelt und Klima gegen den Einsatz von Kohle sowie gegen Atomkraft aufgrund der Risiken der atomaren Strahlung und des Endlagerproblems.

[...]

Fin de l'extrait de 36 pages

Résumé des informations

Titre
Das Erneuerbare-Energien-Gesetz im Zeichen der Zeit
Sous-titre
Eine Policy Analyse der Novellierung 2017
Note
1,7
Auteur
Année
2019
Pages
36
N° de catalogue
V535425
ISBN (ebook)
9783346123848
ISBN (Livre)
9783346123855
Langue
allemand
Mots clés
Erneuerbare Energien Gesetz, Klimawandel, EEG, 2014, 2017
Citation du texte
Louis Fuhrmann (Auteur), 2019, Das Erneuerbare-Energien-Gesetz im Zeichen der Zeit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/535425

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