Nachhaltige Anlageansätze. Praktische Umsetzung ethischer Parameter bei Investments


Term Paper, 2018

42 Pages, Grade: 1,0

Anonymous


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Aktive Ansätze
2.1 Engagement
2.2 Stimmrechtsausübung

3 Passive Ansätze
3.1 Ausschluss- oder Negativkriterien
3.2 „Best-in“-Ansätze
3.2.1 Best-in-Class-Ansatz
3.2.2 Best-in-Progress-Ansatz
3.3 ESG-Integration
3.4 Nachhaltige Themeninvestments
3.5 Impact Investments

4 Fazit

Quellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Nachhaltige Anlagestrategien in Deutschland im Jahr 2016 und 2017 im Vergleich (in Milliarden Euro)

Abb. 2: Grundgedanke passiver Ansätze der nachhaltigen Kapitalanlage

Abb. 3: Platziertes Eigenkapital in nachhaltigen Themenfonds nach Themengebieten in Deutschland im Jahr 2017

Abb. 4: SROI-Analyse im Überblick

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: ESG-Engagement-Themen in Deutschland im Jahr 2016 nach ihrer Bedeutung

Tab. 2: Top Ten der Ausschlusskriterien in Deutschland in den Jahren 2017 und 2016 nach ihrem Gesamtvolumen (in Milliarden Euro)

Tab. 3: Top Five der in Deutschland angewandten Ausschlusskriterien für Staaten in den Jahren 2017 und 2016 nach ihrem Gesamtvolumen (in Milliarden Euro)

Tab. 4: Normbasiertes Screening in Deutschland in den Jahren 2017 und 2016 nach dem Gesamtvolumen (in Milliarden Euro)

Tab. 5: Normbasierte Ausschlusskriterien und die dahinterstehenden Prinzipien

Abkürzungsverzeichnis

Abb. Abbildung

bspw. beispielsweise

bzw. beziehungsweise

CSR Corporate Social Responsibility

DStR Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift)

ESG Environmental, Social, Governance

FNG Forum Nachhaltige Geldanlagen

Hrsg. Herausgeber

i. d. R. in der Regel

ILO International Labour Organization

ISO International Organization for Standardization

KoR Kapitalmarktorientierte Rechnungslegung (Zeitschrift)

Mrd. Milliarde(n)

NKI Institut für nachhaltige Kapitalanlagen

OECD Organisation for Economic Co-operation and Development

PRI Principles for Responsible Investment

SIB Social Impact Bond

sog. so genannt, -e, -er, -en

SROI Social Return on Investment

Tab. Tabelle

TCFD Task Force on Climate-related Financial Disclosures

u. a. unter anderem

WPg Die Wirtschaftsprüfung (Zeitschrift)

z. B. zum Beispiel

1 Einleitung

In den letzten Jahren hat sich das Interesse an nachhaltigen Anlageansätzen sowohl bei privaten als auch institutionellen Investoren deutlich verstärkt. Es ist sehr wahrscheinlich, dass sich künftig nicht mehr diejenigen erklären müssen, die ihr Geld nachhaltig anlegen, sondern jene die es nicht tun. Egal ob professioneller Investor oder privater Kleinanleger, sie alle erwarten zunehmend, dass Unternehmen mehr Verantwortung für ihren Einfluss auf Umwelt und Gesellschaft übernehmen. Folgerichtig versuchen sie neben den bekannten Parametern der Geldanlage wie Rendite, Risiko und Liquidität auch ökologische, ethische und soziale Faktoren in ihre Anlageentscheidung einfließen zu lassen. Diese zunehmende Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten in der Kapitalanlage geschieht jedoch nicht nur aus altruistischen Motiven heraus. Immer mehr Investoren sind darüber hinaus überzeugt davon, dass sie durch die zusätzliche Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten die Chancen und Risiken eines Investments besser beurteilen und somit die risikoorientierte Rendite ihrer Investments verbessern können.1 Dieser Zusammenhang konnte bereits in mehreren Studien belegt werden.2 Dadurch können nachhaltige Investments neben ihrem positiven Einfluss auf unsere Umwelt und Gesellschaft zusätzlich eine risikoadjustierte Rendite erwirtschaften, die auf einem ähnlichen, wenn nicht gar höherem Niveau liegt, als die herkömmlicher Investments.

Was in der Theorie gut und einfach klingt, stellt Anleger in der praktischen Umsetzung mitunter vor große Herausforderungen. Der geneigte Anleger sieht sich in der Praxis mit der Frage konfrontiert, mit welchen Ansätzen er Nachhaltigkeitskriterien, sowohl qualitativ als auch quantitativ, in seine Anlageentscheidung integrieren kann.

Das Ziel dieser Arbeit ist die Gegenüberstellung und kritische Beurteilung aktiver und passiver Ansätze nachhaltiger Investments, um dem interessierten Anleger eine Auswahl an Möglichkeiten zur praktischen Umsetzung an die Hand zu geben.

2 Aktive Ansätze

Zu Beginn sind einige terminologische Grundlagen zu erläutern. Zunächst einmal stellen nachhaltige Geldanlagen keine eigene Assetklasse dar, sondern vielmehr bestimmte Anlagestrategien bzw. -ansätze. Diese nachhaltigen Anlageansätze werden im Folgenden ausführlich analysiert. Dabei wird in der vorliegenden Arbeit eine Unterscheidung in aktive und passive Ansätze vorgenommen. Im ersten Schritt werden die aktiven Anlageansätze behandelt. Diese Variante der nachhaltigen Anlageansätze geht über das rein finanzielle Engagement hinaus, indem nachhaltige Maßnahmen bzw. deren Intensivierung in den Unternehmen aktiv eingefordert werden.3 Ob Unternehmen bereits nachhaltig agieren ist für aktive Anlageansätze somit nicht die entscheidende Frage. Vielmehr muss eingeschätzt werden, inwieweit sich ein Wandel im Unternehmen hinsichtlich einer nachhaltigeren Wirtschaftsweise erreichen lässt.4 Aktive Ansätze funktionieren somit, im Gegensatz zu passiven Anlageansätzen, nicht als Auswahlmethodik zur Selektion von Investmentobjekten, sondern als Vorgehensweise, die auf zuvor erworbene Investmentobjekte angewendet wird.5 Dieses Vorgehen setzt die Möglichkeit der Einflussnahme durch die Investoren voraus. Daher werden aktive Ansätze zumeist von Aktionären eingesetzt.6 Die Möglichkeit der Einflussnahme besteht einerseits indem der Investor direkt den Dialog mit der Unternehmung sucht, in die er investiert hat (Engagement) oder andererseits in der Wahrnehmung seiner Aktionärsrechte auf der Hauptversammlung (Stimmrechtsausübung).7 Aktive Anlageansätze führen sowohl finanziell als auch vom Zeiteinsatz her zu einem deutlich höheren Aufwand als ihre passiven Pendants8 und werden daher vornehmlich von großen institutionellen Investoren praktiziert.9

Die abschließende Grafik listet aktive als auch passive nachhaltige Anlagestrategien und ihre Volumina für 2016 und 2017 in Deutschland auf und legt zusätzlich das jeweilige Wachstum dar (Abb. 1). Die Daten beruhen auf einer Befragung von 49 Finanzakteuren (überwiegend Banken) in Deutschland durch das Forum Nachhaltige Geldanlagen. Dabei setzte sich das Volumen in 2017 zu 36 % aus nachhaltigen Mandaten, zu 25 % aus nachhaltig verwalteten Eigenanlagen, zu 21 % aus Kundeneinlagen der Spezialbanken mit Nachhaltigkeitsfokus und zu 18 % aus nachhaltigen Investmentfonds zusammen.10 Die beiden aktiven Anlageansätze sind mit einem roten Rahmen gekennzeichnet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Nachhaltige Anlagestrategien in Deutschland im Jahr 2016 und 2017 im Vergleich (in Milliarden Euro).

Quelle: Leicht modifiziert übernommen aus FNG (2018), S. 26.

2.1 Engagement

Beim Ansatz des Engagements steht ein langfristig angelegter Dialog zwischen Unternehmen und Investor im Vordergrund. Dieser verfolgt das Ziel, die Unternehmenspolitik hinsichtlich der ESG-Kriterien zu verbessern.11 Der Dialog erfolgt zumeist über informelle Gespräche und wird i. d. R. auf vertrauensvoller, konstruktiver Basis geführt.12 Es geht darum, der Unternehmensführung außerhalb der Hauptversammlung generelle Verbesserungspotenziale bei ökologischen, sozialen sowie Governance-Aspekten aufzuzeigen und dahingehend einen Veränderungsprozess anzustoßen.13 Folglich kann der Engagement-Ansatz auch auf nicht-börsennotierte Gesellschaften angewandt werden.14

Diskussionsbedarf am Engagement-Ansatz besteht an mehreren Stellen. Den bedeutendsten Kritikpunkt stellt dabei die mangelnde Transparenz dar.15 Einerseits gilt es, gerade für institutionelle Investoren wie z. B. Fondsmanager, nachvollziehbar darzulegen, welchen Erfolg sie mit ihrer Einflussnahme auf das Unternehmen erreicht haben. Andererseits haben Dritte keine Möglichkeit objektive Informationen über den geführten Dialog mit der Unternehmensführung zu erhalten, sofern dieser in Form informeller Gespräche geführt wurde. Folglich ist es sehr schwierig überhaupt eine Kausalität zwischen der ESG-Performance eines Unternehmens und der Einflussnahme eines aktiven Investors festzustellen. Böswillige Kritiker könnten in dem Ansatz sogar ein Alibi dafür sehen, Beteiligungen an umweltbelastenden Unternehmen aus rein finanziellem Interesse zu halten. Denn solange der Dialog mit dem Unternehmen andauert und Verbesserungen der ESG-Performance prinzipiell möglich sind, kann das Wertpapier gehalten werden, obwohl tatsächlich eine rein finanzielle Motivation vorliegt, so die Unterstellung.16 Um einem solchen Vorwurf den Nährboden zu entziehen, sollte im Voraus festgelegt werden, ab wann der Dialog als gescheitert betrachtet wird und eine Trennung von den Vermögenswerten des betroffenen Emittenten die logische Konsequenz ist. Weiterhin ist das gesamte Vorgehen in diesem Ansatz sehr individuell und eine Standardisierung kaum möglich, was jegliche Form der Vergleichbarkeit erschwert. Außerdem sind die Erfolgsaussichten, überhaupt Einfluss nehmen zu können, stark abhängig von der Höhe der Beteiligung, was große finanzielle Mittel voraussetzt und somit nicht für jeden Investor in Frage kommt.17

Nichtsdestotrotz legte der Engagement-Ansatz im Jahr 2017 erneut um 21 % gegenüber dem Vorjahr zu,18 nachdem er im Jahr 2016 bereits um 96 % gewachsen war.19 Damit ist das Engagement nach Angaben des FNG mittlerweile die zweihäufigste nachhaltige Anlagestrategie, gemessen anhand der nach diesem Ansatz investierten Geldmenge. Die nachfolgende Übersicht zeigt die zehn wichtigsten ESG-Themen, die im Jahr 2016 Gegenstand von Dialogen mit deutschen Unternehmen im Rahmen des Engagement-Ansatzes waren (Tab. 1).

Tab. 1: ESG-Engagement-Themen in Deutschland im Jahr 2016 nach ihrer Bedeutung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: FNG (2017a), S. 34.

Dass der Klimawandel auf Platz eins der ESG-Engagement-Themen steht, überrascht wenig und dürfte sich auch in der Zwischenzeit nicht geändert haben. Denn den Klimawandel und seine Auswirkungen auf die Finanzwirtschaft haben Investoren spätestens seit dem Pariser Klimaabkommen auf der Agenda. Darüber hinaus hat die Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD), unterstützt von mehr als 100 internationalen Unternehmen, erst im Juni 2017 eine Empfehlung für eine einheitliche und effektive Klimaberichterstattung veröffentlicht.20 Das Ziel ist es, die finanziellen Auswirkungen des Klimawandels auf die Geschäftsstrategie für Unternehmen und Investoren verständlich zu machen und damit einhergehende Chancen und Risiken zu identifizieren.21

2.2 Stimmrechtsausübung

Mit dem Ansatz der Stimmrechtsausübung ist die Ausübung von Aktionärsrechten auf der Hauptversammlung gemeint. Auch hier ist das Ziel, aktiv auf die Unternehmenspolitik einzuwirken, um positive Veränderungen bezüglich der ESG-Kriterien zu erreichen.22 Im Gegensatz zum Engagement werden bei der Stimmrechtsausübung im Rahmen der Hauptversammlung spezifische ESG-Punkte öffentlich angesprochen.23 Das öffentliche Anprangern bspw. zu hoher Managementvergütungen, wie es in den letzten Jahren häufiger vorgekommen ist,24 erhöht den Druck auf das Unternehmen Veränderungen auch wirklich umzusetzen. Anderenfalls können empfindliche Imageschäden die Folge sein.25 Damit stellt die Stimmrechtsausübung einen drastischeren und auch transparenteren Weg dar als der Engagement-Ansatz, da alles unter Anwesenheit der Öffentlichkeit geschieht.26 Mitunter kann die Stimmrechtsausübung auch die Folge einer erfolglosen Engagement-Strategie darstellen.27 Zur Steigerung der Erfolgsaussichten im Rahmen der Stimmrechtsausübung arbeiten häufig mehrere Großinvestoren zusammen, um den Druck auf das Unternehmen zu erhöhen und eine größere mediale Wirkung zu entfalten.28 Eine Plattform zur koordinierten Verfolgung von Nachhaltigkeitsthemen gegenüber den Unternehmen im Rahmen eines aktiven Anlageansatzes bietet die im vorherigen Kapitel vorgestellte PRI Initiative. Mit dem „ PRI Engagement Clearinghouse“ soll ein koordiniertes Handeln auf Hauptversammlungen erleichtert werden.29 Falls ein Unternehmen trotz allem nicht auf die Forderungen der Investoren eingeht, steht meist eine Desinvestition, oft begleitet durch entsprechende Medienpräsenz, am Ende dieser Strategie.30 Der wesentliche Kritikpunkt ist allerdings auch bei der Stimmrechtsausübung, dass sie erst ab einer gewissen Beteiligungshöhe erfolgversprechend ist. Darüber hinaus ist auch dieser Ansatz mit großem Personal- und Zeitaufwand verbunden, weshalb er ganz überwiegend im Bereich der institutionellen Geldanlage zur Anwendung kommt.31

Nach Angaben des FNG verzeichnete die Stimmrechtsausübung in Deutschland von 2016 zu 2017 einen Zuwachs von 23 %,32 nachdem sie im Vorjahr bereits um 24 % gewachsen war.33 Im Vergleich zu den übrigen nachhaltigen Anlagestrategien hat die Stimmrechtsausübung damit allerdings an Bedeutung verloren und ist vom vierten auf den fünften Rang abgerutscht.

3 Passive Ansätze

Bei den passiven Anlageansätzen beschränkt sich der Investor darauf, Kriterien festzulegen, anhand derer Investitionen in bestimmte Assets vorgenommen oder abgelehnt werden. Diese Auswahlmethodik zur Selektion bestimmter Vermögenswerte beruht i. d. R. auf den bereits vorgestellten ESG-Kriterien und soll dazu führen, nachhaltige Unternehmen und Projekte zu fördern bzw. solche die nicht nachhaltig sind explizit nicht (mehr) zu fördern.34 Die Förderung (Nicht-Förderung) beschränkt sich hierbei auf die Bereitstellung (Nicht-Bereitstellung/Entzug) finanzieller Mittel. Die Vorgehensweise passiver Anlagestrategien sorgt dafür, dass diese deutlich einfacher umzusetzen sind als ihre aktiven Pendants und somit von allen Investoren praktiziert werden können. Es sind auch Kombinationen sowohl von aktiven und passiven Ansätzen als auch von mehreren der im Folgenden dargestellten passiven Anlagestrategien denkbar. Dabei sagen die einzelnen Anlagestrategien selber noch nichts über den tatsächlichen Grad der Nachhaltigkeit des Investments aus. Anlagestrategien, die auf den ersten Blick restriktiver erscheinen als andere, können durch eine zu geringe Anzahl von Auswahlkriterien oder die Einführung von Schwellenwerten aufgeweicht werden. Die nachfolgende Abbildung fasst das grundsätzliche Vorgehen passiver Ansätze der nachhaltigen Kapitalanlage in einer grafischen Darstellung zusammen (Abb. 2).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Grundgedanke passiver Ansätze der nachhaltigen Kapitalanlage.

Quelle: Leicht modifiziert übernommen aus Schäfer (2014a), S. 68.

3.1 Ausschluss- oder Negativkriterien

Bei diesem Ansatz werden Ausschlusskriterien festgelegt, die zu einer systematischen Aussonderung bestimmter Investments oder ganzer Investmentklassen sowie bestimmter Unternehmen, Branchen oder Staaten aus dem Anlageuniversum führen.35 Diese Selektionsmethode ist eine der ältesten Formen nachhaltiger Anlagestrategien und sorgt dafür, dass keine Assets oder Emittenten in die Geldanlage gelangen, die den grundlegenden Wertvorstellungen des Investors widersprechen.36 Das Ziel dieses Ansatzes liegt somit in der Ermittlung eines investierbaren Anlageuniversums.37 Folglich führt dieser Ansatz nicht direkt zu einzelnen Investitionen, sondern definiert nur worin nicht investiert werden soll. In der Literatur werden Ausschlusskriterien als eigenständige Anlagestrategie geführt.38 Allerdings wird bereits aus dieser einführenden Beschreibung ersichtlich, dass Ausschlusskriterien in der Praxis nur als Bestandteil einer umfassenderen Anlagestrategie zum Einsatz kommen können, um eine finale Geldanlage zu realisieren.39 Die nachfolgende Tabelle zeigt die zehn häufigsten Ausschlusskriterien auf Unternehmensebene in Deutschland in den Jahren 2017 und 2016, gemessen am Gesamtvolumen der Geldanlage. Die Vorjahreswerte sind jeweils in Klammern hinter den Werten für 2017 notiert (Tab. 2).

Tab. 2: Top Ten der Ausschlusskriterien in Deutschland in den Jahren 2017 und 2016 nach ihrem Gesamtvolumen (in Milliarden Euro)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Entnommen und um Vorjahreswerte erweitert aus FNG (2018), S. 26.

Während sich die meisten Kriterien dieser Liste auf den Ausschluss einzelner Branchen/Produkte (Waffen und Rüstung, Glücksspiel, Tabak, Pornografie, Alkohol, Kernenergie) beziehen, gehören die beiden wichtigsten Kriterien in den Bereich der sozialen Aspekte (Menschen- und Arbeitsrechtsverletzung). Diese beiden Kriterien haben zusammen mit den Kriterien „Korruption und Bestechung“ sowie „Umweltzerstörung“ gegenüber dem Vorjahr am deutlichsten zugelegt. Insgesamt kann diese Entwicklung als Indikator für eine wachsende Bedeutung sozialer und ökologischer Aspekte betrachtet werden.

Wie eingangs erwähnt, können Ausschlusskriterien auch auf der Ebene von Staaten angewandt werden, bspw. zur Auswahl von Staatsanleihen. Die folgende Tabelle zeigt die fünf häufigsten in Deutschland angewandten Ausschlusskriterien für Staaten in den Jahren 2017 und 2016, ebenfalls gemessen am Gesamtvolumen der anhand dieser Negativkriterien investierten Gelder (Tab. 3).

Tab. 3: Top Five der in Deutschland angewandten Ausschlusskriterien für Staaten in den Jahren 2017 und 2016 nach ihrem Gesamtvolumen (in Milliarden Euro)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Entnommen und um Vorjahreswerte erweitert aus FNG (2018), S. 26.

Es liegt in der Natur der Sache, dass es Überschneidungen zwischen den Ausschlusskriterien für Staaten und denen auf Unternehmensebene gibt.40 Wie im Vorjahr rangiert der Ausschluss von Korruption auf Platz eins der Ausschlusskriterien für Staaten. Neu in den Top Five ist die Nichtratifizierung von Umweltkonventionen auf Rang zwei. Wie schon auf der Unternehmensebene zeigt sich auch hier das wachsende Interesse der Investoren für Umweltaspekte. Auch wenn die Volumina für Ausschlusskriterien auf Länderebene insgesamt deutlich zugenommen haben, fällt auf, dass sie noch immer deutlich geringer sind als jene auf Unternehmensebene. So beläuft sich das Gesamtvolumen der fünf häufigsten Ausschlusskriterien auf Unternehmensebene auf 196,4 Mrd. €, während es sich auf der Ebene von Staaten nur auf 113,7 Mrd. € beläuft. Ein Grund dafür kann der in einer Metastudie aus dem Jahr 2013 festgestellte Home Bias bei nachhaltigen Investments sein.41 Für die Metastudie wurden 195 themenrelevante Studien analysiert, wobei auffiel, dass Nachhaltigkeitsfonds die zur Verfügung gestellten Gelder überproportional stark auf dem Heimatmarkt investierten. Dieser Umstand kann dafür sorgen, dass für einige Investoren keine Notwendigkeit besteht, Ausschlusskriterien für Staaten zu definieren, da ganz überwiegend auf dem Heimatmarkt investiert wird. Ein weiterer Grund kann in den multinationalen Konzernstrukturen großer Unternehmen liegen.42 Hier stellt sich die Frage, in welchen Ländern ein Konzern Beteiligungen hält und ob er komplett aus dem Anlageuniversum ausgeschlossen wird, sofern er Beteiligungen in einem Land hält, das als kritisch eingestuft wurde. Daher ist es nachvollziehbar, wenn überwiegend auf Negativkriterien auf Unternehmensebene zurückgegriffen wird, um die Länderproblematik zu vermeiden. Ähnliche Abgrenzungsschwierigkeiten ergeben sich auf Unternehmensebene bei Mischkonzernen, da hier eine eindeutige Branchenzuordnung zumeist nicht möglich ist.43 In der Praxis behilft man sich bei Unternehmen mit vollkommen verschiedenartig ausgerichteten Geschäftsfeldern, indem Toleranzschwellen zum Einsatz kommen.44 Zu einem Ausschluss des gesamten Unternehmens kommt es erst, wenn bspw. der Umsatz oder Gewinn aus einem als nicht nachhaltig eingestuften Bereich einen gewissen Prozentsatz am Gesamtumsatz oder -gewinn überschreitet.45 Dabei ist es wichtig, nicht nur den Schwellenwert im Vorhinein festzulegen, sondern auch die Ermittlung der jeweiligen Kennzahl. Die Abgrenzungsproblematik stellt insgesamt den größten Kritikpunkt des Ansatzes der Ausschlusskriterien dar. Weitere Abgrenzungsprobleme können sich in engen oder weiten Begriffsdefinition wie etwa dem Begriff der Drogen ergeben. Hier kann die Frage sein, ob lediglich illegale Drogen unter den Begriff subsumiert werden oder eine weite Auslegung stattfindet, die auch legale Drogen wie Alkohol mit einschließt.46 Weiterhin können unbestimmt formulierte Ausschlusskriterien Verwirrung stiften, z. B. wenn von „gravierenden Arbeitsrechtsverletzungen“ die Rede ist.47 Ab wann wird hierbei eine Arbeitsrechtsverletzung als gravierend eingestuft und wie kommt man an die nötigen Informationen? Die Informationsbeschaffung stellt den Investor auch hinsichtlich der Transparenz über die Wertschöpfungskette vor Probleme. Hier stellt sich die Frage, inwieweit man ein Unternehmen für Verfehlungen in der Wertschöpfungskette abstraft und ob man überhaupt an die nötigen Informationen gelangt. Die beschriebenen Abgrenzungsproblematiken stellen gleichzeitig Formen der Operationalisierung dar, die sich unmittelbar auf die Größe des Anlageuniversums auswirken.48 Grundsätzlich gilt, je mehr Ausschlusskriterien gewählt werden und je restriktiver diese sind, umso weniger Investmentmöglichkeiten verbleiben. Ein sehr kleines Anlageuniversum kann zwar für hohe Nachhaltigkeitsstandards sorgen, birgt aber auf der anderen Seite die Gefahr, dass eine ausreichende Diversifikation in der Geldanlage nicht mehr möglich ist.49

[...]


1 Vgl. FNG (2018).

2 Vgl. Bauckloh/Klein/Zwergel (2017); Friede/Busch/Bassen (2015); Wallis/Klein (2015); Kleine/Krautbauer/Weller (2013).

3 Vgl. Schäfer (2014a), S. 69.

4 Vgl. Friesenbichler (2015), S. 1030.

5 Vgl. Schaefers (2013), S. 381.

6 Vgl. Sachverständigengruppe „Weltwirtschaft und Sozialethik“ (2010), S. 19.

7 Vgl. Sachverständigengruppe „Weltwirtschaft und Sozialethik“ (2010), S. 19.

8 Vgl. Michelson/Wailes/van der Laan/Frost (2004), S. 6.

9 Vgl. Mayer (2017), S. 128.

10 Eigene Berechnung, für Ausgangsdaten siehe FNG (2018), S. 24.

11 Vgl. FNG (2018), S. 11.

12 Vgl. Friesenbichler (2015), S. 1030.

13 Vgl. Pex/Finette (2016), S. 118.

14 Vgl. NKI (2015a), S. 1.

15 Vgl. Seitz (2010), S. 31.

16 Vgl. NKI (2015b), S. 2.

17 Vgl. Pex/Finette (2016), S. 117.

18 Vgl. FNG (2018), S. 21.

19 Vgl. FNG (2017a), S. 34.

20 Vgl. TCFD (2017).

21 Vgl. Fischer/Behncke/Fink (2017), S. 1143.

22 Vgl. FNG (2018), S. 11.

23 Vgl. Sachverständigengruppe „Weltwirtschaft und Sozialethik“ (2010), S. 19.

24 Vgl. NKI (2015b), S. 4.

25 Vgl. Schaefers (2013), S. 382.

26 Vgl. Sachverständigengruppe „Weltwirtschaft und Sozialethik“ (2010), S. 46.

27 Vgl. Schaefers (2013), S. 382.

28 Vgl. Sachverständigengruppe „Weltwirtschaft und Sozialethik“ (2010), S. 46.

29 Vgl. Häßler/Jung (2016), S. 139.

30 Vgl. Friesenbichler (2015), S. 1030.

31 Vgl. Seitz (2010), S. 31.

32 Vgl. FNG (2018), S. 26.

33 Vgl. FNG (2017a), S. 33.

34 Vgl. Schäfer (2014b), S. 9.

35 Vgl. FNG (2018), S. 11.

36 Vgl. Mayer (2017), S. 119.

37 Vgl. Schaefers (2013), S. 344.

38 Vgl. Pex/Finette (2016), S. 117; Schäfer (2014a), S. 69; Foltin (2014), S. 89.

39 Vgl. Schaefers (2013), S. 344.

40 Vgl. Schaefers (2013), S. 344.

41 Vgl. Kleine/Krautbauer/Weller (2013), S. 122.

42 Vgl. Friesenbichler (2015), S. 1028.

43 Vgl. Foltin (2014), S. 91.

44 Vgl. Friesenbichler (2015), S. 1028.

45 Vgl. Seitz (2010), S. 28.

46 Vgl. Aßländer/Schenkel (2009), S. 55.

47 Vgl. Aßländer/Schenkel (2009), S. 55.

48 Vgl. FNG (2017b), S. 13.

49 Vgl. Foltin (2014), S. 92.

Excerpt out of 42 pages

Details

Title
Nachhaltige Anlageansätze. Praktische Umsetzung ethischer Parameter bei Investments
College
University of Applied Sciences Berlin
Grade
1,0
Year
2018
Pages
42
Catalog Number
V536573
ISBN (eBook)
9783346154293
ISBN (Book)
9783346154309
Language
German
Keywords
anlageansätze, investements, nachhaltige, parameter, praktische, umsetzung
Quote paper
Anonymous, 2018, Nachhaltige Anlageansätze. Praktische Umsetzung ethischer Parameter bei Investments, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/536573

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