Historisch betrachtet, lassen sich viele Beispiele benennen, welche die katastrophalen Folgen, die von ideologischen und dogmatischen Systemen ausgehen können, aufzeigen. Der Begriff Ideologie wird hier als eine Weltanschauung aufgefasst, die interessengeleitete Werturteile, Glaubenssätze, Wesensbestimmungen und Normen enthält. Sie wird von dem Interesse geleitet, ihren Fortbestand zu sichern. In der Regel haben ideologische Aussagen einen dogmatischen Charakter. Dennoch sind nicht alle dogmatischen Aussagen einer Ideologie zuzuordnen. Die Begriffe können nicht synonym verwendet werden. Wie jedoch schon aus dem Titel dieser Arbeit ersichtlich ist, stellen diese beiden Begriffe eine gemeinsame Abgrenzungskategorie dar. Diese gemeinsame Kategorie erschließt sich aus der, den beiden Aussagesystemen gemeinsame Behauptung, dass sie Aussagen über die Wahrheit bzw. über die Wirklichkeit machen. Sie erheben den Anschein gesicherte Erkenntnisse zu liefern. Da es sich bei der Gewinnung von Erkenntnissen über die Wirklichkeit um die ureigenste Aufgabe der Wissenschaft handelt, geben sie sich gleichsam als eine solche aus. In dieser Vermengung bzw. Verwechslung von Wissenschaft und pseudo- wissenschaftlichen ideologischen und dogmatischen Satzsystemen kumuliert die Gefahr des Missbrauchs. Dies wird von totalitären politischen Systemen und fundamentalistischen Gruppierungen immer wieder bewiesen. Da diese Systeme nach Fortbestand und Erweiterung streben, ist eine Abgrenzung besonders zur Erziehungswissenschaft unerlässlich.
Gegenstand dieser Hausarbeit ist die Abgrenzung der >Morphologie des Lernens< von Horst Dräger zu Ideologie und Dogmatismus. In dem ersten Teil der Arbeit wird eine metatheoretische Perspektive eingenommen. Orientiert an den Werken von Karl Raimund Popper, Rudolf Lochner und Wolfgang Brezinka wird eine Folie herausgearbeitet, die als Abgrenzungsgrundlage zwischen wissenschaftlichen und nicht- wissenschaftlichen Systemen dient. Anhand dieser Folie wird überprüft, ob es sich bei der Morphologie des Lernens um eine Erziehungswissenschaftliche Arbeit handelt.
Im folgenden Kapitel ändert sich der Blickwinkel von der metatheoretischen auf die inhaltliche Ebene, die >Interne Perspektive<.
Es wird der Frage nachgegangen, ob Dräger Prinzipien und Methoden beschreibt, die den Lerner vor einer dogmatischen und ideologischen Fixierung bzw. Manipulierung seines Gedankenkreises bewahren.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Metatheoretische Perspektive
- II.1 Der Missbrauch der Wissenschaft
- II.2 Popper und der kritische Rationalismus
- II.2.1 Das Induktionsproblem
- II.2.2 Die Kritische Prüfung
- II.2.2.1 Der Entdeckungs- und Begründungszusammenhang
- II.2.2.2 Das Abgrenzungskriterium
- II.2.2.3 Anforderungen an die Sprache
- II.2.3 Die Differenzierung der Satzsysteme
- II.3 Zusammenfassende Abgrenzungsfolie
- II.4 Die Überprüfung, Abgrenzung und Einordnung der Morphologie des Lernens
- II.5 Die Morphologie des Lernens
- III. Interne Perspektive
- III.1 Aus der Sicht des Lernenden
- III.1.1 Die Stufen des Lernprozesses
- III.2 Prinzipien, die den Lerner vor einer dogmatischen Fixierung bewahren
- III.2.1 Die prinzipielle Offenheit
- III.2.2 Das Erlernen und Anwenden von wissenschaftlichen Verfahren
- III.2.3 Die Bedeutung der gebildeten Geselligkeit
- III.3 Aus der Perspektive des Lehrenden
- III.3.1 Die mentalen Aktivitäten von Lernen, Denken und Erkennen als Modi der Aneignung
- III.3.1.1 Lehrinitiiertes Lernen: lernend machen
- III.3.1.2 Lehrinitiiertes Erkennen: erkennend machen
- III.3.1.3 Lehrinitiiertes Denken → denkend machen
- III.3.2 Die Bewahrung der Lehre vor Ideologie und Dogmatismus
- III.3.2.1 Die Unverfügbarkeit des Individuums/ Schutz der Autonomie
- III.3.2.2 Überwindung von Traditionsgehorsam und Egozentrismus durch Paradigmentransformation
- III.3.1 Die mentalen Aktivitäten von Lernen, Denken und Erkennen als Modi der Aneignung
- III.1 Aus der Sicht des Lernenden
- IV. Fazit
- V. Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Abgrenzung der „Morphologie des Lernens“ von Horst Dräger von Ideologie und Dogmatismus. Ziel ist es, anhand metatheoretischer und inhaltlicher Perspektiven zu klären, ob Drägers Ansatz wissenschaftlichen Kriterien genügt und somit eine Abgrenzung zu ideologischen und dogmatischen Systemen gewährleistet ist.
- Kritische Auseinandersetzung mit dem Konzept des kritischen Rationalismus nach Popper.
- Analyse der Abgrenzungskriterien wissenschaftlicher Aussagen von ideologischen und dogmatischen Behauptungen.
- Untersuchung der in der „Morphologie des Lernens“ beschriebenen Lernprozesse und Prinzipien.
- Bewertung der Schutzmechanismen gegen dogmatische und ideologischen Fixierung in Drägers Werk.
- Perspektivenwechsel zwischen der Sicht des Lernenden und des Lehrenden.
Zusammenfassung der Kapitel
I. Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik ein und stellt die Problematik des Missbrauchs wissenschaftlicher Erkenntnisse durch Ideologie und Dogmatismus dar. Sie definiert die Begriffe Ideologie und Dogmatismus im Kontext der Arbeit und begründet die Notwendigkeit der Abgrenzung, insbesondere in der Erziehungswissenschaft. Der Fokus liegt auf der Untersuchung der „Morphologie des Lernens“ und ihrer Abgrenzung von diesen nicht-wissenschaftlichen Systemen. Die Arbeit skizziert den methodischen Ansatz, der sowohl metatheoretische als auch inhaltliche Perspektiven einnimmt.
II. Metatheoretische Perspektive: Dieses Kapitel befasst sich mit der metatheoretischen Fundierung der Abgrenzung von wissenschaftlichen und nicht-wissenschaftlichen Systemen. Es stützt sich auf die Arbeiten von Popper, um den kritischen Rationalismus als methodologische Grundlage zu etablieren. Das Induktionsproblem wird diskutiert, und die Bedeutung der kritischen Prüfung und des Abgrenzungskriteriums für die wissenschaftliche Erkenntnisgewinnung wird hervorgehoben. Die Anforderungen an eine wissenschaftliche Sprache und die Differenzierung von Satzsystemen werden analysiert, um eine solide Basis für die spätere Überprüfung der „Morphologie des Lernens“ zu schaffen. Der Abschnitt mündet in einer zusammenfassenden Abgrenzungsfolie, die als Instrument zur Bewertung der „Morphologie des Lernens“ dient.
III. Interne Perspektive: Dieses Kapitel wechselt die Perspektive von der Metatheorie zur inhaltlichen Analyse der „Morphologie des Lernens“. Es untersucht, ob Dräger Prinzipien und Methoden beschreibt, die Lernende vor dogmatischer und ideologischer Fixierung schützen. Zunächst wird die Sicht des Lernenden eingenommen, indem die Stufen des Lernprozesses und die darin enthaltenen Schutzmechanismen dargestellt werden. Anschließend wird die Perspektive des Lehrenden betrachtet, wobei die Rolle des Lehrenden bei der Vermittlung von Wissen und die Vermeidung von ideologischer Beeinflussung im Mittelpunkt stehen. Die Analyse umfasst die mentalen Aktivitäten von Lernen, Denken und Erkennen als Modi der Aneignung und die Bedeutung der Bewahrung der Lehre vor Ideologie und Dogmatismus, inklusive der Berücksichtigung der Autonomie des Individuums und der Überwindung von Traditionsgehorsam.
Schlüsselwörter
Morphologie des Lernens, kritischer Rationalismus, Popper, Ideologie, Dogmatismus, Wissenschaft, Erziehungswissenschaft, Lernprozess, Abgrenzungskriterien, wissenschaftliche Methode, Autonomie, Paradigmentransformation.
Häufig gestellte Fragen zur Morphologie des Lernens
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert die "Morphologie des Lernens" von Horst Dräger und untersucht, ob dieser Ansatz wissenschaftlichen Kriterien genügt und eine Abgrenzung zu ideologischen und dogmatischen Systemen gewährleistet ist. Der Fokus liegt auf der Klärung, ob Drägers Ansatz frei von ideologischer und dogmatischer Beeinflussung ist.
Welche Methoden werden verwendet?
Die Arbeit verwendet einen zweigleisigen Ansatz: eine metatheoretische Perspektive, die sich auf den kritischen Rationalismus nach Popper stützt, und eine interne Perspektive, die die Inhalte der "Morphologie des Lernens" direkt analysiert. Dabei werden die Abgrenzungskriterien wissenschaftlicher Aussagen von ideologischen und dogmatischen Behauptungen untersucht.
Welche Rolle spielt der kritische Rationalismus?
Der kritische Rationalismus nach Popper dient als methodologische Grundlage. Konzepte wie das Induktionsproblem, die kritische Prüfung, das Abgrenzungskriterium und die Anforderungen an eine wissenschaftliche Sprache werden diskutiert, um die "Morphologie des Lernens" wissenschaftlich zu bewerten.
Wie wird die "Morphologie des Lernens" analysiert?
Die Analyse der "Morphologie des Lernens" erfolgt sowohl aus der Perspektive des Lernenden (Stufen des Lernprozesses und Schutzmechanismen vor dogmatischer Fixierung) als auch aus der Perspektive des Lehrenden (Vermittlung von Wissen, Vermeidung ideologischer Beeinflussung und Bewahrung der Autonomie des Lernenden). Die mentalen Aktivitäten von Lernen, Denken und Erkennen werden als Modi der Aneignung untersucht.
Welche Schutzmechanismen gegen dogmatische und ideologisch Fixierung werden untersucht?
Die Arbeit untersucht die in der "Morphologie des Lernens" beschriebenen Prinzipien und Methoden, die Lernende vor dogmatischer und ideologischer Fixierung schützen sollen. Hierzu gehört die prinzipielle Offenheit, das Erlernen und Anwenden wissenschaftlicher Verfahren, die Bedeutung der gebildeten Geselligkeit und die Überwindung von Traditionsgehorsam und Egozentrismus durch Paradigmentransformation.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung, ein Kapitel zur metatheoretischen Perspektive (mit Fokus auf den kritischen Rationalismus), ein Kapitel zur internen Perspektive (Analyse der "Morphologie des Lernens"), ein Fazit und ein Literaturverzeichnis. Die metatheoretische Perspektive umfasst die Diskussion des Induktionsproblems, der kritischen Prüfung und der Abgrenzung wissenschaftlicher Aussagen. Die interne Perspektive analysiert die Lernprozesse und Prinzipien aus der Sicht des Lernenden und des Lehrenden.
Welche Schlüsselbegriffe sind relevant?
Wichtige Schlüsselbegriffe sind: Morphologie des Lernens, kritischer Rationalismus, Popper, Ideologie, Dogmatismus, Wissenschaft, Erziehungswissenschaft, Lernprozess, Abgrenzungskriterien, wissenschaftliche Methode, Autonomie und Paradigmentransformation.
Was ist das Fazit der Arbeit?
(Das Fazit wird in der vollständigen Arbeit dargestellt und kann hier nicht zusammengefasst werden, da es sich um eine komplexe Bewertung der "Morphologie des Lernens" handelt.)
- Quote paper
- Michael Roos (Author), 2006, Die Morphologie des Lernens in Abgrenzung zu Ideologie und Dogmatismus, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/53744