Thomas Mann versteht den "Zauberberg" gattungsgeschichtlich als Ausdruck eines Künstlertums, das sich zwischen den Epochen in der Schwebe hält. Der Schwebezustand zwischen Alt und Neu platziert den Roman gattungsgeschichtlich auf der Nahtstelle zwischen dem traditionellen und dem modernen Gattungstyp.
Im Rahmen dieser Arbeit stellen sich Fragen nach den weltanschaulichen und historisch-gesellschaftlichen Hintergründen von Manns Modernität und Fragen nach der für den Zauberberg spezifischen Art und Weise der Weiterentwicklung des traditionellen Formkanons der realistischen Schreibweise. Zweifel an der Angemessenheit des herkömmlichen Formkanons machen eine "Revision der Grundlage (seines) Künstlertums" notwendig. "Selbsterforschung und Selbstbehauptung" sind die Ziele eines beginnenden Reflexionsprozesses, der die Darstellungsmöglichkeiten der Gattung im historisch-gesellschaftlichen Kontext einer Welt problematisiert, die, nach der pessimistisch-nihilistischen Grundstimmung der Zeit, "aus den Fugen geraten ist."
Die Unterbrechungen der Arbeiten am Zauberberg deuten an, dass die Frage nach den Darstellungsmöglichkeiten präziser gefasst werden muss. Mann arbeitet auf die poetologische Anpassung der Gattung an den veränderten historisch-gesellschaftlichen Kontext hin. Der Wechsel vom Bewusstsein des "selbstverständlich und unbewusst (in sich) ruhenden Seins" zu der Auffassung der "Bewegung alles Ruhenden" markiert im Prozess der romantheoretischen Reflexionen und Entwicklungen den Sprung von der geschlossenen zur offenen Form: Werk und Wirklichkeit bleiben aufeinander bezogen. Die Zweifel an der Adäquatheit des traditionellen, linearen Erzählens werden durch die Annäherungen des Romanautors an die Schopenhauersche Metaphysik noch vertieft.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Notwendigkeit weltanschaulicher Bezugsrahmen
- Formen des Offenen und evolutionierende Struktur
- Komparatistischer Bezugsrahmen
- Thomas Mann, Der Zauberberg
- Dynamisierung der Struktur
- Das Dreigestirn Wagner, Schopenhauer, Nietzsche
- Musikalisches und literarisches Leitmotiv
- Magisches nunc stans und Kreisstruktur des Romans
- Castorps Flucht ins Metaphysische
- Castorps Erkrankung
- Eros und Todessympathie
- Der Zauberberg als echter Initiationsroman
- Dynamisierung der Struktur
- Die Episode Oxen of the Sun im Ulysses von James Joyce
- Beziehungen zwischen Mann und Joyce
- Metempsychose, Parallaxe und Unbestimmtheit
- Mythologische Bezugsrahmen
- Dialog der Texte
- Analogie Stilgenese - Ontogenese
- Julio Cortázar, Rayuela
- Physikalisches Weltbild und Unbestimmtheit
- Fiktionalisierung der Romantheorie
- Aleatorische Poetik der Kapitelkombinatorik
- Dialektik von Form und Offenheit
- Oliveiras Bildungsreise
- Kapitelkombinatorik als destrucción de formas
- Tradition, Moderne, Postmoderne: statt einer Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Konzepte des "Offenen" in drei bedeutenden Romanen: Thomas Manns Der Zauberberg, James Joyces Ulysses (insbesondere die Episode "Oxen of the Sun") und Julio Cortázars Rayuela. Ziel ist es, die unterschiedlichen literarischen Strategien zu analysieren, mit denen diese Autoren die traditionellen narrativen Strukturen aufbrechen und neue Formen der offenen Erzählung entwickeln. Der Fokus liegt auf der Untersuchung der jeweiligen weltanschaulichen und ästhetischen Grundlagen dieser literarischen Innovationen.
- Die Dynamisierung der Romanform und der Bruch mit traditionellen Erzählstrukturen
- Die Rolle von Philosophie und Metaphysik in der Gestaltung der Romane
- Der Einfluss von musikalischen und mythologischen Motiven auf die narrative Struktur
- Der Vergleich der drei Romane im Hinblick auf ihre komparatistischen Bezugsrahmen
- Die Auseinandersetzung mit dem Verhältnis von Form und Offenheit in der modernen und postmodernen Literatur
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik der offenen Formen in der Literatur ein und skizziert die methodischen Ansätze der Arbeit. Sie benennt die drei untersuchten Romane und stellt die zentralen Forschungsfragen dar, die sich mit der Dynamisierung von Strukturen und dem Bruch mit traditionellen Erzählformen auseinandersetzen. Der komparatistische Ansatz wird begründet und die Notwendigkeit weltanschaulicher Bezugsrahmen hervorgehoben.
2. Thomas Mann, Der Zauberberg: Dieses Kapitel analysiert Thomas Manns Der Zauberberg im Hinblick auf seine dynamische Struktur und die Auseinandersetzung mit philosophischen Strömungen wie dem Werk Wagners, Schopenhauers und Nietzsches. Es beleuchtet Castorps Flucht ins Metaphysische, seine Erkrankung und die Rolle von Eros und Todessympathie im Roman. Der Zauberberg wird als Initiationsroman gedeutet, in dem die Grenzen zwischen Realität und Traum verwischen. Die Arbeit an der Romanform und die Auseinandersetzung mit dem ateleologischen Charakter der Wirklichkeit werden als zentrale Themen hervorgehoben. Die Kapitel untersuchen die poetologische Anpassung der Gattung an veränderte historisch-gesellschaftliche Kontexte.
3. Die Episode Oxen of the Sun im Ulysses von James Joyce: Dieses Kapitel widmet sich der Episode "Oxen of the Sun" aus James Joyces Ulysses. Es untersucht die Beziehungen zwischen Mann und Joyce und analysiert die Verwendung von Metempsychose, Parallaxe und Unbestimmtheit in der Erzähltechnik. Mythologische Bezugsrahmen und der Dialog zwischen den Texten von Mann und Joyce werden beleuchtet. Die Analogie zwischen Stilgenese und Ontogenese spielt ebenfalls eine bedeutende Rolle in der Analyse. Die Episode wird als exemplarisch für Joyces experimentelle Erzählweise betrachtet, die mit traditionellen Strukturen bricht und neue Möglichkeiten der literarischen Darstellung erkundet.
4. Julio Cortázar, Rayuela: Dieses Kapitel konzentriert sich auf Julio Cortázars Rayuela und untersucht dessen physikalisches Weltbild, die Fiktionalisierung der Romantheorie und die aleatorische Poetik der Kapitelkombinatorik. Die Dialektik von Form und Offenheit, Oliveiras Bildungsreise und die "destrucción de formas" werden als zentrale Aspekte der Erzählstrategie analysiert. Die Arbeit thematisiert die Möglichkeiten der Leserinteraktion und die Auflösung traditioneller Erzählstrukturen in der Postmoderne.
Schlüsselwörter
Der Zauberberg, Ulysses, Rayuela, offene Form, Dynamisierung der Struktur, weltanschauliche Bezugsrahmen, Komparatistik, Thomas Mann, James Joyce, Julio Cortázar, Initiationsroman, Metempsychose, Parallaxe, Mythologie, Aleatorik, Postmoderne, Romantheorie, Form und Offenheit.
Häufig gestellte Fragen zu: Analyse offener Formen in den Romanen von Thomas Mann, James Joyce und Julio Cortázar
Was ist der Gegenstand dieser wissenschaftlichen Arbeit?
Die Arbeit analysiert die Konzepte des „Offenen“ in drei bedeutenden Romanen: Thomas Manns Der Zauberberg, James Joyces Ulysses (insbesondere die Episode „Oxen of the Sun“) und Julio Cortázars Rayuela. Im Mittelpunkt steht die Untersuchung der unterschiedlichen literarischen Strategien, mit denen die Autoren traditionelle narrative Strukturen aufbrechen und neue Formen der offenen Erzählung entwickeln.
Welche Themen werden im Detail untersucht?
Die Arbeit untersucht die Dynamisierung der Romanform und den Bruch mit traditionellen Erzählstrukturen, die Rolle von Philosophie und Metaphysik in der Gestaltung der Romane, den Einfluss musikalischer und mythologischer Motive auf die narrative Struktur, die komparatistischen Bezugsrahmen der drei Romane und das Verhältnis von Form und Offenheit in der modernen und postmodernen Literatur.
Welche Romane werden im Einzelnen analysiert?
Die Arbeit analysiert detailliert Der Zauberberg von Thomas Mann, die Episode „Oxen of the Sun“ aus James Joyces Ulysses und Rayuela von Julio Cortázar. Jedem Roman ist ein eigenes Kapitel gewidmet, das dessen spezifische Strategien der offenen Erzählweise untersucht.
Wie werden die Romane miteinander verglichen?
Die Romane werden im Hinblick auf ihre komparatistischen Bezugsrahmen verglichen. Die Analyse beleuchtet Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den jeweiligen Strategien zur Gestaltung offener Erzählformen und deren philosophischen und ästhetischen Grundlagen.
Welche methodischen Ansätze werden verwendet?
Die Arbeit verwendet einen komparatistischen Ansatz, um die drei Romane zu untersuchen. Die Notwendigkeit weltanschaulicher Bezugsrahmen wird hervorgehoben, um die literarischen Innovationen der Autoren zu verstehen. Die Analyse konzentriert sich auf die Untersuchung der jeweiligen weltanschaulichen und ästhetischen Grundlagen dieser literarischen Innovationen.
Welche Schlüsselkonzepte werden behandelt?
Schlüsselkonzepte sind unter anderem: Offene Form, Dynamisierung der Struktur, weltanschauliche Bezugsrahmen, Komparatistik, Initiationsroman, Metempsychose, Parallaxe, Mythologie, Aleatorik, Postmoderne, Romantheorie und Form und Offenheit.
Welche Zusammenfassung der Kapitel bietet die Arbeit?
Die Arbeit bietet Kapitelzusammenfassungen, die die einzelnen Analysen von Der Zauberberg, „Oxen of the Sun“ und Rayuela kurz zusammenfassen und die zentralen Ergebnisse hervorheben. Die Einleitung skizziert die methodischen Ansätze und Forschungsfragen. Das Schlusskapitel bietet eine Zusammenfassung der Ergebnisse im Kontext von Tradition, Moderne und Postmoderne.
Für wen ist diese Arbeit gedacht?
Diese Arbeit ist für ein akademisches Publikum gedacht, das sich für die Analyse offener Formen in der Literatur interessiert, insbesondere für die Werke von Thomas Mann, James Joyce und Julio Cortázar. Sie eignet sich für Studierende und Wissenschaftler der Literaturwissenschaft.
Wo finde ich die vollständigen Analysen der Romane?
Die vollständigen Analysen der Romane finden sich in der Hauptarbeit selbst, zu der diese HTML-Datei lediglich eine komprimierte Vorschau darstellt.
- Citar trabajo
- Dr. Paul Forssbohm (Autor), 1988, Formen des Offenen. "Der Zauberberg" von Thomas Mann, die "Oxen of the Sun"-Episode im "Ulysses" von James Joyce und "Rayuela" von Julio Cortázar (Band 2), Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/540722