Die Rolle der Führungskraft in der Gesundheitsprävention. Der Einfluss sozialer Lernprozesse im betrieblichen Gesundheitsmanagement


Term Paper, 2018

27 Pages, Grade: 2,3


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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Der behavioristische Lernprozess
2.1. Die klassische Konditionierung
2.2. Die operante Konditionierung
2.3. Kognitive Einflüsse im behavioristischen Lernprozess

3. Der sozialkognitive Lernprozess
3.1. Modelllernen
3.2. Basale Prozesse des Modelllernens
3.3. Einflussfaktoren auf Modelllernen
3.4. Effekte des Modelllernens

4. Anwendungsteil
4.1. Soziostrukturelle Voraussetzung für Modelllernen
4.2. Modelle der betrieblichen Gesundheitsprävention
4.2.1. Führungsfaktor Gesundheit
4.2.1. Führungsfaktor Sozialkompetenz
4.3. Einfluss der Führungskraft auf Modelllernen
4.4. Einfluss sozialer Medien auf Modelllernen

5. Diskussion

6. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die vorliegende wissenschaftliche Arbeit befasst sich mit der Wirkung von Modelllernen in der betrieblichen Gesundheitsförderung. Im Zentrum der Betrachtung steht hierbei die von Alfred Bandura begründete, sozialkognitive Lerntheorie. Das Lernen am Modell nimmt darin eine zentrale Rolle für die Verhaltensänderung von Menschen ein. Vor dem Hintergrund dieser theoretischen Annahmen, soll der Lernvorgang auf ein gesundheitsförderndes Setting übertragen werden. Zusätzlich dazu gilt es zu beleuchten, wie soziale Medien diesen Vorgang entweder begünstigen oder gefährden können.

Um dieser Aufgabenstellung gerecht zu werden, ist es zunächst wichtig, die theoretischen Grundlagen, die dem Lernen zugrunde liegen, in unterschiedlichen Perspektiven zu beleuchten. Neben dem Lernen am Modell fallen hierunter auch behavioristische Lernprozesse wie die klassische und die operante Konditionierung, bei denen kognitive Einflüsse eine Rolle spielen. Nachdem das Modelllernen ausführlich vorgestellt wurde, werden die theoretischen Grundlagen des Lernens am Modells im zweiten Teil der wissenschaftlichen Arbeit auf die Ansätze betrieblicher Gesundheitsförderung übertragen. Dabei wird vor allem die Bedeutsamkeit der Führungskraft im Prozess des Modelllernens beleuchtet und wie diese die Aneignungs- und Ausführungsphase des sozialen Lernens beeinflussen kann. Wie soziale Medien den Lernprozess positiv oder negativ bedingen können, findet dabei ebenfalls Beachtung.

Eine Einschätzung über die Möglichkeit zur praktische Anwendbarkeit, wird nach der Berücksichtigung aller Komponenten der Arbeit im Diskussionsteil vorgenommen. Ziel dieser Arbeit ist es, die Bedeutsamkeit von Modelllernen zu erläutern und einen Einblick darüber zu geben und Führungskräfte für ihre Vorbildwirkung innerhalb der gesundheitsorientierten Mitarbeiterführung zu sensibilisieren.

2. Der behavioristische Lernprozess

Der Behaviorismus stellt eine grundsätzliche Denkweise zur Erklärung menschlichen Verhaltens dar. Als Gegenbewegung zur Psychoanalyse, waren Anhänger dieser Schule bestrebt, die Psychologie als objektive Wissenschaft zu etablieren. Durch die Anwendung von naturwissenschaftlichen Methoden und Prinzipien wollte man allgemeingültige Erkenntnisse über tierisches und menschliches Lernverhalten ziehen, welches im Behaviorismus allein durch die Umwelt determiniert wird. Umweltreize werden in Häufigkeit und Intensität kontrolliert eingesetzt werden, um ein bestimmtes Verhalten zu initiieren und beobachten zu können. Die Forschung konzentrierte sich auf die Bedingungen für Entstehung, Verstärkung und Veränderung von Verhaltensänderungen und den zugrundeliegenden Reiz-Reaktions-Beziehungen (Engelkamp & Hoffmann, 2017, S. 3). Die daraus ableitbaren Gesetzmäßigkeiten ermöglichen es, Verhalten vorherzusagen und zu beeinflussen. Die erforderliche Objektivität der Forschungsprozesse wurde dadurch gewährleistet, dass mentale Prozesse und physiologische Reaktionen ausgeschlossen wurden. Demnach findet der kognitive Bezugsrahmen in der klassischen behavioristischen Untersuchung keinerlei Beachtung. Das Menschenbild ist durch die Konzentration auf kausalgesteuerte Wirkzusammenhänge als mechanisch zu betrachten (Myers, 2008, S. 343).

Der Lernprozess im Behaviorismus wird als Konditionierung bezeichnet. Diese Verbindung zwischen einem Reiz und einer Reaktion zeigt sich in Handlungen, die ein Beobachter erfassen und analysieren kann. Reizdeterminiertes Verhalten ist entweder als reaktiver Prozess zu betrachten, in welchem ein Stimulus aus der Umwelt eine bestimmte Verhaltensweise auslöst oder als operanter Prozess, in welchem der Organismus auf ein spontanes Verhalten unterschiedliche Konsequenzen erfährt und so Verhaltensanpassungen vornehmen kann (Flammer, 2009, S. 63). Die Assoziationsprozesse innerhalb dieser Lernprozesse unterliegen bestimmten Kausalgesetzen und werden unter den Begriffen der klassischen und operanten Konditionierung erläutert (Engelkamp & Hoffmann, 2017, S. 12).

2.1. Die klassische Konditionierung

Als erster Lernvorgang, der jemals experimentell untersucht worden ist, fällt der Prozess der klassischen Konditionierung. Gleichbedeutend sind die Begriffe des Signallernen oder des Lernens durch Kontiguität. Die Wirkprinzipien wurden durch den russischen Physiologen Iwan Pawlow während der Untersuchung der Verdauungsvorgänge bei Hunden entdeckt. Im Versuchsaufbau wurde deutlich, dass es möglich ist, Assoziationsprozesse zwischen Reiz und Reaktion so zu beeinflussen, dass angeborene Reaktionen mithilfe von konditionierten Stimuli ausgelöst werden können. Dabei bezeichnet der oben genannte Begriff der Kontiguität die Bedingung, dass der zu konditionierende Reiz in einer engen zeitlichen und räumlichen Abfolge erfolgen muss, damit der Organismus eine Verknüpfung herstellen kann. Diese kommt nach mehreren Wiederholungen in Form eines spontanen Reflexes zur Geltung (Trautner, 1992, S. 87-88).

Am Anfang des Konditionierungsprozesses steht ein neutraler Reiz, welcher zunächst keine spezifische Reaktion auslöst. Der unkonditionierte Reiz ist ein Reiz, der ohne einen Lernvorgang eine Reaktion oder einen Reflex auslöst. Diese unkonditionierte Reaktion ist eine angeborene Reaktion. Der konditionierte Reiz ist ein Reiz, der durch Lernvorgänge entstanden ist und eine konditionierte Reaktion nach sich zieht. Der Organismus hat mit diesem Stimulus am Ende des Lernvorgangs eine Erwartung verknüpft. Um diese Erwartung zu konditionieren, muss der neutrale Reiz in den Versuchsaufbau integriert werden, wenn der Organismus die gewünschte unkonditionierte Reaktion auf den unkonditionierten Reiz automatisch zeigt. Zunächst spielt der neutrale Reiz keine Rolle. Dieser entwickelt sich jedoch bei mehrfacher Wiederholung zu einem konditionierten Reiz. Der Organismus hat dadurch die Erfahrung gemacht, dass die Reaktion auf den konditionierten Reiz eine spezifische Reaktion nach sich zieht. Diese Erwartungshaltung erzeugt die antizipierte Reaktion (Myers, 2008, S. 343-344).

2.2. Die operante Konditionierung

Bereits während der Erforschung der Grundprinzipien, die der klassischen Konditionierung zugrunde lagen, formulierten Watson, Thorndike und Skinner das Prinzip der operanten Konditionierung. Im Vordergrund steht hierbei die Konsequenz einer Verhaltensweise, die der Organismus nach der Reaktion auf einen Umweltreiz ableitet. Das Erzielen einer bestimmten Konsequenz steht daher im Vordergrund dieses Lernprozesses, da sich Verhalten in Form von Verstärkung und Hemmung beeinflussen und formen lässt. Das Konditionierungsprinzip basiert auf der Annahme, dass die Auftretungshäufigkeit eines bestimmten Verhaltens umso größer ist, je belohnender die Konsequenzen dieses Verhaltens, ist. Im Umkehrschluss wird die Auftretungshäufigkeit eines Verhaltens kleiner, wenn die eintretenden Konsequenzen als ungünstig erlebt werden (Myers, 2008, S. 354). Edward Lee Thorndike, einer der Gründerväter der operanten Konditionierung macht daher die Erfahrung von Erfolg und Misserfolg für den Organismus für den Lernprozess verantwortlich. In seinem Gesetz der Auswirkung heißt es:

Wenn eine modifizierbare Verknüpfung entsteht und dies von einem lustbetonten Zustand begleitet oder gefolgt wird, dann erhöht sich die Stärke der Verknüpfung. Wenn das Zustandekommen der Verknüpfung dagegen zu einem unlustbetonten Zustand führt, so ergibt sich eine Schwächung.” (Trautner, 1992, S. 94).

Ein Abbau beziehungsweise Aufbau von Verhaltensweisen wird dadurch ermöglicht. Wohingegen dem Organismus bei klassischen Konditionierungsprozessen eine passive Haltung zugeschrieben wird, wird diesem im operanten Lernvorgang eine aktivere Rolle eingeräumt. Der Organismus kann selbst beeinflussen, welche Konsequenzen er erfährt, da er nicht nur auf einen äußeren Reiz reagiert, sondern die Stimuli innerhalb der Umwelt selbst produziert. Verstärkung und Bestrafung einer Verhaltensweise nimmt demnach einen hohen Stellenwert ein. Grundbedingung hierfür ist, dass Konsequenzen Kontingenz aufweisen müssen. Die Reaktion auf das Verhalten muss unmittelbar und immer auf die gleiche Art und Weise geschehen, damit eine Verhaltensweise effektiv verändert werden kann (Flammer, 2009, S. 63- 64). Verstärkung kann jedes beliebige Ereignis sein, was darauf abzielt, die Auftretenshäufigkeit einer Verhaltensweise zu erhöhen. Dabei ist es sowohl von der Person als auch von der Situation abhängig, welches Ereignis als verstärkend erlebt wird. Als positive Verstärkung wird die Darbietung eines angenehmen Reizes verstanden. Negative Verstärkung umfasst die Abschwächung eines aversiven Reizes. Eine weitere Art und Weise der Unterscheidung von Verstärkern ist die Unterteilung zwischen primären und konditionierten Verstärkern. Konditionierte Verstärker verdanken ihre Wirksamkeit aufgrund der Kopplung an primäre Verstärker wie Hunger oder dem Bedürfnis nach Sicherheit. Konditionierte Verstärker wurden in der Lebensspanne gelernt und vermitteln die Erfüllung von Grundbedürfnissen. Dabei beeinflussen konditionierte Verstärker Verhaltensweisen in gleichem Maße wie primäre Verstärker (Myers S. 357).

Bestrafung ist im Umkehrschluss ein Ereignis, welches die Auftretenswahrscheinlichkeit einer Verhaltensweise verringert. Dies geschieht entweder, wenn eine negative Konsequenz eintritt oder eine positive Konsequenz entzogen wird (Myers S. 360). Je nach individueller Bedeutsamkeit der jeweiligen Konsequenz ist die Wirkung der Bestrafung mehr oder weniger effektiv. Bei ausreichender Wiederholung der kontingenten Verstärkung oder Bestrafung wird sich der Ausübung des jeweiligen Zielverhaltens angenähert. Selbst komplexe Verhaltensweisen können so internalisiert werden (Myers, 2008, S. 354).

2.3. Kognitive Einflüsse im behavioristischen Lernprozess

Obwohl kognitive Vorgänge im klassischen Behaviorismus grundsätzlich ausgeklammert wurden, ist der Einfluss von Kognition auf Lernvorgänge nach dem heutigen Wissensstand unbestreitbar (Myers, 2008, S. 343). Aufgrund von Erkenntnissen aus der kognitiven Verhaltenstherapie, sind Verhaltensänderungen im Sinne von Konditionierungsprozessen stets von Gedanken, Wahrnehmungen und Erwartungen beeinflusst. Dazugehörige Wirkungsprinzipien werden genutzt, um dysfunktionale Verhaltensweisen zu verändern. Allein das Bewusstwerden solcher Zusammenhänge erleichtert die Beeinflussbarkeit von automatischen Reaktionen (Myers, 2008, S. 353). Auch bei der Entstehung beziehungsweise Aufrechterhaltung von dysfunktionalen Verhaltensweisen sind Konditionierungsprozesse verantwortlich (Margraf & Schneider, 2009, S. 508). Den Zusammenhang zwischen Konditionierung und psychischen Erkrankungen verdeutlicht die Zwei-Faktoren-Theorie von Orval Hobart Mowrer aus dem Jahr 1947. Als Faktor wird hier sowohl der Einfluss von klassischen und als auch operanten Konditionierungsprozessen bezeichnet. Im Sinne der klassischen Konditionierung wird zunächst ein neutraler Stimulus (Hund) innerhalb einer traumatischen Situation mit einem angstauslösenden Stimulus (Hundebiss) dauerhaft assoziiert (Kiesel & Koch, 2012, S. 53-55). Aufgrund der schweren emotionalen Reaktion genügt bereits eine einmalige Kombination dieser Reizpaare um eine konditionierte Furchtreaktion auszulösen (Trautner, 1992, S. 88). Je vorhersehbarer die Kopplung ist, desto stärker ist die konditionierte Reaktion (Myers, 2008, S. 348). Durch die evolutionäre Veranlagung des Kampf-Flucht-Mechanismus in bedrohlichen Situationen, ist der Organismus dazu veranlasst, jegliche, mit der Bedrohung in Verbindung stehende, Stimuli zu vermeiden. In Folge der Vermeidungsreaktion erlebt der Organismus einen Abfall des Erregungsniveaus, was zu einer negativen Verstärkung führt. Die ursprünglich erzeugten, auf klassischen Konditionierungsprinzipien beruhenden, Assoziationen werden mittels operanter Konditionierung verstärkt und aufrechterhalten (Kiesel & Koch, 2012, S. 53-55). In beiden Lernprozessen sind Erwartungshaltungen dafür verantwortlich, dass Verknüpfungen hergestellt und verstärkt werden. Die Erwartung, dass spezifische Reaktionen und Konsequenzen auf einen Umweltreiz beziehungsweise auf eine Verhaltensweise folgen, ist stark an Emotionen geknüpft. Diese sind bei automatischen Reaktionen wie Reflexen nicht so stark bewusst wie bei eigeninitiierten Verhaltensweisen bei Aussicht auf Belohnung oder Bestrafung, jedoch werden auftretende Stimuli auf die gleiche Weise kognitiv verarbeitet und bewertet. Ist eine Person im therapeutischen Zusammenhang zu einer Verhaltensveränderung motiviert, kann die Erwartungshaltung auf kognitiver Ebene nachhaltig verändert werden (Kiesel & Koch, 2012, S. 53-55). Ohne die Beachtung von Kognition ist eine therapeutische Behandlung daher nur begrenzt erfolgreich (Myers, 2008, S. 348).

Hinsichtlich der Aufrechterhaltung von Störungen belegt die Zwei-Faktoren- Theorie, dass Verstärkungsprozesse im Sinne der operanten Konditionierung einen großen Einfluss auf die Hemmung von Veränderungsprozessen haben können. Klassische Konditionierungsmechanismen haben jedoch nur bedingt einen Einfluss auf die Entstehung von dysfunktionalen Verhaltensmustern, da ein bestimmtes Ereignis nicht kausal mit deren Ausprägung in Verbindung stehen muss. Diese Gesetzmäßigkeiten unterliegen vielerlei personen- und situationsspezifischer Einflüsse. Konfrontiert man Personen mit einem angsterzeugenden Stimulus müsse die Angst nach lerntheoretischem Standpunkt hinsichtlich der Gewöhnungseffekte abnehmen. In der Praxis sind jedoch kognitiven Verstärkungsprozesse dafür verantwortlich, dass die Angst immer weiter zunimmt. Auch das Lernen durch verbale Informationen oder dem Lernen aufgrund der Beobachtung von Modellen zu Verhaltensänderungen führt, kann durch Konditionierungsprozesse allein nicht erklärt werden (Margraf & Schneider, 2009, S. 508).

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Details

Title
Die Rolle der Führungskraft in der Gesundheitsprävention. Der Einfluss sozialer Lernprozesse im betrieblichen Gesundheitsmanagement
College
SRH - Mobile University
Grade
2,3
Author
Year
2018
Pages
27
Catalog Number
V542675
ISBN (eBook)
9783346160881
ISBN (Book)
9783346160898
Language
German
Keywords
Lerntheorie, Betriebliches Gesundheitsmanagement, BGM, Führungskraft, Führung, Personalführung, Management, Prävention, sozialkognitive Lernprozesse, behavioristische Lernprozesse, Kognition, Bandura, soziales Lernen, Modelllernen, Führungskompetenz, soziale Medien, Lernen am Modell
Quote paper
Lisa Mertens (Author), 2018, Die Rolle der Führungskraft in der Gesundheitsprävention. Der Einfluss sozialer Lernprozesse im betrieblichen Gesundheitsmanagement, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/542675

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