Im Rahmen des mediävistischen Hauptseminars zum Thema Wolframs von Eschenbach ‘Titurel’ an der TU-Dresden ist die Suche nach der Interpretierbarkeit des in zwei Fragmenten überlieferten Stoffes in besonderem Maße in den Vordergrund getreten. Fragen nach dem Sinn wurden häufig mit der These beantwortet, dass Wolfram im ‘Titurel’ keine Antworten gegeben hat. Einzig der Aspekt vom fortschrittlichen Umgang mit dichterischen und rezeptiven Reflexionen in einer starren fiktiven höfischen Erzählkunst konnte als gemeingültig herausgearbeitet werden. Es ist das Anliegen dieser Hausarbeit, die Motivationsmöglichkeiten, welche sich hinter einer so destruktiven und revolutionären Erzählweise verbergen, sowohl in der Sekundärliteratur als auch in den alten Mustern mittelalterlicher Autorschaft zu entdecken. Nicht umsonst ist eine ‘öffentliche Reflexion’ des ‘Titurels’ durch Albrecht um 12651 eines der erfolgreichsten Werke im mittelalterlichen Rezeptionsprozess geworden. Dies stützt die These, dass der ‘Titurel’ einer nachträglichen Aufarbeitung bedarf, sei es durch das ‘triviale’ Schließen der inhaltlichen Lücken oder sei es im Verständnis um Wolframs Anliegen. So wie die Fragmente überliefert sind, bieten sie keine befriedigende Erkenntnis. Darum will diese Arbeit noch einmal nachfragen, was sich Wolfram von Eschenbach dabei gedacht haben könnte, denn dass er sich etwas gedacht hat, wird im Folgenden nicht in Frage gestellt.
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1 Vgl., WALTHER KILLY (Hrg.): Wolfram von Eschenbach. In: Literaturlexikon. Autoren und Werke deutscherSprache (= Digitale Bibliothek Bd. 9), S. 358.
Inhaltsverzeichnis
- 1 EINLEITUNG
- 1.1 Begründung der Themenwahl
- 1.2 Präzisierung der Aufgabenstellung
- 2 AUTORSCHAFT IM MITTELALTER
- 3 ABWEICHUNGEN VON DER THEORIE
- 3.1 Reflexion - Neue Ansprüche an den Rezipienten
- 3.1.1 Dekonstruktion von Sinn
- 3.1.2 Die Bedeutung des ‘Logos’
- 3.2 Abkehr vom höfischen Roman
- 3.2.1 Selbstkritik des Erzählers
- 3.2.2 Erzählen vom Tod her
- 4 AUSWERTUNG
- 4.1 Zusammenfassung
- 4.2 Vergleich
- 4.3 Schlusswort
- 5 LITERATURVERZEICHNIS
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Hausarbeit untersucht Wolframs von Eschenbachs 'Titurel' und analysiert dessen Erzählstrategie. Sie befasst sich mit der Frage, inwiefern Wolframs Werk eine wegbereitende Vision oder kritische Ironie darstellt. Insbesondere werden die Motivationen hinter Wolframs destruktiver und revolutionärer Erzählweise sowie die Auswirkungen auf den Rezipienten erforscht.
- Die Rolle des mittelalterlichen Autors und seine Abgrenzung zum modernen Literaten
- Wolframs Abkehr von traditionellen Erzählmustern und seine Kritik an höfischen Romanen
- Die Bedeutung von Reflexion und Dekonstruktion von Sinn in Wolframs 'Titurel'
- Die Rezeption des 'Titurel' im Mittelalter und die Rolle des Autors als Sprachrohr des Publikums
- Die Auswirkungen von Wolframs Erzählstrategie auf den modernen Rezipienten
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 1: Einleitung: Dieses Kapitel führt in das Thema der Hausarbeit ein und erläutert die Bedeutung von Wolframs 'Titurel' für die mediävistische Forschung. Es stellt die Forschungsfrage nach der Interpretierbarkeit des in Fragmenten überlieferten Stoffes und beleuchtet die Motivationsmöglichkeiten hinter Wolframs Erzählweise.
- Kapitel 2: Autorschaft im Mittelalter: Dieses Kapitel beleuchtet die Rolle des mittelalterlichen Autors und seine Funktion als Sprachrohr des Publikums. Es analysiert die Abgrenzung zum modernen Literaten und die Bedeutung des Autors im Kontext der mittelalterlichen Literaturproduktion.
- Kapitel 3: Abwechslungen von der Theorie: Dieses Kapitel untersucht Wolframs Abweichungen von traditionellen Erzählmustern und analysiert seine Reflexionen und Kritik an höfischen Romanen. Es beleuchtet die Dekonstruktion von Sinn und die Bedeutung des 'Logos' in Wolframs Werk.
- Kapitel 4: Auswertung: Dieses Kapitel fasst die Ergebnisse der Analyse zusammen und vergleicht die beiden Hauptthesen zur Motivation von Wolframs Erzählweise. Es formuliert ein Schlusswort und präsentiert die Erkenntnisse der Hausarbeit.
Schlüsselwörter
Wolfram von Eschenbach, 'Titurel', Mittelalterliche Literatur, Erzählstrategie, Autorschaft, Rezeption, Höfische Literatur, Reflexion, Dekonstruktion von Sinn, 'Logos', Kritik, Ironie, Vision, Interpretation.
- Citar trabajo
- Maxi Neumann (Autor), 2006, Wolframs Titurel - Analyse einer Erzählstrategie - »Wegbereitende Vision oder kritische Ironie?« , Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/56244