Geschlechterrollen in der Werbung


Mémoire de Maîtrise, 2006

131 Pages, Note: 2.0


Extrait


Inhaltsverzeichnis:

I. Abkürzungsverzeichnis

II. Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Forschungsüberblick

3. Werbung
3.1. Eigenschaften und Funktionen von Werbung
3.2. Werbeziele
3.3. Strategien der Werbung
3.3.1. Der Kommunikationsablauf
3.3.2. Marktsegmentierung
3.3.3. Marktstrategische Positionierung
3.4. Bedingungen der Werbung
3.5. Werbung und Gesellschaft
3.6. Fernsehwerbung
3.6.1. Die Geschichte der Fernsehwerbung in Deutschland
3.6.2. Die aktuelle Situation am TV-Werbemarkt
3.6.3. Die rechtlichen Bedingungen der Fernsehwerbung
3.6.4. Aufbau und Struktur von Fernsehwerbung
3.6.4.1. Werbung im Programm
3.6.4.2. Der Werbespot
3.7. Abgrenzung des Forschungsgebietes Werbewirkung

4. Annäherung an den Untersuchungsgegenstand
4.1. Geschlechtsdifferenzierung
4.2. Geschlechterrollen in Gesellschaft und Medien
4.3. Symbolische Konstruktion von Geschlechterrollen
4.4. Kinder als Werbeelemente
4.5. Werbeästhetik
4.5.1. ‚Die schöne, heile Welt’
4.5.2. Humor in der Werbung
4.5.3. Sexualität in der Werbung

5. Vorbereitung des Analyseteils
5.1. Herkunft und Repräsentativität des Untersuchungsmaterials
5.2. Vorgehensweise

6. Analyse und Interpretation der TV-Spots
6.1. Die moderne Mutter - Toyota Corolla Verso I
6.2. Die junge Unabhängige
6.2.1. Honda Jazz Kampagne
6.2.2. Honda CRV I
6.2.3. Renault Rabattwochen
6.3. Vaterrollen
6.3.1. Der Gewinner - VW Sharan
6.3.2. Der Rabenvater - Opel Astra
6.3.3. Der Übervater - Toyota Avensis
6.4. Männlichkeit und Stärke - Honda Accord
6.5. Die Familie
6.5.1. Die Offroad-Familie - VW Touareg
6.5.2. Stressfrei ohne Kinder - Toyota Corolla Verso II
6.6. Rollentausch
6.6.1. Möchtegern-Macho gegen Powerfrau - Toyota Yaris
6.6.2. Die Rennfahrerin - Mercedes E-Klasse
6.7. Kinder
6.7.1. Der Mini-Macho - VW Golf GTI
6.7.2. Der Forscher und Entdecker
6.7.2.1. Renault Megane
6.7.2.2. VW Passat
6.7.2.3. Peugeot 407
6.8. Präsenz der Geschlechter in Haupt- und Nebenrollen

7. Schlussbetrachtung
7.1. Zusammenfassung und Auswertung
7.1.1. Verwendete Klischees
7.1.2. Die Rollen der Frau
7.1.2.1. Quantitative Auswertung der Darstellung der Frau
7.1.2.2. Qualitative Auswertung der Darstellung der Frau
7.1.3. Die Rollen des Mannes
7.1.4. Beziehungen zwischen Mann und Frau
7.1.5. Geschlechter und Automobile
7.1.6. Die Rollen der Kinder
7.2. Fazit

8. Quellen

9. Anhang

I. Herkunft der TV-Spots

II. Anlage: CD mit TV-Spots

I. Abkürzungsverzeichnis:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

II. Abbildungsverzeichnis:

Abb. 1: Modell des Kommunikationsablaufs.

Abb. 2: Jung, attraktiv und sportlich.

Abb. 3: Die Umweltbewusste.

Abb. 4: Nicht die weiblichen Argumente, sondern die Leistung zählt.

Abb. 5: Das Frauen- und Männerbild im Toyota Corolla Verso Spot.

Abb. 6: Symbol für Attraktivität.

Abb. 7: Helle, freundliche Farben.

Abb. 8: „Hey!“ – „Wow!“

Abb. 9: Selbstbewusst und frech.

Abb. 10: Das Frauen- und Männerbild in der Honda Jazz Kampagne .

Abb. 11: Sie angeln sich einfach einen Mann.

Abb. 12: Das Frauen- und Männerbild im Honda CRV Spot.

Abb. 13: Sie nimmt sich, was sie braucht. Egal wie.

Abb. 14: Das Frauen- und Männerbild im Renault Rabattwochen Spot.

Abb. 15: Auftritt der Frauen.

Abb. 16: Sie stärken seine Position.

Abb. 17: Das Frauen- und Männerbild im VW Sharan Spot.

Abb. 18: Er hat nur Augen für seinen Wagen.

Abb. 19: Das Männer- und Kinderbild im Opel Astra Spot.

Abb. 20: Luxuriöses Ambiente.

Abb. 21: Der kritische Blick des Vaters.

Abb. 22: Die Männerbilder im Toyota Avensis Spot.

Abb. 23: „Kannst du es hören?“

Abb. 24: “Kraft”

Abb. 25: Das Männerbild im Honda Accord Spot.

Abb. 26: Action und Abenteuer.

Abb. 27: Eben noch ’ne Tüte Milch holen.“

Abb. 28: Das Frauen- und Männerbild im VW Touareg Spot.

Abb. 29: Die nervigen Kleinen.

Abb. 30: Endlich frei!

Abb. 31: Das Generationenbild im Toyota Corolla Verso II Spot.

Abb. 32: Siegessicherer Auftritt.

Abb. 33: Weibliche Überlegenheit gegen Männliche Fantasien.

Abb. 34: Das Frauen- und Männerbild im Toyota Yaris Spot.

Abb. 35: Das Frauen- und Männerbild im Mercedes E-Klasse Spot.

Abb. 36: Der Mini-Macho präsentiert männliche Klischees.

Abb. 37: Das Männer- und Kinderbild im VW Golf GTI Spot.

Abb. 38: Vater und Sohn spielen mit einem Auto.

Abb. 39: Das Männer- und Kinderbild im Renault Megane Spot.

Abb. 40: Das Männer- und Kinderbild im VW Passat Spot.

Abb. 41: Das Männer- und Kinderbild im Peugeot 407 Spot.

Abb. 42: Drei kleine Jungen, eine Rolle.

Abb. 43: Präsenz der Geschlechter getrennt nach Altersklassen.

Abb. 44: Präsenz der Geschlechter innerhalb der Werbespots in Haupt- und Nebenrollen.

1. Einleitung

Die Historiker und Archäologen werden eines Tages entdecken, dass die Werbung unserer Zeit die einfallsreichsten und tiefsten täglichen Betrachtungen darstellt, die eine Kultur je über ihr Tun und Lassen angestellt hat. Die Ägyptischen Hieroglyphen sind in dieser Hinsicht noch weit zurück.

(Marshall McLuhan 1994, Seite 355)

Mit dieser Aussage weist Marshall McLuhan der Werbung in unserer Gesellschaft eine bedeutende Rolle zu und bietet sie indirekt als besonders geeignetes Forschungsobjekt an, indem er ferner feststellt:

Eine Gruppe von Soziologen kann nur schwer so viele brauchbare soziologische Daten sammeln und verarbeiten wie ein Team von Werbefachleuten. (Ebd. Seite 348 f.)

Tatsächlich ist Werbung in unserer Umwelt und speziell in unserem Medienumfeld allgegenwärtig und damit fester Bestandteil unserer Kultur. Im Jahre 2004 wurden in Deutschland allein durch das Medium Fernsehen über 1,14 Millionen Werbeminuten ausgestrahlt.[1]

Inwiefern Werbung dabei Spiegelbild oder nur ein verzerrtes Bild der Gesellschaft ist oder ob sie sogar kulturelle Veränderungen bewirken kann, wird seit ihrem Bestehen in den Massenmedien kontrovers diskutiert.[2]

Angenommen werden kann jedoch, dass Werbung in erster Linie durch ihre Präsenz aber auch durch ihre manipulative Absicht einen Beitrag zur Beeinflussung moralischer und gesellschaftlicher Wertevorstellungen liefert. Dies würde bedeuten, dass sie auch zur gesellschaftlichen Konstruktion von Männlichkeit und Weiblichkeit beiträgt, der sich diese Arbeit widmen will.

Die vorliegende Arbeit soll einen Beitrag zur Geschlechterforschung innerhalb der Medienanalyse leisten, insofern dies im Rahmen einer Magisterarbeit möglich ist.

Die wenigen vergleichbaren Studien, die sich mit der Werbeanalyse im Bereich der Geschlechterforschung (Gender-Wissenschaft) befasst haben, stammen fast alle aus den siebziger und achtziger Jahren. Betrachtet man die rasanten gesellschaftlichen und medialen Veränderungen, z. B. die allmähliche Auflösung des klassischen Rollenverständnisses als Folge der Emanzipation, ist anzunehmen, dass sich auch das Rollenbild der Geschlechter in der Werbung seitdem verändert hat. Hier erscheint eine aktuelle Betrachtung sinnvoll.

Als Untersuchungsobjekt dienen aktuelle TV-Werbespots der Automobilindustrie. Aufgrund der wichtigen Stellung, die die Automobilwerbung innerhalb der Werbeindustrie innehat, bietet sie sich als sinnvolles Analysematerial an. Allein im Jahr 2004 betrug das Budget des Automobil-Marktes für den Bereich der Fernsehwerbung 615,5 Millionen Euro und belegte damit mit Abstand den ersten Platz vor Schokolade und Zuckerwaren mit 518,8 Millionen Euro.[3]

Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, durch die Untersuchung von Werbespots, Geschlechterrollen herauszuarbeiten und festzustellen, inwieweit diese für werbliche Zwecke konstruiert bzw. inszeniert sind.

Dafür werden die folgenden Fragestellungen handlungsleitend sein:

- Welche Beziehungen sind in der Interaktion zwischen Mann und Frau zu beobachten?
- Welche Klischees werden instrumentalisiert, um Geschlechterrollen zu konstruieren und wann werden Klischees widerlegt?
- Inwiefern wird das klassische Rollenverständnis der Geschlechter dargestellt oder verworfen?
- Inwiefern wird das Klischee der ‚Männerdomäne Automobil’ in der Automobilwerbung bestätigt oder widerlegt?

Die letzte Fragestellung ergibt sich aus der Wahl des Untersuchungsmaterials. Glaubt man der weit verbreiteten Meinung, war und ist die Welt des Automobils augenscheinlich eine Männerdomäne. Das beginnt in der Kindheit mit dem Klischee, dass Jungen am liebsten mit Autos und Mädchen mit Puppen spielen und zieht sich ebenso durch unseren Alltag hindurch, z. B. im Berufsfeld des KFZ Mechanikers oder dem Motorsport. Zwar gibt es Frauen, wie die Rennfahrerin Jutta Kleinschmidt, die die Rallye Paris-Dakar gewinnen konnte, sie sind aktuell jedoch eine Ausnahmeerscheinung und stehen einer massiven Überzahl an männlichen Kollegen entgegen.

Ein ebensolches Bild zeigt sich innerhalb der Gesellschaft. Beispielhaft ist der meist von Männern verwendete Ausspruch „Frau am Steuer, das wird teuer!“, durch den deutlich wird, dass Frauen oft ein Unvermögen an fahrerischen Fähigkeiten und Mangel an Sachverstand vorgeworfen wird.

Ein Novum innerhalb der Analyse von Geschlechterrollen stellt in dieser Arbeit die Untersuchung der Rollen dar, die von Kindern ausgefüllt werden. Zusätzlich zu den bisher existierenden Arbeiten dieses Gebietes möchte ich auf die Darstellung von Kindern innerhalb des Untersuchungsbereiches eingehen. Bisher hat sie in der entsprechenden Literatur noch keine Erwähnung gefunden und meine Analysen können sich demnach auf keine fundierte Forschungsgrundlage stützen. In den bisherigen Arbeiten ist lediglich festgehalten worden, dass Kinder kein geschlechtsspezifisches Verhalten aufweisen und daher aus dem Untersuchungsbereich herausfallen würden. Dennoch übernehmen Kinder wichtige Rollen innerhalb der erzählten Handlungen, deren Konstruktionen es wert sind untersucht zu werden.

Im Folgenden stelle ich den Aufbau der Arbeit vor. In Kapitel 2. gebe ich einen Überblick über den Forschungsstand und die Literatur, die sich mit dem Themenfeld beschäftigt. Zum einen stelle ich hier die Literatur vor, die sich mit der Geschlechtsdifferenzierung in den Medien auseinandersetzt. Zum anderen die Literatur, die dieser Arbeit, zum Forschungsbereich Werbung, als Grundlage dient. Besonders wird hier die Küchenhoff-Studie aus dem Jahr 1975 hervorgehoben, die sich als erste große Studie intensiv mit der Darstellung der Frau in den Medien befasst.

Die Kernaussagen dieser Studie werde ich am Ende der Arbeit mit den Ergebnissen meiner Untersuchungen vergleichen. Es soll festgestellt werden, welche Veränderungen bezüglich der Darstellung der Frau sich im Laufe der Jahre entwickelt haben.

In Kapitel 3. setze ich mich mit dem Bereich Werbung auseinander. In erster Linie werden hier der Entstehungsprozess und die Rahmenbedingungen, sowie die Grundlagen für Werbung als Zeichensystem dargelegt, um einen genauen Überblick über das Untersuchungsmaterial zu bekommen. Der Schwerpunkt Fernsehwerbung, dem das Analysematerial entspringt, steht hier besonders im Mittelpunkt.

In Kapitel 4. beschäftige ich mich mit der inhaltlichen Annäherung an den Untersuchungsgegenstand. Hier wird ein Überblick über die wichtigsten Elemente der Gender-Wissenschaften, sowie der Werbeästhetik geliefert.

Die im dritten und vierten Kapitel erarbeiteten Gebiete sind Wissensgrundlage und Ausgangspunkt der Untersuchungen. Den theoretischen Grundlagen folgt der Analyseteil. Zuerst stelle ich das Untersuchungsmaterial vor und erläutere meine Vorgehensweise.

Das sechste Kapitel stellt den Hauptteil der Arbeit dar und besteht aus eigens erstellten Analysen der Werbespots. Gegliedert ist der Analyseteil nach einzelnen Rollen, die nach Betrachtung des Materials von mir ausgewählt wurden und deren Konstruktion am Beispiel einiger Werbespots dargestellt wird.

Anschließend werden die Ergebnisse in Kapitel 7. zusammengefasst und ausgewertet.

Ziel der Auswertung ist es ein Bild der Geschlechterrollen in der aktuellen Automobilfernsehwerbung mit Hilfe medienanalytischer Vorgehensweisen zu erstellen. Darauf basierend sollen Aussagen über die zuvor genannten Fragen getroffen werden können.

Die Gültigkeit der Aussagen und Ergebnisse der Arbeit, denen die Untersuchung zugrunde liegt, bezieht sich einzig und allein auf den Untersuchungsgegenstand und damit auf das Feld der aktuellen Automobilfernsehwerbung.

2. Forschungsüberblick

Das Thema Werbung beschäftigt die Wissenschaft bereits, seit ihrem Auftreten in den Medien und findet große Beachtung innerhalb der Forschung. Dementsprechend groß ist die Auswahl an Literatur, die zu diesem Bereich existiert. Die wichtigsten Bücher, die als theoretische Grundlage in die Arbeit eingeflossen sind, sollen im Folgenden kurz vorgestellt werden. Danach werde ich auf die Gender-Forschung im Bereich der Medienanalyse eingehen.

Einen sehr guten Überblick über das Themenfeld Werbung bieten Günter Schweiger und Gertrud Schrattenecker in ihrem Buch „Werbung“ aus dem Jahr 1995, sowie Eric Clark in „Weltmacht Werbung“.[4] Eine intensive Auseinandersetzung mit den Themen Werbestrategie und Konsumentenverhalten findet sich u. a. in den Werken des Werbeforschers Werner Kroeber-Riel[5].

Das Thema Fernsehwerbung und im Besonderen die Inhaltsanalyse der Fernsehwerbung behandeln Thomas Schierl in dem Buch „Werbung im Fernsehen“, sowie Friedrichsen und Jenzkowsky in „Fernsehwerbung“.[6]

Zur Werbeästhetik und Werbewirkung bieten vor allem das Werk „Ästhetik der Werbung“ von Rolf Kloepfer und Hanne Landbeck,[7] Eva Hellers „Wie Werbung wirkt“[8] und das Buch „Frau und Werbung“[9] einen Überblick und hilfreiche Literaturverweise.

Inhaltsanalytische Grundlage meiner Arbeit sind die Standartwerke „Film- und Fernsehanalyse“ von Knut Hickethier[10] und „Film verstehen“ von James Monaco.[11] Die Analyse der Symbolik in der Fernsehwerbung untersucht Horst Seyfarth[12] genau in dem Buch „Bild und Sprache in der Fernsehwerbung“ und bietet darin für diese Arbeit deshalb eine Hilfestellung, da er sich ausführlich mit dem Bereich der Autowerbung beschäftigt.

In den Werken der Kommunikations- und Sozialwissenschaften, die sich mit der Darstellung der Geschlechter in den Medien beschäftigen, sind ebenso werbetheoretische und soziologische Schwerpunkte zu finden. Die Entwicklung dieses Untersuchungsfeldes in Deutschland möchte ich kurz vorstellen.

Die ersten Untersuchungen, die sich mit weiblichen und männlichen Rollen in den Medien auseinandergesetzt haben, gab es Anfang der fünfziger Jahre in den USA, mit Beginn der ersten Frauenbewegung, nach dem zweiten Weltkrieg.[13] Da dieser Arbeit jedoch ausschließlich deutsche Werke zur Erforschung der Geschlechterdarstellung in den Medien als Grundlage dienen, sollen amerikanischen Autoren an dieser Stelle keine Erwähnung finden.

In Deutschland kam Anfang der siebziger Jahre im Zuge der Emanzipationsbewegung der Vorwurf auf, dass Frauen in den Medien unterrepräsentiert seien und somit diskriminiert würden. Auch die Wissenschaft nahm sich dieses Themas an und es entstanden inhaltsanalytische Untersuchungen zur Darstellung der Geschlechterrollen in den Medien. Fast alle dieser Arbeiten legen ihr Hauptaugenmerk auf die Darstellung der Frau. Dem Untersuchungsmaterial Automobilfernsehwerbung entsprechend, liegen der vorliegenden Arbeit besonders die Werke zugrunde, die sich mit der Fernsehwerbung beschäftigen.

1972 analysiert Jutta Brechtel-Schäfer im Rahmen ihrer Dissertation „Analyse der Fernsehwerbung in der BRD“ 600 Werbespots auf ihren Inhalt und geht dabei, wenn auch in geringem Maße, erstmals auf die Darstellung der Geschlechter ein.[14]

1973 wird Professor Dr. Erich Küchenhoff vom Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit beauftragt, eine Studie über die Darstellung der Frau im deutschen Fernsehen ins Leben zu rufen.[15] Dieser Studie geht die Annahme voraus, dass Frauen in der Darstellung durch die Medien unterrepräsentiert und diskriminiert würden. Viele der nachfolgenden Arbeiten zu diesem Forschungsgebiet beziehen sich auf diese erste große Untersuchung der Geschlechterdarstellung in den Medien.

Die Forschungsgruppe unter der Leitung Küchenhoffs arbeitet zwei Jahre lang und den 1975 veröffentlichten Ergebnissen lassen sich folgende Kernaussagen entnehmen:[16]

- Frauen sind im deutschen Fernsehen stark unterrepräsentiert.
- Die Mittelschichtorientierung in der Darstellung von Frauen ist gegensätzlich zur Realität.
- Neben dem traditionellen Leitbild der Hausfrau und Mutter steht das der jungen, schönen, unabhängigen Frau.
- Mangelnde Thematisierung der Berufstätigkeit von Frauen und der Probleme der Frauenarbeit und Doppelbelastung.
- Die Fernsehfrau ist unpolitisch. Sie ist wenig informiert und politisch und gesellschaftskritisch nicht aktiv.
- Die kritische Auseinandersetzung mit der besonderen Situation der Frau wird im deutschen Fernsehen vernachlässigt.
- Die medieninterne Rollenverteilung in den Sendeanstalten weist eine Benachteiligung der Frau auf.

Ein Vergleich mit den aktuellen Ergebnissen dieser Arbeit soll Aufschluss darüber geben, ob diese Vorwürfe innerhalb des Untersuchungsmaterials noch Gültigkeit besitzen.

1980 legt Regina Hastenteufel ihre Dissertation mit dem Thema „Das Bild von Mann und Frau in der Werbung“ vor und grenzte das Untersuchungsfeld erstmals auf die Werbung ein.[17] 1981 veröffentlichten Joachim Kotelmann und Lothar Mikos das Buch „Frühjahrsputz und Südseezauber“, indem die Darstellung der Frau in der Fernsehwerbung und das Bewusstsein der Zuschauerinnen behandelt werden.[18] Sieben Jahre später kam darauf aufbauend die „Veränderung des Frauenbildes von 1981 bis 1987“ von Lothar Mikos heraus.

Parallel gibt es auch Analysen des Frauen und Männerbildes in Fernsehserien oder Nachrichtensendungen, die hier jedoch nicht näher berücksichtigt wurden.

1993 erscheint „Das Frauen- und Männerbild im Deutschen Fernsehen“ von Monika Weiderer, das sich im Zuge der Gender-Forschung kritisch mit der Darstellung der Geschlechter auseinandersetzte, jedoch den Schwerpunkt ebenfalls auf die Rolle der Frau legt.[19]

Zwei Jahre später geben Gitta Mühlen-Achs und Bernd Schorb das Werk „Geschlecht und Medien“ heraus. Darin kommen verschiedene Autoren zu Wort, die bisherige Erkenntnisse zusammenfassen und auch das Männerbild genauer untersuchen.[20] In dem Buch „Mannsbilder – Männlichkeit in der Werbung“ beschäftigt sich Guido Zurstiege erstmals ausschließlich mit der Inszenierung des Mannes in der Werbung am Beispiel der Anzeigenwerbung aus drei Jahrzehnten.[21]

2000 erscheint das Werk „Wie im richtigen Fernsehen“ von Esther Wenger, die sich wiederum ausführlich mit der Inszenierung der Geschlechter im Fernsehprogramm auseinandersetzt.[22]

Zwei Jahre später kommt das umfangreiche Werk von Nils Borstnar „Männlichkeit und Werbung“ heraus.[23] Er analysiert ausführlich das Bild des Mannes am Beispiel der Printanzeigen und Fernsehspots der Parfumindustrie.

Der Vollständigkeit halber müssen die Autoren Siegfried Schmidt und Brigitte Spieß erwähnt werden, die sich in zahlreichen Veröffentlichungen mit dem Thema Fernsehwerbung und im Besonderen mit Geschlechterrollen auseinandersetzen.[24]

Aktuelle Arbeiten zum Thema Frauen in den Medien finden sich bei Heidrun Baumann und Barbara Sichtermann.[25]

Besonders die Herangehensweise und entwickelten Stereotype aus den inhaltsanalytischen Arbeiten des Gebietes liegen meinen eigenen Untersuchungen zugrunde bzw. dienen sie diesen als Vergleich.

3. Werbung

3.1. Eigenschaften und Funktionen von Werbung

Werbung ist

„[…] jede Darbietung von Botschaften mit dem Ziel, Einstellungen und Handlungen der Adressaten zum Vorteil des Werbetreibenden zu Steuern.

(Brockhaus 1999, Band 24, Seite 73)

Diese sehr allgemeine Definition von Werbung, zeigt bereits ihren ursprünglichen Zweck. Ihr Ziel ist es, durch eine kommunikative Handlung, gleich welcher Form, einen Vorteil oder Nutzen für den Werbetreibenden zu erreichen. Da nach dieser Definition aber auch die Tatsache zur Werbung gezählt werden müsste, dass sich Frauen schminken, bevor sie das Haus verlassen, muss der Begriff ‚Werbung’ präzisiert werden. Der Begriff Werbung bezieht sich im modernen Sprachgebrauch hauptsächlich auf den Bereich der Wirtschaft (Wirtschaftswerbung, bis in die sechziger Jahre meist Reklame genannt).

Neben der Wirtschaftswerbung gibt es die Werbung für politische Zwecke (Propaganda) und Werbung für religiöse und kulturelle Zwecke.[26] Die beiden zuletzt genannten Bereiche sollen in dieser Arbeit keine Beachtung finden. Ich beschäftigte sich ausschließlich mit der Werbung, die zu wirtschaftlichen Zwecken in den Massenmedien auftaucht.

Im Folgenden ist mit Werbung ausschließlich Wirtschaftswerbung gemeint.

Günter Schweiger und Gertraud Schrattenecker unterteilen Werbung in drei Bereiche, wirtschaftspolitische Werbung, Firmenwerbung und Werbung für Teilbereiche eines Unternehmens, die sich wiederum in Absatz-, Beschaffungs- und Personalwerbung gliedert.[27] In Ihrem Buch geben die beiden Autoren eine prägnante Definition.

Unter Werbung versteht man die beabsichtigte Beeinflussung von marktrelevanten Einstellungen und Verhaltensweisen ohne formellen Zwang unter Einsatz von Werbemitteln und bezahlten Medien.

(Schweiger/Schrattenecker 1995, Seite 9)

Die Werbebotschaften werden hauptsächlich über die Massenmedien Fernsehen, Printmedien und Hörfunk verbreitet. Auch Plakatwerbung, Promotionaktionen und Product Placement sind Formen der Werbung, die hier aber keine Beachtung finden sollen, da sie für den Untersuchungsbereich nicht relevant sind.

Da das Angebot an Werbung sehr groß, und die Zeit, die jeder Rezipient auf eine Werbeeinheit durchschnittlich verwendet, gering ist, müssen die Werbebotschaften drei grundsätzliche Eigenschaften aufweisen, um eine größtmögliche Effizienz zu erreichen: Prägnanz, Verständlichkeit, Attraktivität.[28]

Je höher die Informationsüberlastung[29] der Medien in Bezug auf den Rezipienten ist, desto Prägnanter muss die Botschaft sein, um bemerkt und verarbeitet zu werden. Dies kann sich in der Kürze einer Information und/oder einer Übertreibung bzw. Überverdeutlichung bemerkbar machen.

Auch Provokationen können diesen Effekt verstärken.[30]

Die Verständlichkeit der Werbebotschaft ist ein weiterer wichtiger Punkt. Die Wortwahl muss es jedem ermöglichen, die Botschaft verstehen zu können, damit die gewünschte Beeinflussung stattfindet. Daher sind Werbenachrichten stets durch eine einfache Sprache gekennzeichnet. Eine Botschaft, die nicht verstanden wird, ist wertlos.

Zuletzt ist die Attraktivität ein entscheidendes Element der Wirksamkeit einer Werbebotschaft. Werbung will gefallen, bzw. muss es, um das Produkt im bestmöglichen Umfeld zu präsentieren. Daher arbeitet sie mit attraktiven Schlüsselreizen. In der Werbung werden die Sehnsüchte des Menschen nach Schönheit und Jugend dargestellt um Bedürfnisse zu wecken. Diese Elemente werden im Punkt 4.4. Werbeästhetik genauer beschrieben.

3.2. Werbeziele

Wie beschrieben, versucht Werbung mit Hilfe besonderer Kommunikationsmittel, meist mit den klassischen Massenmedien, das Verhalten oder die Einstellung des Rezipienten zu beeinflussen.

Im Falle der Absatzwerbung soll der Kunde durch Werbung dazu gebracht werden ein Produkt oder eine Dienstleistung zu erwerben.

Entschließt sich ein Unternehmen Werbung für ein Produkt zu machen, so müssen zuerst die zu erreichenden Werbeziele festgelegt werden.

Sie lassen sich in zwei übergeordnete Kategorien unterteilen: In ökonomische und kommunikative Werbeziele.[31]

Bei den ökonomischen Zielen handelt es sich um betriebswirtschaftliche Vorgaben. Diese können die Erhöhung des Umsatzes, Deckung bzw. Senkung der Kosten, oder eine Vergrößerung des Marktanteiles durch höhere Nachfrage sein. Die Folge wäre demnach eine Steigerung des Unternehmensgewinnes.

Parallel zu den ökonomischen Werbezielen können folgende kommunikative Ziele gesetzt werden: Eine Erhöhung der Aufmerksamkeit für das Produkt, eine Verbesserung des Produktwissens oder der Markenkenntnis, eine positive Beeinflussung der Einstellung zum Produkt (Imagepflege) und letztlich die Kaufabsicht.[32]

Bei der Zielsetzung gelten zwei wichtige Vorgaben. Erstens müssen

Werbeziele […] so konkret formuliert werden, dass der Erfolg den Werbemaßnahmen zugerechnet werden kann.

(Kroeber-Riel/Esch 2004, Seite 36)

Die Schwierigkeit bei der Überprüfung des Werbeerfolges liegt in der Zurechnungsproblematik[33]. Die Wirkung einer Werbekampagne lässt sich nur schwer messen. Demnach müssen Ziele formuliert werden, deren Einhaltung beispielsweise durch Meinungsumfragen innerhalb der Marktforschung überprüft werden kann. Demnach sind Zweitens

zur Operationalisierung der Werbeziele […] die Beeinflussungstechniken anzugeben, mit denen die Ziele erreicht werden sollen. (Kroeber-Riel/Esch 2004, Seite 38)

Da unterschiedliche Werbemittel und Medien auch verschiedene Wirkungen erzielen können, müssen die Ziele so formuliert werden, dass die Strategie zur Zielerreichung darin enthalten ist.[34]

Die Wege, mit denen die Werbeziele umgesetzt werden sollen, werden im nächsten Punkt näher betrachtet.

3.3. Strategien der Werbung

3.3.1. Der Kommunikationsablauf

Wie unter den vorangehenden Punkten beschrieben, besteht Werbung aus Botschaften, die den Konsumenten beeinflussen sollen, um ihn letztlich zum Kauf eines Produktes oder einer Dienstleistung zu bewegen.

Die einzelnen Abschnitte des Kommunikationsablaufes einer Werbebotschaft werde ich im Folgenden kurz zusammenfassen. Der Weg, den sie zurücklegt, ist in der folgenden Abbildung veranschaulicht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Modell des Kommunikationsablaufs (Quelle: Schweiger/Schrattenecker 1995, Seite 22)

Die Werbebotschaft wird von einem Unternehmen bzw. einer Werbeagentur festgelegt und daraufhin in Wort und Bild, z. B. in eine Anzeige oder einen TV-Spot umgesetzt. Sie wird damit verschlüsselt bzw. codiert.

Dabei ist das ‚kulturelle Wissen’, also das Zeichenverständnis einer Kultur von sehr hoher Bedeutung.[35] Die Codierung erfolgt demnach durch Zeichen, die innerhalb einer Kultur eine allgemein verständliche Bedeutung besitzen.

Das Ergebnis wird mittels eines Mediums übertragen, im Falle einer Anzeige erscheint diese in einer Zeitung oder Zeitschrift. Der Empfänger nimmt die codierte Botschaft auf und übersetzt sie mit seinen subjektiven Mitteln, genauer seinem Wissen, seinen Wertvorstellungen und Erfahrungen.

An jedem Bindeglied dieser Kommunikationskette können allerdings Einflüsse auftreten, die dazu führen, dass die Botschaft den Empfänger anders erreicht, als dies vom Sender beabsichtigt ist. Besonders bei dem Übersetzungsprozess durch die Zielperson, kann es durch die subjektive Interpretation zu Missverständnissen kommen.[36] So interpretiert ein Mann ein Werbeplakat mit der Abbildung einer spärlich bekleideten Frau sicherlich anders, als eine Frau, die sich feministisch engagiert.

Auch unvorhergesehene äußere Einflüsse können zu einer Fehlinterpretation führen. In den sechziger Jahren z. B. warb der amerikanische Telekommunikationskonzern AT&T mit dem Slogan „we hear you“. Während die Kampagne lief, deckte die Presse den Watergate-Skandal auf, in dem es um illegale Lauschangriffe durch die amerikanische Regierung ging. Der Slogan wurde aufgrund der aktuellen Debatte daher mit der Bedeutung „Wir überwachen euch“ aufgefasst.[37]

Dies zeigt, wie äußere Einflüsse zu einem Missverständnis beim Rezipienten führen können.

Für die Werbetreibenden gilt also zu beachten, dass die Botschaft so codiert wird, dass sie vom Empfänger leicht zu übersetzen ist und so aufgenommen wird, wie es vor der Verschlüsselung vorgesehen war.

3.3.2. Marktsegmentierung

Durch eine schnelle Ausweitung und zunehmende Professionalisierung des Werbemarktes nach dem zweiten Weltkrieg, entwickelte sich nach und nach eine differenzierte Analyse des Verbraucherverhaltens.

Insbesonder durch die Sättigung des Angebotes waren Unternehmen gezwungen, individuelle Werbebotschaften zielgerichtet an den Verbraucher zu senden, um ihrem Produkt Vorteile im Konkurrenzkampf zu verschaffen. Aus diesem Grund begann man die Konsumenten in einzelne Segmente zu unterteilen.

In den fünfziger Jahren wurde zuerst in geographische Gruppen unterteilt. später kam eine demographische bzw. sozioökonomische Klassifizierung hinzu, die die persönlichen Fakten wie Geschlecht, Alter, Einkommen, Bildungsstand etc. erfasste.

In den siebziger Jahren begannen Werbeagenturen und Forscher mittels umfangreicher Umfragen psychographische Daten der Konsumenten zu sammeln. Dazu zählen z. B. Wertvorstellungen, Interessen, Lebensstile und Einstellungen.[38] Die Segmentierungskriterien müssen direkt oder indirekt etwas mit dem Kaufverhalten der Personen zu tun haben, sonst sind sie für die Werbeindustrie uninteressant.

Die Umfragen, die per Telefon, Internet oder in einem persönlichen Kontakt mittels Fragebogen durchgeführt werden, bestehen in der Regel aus Aussagen, die je nach Beschaffenheit mit dem Schulnotensystem oder Beurteilungsreihen (z. B. „immer“, „oft“, „gelegentlich“, ‚selten“, „nie“) bewertet werden sollen.

Nach Auswertung der Daten werden die Befragten dann in Zielgruppen unterteilt, die in der Regel nach ihren Eigenschaften benannt werden (bei Männern sind es beispielsweise „der Traditionsbewusste“ oder „der vergnügungsorientierte Mann“)[39]. Dabei sollte das Kaufverhalten innerhalb einer Gruppe möglichst homogen, zwischen zwei Zielgruppen möglichst unterschiedlich sein.[40] Weitere Grundvoraussetzungen für eine funktionierende Marktsegmentierung sind Erreichbarkeit der Zielgruppen auf medialem Wege, zeitliche Stabilität der Kriterien und die Messbarkeit der zu erfassenden Merkmale.[41] Die Ausgaben für derart aufwändige Marktforschung müssen immer im Verhältnis zum wirtschaftlichen Nutzen stehen. Heute übernehmen große Marktforschungsinstitute diese Aufgabe im Auftrag der Werbeindustrie.

Die Ergebnisse ermöglichen den Werbetreibenden ihre Werbebotschaften exakt dem Zielpublikum anzupassen. Aus ihnen ergeben sich aber nicht nur inhaltliche Elemente sondern auch die Wege, mit denen die Botschaft ihr Ziel am effektivsten erreicht und somit Streuverluste vermeidet.

Günter Schweiger und Gertraud Schrattenecker beschreiben drei Strategien, die von Unternehmen verfolgt werden können. Beim undifferenzierten Marketing wird der gesamte Markt mit einem Marketing-Mix[42] bearbeitet, um möglichst viele Kunden zu erreichen.

Das differenzierte Marketing meint, dass verschiedene Segmente mit einem jeweils zugeschnittenen Marketing-Mix angesprochen werden. Dies zieht jedoch höhere Werbekosten nach sich.

Beim konzentrierten Marketing richtet sich das Unternehmen mit einem individuellen Marketing-Mix an nur eine Zielgruppe, um dort einen möglichst hohen Marktanteil zu erzielen.[43]

Hat ein Unternehmen sich für eine der Möglichkeiten entschieden, folgt die Positionierung des Produktes, auf die ich im nächsten Punkt eingehen werde.

3.3.3. Marktstrategische Positionierung

Um die unter Punkt 3.2. beschriebenen Ziele zu erreichen, bedarf es im nächsten Schritt einer gelungenen Positionierung des zu bewerbenden Produktes, die gleichzeitig alle Bedingungen des Marktes berücksichtigt, die notwendigen Bedingungen werden unter Punkt 3.4. dargelegt.

Werner Kroeber-Riel und Franz Rudolf Esch definieren die Positionierung treffend als Verwendung aller

[…] Maßnahmen, die darauf abzielen, das Angebot so in die subjektive Wahrnehmung der Abnehmer einzufügen, dass es sich von den konkurrierenden Angeboten abhebt und diesen vorgezogen wird.

(Kroeber-Riel/Esch 2004, Seite 48)

Produkte, die keine Konkurrenz auf dem Markt haben, bilden hierbei eine Ausnahme. Dies ist jedoch sehr selten der Fall. Bei den meisten Produkten stehen die Werber aktuell einem gesättigten, konkurrenzwirtschaftlichen Markt gegenüber. Als Grundlage für die Positionierungsstrategie dienen die, im vorangegangenen Punkt beschriebenen, Analysedaten der Marktforschung über Gewohnheiten und Eigenschaften der jeweiligen Zielgruppen.

Die Positionierung kann in der Regel durch vier unterschiedliche Strategien[44] erfolgen, die im Folgenden zusammengefasst werden.

1. Positionierung durch Emotion und Information:

Bei dieser Strategie gilt es, durch emotionale Elemente die Bedürfnisse des Rezipienten zu wecken bzw. anzusprechen. Gleichzeitig werden Informationen über Eigenschaften des Produktes vermittelt, die gegebenenfalls vorhandene Bedürfnisse bedienen.

Je nach Marktlage können sowohl die emotionalen als auch die informativen Botschaften mit denen der Konkurrenz übereinstimmen oder sich von diesen unterscheiden.

2. Positionierung durch Emotion:

Sind Produkte gleicher Kategorien sehr ähnlich oder ist das Interesse an den Eigenschaften einer Produktgruppe sehr gering, so wird in der Regel ausschließlich auf emotionale Werbebotschaften gesetzt. Dadurch bekommt die eigentlich austauschbare Ware eine individuelle Verknüpfung und hebt sich aus der Masse ab. Es soll ein Erlebnischarakter hergestellt werden.

Studien belegen, dass der Erfolg von emotionalen Werbebotschaften in gesättigten, etablierten Produktfeldern weitaus höher liegt als der einer rein informativen Werbung.[45]

3. Positionierung durch Information:

Eine rein informative Positionierung ist vor allem in neuen Marktnischen und bei innovativen Produkten sinnvoll. Es wird meist sachlich über Eigenschaften des Produktes informiert. Dies reicht als Werbebotschaft bereits aus, da es darum geht, dem Konsumenten ein neues Produkt vorzustellen. Außerdem kann davon ausgegangen werden, dass auf Verbraucherseite Interesse an neuen Produkten besteht und Bedürfnisse vorhanden sind, die durch eine Vermittlung der Produktinformationen gestillt werden können.

Die informative Positionierung ist die klassische Form der Wirtschaftswerbung.

4. Positionierung durch Aktualität:

Bei der Positionierung durch Aktualität steht nicht das eigentliche Bewerben eines Produktes im Vordergrund, sondern vielmehr die Thematisierung einer Marke (vereinzelt auch eines Markenproduktes).

Diese Strategie arbeitet weder mit erhöhter Emotionalität noch mit viel Information. Ziel ist es, durch eine auffallend inszenierte Werbebotschaft (z. B. einem witzigen Werbespot), in Verbindung mit der Nennung des Markennamens, diesen in das Bewusstsein der Konsumenten zurückzubringen. Dadurch wird die Aktualität der Marke erhöht. Die Positionierung durch Aktualität profitiert vom Agenda Setting Effekt. Nach der Theorie des Agenda Setting, werden die Themen, die von den Medien hervorgehoben werden, für die Rezipienten als wichtig erachtet.[46]

Die einzelnen Strategien müssen nicht isoliert auftretet. Ein Mix verschiedener Positionierungsverfahren ist gängige Praxis in der Werbeindustrie. Da die Mediennutzung und die Gewohnheiten unterschiedlicher Zielgruppen stark variieren können, variieren ebenfalls die Werbeangebote der Unternehmen. Beispielsweise ist es denkbar, dass ein Produkt durch emotional aufgezogene TV-Werbespots und gleichzeitig durch eher informativ gestaltete Anzeigen in Hörfunk und Zeitung beworben wird.

Bedingt durch den hart umkämpften Werbemarkt müssen die Positionierungsstrategien den Zielgruppen optimal und individuell angepasst werden.

Beispiel: Ein Kosmetikunternehmen entwickelt einen neuen Lippenstift mit Sonnenschutzfunktion. Aus den Umfragen ergibt sich, dass die weibliche Zielgruppe häufig Zeitschriften liest, zum Großteil aus Singles besteht und gerne in den Urlaub fährt. Nun würde es sich anbieten, Anzeigen in Frauenzeitschriften zu schalten, in denen: erstens das Produkt zu sehen ist, zweitens über die neuen Fähigkeiten informiert wird und drittens das Element ‚Urlaub’ (z. B. als ein schöner weißer Strand mit Sonne und Palmen) einbezogen ist, indem ein Mann einer Frau hinterher schaut, die natürlich den beworbenen Lippenstift verwendet.

3.4. Bedingungen der Werbung

Um den Inhalt von Werbung verstehen und analysieren zu können, müssen nicht nur die Entwicklungsprozesse bekannt sein, auch die aktuellen Rahmenbedingungen sollten beachtet werden. Dadurch wird deutlich, in welchem Umfeld Werbung entsteht und welchen Anforderungen sie standhalten muss, um erfolgreich zu sein.

Im Folgenden werden kurz die wichtigsten Rahmenbedingungen zusammengefasst. Sie gliedern sich in Kommunikationsbedingungen, Marktbedingungen und gesellschaftliche Bedingungen.

Verfolgt man die Entwicklung der Anzeigenwerbung so fällt auf, dass in den sechziger Jahren eine ganzseitige Anzeige zum Großteil aus Text bestand. Heute besteht der Textteil meist aus einem einzigen Slogan und dem Namen des beworbenen Produktes.

Der Grund hierfür ist die Informationsüberlastung in der heutigen Medienlandschaft. Das bedeutet, der Anteil der angebotenen Information liegt im Verhältnis deutlich höher als der Anteil der durchschnittlich aufgenommenen Information. Müsste ein Leser beispielsweise 50 Minuten aufwenden, um alle Anzeigen einer Zeitschrift aufzunehmen und würde er tatsächlich nur zwei Minuten dafür verwenden, so läge der Informationsüberschuss bei 96 Prozent.

Dies liegt an dem großen Medienangebot unserer Zeit und hat für die Werbung zufolge, dass ihre Botschaften häufiger durch Bilder als durch Text vermittelt werden, da die Information eines Bildes wesentlich schneller aufgenommen werden kann.[47]

Werbung charakterisiert sich also durch eine Dominanz der Bildkommunikation.[48]

Ein weiterer, in vorangegangenen Kapiteln bereits angesprochener Punkt, ist die zunehmende Sättigung des Marktes. Der hohe Konkurrenzdruck führt dazu, dass Wirtschaftswerbung nicht mehr nur Produkteigenschaften vorstellt, wie es in den fünfziger und sechziger Jahren üblich war. Vielmehr wird versucht, ganze Erlebniswelten durch emotionale Werbebotschaften aufzubauen, die nur mit dem beworbenen Produkt verwirklicht werden können. Marktforschung und Marktsegmentierung (s. Punkt 3.3.3.) sind die Mittel, die die Werbeindustrie verwendet, um unter schwierigen Bedingungen Vorteile gegenüber der Konkurrenz herauszuarbeiten.

Die gesellschaftlichen Bedingungen sind in hohem Maße bedeutend für die Werbeindustrie, die stets den Puls der Zeit treffen will und muss.

Neben den individuellen Wertvorstellungen und Interessen der einzelnen Zielgruppen, sind vor allem gesamtgesellschaftliche Werte- und Bewusstseinswandel zu berücksichtigen, denen sich die Werbung anpassen muss. Anfang der sechziger Jahre kam bei den Menschen im Zuge des Wirtschaftswunders auch der Wunsch nach Freizeitgestaltung und Urlaubsplanung auf. Dieser wurde deshalb auch in der Werbung thematisiert, um die Bedürfnisse der Bevölkerung zu bedienen.

Anfang der achtziger Jahre gab es z. B. die Entwicklung hin zu einem gesteigerten Umweltbewusstsein. Insbesondere die Automobilindustrie reagierte darauf mit Werbung für sparsame Motoren und umweltfreundlichen Abgasfilter.

Seit den achtziger Jahren ist eine Entwicklung besonders im Bereich der Jugendkultur zu erkennen, „[…] die auf eine gleichzeitige Existenz unterschiedlicher Werte, Wünsche und Lebensentwürfe hinauslief […]“ (Fischer/Westermann 2001, Seite 131)

Aktuell ist, bedingt durch Körperbewusstsein und Lebensmittelskandale, ein ausgeprägtes Bedürfnis nach gesunden, ökologischen Lebensmitteln und Diätnahrung entstanden, das von der Industrie und der Werbung aufgegriffen wird. Kroeber-Riel und Esch halten in dem Zusammenhang fest, dass die Menschen eine immer größere Erlebnis- und Genussorientierung[49] besitzen und nennen in diesem Zusammenhang den Begriff der ‚Spaßgesellschaft’.

Auf derartige gesellschaftliche Veränderungen muss die Werbung reagieren, wenn sie erfolgreich sein will.

3.5. Werbung und Gesellschaft

Werbung ist gleichzeitig Bestandteil und Spiegelbild einer Kultur ihrer Hersteller. Werbestile sind immer auch Gestaltungsstile eines bestimmten Stadiums künstlerischer, gesellschaftlicher, politischer wie auch technischer Entwicklungen.

(Bergler/Pörzgen/Harich 1992, Seite 16 f.)

Dies sagt bereits einen Großteil über den Einfluss der Gesellschaft auf die Inhalte von Werbung aus. Insbesondere in Anbetracht des Schwerpunkts dieser Arbeit wird im Analyseteil darauf zu achten sein, inwiefern die dargestellten Geschlechterrollen auch ein Abbild unserer Gesellschaft darstellen und welche Aufgaben sie innerhalb der Werbespots erfüllen.

Durch kleiner werdende Marktsegmente und den immer größeren Anteil der Zielgruppenwerbung, wird Werbung mehr und mehr ein differenziertes Abbild unserer Gesellschaft.[50] Auch kleinere Gruppen sind mittlerweile in der Werbelandschaft vertreten. Dies liegt zum einen am enormen Werbeangebot, das mehr Platz für verschiedene Inhalte bietet und zum anderen an den individuellen, den Zielgruppen angepassten Werbebotschaften.[51]

Auch Schmidt und Spieß stellen fest, dass Werbung ein Spiegelbild der Gesellschaft ist, da sie vorhandene Bedürfnisse artikuliert. Sie verweisen jedoch umgekehrt darauf, dass Werbung auch Bedürfnisse erzeugt und daher neue Werte an das Publikum vermittelt.[52]

Kloepfer und Landbeck widersprechen dem Vergleich der Werbung als ein Spiegelbild der Gesellschaft. Sie sehen sie kritisch als eine „[…] Brille, mit der wir unsere Welt betrachten sollen – allerdings eine sehr teure Brille […]“ (Kloepfer/Landbeck 1991, Seite 221).

Da Werbung immer den gesellschaftlichen Wandel aufgreift und thematisiert und sich dem Zeitgeist anpasst, spiegelt sie auch automatisch die Gesellschaft wider. Jedoch nicht im vollen Umfang. Sie tut dies nur in dem Maße, in dem es ihren Zwecken dient. Demnach ergibt sich:

[...]


[1] Vgl. ZAW 2005, Seite 280 ff.

[2] Dieser Aspekt wird unter Punkt 3.4. ‚Werbung und Gesellschaft’ genau behandelt.

[3] Vgl. ZAW 2005, Seite 289

[4] S. Clark 1998

[5] S. Kroeber-Riel 1982, 1998, 2003,2004

[6] S. Friedrichsen/Jenzkowsky 1999

[7] S. Kloepfer/Landbeck 1991

[8] S. Heller 1984

[9] S. Bergler/Pörzgen/Harich 1992

[10] S. Hickethier 1996

[11] S. Monaco 2000

[12] S. Seyfarth 1995

[13] Vgl. Wenger 2000, Seite 53

[14] S. Brechtel-Schäfer 1972

[15] S. Küchenhoff 1975

[16] Vgl. Neverla 1994, Seite 262 ff.

[17] S. Hastenteufel 1980

[18] S. Kotelmann/Mikos 1981

[19] S. Weiderer 1993

[20] S. Mühlen-Achs/Schorb 1995

[21] S. Zurstiege 1998

[22] S. Wenger 2000

[23] S. Borstnar 2002

[24] S. Schmidt/Spieß 1991,1994, 1995

[25] S. Baumann 2000 und Sichtermann/Kaiser 2005

[26] Vgl. Schweiger/Schrattenecker 1995, Seite 11

[27] Ebd.

[28] Vgl. Bergler/Pörzgen/Harich 1992, Seite 16

[29] Vgl. Kroeber-Riel/Esch 2004, Seite 13 ff. und unter Punkt 3.4.

[30] Ein Beispiel sind die aktuellen Slogans großer Elektronikmärkte, die mit

‚Geiz ist geil’, ‚Lass dich nicht verarschen’ und ‚Bester Mediamarkt aller Zeiten’ kurze Botschaften vermitteln, die zum Teil in den allgemeinen Sprachgebrauch übernommen werden.

[31] Vgl. Schweiger/Schrattenecker 1995, Seite 55 f.

[32] Ebd. Seite 56

[33] Vgl. Kroeber-Riel/Esch 2004, Seite 36 f.

[34] Ebd. Seite 38

[35] Vgl. Borstnar 2002, Seite 20

[36] Vgl. Schweiger/Schrattenecker 1995, Seite 21 ff.

[37] Ebd. Seite 23

[38] Vgl. Clark 1989, Seite 232

[39] Vgl. Clark 1989, Seite 233

[40] Vgl. Schweiger/Schrattenecker 1995, Seite 121

[41] Ebd. Seite 122

[42] Mit Marketing-Mix ist ein Paket von Werbeelementen gemeint, z. B. eine Kampagne bestehend aus Fernseh-, Radio- und Printwerbung sowie Promotionauftritten.

[43] Vgl. Schweiger/Schrattenecker 1995, Seite 131

[44] Vgl. Kroeber-Riel/Esch 2004, Seite 47 ff.

[45] Ebd. Seite 77 ff.

[46] Die Agenda-Setting-Theorie soll hier nicht weiter beachtet werden. Näheres dazu in Rössler 1997, Seite 15 ff. sowie Ingenkamp 1996, Seite 102 ff.

[47] Vgl. Kroeber-Riel/Esch 2004, Seite 18 ff.

[48] Ebd.

[49] Ebd. Seite 33.

[50] Vgl. Bergler/Pörzgen/Harich 1992, Seite 17

[51] In den fünfziger Jahren waren die Protagonisten der Werbelandschaft in erster Linie Hausfrauen und Familienväter, heute findet sich ein Großteil des Spektrums gesellschaftlicher Stereotypen wieder.

[52] Vgl.Schmidt/Spieß 1994, Seite 58

Fin de l'extrait de 131 pages

Résumé des informations

Titre
Geschlechterrollen in der Werbung
Université
University of Bonn
Note
2.0
Auteur
Année
2006
Pages
131
N° de catalogue
V56610
ISBN (ebook)
9783638512497
ISBN (Livre)
9783656447634
Taille d'un fichier
1292 KB
Langue
allemand
Mots clés
Geschlechterrollen, Werbung
Citation du texte
Christoph Niemann (Auteur), 2006, Geschlechterrollen in der Werbung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/56610

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