Eine kontrastive Untersuchung der Modalpartikeln in Erich Kästners "Emil und die Detektive" und dessen Übersetzung ins Lettische


Diplomarbeit, 2006

68 Seiten, Note: 1.1


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

Einleitung

1. Modalpartikeln
1.1. Deutsche Modalpartikeln
1.1.1. Bemerkungen zur Geschichte des deutschen Begriffes Modalpartikel
1.1.2. Modalpartikeln in den deutschen Grammatiken und in der Fachliteratur (Weydt, Engel, Liefländer-Koistinen)
1.2. Lettische Modalpartikeln
1.3. Vergleich der häufigesten deutschen und lettischen Modalpartikeln

2. Modalpartikeln als Übersetzungsproblem

3. Vergleichende Analyse beider deutscher Originaltexte

4. Analyse der lettischen Übersetzung des Dokumentationsmaterials
4.1. Betrachtung der deutschen Modalpartikel aber
4.1.1. Wiedergabe der Modalpartikel aber in den veröffentlichten Übersetzungen des Originaltextes
4.1.2. Wiedergabe der Modalpartikel aber in den Testübersetzungen des Originaltextes
4.2. Betrachtung der deutschen Modalpartikel denn
4.2.1. Wiedergabe der Modalpartikel denn in den veröffentlichten Übersetzungen des Originaltextes
4.2.2. Wiedergabe der Modalpartikel denn in den Testübersetzungen des Originaltextes
4.3. Betrachtung der deutschen Modalpartikel doch
4.3.1. Wiedergabe der Modalpartikel doch in den veröffentlichten Übersetzungen des Originaltextes
4.3.2. Wiedergabe der Modalpartikel doch in den Testübersetzungen des Originaltextes
4.4. Betrachtung der deutschen Modalpartikeln eben, etwa, mal
4.4.1. Wiedergabe der Modalpartikeln eben, etwa, mal in den veröffentlichten Übersetzungen des Originaltextes
4.4.2. Wiedergabe der Modalpartikeln eben, etwa, mal in den Testübersetzungen des Originaltextes
4.5. Betrachtung der deutschen Modalpartikel eigentlich
4.5.1. Wiedergabe der Modalpartikel eigentlich in den veröffentlichten Übersetzungen des Originaltextes
4.5.2. Wiedergabe der Modalpartikel eigentlich in den Testübersetzungen des Originaltextes
4.6. Betrachtung der deutschen Modalpartikeln ja, vielleicht, wohl
4.6.1. Wiedergabe der Modalpartikeln ja, vielleicht, wohl in den veröffentlichten Übersetzungen des Originaltextes
4.6.2. Wiedergabe der Modalpartikel ja in den Testübersetzungen des Originaltextes
4.7. Wiedergabe der komplettierbaren Modalpartikeln in der lettischen Sprache
4.8. Resümee über die veröffentlichten Übersetzungen und Testübersetzungen des Originaltextes

Schlusswort

Abkürzungen

Literaturverzeichnis

Annotation

Erklärung

Anhang 1

Anhang 2

Einleitung

Wer dolmetschen will, muss großen Vorrat von Worten haben, damit er die recht zur Hand haben kann, wenn eins nirgendwo klingen will.

Martin Luther „Sendbrief vom Dolmetschen“ (1530)

Im Leben jedes Menschen spielt die gesprochene Sprache, die der menschlichen Kommunikation zu Grunde liegt, eine große Rolle.

Wie gut ein Mensch mit anderen Menschen kommunizieren kann, hängt oft mit der Geschicklichkeit seiner Sprache zusammen. Die Sprache kann nicht von sich aus geschickt oder ungeschickt sein, alles hängt davon ab, wie geschickt oder ungeschickt ein Mensch mit der Sprache umgeht.

Mit Hilfe der Sprache kann der Mensch den anderen Menschen eine richtige oder falsche Vorstellung von sich bieten. Die Wirkung des Textes wird nicht nur durch die Wortwahl und der Inhalt bestimmt, sondern auch durch das Verhältnis des Redners zum gesprochenen Text oder zum Inhalt des gesprochenen Textes.

Die Menschen benutzen sehr unterschiedliche Mittel um ihre Rede lebendiger zu gestalten: Gestikulation, Mimik, Veränderungen der Stimme u.a., doch es gibt auch andere Mittel, die den Ton, das Verhältnis des Redners zu dem Text deutlich zu machen helfen: die sprachlichen Mittel.

Eines der sprachlichen Mittel, das in der deutschen Sprache und auch in der lettischen Sprache (als auch in vielen anderen Sprachen) für diesen Zweck benutzt wird, sind die Modalpartikeln (MPn).

Für sehr viele Menschen ist der Begriff Modalpartikel (MP) leider vollkommen fremd.

In der Sprachwissenschaft der deutschen Sprache ist über die Partikeln allgemein und die MPn im Besonderen viel geforscht worden, aber in der lettischen Sprache wurden die Partikeln (besonders die MPn, die in den neusten lettischen Grammatiken noch kaum erscheinen) vernachlässigt. Deshalb ist das Ziel der vorliegenden Arbeit Geschichte, Funktion und Übersetzungsmöglichkeiten, sowie die Übersetzungstendenzen der MPn aus der deutschen Sprache in die lettische Sprache anhand von Erich Kästners „Emil und die Detektive“ (1929) und dessen Übersetzungen ins Lettische (1951, 1998) zu untersuchen.

Die Wahl des Dokumentationsmaterials hängt stark von der Funktion der MPn ab, um das Verhältnis des Redners zum gesprochenen Text zu zeigen. Aus diesem Grund sind Bücher, in denen viele Dialoge zu finden sind, das beste Dokumentationsmaterial.

Die Bücher, die fast nur aus Dialogen bestehen, sind Kinderbücher. In Kinderbüchern sind die Dialoge häufig sehr emotional, und in emotionalen Dialogen ist das schon erwähnte Verhältnis am besten zu sehen.

Die Autorin der vorliegenden Arbeit (aus Vereinfachungsgründen wird im weiteren Text die Bezeichnung "Autorin" gebraucht) untersucht ebenfalls, wie die Übersetzer die vorkommenden deutschen MPn im Lettischen wiedergegeben haben. Es handelt sich bei der vorliegenden Arbeit um eine kontrastive Studie zum Sprachenpaar Deutsch-Lettisch. Um eine übersichtliche Analyse durchführen zu können, stellt die Autorin mehrere Tabellen zusammen und führt einen Vergleich mit einem Wörterbuch durch. Es wird exemplarisch untersucht, wie die Übersetzer mit vorhandenen MPn umgehen

Mit Hilfe der Analyse soll ausgehend vom deutschen Originaltext und dessen veröffentlichten lettischen Übersetzungen exemplarisch untersucht werden, welche Möglichkeiten es gibt, deutsche MPn und ihre jeweiligen Funktionen ins Lettische zu übersetzen.

Um sich zu überzeugen, ob die Entwicklung der lettischen Sprache dazu geführt hat, dass die MPn der deutschen Sprache nur sinngemäß und kontextbedingt wiedergegeben werden und ob für die Wiedergabe in der lettischen Sprache hauptsächlich andere Sprachmittel benutzt werden, untersucht die Autorin auch 12 neue, nicht veröffentlichte Testübersetzungen (TÜn) von bestimmten Teilen des deutschen Originaltextes.

Im Anhang der vorliegenden Arbeit sind sämtliche Testübersetzungen zu finden, die die Autorin so hinzugefügt hat, wie sie diese von den beauftragten Übersetzern erhalten hat – ohne Korrektur. Die Übersetzer der Textteile sollen anonym bleiben. Die nicht veröffentlichten Testübersetzungen sind nummeriert.

Der Roman von Erich Kästner ist ein sehr interessantes und wertvolles Untersuchungsmaterial auch aus folgenden Gründen: Im Jahre 1929 hat Erich Kästner den Kinderroman „Emil und die Detektive“ geschrieben, der in die lettische Sprache übersetzt wurde.

Der Roman in der lettischen Sprache erschien unter dem Namen „Emīls un Berlīnes zēni” („Emil und die Berliner Jungen”). Sowohl das Jahr der Ersterscheinung des Buches in der lettischen Sprache, als auch den Namen des Übersetzers konnte die Autorin leider nicht ermitteln, da sämtliche Informationen, die die erste Übersetzung betreffen, im Laufe der Zeit in Archiven verloren gegangen sind. Es kann davon ausgegangen werden, dass diese Übersetzung aus dem Anfang 30-er Jahre stammt, da damals die Verlage sehr erfolgreiche Bücher zügig ins Lettische übersetzen liessen.

Im Jahre 1962, mehr als dreißig Jahre nach der Erstveröffentlichung der deutschen Originalausgabe, erschien in Moskau das Buch von Erich Kästner „Emil und die Berliner Jungen“ als Lesebuch für den Deutschunterricht in sowjetischen Schulen, somit wurde das Buch im Unterricht auch in Lettland benutzt, das von 1940 bis 1991 Sowjetrepublik war.

Das Buch „Emil und die Berliner Jungen“ (1962) ist eine vereinfachte Version von „Emil und die Detektive“ (1929) – dasselbe Inhalt, einfacher geschrieben. Diese Ausgabe wurde nie als Ausgangstext für eine lettische Übersetzung verwendet.

Nach der Wiedergewinnung der Unabhängigkeit Lettlands wurde das Buch „Emil und die Detektive“ (1929) von der Übersetzerin Laima Rūmniece neu übersetzt. Auch dieses Mal ist das Buch in lettischer Sprache unter dem Titel „Emīls un Berlīnes zēni“ („Emil und die Berliner Jungen“) veröffentlicht worden.

Das Erscheinungsjahr der zweiten Übersetzung ist leider in dem Buch nicht angegeben, doch mit Hilfe von Internetquellen ist es der Autorin gelungen herauszufinden, dass das Buch „Emīls un Belīnes zēni” im Jahre 1998 in Lettland erschienen ist.

Wegen der interessanten Geschichte des Originaltextes untersucht die Autorin sowohl die beiden veröffentlichten Übersetzungen (VÜn), als auch die Gemeinsamkeiten und Unterschiede beider deutschen Originaltexte.

Als Grundlage für den theoretischen Teil der Arbeit hat die Autorin folgende Fachliteratur gewählt:

- „Deutsche Grammatik“ (1998) von Gerhard Helbig und Joachim Buscha;
- „Handbuch der deutschen Grammatik“ (2003) von Elke Hentschel und Harald Weydt;
- Beiträge von Luise Liefländer – Koistinen (siehe Literaturverzeichnis);
- „Lettische Grammatik“ (2001) von Berthold Frossman und andere.

1. Modalpartikeln

Zur Beschreibung der deutschen Modalität ist es hilfreich, sich auf die Grammatik-Theorien von Götze/ Hess-Lüttich (1999, S. 114) zu stützen. Sie schreiben, dass ein Sprecher/Schreiber ein Geschehen als wirklich, möglich, vorstellbar, gewünscht, befohlen, unwirklich, unsicher oder unmöglich darstellen kann. Laut beider Autoren kann der Sprecher die Aussage (Rede) eines anderen wiedergeben und seine eigene Meinung dazu ausdrücken. Diese unterschiedlichen Aussagemöglichkeiten werden als Modalität des Satzes, ausgedrückt durch morphologische und lexikalisch-pragmatische Mittel, bezeichnet.

Zu den lexikalisch-pragmatischen Mitteln zählen laut Götze / Hess-Lüttich (1999, S. 114) die Adverbien (vielleicht, sicher(lich), möglicherweise, bestimmt, hoffentlich, fast, beinahe), die Modalpartikeln (denn, schon, doch), die modale Wortgruppen (meiner Meinung nach, meines Erachtens) sowie die modalen Hilfsverben (wollen, sollen, müssen, dürfen, können, mögen) und die Umschreibungen:

- haben + Infinitiv mit zu
- sein + Infinitiv mit zu

Zu den lexikalisch-pragmatischen Mitteln gehört auch die Umschreibung der Konjunktiv-Form mit würde.

In der deutschen Grammatik gibt es auch andere Einteilungen der lexikalisch-pragmatischen Mittel, die sich von der oben erwähnten Einteilung unterscheiden (vgl. Hentschel, Weydt 2003, S. 114).

In der lettischen Sprache kann die Modalität durch die Modi Indikativ, Imperativ, das Supinum in konditionaler Funktion, Optativ, Debitiv und Modus relativus sowie durch Modalverben, Modalpartikeln und Partizipialformen ausgedrückt werden.

Das baltische Verbalsystem ist durch den Schwund der Modi bis auf Indikativ und Imperativ gegenüber dem Urindogermanischen stark vereinfacht worden. Um ein Ausgleich zu schaffen, ist zum einen eine Reihe von Modi völlig heu geschaffen worden (zu nennen sind hier: der Debitiv, aber auch der Modus relativus und der Optativ); zum anderen haben das Supinum und z. T. die Partizipien modale Funktionen erhalten (vgl. Frossmann 2001, S. 296).

1.1. Deutsche Modalpartikeln

Die Partikeln der deutschen Sprache gehören zu den unflektierbaren Hilfswörtern. Sie bilden keine Satzglieder, sondern dienen zum Ausdruck verschiedener Bedeutungsschattierungen eines Satzgliedes oder eines Satzes, d. h., sie beziehen sich immer auf eine ganze Äußerung und nie auf ein einzelnes Wort. Sie verleihen der Äußerung damit eine zusätzliche Bedeutung (vgl. Liefländer-Koistinen 1999, S. 120).

Engel (1996, S. 762) gibt folgende Definition der Modalpartikeln an :

„Die Modalpartikeln sind eine Gruppe von Partikeln, die im Vorfeld eines Aussagesatzes (Konstativsatzes) stehen können, so z.B. zu den Modalpartikeln werden gezählt: aber, auch, bloß, denn, doch, eben, etwa, eigentlich, ja, mal, nun, nur, ruhig, schon, vielleicht, wohl. Das sind die wichtigsten Modalpartikeln.“

Die Modalpartikeln werden in der deutschen Sprache auch als Abtönungspartikeln, Satzpartikeln, illokutive Partikeln und Einstellungspartikeln bezeichnet. Nach ihrer semantisch-pragmatischen Funktion sind die MPn eine definierte Klasse von Partikeln (vgl. Engel 1996, S. 762-763).

Allerdings sind sich die Sprachwissenschaftler über die Zahl der MPn nicht einig. Je nach Autor kommen in der deutschen Sprache 15 bis 30 MPn vor. So umfasst z.B. der Grammatik der deutschen Sprache zufolge (Zifonun 1997, S. 1209) die deutsche Modalpartikelklasse einen Kernbereich von 16 Wörtern (aber, auch, bloß, denn, doch, eben, etwa, halt, ja, mal, man (regional), nicht, nur, schon, vielleicht und wohl) sowie einen Randbereich von 6 Wörtern (eh, eigentlich, einfach, erst, ruhig und überhaupt).

1.1.1. Bemerkungen zur Geschichte des deutschen Begriffes Modalpartikel

Bevor sich der Begriff Modalpartikel in der Linguistik durchgesetzt hat, war der Terminus Abtönungspartikel weit verbreitet. Seinen Ursprung hatte dieser Terminus in der Dissertation von Harald Weydt (Dissertation von 1969), die für die Partikelforschung maßgebend war. Erst im Jahr 1971 tauchte in einer Arbeit von Brinkmann zum ersten Mal die Benennung „Modalpartikel“ auf, die Brinkmann in Anlehnung an den von Krivonosov (Dissertation von 1963) benutzten Begriff „modale Partikeln“ verwendete (vgl. Vucaj 2003, S. 6).

Nach U. Vucaj (2003, S. 6) wurden vor allem in älteren Schriften und Grammatiken, bevor sich die Sprachwissenschaftler der eigentlichen Bedeutung von Modalpartikeln widmeten, die Modalpartikeln mit unterschiedlichen Termini (oft auch mit negativ behafteten, wie z.B. Würzwörter, Hilfswörter, Flickwörter, Sprachhülsen, Färbewörter oder unscheinbare Kleinwörte r) bezeichnet.

1.1.2. Modalpartikeln in den deutschen Grammatiken und in der Fachliteratur (Weydt, Engel, Liefländer-Koistinen)

Gestützt auf moderne Auffassungen zur Funktion der Modalpartikeln - sie gäbe Hinweise auf vorausgesetztes Partnerwissen, bzw. sendete Signale dafür aus, wie eine Äußerung aufzunehmen sei - definiert Luise Liefländer-Koistinen (2004, S. 96) Modalpartikeln folgendermaßen:

„Modalpartikeln sind unflektierbare Wörter, die die Einstellung des Sprechers hinsichtlich der vom Hörer erwarteten situationsbezogenen Haltung, dessen Vorwissen und Reaktion signalisieren. Sie beziehen sich deshalb immer auf eine ganze Äußerung und nie auf ein einzelnes Wort und verleihen der Äußerung eine zusätzliche Bedeutung“.

Im Weiteren definiert Engel die Modalpartikeln als unveränderliche Wörter, die im Vorfeld des Konstativsatzes stehen können (sie können also „erststellenfähig” oder „vorfeldfähig” sein) und als Antwort auf Ja-/Nein- Fragen dienen. Im folgenden Beispiel wird die Vorfeldstellung der Modalpartikel gezeigt:

Leider hat er diesmal verloren.

Beispiel für die Antwort auf Ja-/Nein- Frage:

Mußt du wirklich zu Hause bleiben? – Leider (vgl. Engel 1996, S.762).

MPn tragen im Allgemeinen nicht zu einer Sachverhaltsbeschreibung bei, indem sie den Sachverhalt näher bestimmen, wie etwa die modifikativen Adverbien. Die meisten von ihnen sagen vielmehr etwas über die Einstellung des Sprechers zum Sachverhalt aus und geben somit eine Bewertung des Sachverhalts. So ändert die Partikel leider im ersten Beispiel am Sachverhalt – jemand hat einen Wettkampf verloren – tatsächlich nichts. Es signalisiert nur, dass der Sprecher dieses Ereignis bedauernswert findet (vgl. Engel, 1996, S.762).

Unter dem Begriff ,Abtönungspartikeln’ (Terminus von Weydt 1969) werden solche Partikeln wie ja, denn, doch, wohl verstanden, wenn sie in bestimmten Kontexten vorkommen (vgl. Hentschel, Weydt 2003, S. 310, 311), z.B.:

Das ist ja unerhört!

Wie heißt du denn?

Mach doch kein so böses Gesicht!

Warum hat er das wohl getan?

Gegen den Terminus ,Modalpartikel' hat Helbig Einwände erhoben, da er die Ansicht vertritt, dass „mit der ‚Modalität’ die Funktion der Abtönungspartikeln nur sehr vage beschrieben ist und außerdem eine Vermengung mit den ‚Modalwörtern’ vermieden werden soll“ (2001, S. 31). Die Abtönungspartikeln könnte man als Sonderverwendung von Wörtern, die primär eine andere Funktion haben, definieren, und gerade diese Tatsache unterscheidet diese Wortklasse von anderen Wortarten (vgl. Hentschel, Weydt 2003, S. 310 -311).

1.2. Lettische Modalpartikeln

Von dem deutschen Sprachwissenschaftler Frossman (2001, S. 296) werden die lettischen Partikeln wie folgt betrachtet:

1. Die Möglichkeit (Potentialis) wird z.B. durch
laikam (wahrscheinlich), varbūt (vielleicht) maz ticams (es ist kaum zu glauben) dargestellt.
2. In optativischer Funktion wird häufig cerams (hoffentlich) verwendet.
3. Der Irrealis kann mit tikko (fast) und negiertem Verb ausgedrückt werden, z.B. viņš tikko nepakrita (er wäre fast gefallen) zu krita, 3. Pers. Prät. zu Infinitiv krist (fallen). Ähnlich dient das Adverb gandrīz (beinahe, fast) vor allem zur Verstärkung des Supinums, z.B. viņš gandrīz būtu pakritis (er wäre fast gefallen).
4. Die Partikel lai wird nicht nur zur Bildung des Optativs verwendet, sondern wird auch mit debitiver Bedeutung gebraucht, z.B. kurp lai es eju? (wohin soll ich nur gehen?).

Im Altlettischen wird auch gan zum Ausdruck der Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit gebraucht z.B. gan es tapšu mājās (ich werde wohl nach Hause kommen). Diese Konstruktion wird heute allerdings eher selten verwendet (vgl. Frossmann 2001, S. 296).

Doch in dieser Grammatik werden von dem Sprachwissenschaftler keine lettischen MPn herausgehoben, es wird nur von den Partikeln allgemein geschrieben.

Nach der Mūsdienu latviešu literārās valodas gramatika I (Porīte 1959, S. 791-801) drücken die MPn der lettischen Sprache in einem Satz die modalen Verhältnisse (Verneinung, Behauptung, Frage, Bedarf u.a.) aus.

Auch in der lettischen Sprache sind die Partikeln unflektierbare Hilfswörter. Sie bilden keine Satzglieder, sondern dienen zum Ausdruck verschiedener Bedeutungsschattierungen eines Satzgliedes oder eines Satzes.

Die lettischen MPn sind in modale Partikeln – modālās partikulas (im engeren Sinne) und modal-voluntative Partikeln – modāli voluntatīvās partikulas zu gliedern.

Die modalen Partikeln drücken im Satz das subjektiv–objektive Verhältnis des Redners zu den Erscheinungen der Wirklichkeit aus. Zu dieser Gruppe gehören die Partikeln der Behauptung – apgalvojuma partikulas (), die Verneinung – nolieguma partikulas (nē, ne), der Frage – jautājuma partikulas (vai) und des Vergleiches – salīdzinājuma partikulas (it kā, tā kā).

Die modal – voluntativen Partikeln drücken im Satz die Willensäußerungen des Redners wie Wunsch, Ansporn, Trost aus. Diese Partikeln spielen im Satz die Nuancierungsrolle des Verbs.

Die wichtigste modal–voluntative Partikel der lettischen Sprache ist die Partikel des Wunsches (vēlējuma partikula) kaut. Wichtig sind auch die Modalpartikeln: nu, jel, jele, taču, tak.

1.3. Vergleich der wichtigsten deutschen und lettischen Modalpartikeln

Die MPn sind die größte Gruppe unter den Partikeln, doch diese quantitativ größte Gruppe gilt nicht als geschlossen. Nach dem „Handbuch der deutschen Grammatik“ (2003) von Hentschel/Weydt gehören zu dieser Gruppe folgende Partikeln:

aber, auch, bloß, denn, doch, eben, eigentlich, einfach, etwa, erst, halt, ja, mal, nur, ruhig, schon, vielleicht, wohl.

Die Aufzählung der MPn ist von Autor zu Autor unterschiedlich. Nach C. May (2000, S. 64) ist eine vollkommene Übereinstimmung in den Aufzählungen der MPn in den Arbeiten verschiedener Autoren nur in wenigen Fällen zu beobachten. Die übereinstimmenden Einheiten sind:

aber, auch, bloß, denn, doch, eben, etwa, ja, halt, mal, nur.

Im Rahmen dieser Arbeit wird die von Hentschel/Weydt ausgearbeitete Aufzählung der deutschen Modalpartikeln und die Aufzählung der lettischen MPn, die dem Buch Mūsdienu latviešu literārās valodas gramatika I (1959, S. 791-801) entnommen wird, berücksichtigt.

Die MPn werden in den zweisprachigen Wörterbüchern sehr selten als solche markiert. Meistens erscheinen die MPn in der zweisprachigen Lexikographie mit ihrer direkten grammatikalischen Bedeutung und Aufgabe. So ist z.B. die bekannteste Rolle des Wortes aber eine Konjunktion, aber durch seine Stellung in einem Satz kann dieses Wort aber zu einer MP werden:

Daß du aber niemandem von meinen Leuten erzählst, wo ich stecke, und daß das Geld futsch ist. (KEBJÜ 1951, 132)

Um die Unterschiede zwischen den wichtigsten deutschen und lettischen MPn darzustellen, ist die Autorin wie folgt vorgegangen: Die wichtigsten deutschen MPn wurden mit Hilfe des deutsch-lettischen Wörterbuches (TILDE 2002) ins Lettische übersetzt und die wichtigsten lettischen MPn wurden mit Hilfe des lettisch-deutschen Wörterbuches (TILDE 2002) ins Deutsche übersetzt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Die wichtigsten deutschen und lettischen Modalpartikel

Nach dem Vergleich der Beispiele kann festgestellt werden, dass die deutschen und die lettischen MPn nicht übereinstimmen, auch die Übersetzungen sind unterschiedlich. Nicht immer wird eine deutsche Partikel mit einer entsprechenden lettischen Partikel übersetzt.

[...]

Ende der Leseprobe aus 68 Seiten

Details

Titel
Eine kontrastive Untersuchung der Modalpartikeln in Erich Kästners "Emil und die Detektive" und dessen Übersetzung ins Lettische
Hochschule
Ventspils Augstskola  (Fakultät für Übersetzen/Dolmetschen)
Veranstaltung
Bachelorarbeit
Note
1.1
Autor
Jahr
2006
Seiten
68
Katalognummer
V56969
ISBN (eBook)
9783638515214
ISBN (Buch)
9783638733045
Dateigröße
842 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
In der Sprachwissenschaft der deutschen Sprache ist über die Partikeln allgemein und die MPn im Besonderen viel geforscht worden, aber in der lettischen Sprache wurden die Partikeln vernachlässigt. Deshalb wird in der vorliegenden Arbeit Geschichte, Funktion und Übersetzungsmöglichkeiten, sowie die Übersetzungstendenzen der MPn aus der deutschen Sprache in die lettische Sprache anhand von Erich Kästners 'Emil und die Detektive' (1929) und dessen Übersetzungen ins Lettische(1951, 1998)untersucht.
Schlagworte
Eine, Untersuchung, Modalpartikeln, Erich, Kästners, Emil, Detektive, Lettische, Bachelorarbeit
Arbeit zitieren
Laura Ritenberga (Autor:in), 2006, Eine kontrastive Untersuchung der Modalpartikeln in Erich Kästners "Emil und die Detektive" und dessen Übersetzung ins Lettische, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/56969

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