Der Europäische Gerichtshof als korporativer Akteur im Prozess der europäischen Integration


Dossier / Travail de Séminaire, 2005

29 Pages, Note: 1,0


Extrait


Inhalt

Einleitung

1. Der analytische Rahmen des Akteurszentrierten
Institutionalismus
Der institutionelle Rahmen
Der Begriff des Akteurs
Der korporative Akteur
Die Herausbildung von Präferenzen bei korporativen Akteuren

2. Die Aufgaben des EuGH in den EG Verträgen
2.1. Die allgemeinen Grundsätze bei der Auslegung der >EG Verträge

3. Der Vorrang des Gemeinschaftsrecht

4. Pfadabhängigkeit
4.1. Das Ursprungslandslandprinzip innerhalb des freien Warenverkehrs
4.2. Das „Cassis de Dijon“ Urteil als Zeichen für eine Verselbstständigung des europäischen Rechtes durch den EuGH
4.3. Das Ursprungslandprinzip auf dem Gebiet der EU Niederlassungsfreiheit

5. Fazit

Literatur

Einleitung

In dieser Arbeit soll die Rolle des Europäischen Gerichtshofes im Prozess der europäischen Integration untersucht werden. Dabei soll vor allem untersucht werden, ob es eine Diskrepanz zwischen den in den Europäischen Verträgen festgeschriebenen Aufgaben des EuGH und der tatsächlichen Praxis des EuGH gibt.

Als analytischer Rahmen zur Klärung dieser Frage soll der von Fritz W. Scharpf entwickelte Akteurszentrierte Institutionalismus dienen. Ziel der Untersuchung soll es sein, ob der Europäische Gerichtshof im Sinne des Akteurszentrierten Institutionalismus als korporativen Akteur eingestuft werden kann. Dieses Ergebnis würde mit dem festgeschriebenen Aufgabenfeld des EuGH innerhalb der EU Verträge korrelieren.

Der analytische Rahmen des Akteurszentrierten Institutionalismus beleuchtet in der Regel ein konkretes Politikfeld, und so soll in dieser Arbeit auch die Policy im Bereich der wirtschaftlichen Integration, genauer gesagt im Bereich des freien Warenverkehrs des EU Binnenmarktes dazu dienen, um aus ihr Schlüsse für die Rolle des EuGH zu ziehen.

Aus diesem Grund können die Ergebnisse dieser Arbeit auch nicht generell auf den kompletten Prozess der europäischen Integration angewendet werden, sondern nur bezogen auf den Prozess der wirtschaftlichen Integration.

1. Der analytische Rahmen des Akteurszentrierten Institutionalismus

Als analytischer Rahmen dieser Arbeit soll wie bereits angeführt der Akteurszentrierte Institutionalismus dienen.

Der Akteurszentrierte Institutionalismus kann als analytischer Rahmen bezeichnet werden, da er unterschiedliche Theorien vereinigt. Aus dem Neo-Institutionalismus wird zum Beispiel die Annahme übernommen, dass Institutionen im politischen Prozess für die einzelnen Akteure Handlungsspielräume bereitstellen. Aus der Spieltheorie werden hingegen Instrumente zur Verfügung gestellt, die eine Vorhersage über das Akteursverhalten in bestimmten Akteurskonstellationen ermöglichen.[1] Aber auch Komponenten aus dem Neofunktionalismus, wie zum Beispiel die Tatsache, dass national Akteure innerhalb der Europäischen Union einen Loyalitätstransfer auf übergeordnete Institutionen vollziehen, bleibt im akteurszentrierten Institutionalismus nicht unbeachtet. Des Weiteren lassen sich zum Beispiel auch starke Parallelen zwischen dem von Fritz Scharpf verwendeten Ansatz der sogenannten „negativen Integration“ auf der europäischen Ebene und den von Ernst Haas verwendeten Spill-Over Ansatz des Neo-Funktionalismus erkennen.

Der Akteurszentrierte Institutionalismus setzt sich aus folgenden wesentlichen Komponenten zusammen:

Dem institutionellen Rahmen, den Akteuren, den Akteurskonstellationen und den Interaktionsformen.

1.1. Der institutionelle Rahmen

Der Begriff der Institution wird in der Politikwissenschaft unterschiedlich definiert. Autoren der Rational Choice Theorie, wie Douglas North, oder Elinor Ostrom verstehen unter Institutionen in erster Linie nur sanktionierende Regelsysteme, welche die Kosten und Nutzen Relation eines Akteurs beeinflussen.

Andere Autoren haben den Begriff der Institution dahin gehend erweitert, das diese auch eigenständige Gebilde gesehen werden können, die die Fähigkeit zum zweckgerichtete Handeln haben.

Entscheidend für die weiteren Untersuchungen ist nun, in welcher Art und Weise der Akteurszentrierte Institutionalismus Institutionen definiert. Hieraus ergibt sich, welche Position der EuGH im Modell des Akteurszentrierten Institutionalismus einnimmt.

Scharpf führt hierzu aus, dass er Institutionen und somit den institutionellen Kontext ausschließlich auf Regelsysteme beschränkt, die einer Gruppe von Akteuren offen stehen, und ihre Handlungsverläufe strukturieren. Das bedeutet nicht, dass er Institutionen die Fähigkeit zum zweckgerichteten Handeln abspricht. In der Konstruktion und Terminologie des Akteurszentrierten Institutionalismus wird dieser Form der Institution nur ein neuer Platz und Begriff zugewiesen. Er bezeichnet diese Art der Institution nämlich als korporativen Akteur, der wie andere Akteure unter den Bedingungen des institutionellen Rahmens also gewisser Regelsysteme handelt.[2]

1.2. Der Begriff des Akteurs

Ein Akteur zeichnet sich zunächst durch bestimmte Fähigkeiten, bestimmte Wahrnehmungen und bestimmte Präferenzen aus.[3] Als Fähigkeiten sind zunächst erst einmal Handlungsressourcen anzusehen, die sich im Wesentlichen aus dem institutionellen Kontext ergeben, dieser weist einem politischen Akteur nämlich Kompetenzen, Partizipationsrechte, Vetorechte oder Ähnliches zu. Doch der institutionelle Kontext bestimmt nicht nur die Handlungsressourcen eines Akteurs. Gerade bei korporativen Akteuren, zu denen Scharpf eben auch Institutionen zählt, definieren die institutionellen Regeln die von den Akteuren zu verfolgenden Ziele und die bei ihren Entscheidungen in Betracht ziehenden Werte. Somit kann der institutionelle Kontext die Wahrnehmung und die Präferenzen gerade bei korporativen Akteuren bestimmen.

1.2.1. Der korporative Akteur.

Da es im analytischen Rahmen des Akteurszentrierten Institutionalismus unterschiedliche Formen des Begriffs Akteur gibt, soll hier im Speziellen der Begriff des korporativen Akteurs beleuchtet werden, da der EuGH, wenn man ihn denn als Akteur im Sinne dieses analytischen Rahmens einordnen kann unter die Kategorie korporativer Akteur einzuordnen ist.

Wie bereits erwähnt bezeichnet Scharpf als korporativen Akteur auch Institutionen, welche die Fähigkeit zum zweckgerichteten, strategischen Handeln haben, und nicht ausschließlich als Regelsystem fungieren.

Natürlich stehen auch hinter korporativen Akteuren, Individuen, die letztendlich das strategische Handeln erst realisieren. Im Falle des EuGH wären diese also die Richter. Jedoch muss im Verhältnis zwischen korporativem Akteur und der in ihrem Sinne handelnden Individuen immer beachtet werden, dass die soziale Einheit des korporativen Akteurs den in ihrem Sinne handelnden Individuen in ein festes Set an Präferenzen und Wahrnehmungen einrahmt, das dazu führt, dass die Individuen, die im Sinne des korporativen Akteurs handeln, die gleichen Rollenerwartungen von anderen Akteuren zugetragen werden, wie dem korporativen Akteur selbst.

Allgemein zeichnet korporative Akteure eine sogenannte Top-down Organisation aus, die sich dadurch auszeichnet, dass ihre Mitglieder nicht aktiv an der Festlegung der Handlungsoptionen des korporativen Akteurs mitwirken, und das Strategieentscheidungen von den Präferenzen ihrer Mitglieder abgekoppelt sind.

Korporative Akteure können daher Identitäten, Ziele und Fähigkeiten haben, die unabhängig sein können von den Interessen und Präferenzen derer, denen sie dienen sollen.[4]

1.2.2. Die Herausbildung von Präferenzen bei korporativen Akteuren.

Um im nachfolgenden untersuchen zu können, ob der EuGH als korporativer Akteur im Sinne des akteurszentrierten Institutionalismus zu betrachten ist, und welche Beziehungen zwischen Akteur und institutionellen Rahmen vorherrschen, soll zunächst der Begriff der Präferenzen beleuchtet werden.

Scharpf gliedert die Präferenzen bezogen auf den korporativen Akteur in drei Unterpunkte auf, in die Eigeninteressen, die normative Rollenerwartung und die Identität.

Korporative Akteure, haben genau wie individuelle Akteure ein Interesse daran, sich selbst zu erhalten, ihre Autonomie zu steigern, und stetig in ihren Kompetenzen zu wachsen.[5]

Bei der Definition der Präferenzen eines korporativen Akteurs spielt die normative Rollenerwartung eine entscheidende Rolle. Einerseits legen Normen die notwendigen Bedingungen fest, unter denen Handlungen vollzogen werden, auf der anderen Seite können sie aber auch Zwecke definieren, die erreicht werden sollen. Da Institutionen in der Regel geschaffen wurden sind, um gewisse Zwecke zu erfüllen, spielen Normen, die diese definieren für Institutionen also eine entscheidende Rolle. Denn aus ihnen ergibt sich auch eine Rollenerwartung, die von anderen Akteuren an sie herangetragen wird.

[...]


[1] Vgl.: Klaus Schubert, Nils Bandelow, Lehrbuch der Politikfeldanalyse, München 2003, S.8.

[2] Vgl.: Fritz W. Scharpf, Interaktionsformen, Akteurszentrierter Institutionalismus in der Politikforschung, Opladen 2000, S.77.

[3] Vgl.: Ebda. S.86.

[4] Vgl: Fritz w. Scharpf, a.a.O. S. 105.

[5] Susanne K. Schmidt, Liberalisierung in Europa, die Rolle der Europäischen Kommission, Frankfurt am Main 1998, S. 22ff.

Fin de l'extrait de 29 pages

Résumé des informations

Titre
Der Europäische Gerichtshof als korporativer Akteur im Prozess der europäischen Integration
Université
University of Hamburg  (Institut für politische Wissenschaft)
Cours
Der Europäische Gerichtshof, SS 05, Universität Hamburg
Note
1,0
Auteur
Année
2005
Pages
29
N° de catalogue
V57301
ISBN (ebook)
9783638518000
ISBN (Livre)
9783656797838
Taille d'un fichier
466 KB
Langue
allemand
Mots clés
Europäische, Gerichtshof, Akteur, Prozess, Integration, Europäische, Gerichtshof, Universität, Hamburg
Citation du texte
Marco Krebs (Auteur), 2005, Der Europäische Gerichtshof als korporativer Akteur im Prozess der europäischen Integration, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/57301

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