Honorarberatung versus Provisionsberatung. Eine Entscheidungsgrundlage


Seminararbeit, 2017

10 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

MiFID II

Fallbeispiel – Entlohnungsmodell einer Bank für Finanzberatung
Ausgangslage
Zielsetzung
Kundenbefragung
Auswertung
Umsetzung
Akzeptanz der Kunden evaluieren/Veränderungsmaßnahmen durchführen
Eigene Meinung zu den einzelnen Punkten
Vorgehen als Manager der Bank
Persönliche Präferenz
Interessenskonflikte

Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Einleitung

Seit jeher steht die Debatte im Raum, welche Art der Entlohnung für Finanzberatung die angemessenere ist. In der Praxis überwiegt die Form der provisionsbasierten Entlohnung bei weitem. Honorarbasierte Beratung ist weiterhin eher ein Randphänomen, das nicht so recht an Fahrt gewinnen will. Kunden sehen Finanzberatung oft als selbstverständlich und daher als zwingend kostenlos an, übersehen dabei aber meist, das Kosten trotzdem anfallen, diese aber in anderer Form auftreten. Auch der Gesetzgeber macht sich bereits seit Jahren Gedanken darüber, Provisionsmodelle einzuschränken oder sogar komplett zu verbieten – bisher wurde der endgültige Schritt allerdings noch nicht gewagt. Zu groß ist die Sorge darüber, den Kunden durch die komplette Umstellung auf honorarbasierte Entlohnungsmodelle auf halber Strecke zu verlieren.

In der folgenden Arbeit werde ich auf MiFID II, die Vorteile und Nachteile von Honorarberatung und Provisionsberatung sowie auf mögliche Interessenskonflikte genauer eingehen.

MiFID II

MiFID II (Markets in Financial Instruments Directive) bezeichnet die Erweiterung eines europäischen Rahmenwerkes zur Regulierung der Finanzindustrie und Finanzberatung.1 Durch den Beschluss aus dem Jahr 2014, MiFID I zu erweitern, kommt es zu einigen Abänderungen und Neuerungen des bestehenden Regelwerkes. Diese betreffen unter anderem:2

- Produktgestaltung und Vertrieb (Zielmarkt)
- Unterscheidung zwischen abhängiger und unabhängiger Beratung
- Verbot von Provisionen und sonstigen Zuwendungen für unabhängige Anlageberatung
- Best Execution – künftig höhere Anforderungen
- Aufbewahrung von Dokumentationen
- Verschärfung der allgemeinen Wohlverhaltenspflichten
- Institute müssen sicherstellen, dass Finanzinstrumente so ausgestaltet sind, dass sie den Bedürfnissen der identifizierten Zielgruppe gerecht werden
- Institute müssen sicherstellen, dass Finanzinstrumente ausschließlich an die identifizierte Kundenzielgruppe vertrieben werden

Ursprüngliche Pläne, Provisionsberatung komplett zu verbieten, wurden wieder verworfen. Allerdings ist es in Zukunft notwendig, sich zwischen abhängiger und unabhängiger Beratung zu entscheiden. Bei der abhängigen Beratung ist es wie bisher möglich, Provisionen oder andere monetäre Vergütungen für den Vertrieb gewisser Finanzprodukte entgegen zu nehmen. Allerdings kommt es zu einer verstärkten Informationspflicht des Finanzberaters dem Kunden gegenüber. Sämtliche Kosten der Anlageberatung als auch die Kosten des empfohlenen Finanzinstruments und die Art und Weise der vorgesehenen Zahlungen, einschließlich Zahlungen von dritter Seite (zum Beispiel Zuwendungen/Provisionen in Form von Abschluss- und Bestandsprovisionen) sind offenzulegen. Diese Kostenzusammenfassung muss dem Kunden eine Beurteilung des Kosteneffekts auf die erwartete Rendite ermöglichen.

Unabhängigen Finanzberatern hingegen ist es künftig untersagt, Provisionen und sonstige Zuwendungen von Dritten anzunehmen. Die Entlohnung darf nur mehr zeit- oder leistungsbasiert erfolgen.

Fallbeispiel – Entlohnungsmodell einer Bank für Finanzberatung

Ausgangslage

Im ersten Schritt ist es notwendig, die aktuelle Lage und das aktuelle Entlohnungsmodell genau unter die Lupe zu nehmen. Dafür müssen bestimmte Kennzahlen wie die Anzahl der Beratungen, die durchschnittliche Beratungsdauer, der Umsatz der verkauften Produkte, die insgesamt einbehaltenen Provisionen und nicht zuletzt die Zufriedenheit der Kunden evaluiert werden. Diese Daten können dafür genutzt werden, ein möglichst genaues Bild der aktuellen Beratungsleistungen der Bank zu zeichnen.

In einem zweiten Schritt ist es von Vorteil, direkte Konkurrenten und deren Beratungsmodelle zu betrachten. Auch Finanzberatung unterliegt einem direkten Wettbewerb. Daher ist die möglichst genaue und umfassende Kenntnis der Modelle und Honorierungsmethoden der Wettbewerber ein wichtiger Baustein, um sich bestmöglich im Markt positionieren zu können.

Zielsetzung

Bevor es zu einer etwaigen Anpassung des Entlohnungsmodells kommt, müssen verschiedene über- und untergeordnete Ziele definiert werden. Erst unter Berücksichtigung der konkreten Zielsetzung ist es ratsam, etwaige Änderungen durchzuführen.

Im betriebswirtschaftlichen Sinn ist es notwendig, die Gewinne und Umsätze zu steigern oder zumindest konstant zu halten. Daher muss bei einer Änderung des Entlohnungsmodells genau auf die Wirtschaftlichkeit der neuen Honorierungsmethode Rücksicht genommen werden. Es darf nicht passieren, dass die Umsätze deutlich fallen. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Kundenzufriedenheit. Zufriedene Kunden bleiben der Bank treu und verzeihen kleinere Fehler oder Missstände weit häufiger als mittelmäßig zufriedene oder unzufriedene Kunden. Daher muss besonders auf die Wünsche und Bedürfnisse der Kunden der Finanzberatung Rücksicht genommen werden.

Kundenbefragung

Um die Wünsche und Bedürfnisse der Kunden bestmöglich zu bestimmen, empfiehlt es sich, direkten Kontakt mit ihnen aufzunehmen. Dabei ist es wünschenswert, zwischen bereits bestehenden und potentiellen Kunden zu unterscheiden. Um die Einstellung der Kunden gegenüber den verschiedenen Honorierungsmodellen abzubilden, bietet sich die Durchführung einer Umfrage an. Dabei können verschiedene Aspekte des Entlohnungsmodells Teil der Fragestellungen sein. Mögliche Fragestellungen wären zum Beispiel:3

- Sind Sie mit den aktuell angebotenen Leistungen der Finanzberatung zufrieden?
- Wo sehen Sie Verbesserungspotential?
- Wären Sie bereit, einen festen Stundensatz für Anlageberatung zu bezahlen, wenn dadurch Provisionsbezüge wegfallen?

Tendenziell ist zu beobachten, dass das Prinzip der Honorarberatung besonders in Europa (aber auch in anderen Teilen der Welt) bisher noch sehr schwach ausgeprägt ist. Nur ein sehr kleiner Teil der Finanzberatung erfolgt auf Honorarbasis. Ein Grund dafür ist, dass Provisionen oder andere externe Zuwendungen als integrierte Kosten auftreten und daher vom Kunden weniger stark wahrgenommen werden. Das sich in der Realität auch integrierte oder „versteckte“ Kosten genauso stark auf die Rendite niederschlagen, wird dabei sehr oft ignoriert.4

Ein Beweis dafür sind auch die Ergebnisse diverser Umfragen, die zeigen, dass potentielle Kunden unabhängiger Finanzberatung nur sehr geringe Stundensätze akzeptieren würden. Dabei wird nicht bedacht, dass in vergleichbaren Branchen (Steuerberater, Anwälte oder Ärzte) die Bezahlung auf Honorarbasis Gang und Gebe ist.

Auswertung

Um die Ergebnisse der Kundenbefragung auch in tatsächliche Handlungsempfehlungen umzuwandeln, ist eine sorgfältige und strukturierte Auswertung der erhobenen Daten von Nöten. Dabei ist es wichtig, die Kunden in einzelne Gruppen aufzuteilen. Als Segmentierungskriterien bieten sich dabei das generelle Einkommen, das Vermögen, das Alter und die bisherige Nutzung von Finanzberatungsdienstleistungen an.

Vermögende Kunden, die Finanzberatungsdienstleistungen regelmäßig in Anspruch nehmen und auch die Kostenstruktur dahinter analysieren und bewerten, werden tendenziell eher dazu neigen, honorarbasierte Beratungsleistungen in Anspruch zu nehmen, wenn sie sich dadurch eine Verbesserung der Qualität der Beratung erhoffen. Kunden mit kleineren Vermögen hingegen werden sich höchstwahrscheinlich dagegen wehren, Honorare zu bezahlen.

Durch die korrekte Auswertung der Kundenbefragungen wird es möglich, etwaigen Handlungsbedarf sichtbar zu machen und auch das Ausmaß der möglichen Veränderungen ungefähr zu bestimmen. Außerdem besteht die große Chance, dass durch die Integration des Kunden in den Veränderungsprozess die Akzeptanz desselbigen gegenüber Neuerungen erhöht wird.

Umsetzung

Aufgrund der Auswertung der Kundenbefragungen, der eigenen Ausgangslage und der Zielsetzung ist es nun möglich, konkrete Maßnahmen durchzuführen. Nicht zu vergessen ist dabei auch die Akzeptanz der Mitarbeiter, die die Handlungsmaßnahmen umsetzen müssen. Es ist auf eine umfangreiche Kommunikation der Veränderungen und eine Schulung der betroffenen Mitarbeiter Wert zu legen. Erst wenn die gesamte Belegschaft eines Unternehmens das veränderte Entlohnungssystem akzeptiert hat, wird es auf breiter Front zufriedenstellend angewendet werden.

Akzeptanz der Kunden evaluieren/Veränderungsmaßnahmen durchführen

Nach der Umsetzung der etwaigen Veränderungen des Entlohnungsmodells ist es wichtig, die Akzeptanz des Kunden zu prüfen. Ist der Kunde mit dem neuen Ansatz zufrieden und akzeptiert er die veränderten Bedingungen? Sind die Beratungsleistungen trotz des neuen Entlohnungssystems stabil oder verliert die Bank Kunden? Verschiebt sich der Umsatz spürbar in eine bestimmte Richtung?

Sollte sich eine der Kennzahlen in eine unerwünschte Richtung bewegen, ist sofortiges Hinterfragen der Hintergründe und dementsprechendes Handeln gefragt. Unter Umständen ist es notwendig, einzelne Teilbereiche des neuen Entlohnungssystems zu verändern und an wechselnde Kundenbedürfnisse anzupassen.

Eigene Meinung zu den einzelnen Punkten

Die am weitesten verbreitete Form der Finanzberatung ist die provisionsbasierte. Der weitgehend gefestigte Status quo, Finanzberater nicht nach Zeit oder Leistung zu bezahlen, macht es sehr schwer, das Entlohnungsmodell von Grund auf zu ändern. Der Kunde reagiert auf Veränderungen meist nur sehr träge und die Gefahr, durch eine komplette Umstellung auf Honorarberatung eine große Zahl an Kunden zu verlieren, ist nicht unerheblich. Deshalb ist es meiner Meinung nach wichtig, die Kunden in den Veränderungsprozess miteinzubeziehen, um ihnen das Gefühl zu geben, ein Mitbestimmungsrecht zu besitzen. Natürlich kann man dabei nicht jeden Kundenwunsch erfüllen, da die Interessen des Unternehmens gewahrt bleiben müssen. Allerdings ergibt sich durch eine Befragung der Kunden, kombiniert mit einer klugen Kommunikationsstrategie, die Möglichkeit, die Kundenzufriedenheit trotz einer Veränderung des Entlohnungsmodells zu erhalten oder sogar zu steigern.

Bei der Umsetzung ist darauf zu achten, dass die Veränderung Schritt für Schritt vollzogen wird und so ein sanfter Übergang geschaffen wird. Eine gute Möglichkeit dabei ist, Anreize für den Kunden zu schaffen, von einem Bezahlungsmodell auf das andere zu wechseln. Ein Beispiel dafür wären Tarifnachlässe für die ersten zwei oder drei honorarbasierten Beratungsstunden.

Vorgehen als Manager der Bank

Als Manager einer Bank ist es primär meine Aufgabe, die Interessen der Bank zu wahren und die Gewinne unter Berücksichtigung einiger Zusatzaspekte (Kundeninteressen, Stakeholder Interessen, …) zu maximieren. Dafür werde ich ein Entlohnungsmodell wählen, dass die höchsten Erträge generiert. Da Kunden integrierte Gebühren (Provisionen, Aufschläge, …) eher akzeptieren, werde ich den Fokus weiterhin auf einem provisionsbasierten Entlohnungsmodell belassen. Wichtig dabei ist die Offenlegung der entgegengenommenen Provisionen und sonstigen Zuwendungen, um dem Kunden eine Aufstellung der so für ihn entstandenen Kosten zu ermöglichen. Als Manager werde ich dem Kunden auf Nachfrage auch eine genaue und detaillierte Aufstellung der gesamten Zuwendungen und Provisionen zur Verfügung stellen, um etwaigen Anschuldigungen zuvor zu kommen.

In der Praxis wird es in den wenigsten Fällen passieren, dass der Kunde diese Aufstellung wirklich einfordert. Realitätsnahe Studien haben gezeigt, dass der durchschnittliche Kunde zur Verfügung gestellte Informationen nur sehr selektiert aufnimmt, zur Verfügung gestelltes Anschauungsmaterial wird in vielen Fällen nicht gelesen. Daher ist es umso notwendiger, die Fakten kurz und prägnant zu erklären. Hohe Transparenz und eine einfach, aber präzise Darstellung aller wichtigen Informationen schafft außerdem Vertrauen und stärkt die Kundenbeziehung über einen längeren Zeitraum.

Während der Fokus bei Kunden mit geringeren finanziellen Mitteln auf einem provisionsbasierten Entlohnungsmodell bleibt, werde ich vermögenderen Kunden die Möglichkeit geben, zwischen zwei Alternativen zu wählen. Entweder entscheiden sie sich für einen provisionsbasierten Ansatz, bei dem keine Stundenhonorare anfallen oder für den honorarbasierten Ansatz, bei dem jegliche Art von Provisionen oder Zuwendungen Dritter nicht erfolgen. Die Höhe des Honorars wird sich dabei auf 100 € – 250 € pro Stunde belaufen. Individuelle Tarife je nach Berater oder Kunde sind dabei im Bereich des Möglichen.

Wichtig dabei ist abermals die Gewährleistung voller Transparenz. Vermögende Kunden sollen alle benötigten Fakten zur Verfügung gestellt werden, um sich für ein Entlohnungssystem zu entscheiden. Die Vorteile und Nachteile beider Modelle sollen wahrheitsgetreu aufgelistet werden.5

Provisionsmodell:

- Kosten werden vom Kunden eher akzeptiert
- Wirtschaftlichkeit für das Unternehmen ist gegeben
- Beratung erfolgt selten komplett unabhängig
- Kosten werden vom Kunden oft nicht als solche wahrgenommen, schmälern die Rendite allerdings dennoch
- Umfang der angebotenen Finanzprodukte ist meist eingeschränkt – selbst aufgelegte Produkte werden bevorzugt

Honorarmodell:

- Unabhängige Beratung
- Größere Produktpalette
- Auf Kundenprofile kann mit den optimalen Produkten eingegangen werden
- Geringe Bereitschaft der Kunden, für Finanzberatung zu bezahlen
- Kosten auf Honorarbasis sind psychologisch schwerer zu akzeptieren

Durch die Möglichkeit, zwischen zwei Modellen zu wählen, wird der vermögende Kunde sich im Normalfall mit der getroffenen Entscheidung wohler fühlen. Dadurch wird das Band zum Unternehmen gestärkt und die Kundenzufriedenheit erhöht. Nicht zu vergessen ist dabei, die Wirtschaftlichkeit beider Alternativen im Auge zu behalten.

[...]


1 Vgl. Bundesweite Honorarberatung, (26.04.2014), Honorarberatung nach MiFID II, http://www.bundesweitefinanzberatung.de/expertenartikel/ansicht/honorarberatung-nach-mifid-ii-14085/, 14.11.2016.

2 Vgl. Das Investment, (08.12.2014), Das ändert sich durch MiFID II, http://www.dasinvestment.com/finanzberatung-das-aendert-sich-durch-mifid-ii/?page=2, 13.11.2016.

3 Vgl. Klöckner, B. (2014): Systematisch verkaufen und beraten in der Finanzbranche – Dauerhaft erfolgreich durch gelingende Kundenbindung, 1. Auflage, Berlin, S. 97.

4 Vgl. Finanz Betrieb (Heft 6 vom 08.06.2009): Transparenz zählt in der Finanzberatung, S. 336, 14.11.2016.

5 Vgl. Die Bank (Roßbach, P.), (Heft 10/2011): Honorarberatung versus Provisionsvergütung, S. 50-54, 14.11.2016.

Ende der Leseprobe aus 10 Seiten

Details

Titel
Honorarberatung versus Provisionsberatung. Eine Entscheidungsgrundlage
Hochschule
Karl-Franzens-Universität Graz  (Institut für Banken und Finanzierung)
Note
1,0
Autor
Jahr
2017
Seiten
10
Katalognummer
V583971
ISBN (eBook)
9783346196132
ISBN (Buch)
9783346196149
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Honorarberatung, Provisionsberatung, Vermögensanlage, Vermögensberater
Arbeit zitieren
BSc. MSc. Stefan Vaterl (Autor:in), 2017, Honorarberatung versus Provisionsberatung. Eine Entscheidungsgrundlage, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/583971

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