Öffentlich-rechtliche Sicht von Online-Glücksspielen

Ist das Totalverbot gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV gerechtfertigt?


Bachelorarbeit, 2020

44 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhalt

Literaturverzeichnis

Rechtsprechungsverzeichnis

A. Problemdarstellung

B. Aufbau der Arbeit

C. Das Glücksspiel
I. Definition des Begriffs „Glücksspiel“
II. Die Glücksspielarten
1. Ortsgebundenes Glücksspiel
2. Nicht-ortsgebundenes Glücksspiel

D. Verborgenes Glücksspiel in Computer- & Konsolenspielen
I. Der Begriff „Online-Spiel“
II. Das hauptsächliche Geschäftsmodell
1. Die virtuellen Zusatzinhalte
2. Kundenkreis der virtuellen Zusatzinhalte
III. Glücksspielrechtliche-Sicht von Online Spielen: Sind virtuelle Zusatzinhalte „Glücksspiele“ i.S.d § 3 Abs. 1 GlüStV?
1. Entgeltlichkeit virtueller Zusatzinhalte
2. Zufallsabhängigkeit virtueller Zusatzinhalte
3. Zusammenfassung

E. Der Glücksspielstaatsvertrag
I. Aufbau des GlüStV 2020 & Änderungen seit dem GlüStV
II. Ziele (§ 1 GlüStV)
III. Anwendungsbereich (§ 2 GlüStV)
IV. Totalverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV
1. Experimentierklausel für Sportwettenanbieter § 10a GlüStV
2. Ausnahmen vom Internetverbot (§ 4 Abs. 5 GlüStV)
a. Ausschluss bestimmter Gruppen (§ 4 Abs. 5 Nr. 1 GlüStV)
b. Regelungen zur Begrenzung des Einsatzes (§ 4 Abs. 5 Nr. 2 GlüStV)
c. Verhindern von Suchtanreizen (§ 4 Abs. 5 Nr. 3 GlüStV)
d. Regelungen bezüglich der Domain und dem Sozialkonzept (§ 4 Abs. 5 Nr. 4 und 5 GlüStV)

F. Einschätzung von Online-Glücksspiel durch den EuGH
I. Mitteilung & Empfehlung der EU-Kommission zum Online-Glücksspiel
1. Vereinbarkeit nationaler Glücksspielregelungen
2. Mehr Zusammenarbeit
3. Spieler- & Bürgerschutz
4. Betrug & Geldwäsche
5. Kriminelle Aktivitäten bei Sportwetten
II. Aktueller Stand des EuGH zum GlüStV
III. Vereinbarkeit der Beschränkungen durch den GlüStV mit den europäischen Grundfreiheiten
1. Die betroffenen Grundfreiheiten
a. Die Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV)
b. Die Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV)
2. Das „Köhärenzerfordernis“
a. Begriff der Kohärenz
b. Anwendungsbereich
c. Dogmatische Verortung
3. Urteile des EuGH bezüglich Online-Glücksspiele und die daraus folgende Entwicklung des Begriffs der „Kohärenz“
a. Gambelli-Urteil
b. Carmen Media-Entscheidung
c. Digibet-Entscheidung
d. Zusammenfassung
4. Beurteilung der Kohärenz des § 4 Abs. 4 GlüStV

G. Aktuelle Rechtsprechung des BVerfG & des BVerwG
I. Die Ungleichbehandlung von Glücksspielarten durch § 4 Abs. 4 GlüStV
1. Die Gefahren durchs „Zocken“ im Internet
2. Die Ungleichbehandlung von Online-Casinos & Online-Pokerspielen
a. Legitimer Zweck des § 4 Abs. 4 GlüStV
b. Geeignetheit des § 4 Abs. 4 GlüStV
c. Erforderlichkeit des § 4 Abs. 4 GlüStV
d. Angemessenheit/Verhältnismäßigkeit des § 4 Abs. 4 GlüStV
II. Zusammenfassung

H. Ausblick
I. Möglichkeit einer europarechtlichen Harmonisierung des Glücksspielrechts
II. Abschaffung des Verbots für Online-Casinos
I. Fazit

Literaturverzeichnis

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Rechtsprechungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

A. Problemdarstellung

Durch die Digitalisierung haben sich viele Bereiche der Wirtschaft verändert. Insbesondere im Bereich des Glücksspielmarkts gab es viele Fortschritte. Es sind unzählige neuer Glücksspielarten entstanden. Auch die Vermittlung und der Vertrieb von Glücksspielen hat sich weiterentwickelt. Online-Glücksspiele erlangen in den letzten Jahren immer mehr an Beliebtheit. Insbesondere die Anzahl der Nutzer von Online-Casinos und Online-Sportwetten ist rapide angestiegen. Durch den steigenden Marktanteil von Online-Glücksspielen in der Glücksspielbranche, befassen sich mittlerweile auch die EU und ihre Mitgliedstaaten mit den rechtlichen Aspekten von Online-Glücksspiel.1

In den letzten zehn Jahren ist der Umsatz der weltweiten Online-Glücksspielindustrie von 15 Milliarden Euro auf rund 40 Milliarden Euro gestiegen. Dies ergibt ein Wachstum in Höhe von mehr als 10 % jährlich. Einer der Hauptakteure für diesen extremen Wachstum sind die Bürger der europäischen Union. Der Anteil an Online-Glücksspielanbieter am europäischen Glücksspielmarkt beträgt ca. 15 %. Die Hälfte aller globalen Anbieter haben ihren Sitz in der EU. Insbesondere weil immer mehr Mitgliedstaaten angefangen haben dieses Marktsegment zu liberalisieren, wie bspw. Dänemark und Großbritannien.2 Auch nach Deutschland haben die Glücksspielanbieter einen Weg gefunden. Jedoch sind diese nicht in allen Bundesländern zulässig, wie es regelmäßig in den Fernsehwerbungen von zahlreichen Anbietern erwähnt wird. Am Ende des Spots folgt immer der Satz „Dieses Angebot gilt nur für Spieler aus Schleswig-Holstein“. Der Grund für diese Formulierung sind Lizenzen, die 2012 durch das Bundesland Schleswig-Holstein im Alleingang verteilt worden sind. Diese Lizenzen wurden im März 2019 verlängert und sind bis Sommer 2021 gültig. Dies wurde durch die anderen Bundesländer geduldet, da noch keine umfassende Glücksspielreform stattgefunden hatte. Deshalb ist es weiterhin möglich, als deutscher Staatsbürger auf das Angebot von Online-Glücksspielen zuzugreifen. Im legalen Bereich agieren der Spieler und der Anbieter jedoch nur, wenn der Spieler seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Schleswig-Holstein hat. Ein Zugriff auf das Angebot von Online-Casinos mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb Schleswig-Holsteins ist weiterhin verboten, jedoch möglich. Auch das Totalverbot für Online-Glücksspiele aus dem Glücksspielstaatsvertag hat nichts an der aktuellen Situation in Deutschland geändert.

In der folgenden Abschlussarbeit geht es um die öffentlich-rechtliche Sicht von Online-Glücksspielen. Insbesondere wird geprüft ob das Totalverbot aus § 4 Abs. 4 GlüStV gerechtfertigt ist. Um dies herauszufinden, muss der GlüStV hinsichtlich seiner Kohärenz analysiert werden und eine Verhältnismäßigkeitsprüfung des Internetverbots durchgeführt werden.

B. Aufbau der Arbeit

Zunächst wird unter Punkt C der Begriff „Glücksspiel“ erläutert, sowie die unterschiedlichen Glücksspielarten genannt und voneinander differenziert. Unter Punkt D wird analysiert, ob es auch verborgene Glücksspielarten in Online-Spielen gibt. Anschließend werden unter Punkt E die Grundlagen des Glücksspielstaatsvertrages (im folgenden Text nur noch „GlüStV“) behandelt. Insbesondere werden die Unterschiede zwischen dem aktuellen GlüStV und dem ersten GlüStV aus 2008 erläutert und das Totalverbot gem. § 4 Abs. 4 GlüStV erklärt. Anschließend wird erklärt welche Online-Glücksspielarten vom Internetverbot nicht erfasst sind und welche Ausnahmemöglichkeiten vorliegen. Nach den Grundlagen des GlüStV wird unter Punkt F die Europarechtskonformität der Regelungen und Maßnahmen des GlüStV geprüft. Insbesondere wird auf den Begriff „Kohärenz“ und auf die Kohärenz des GlüStV eingegangen. Danach werden in Punkt G die aktuellen Rechtsauffassungen des BVerfG und des BVerwG auf den GlüStV analysiert und anschließend geprüft, ob durch das Internetverbot für bestimmte Glücksspiele eine Ungleichbehandlung der Glücksspielarten vorliegt. Anschließend folgt unter Punkt H ein Ausblick, bezüglich der Entwicklung des Glücksspielrechts innerhalb Deutschlands. Im Fazit werden dann alle Hauptpunkte zusammengefasst, um anschließend die Ausgangsfrage zu beantworten.

C. Das Glücksspiel

I. Definition des Begriffs „Glücksspiel“

Aufgrund fehlender europarechtlicher Normierung bzw. Harmonisierung des Glücksspielbereichs, gibt es keine europarechtliche Definition des Glücksspielbegriffs. Auch der EuGH hat trotz zahlreicher Prüfungen den Begriff Glücksspiel nicht definiert und vertraut bei seinen Prüfungen auf die jeweiligen nationalen Definitionen.3

Die juristische Definition des Begriffs „Glücksspiel“ befindet sich in § 3 Abs. 1 S. 1 GlüStV. Gem. § 3 Abs. 1 S. 1 GlüStV liegt Glücksspiel vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Gewinnchance durch Zufall entschieden wird.

Gem. § 3 Abs. 1 S. 2 GlüStV hängt ein Gewinn vom Zufall ab, wenn um zu Gewinnen der zukünftige Ausgang bestimmter Ereignisse maßgeblich und nicht vorhersehbar ist.

Ein besonderes Merkmal ist der Erwerb einer Gewinnchance gegen Entgelt. Die Bagatellgrenze hat der BGH bei 10 Euro Verlust pro Stunde indiziert. Falls eine Mehrfachteilnahme möglich ist, wie z.B. bei Telefongewinnspielen, kann die Bagatellgrenze auch durch geringere Beträge (0,50 Euro) überschritten werden.4 Ebenfalls ist zu beachten, dass es sich nicht um eine Teilnahmegebühr handeln darf. Es muss sich um eine Gebühr zur Erlangung einer Gewinnchance handeln.5

Ob die Gewinnchance von Glück oder Geschicklichkeit abhängt, bestimmt sich nach dem sog. „predominance test“ aus dem amerikanischen Recht. Dieser Test findet heraus, ob bei einem Spiel das Ergebnis eher durch Glück oder durch Geschicklichkeit beeinflusst wird.6

Weiterhin bestimmt der § 3 Abs. 1 GlüStV, dass Wetten gegen Entgelt auf den Eintritt oder Ausgang eines bestimmten zukünftigen Ereignisses ebenfalls unter den Begriff „Glücksspiel“ fallen.

II. Die Glücksspielarten

Seit der Digitalisierung lässt sich das Glücksspiel in zwei unterschiedliche Obergruppen und darunter vier Untergruppen aufteilen. Die erste Obergruppe sind die ortsgebunden Glückspiele. Die zweite Obergruppe sind die nicht-ortsgebundenen Glücksspiele. Die vier Untergruppen teilen sich in Lotterien, Wetten, Casinospiele und Automatenspiele auf.7

1. Ortsgebundenes Glücksspiel

Glücksspiele sind ortsgebunden, wenn eine Einrichtung an einem bestimmten Ort existiert, den der Spieler aufsuchen muss, um das Glücksspielangebot nutzen zu können. Diese Einrichtungen haben meist geregelte Öffnungszeiten und Mitarbeiter, die als Ansprechpartner und Aufpasser vor Ort dienen. Mitarbeiter sind vor allem dafür da, um bestimmte Aufgaben wie das Anbieten und Servieren von Getränken und Speisen zu erfüllen. Außerdem kümmern diese sich in Spielhallen um den Geldwechsel und das Freischalten von Geldspielautomaten (Slotmaschinen). Bei ortsgebundenen Glücksspielen hat der Spieler nicht immer die Möglichkeit sich Zugang zu der glücksspielanbietenden Einrichtung zu verschaffen. Gem. § 17 AG GlüStV NRW (Ausführungsgesetz zum GlüStV NRW) müssen diese in NRW mindestens fünf Stunden pro Tag geschlossen sein und dürfen nur innerhalb ihrer angegebenen Öffnungszeiten agieren. Spielhallen müssen die gesetzlichen Sperr- und Spielverbotszeiten einhalten. Diese beginnen täglich um ein Uhr und enden um sechs Uhr. An besonderen Feiertagen gelten weitere Regelungen. Weiterhin kann man bei ortsgebundenem Glücksspiel zwischen staatlichen und privaten Anbietern unterscheiden. Staatliche Anbieter sind bspw. die staatliche Lotterie und Oddset. Privat gewerbliche Anbieter sind bspw. Betreiber von Spielhallen, Veranstalter von Poker-Turnieren, Wettannahmestellen, etc.. Sowohl staatliche als auch private Anbieter benötigen eine Konzession, um ortsgebundene (und nicht-ortsgebundene) Glücksspiele betreiben zu dürfen.

2. Nicht-ortsgebundenes Glücksspiel

Glücksspiele sind nicht-ortsgebunden, wenn auf diese von jedem Standort aus zugegriffen werden kann. Der Spieler hat jederzeit die Möglichkeit sich Zugriff auf das Spielangebot zu verschaffen, da diese jederzeit und ohne Unterbrechung geöffnet haben. Diese Angebote nutzen als Vertriebsweg das Internet. Es sind zum Großteil Online-Casinos und Anbieter von Sportwetten. Weitere sehr beliebte Online-Glücksspiele sind Lotterien und Pferdewetten.

D. Verborgenes Glücksspiel in Computer- & Konsolenspielen

Viele Anbieter von Online-Videospielen finanzieren sich durch ihre Spieler, indem diese Echtgeld für Gegenstände ausgeben, die sie im Spiel nutzen können. Durch die ständige Weiterentwicklung des Internets ändern sich auch die Monetasierungsänsatze der Spielanbieter und das mit großen Erfolgen. Allein im Jahr 2016 haben Online-Viedospiele durch den Handel mit virtuellen Gütern einen Umsatz i.H.v. 659 Millionen Euro umgesetzt.8 Ein Großteil dieses Umsatzes wurde durch die Einführung von so genannten „Lootboxen“ erreicht. „Lootboxen“ sind meistens Pakete oder Boxen (Überraschungspakete/-boxen), die sich ein Spieler für echtes Geld oder Ingame-Währungen kaufen kann. Diese Boxen enthalten unterschiedliche Gegenstände, die der Spieler dann im Spiel nutzen kann. Dieses Kapitel behandelt Online-Videospiele und ihre Geschäftsmodelle, sowie die rechtliche Sicht der Geschäftsmodelle, insbesondere die von Lootboxen.

I. Der Begriff „Online-Spiel“

Der Begriff „Online-Spiel“ ist ein Oberbegriff und beschreibt Spiele, die mithilfe einer Internetverbindung Online gespielt werden können.9

II. Das hauptsächliche Geschäftsmodell

Das am meisten verwendete Geschäftsmodell bei Online-Videospielen ist das so genannte „Free-to-play“-Modell. Dieses ermöglicht eine kostenlose Nutzung der grundlegenden Spielinhalte des Online-Spiels. Damit die Anbieter Geld verdienen, bieten sie den Spielern die Möglichkeit virtuelle Zusatzinhalte zu ergattern, in dem sie Geld bezahlen, um bspw. Lootboxen zu öffnen.10

1. Die virtuellen Zusatzinhalte

Virtuelle Zusatzinhalte lassen sich unterteilen in dekorative virtuelle Güter und funktionale virtuelle Güter. Dekorative virtuelle Güter sind bspw. spezielle Kleidungsstücke für einen Charakter des Spielers.11 Funktionelle virtuelle Güter sind bspw. Gegenstände mit einer bestimmten Funktion im Spiel (Waffen, Fahrzeuge) oder Gegenstände die dem Spieler einen taktischen Vorteil verschaffen können (Ingame-Währung, Spielbeschleunigung).12 Ziel der virtuellen Zusatzinhalte ist es dem Spieler eine erweiterte Möglichkeit zur Selbstdarstellung und Interaktion zu bieten, sowie die Chance auf Erfolge zu erhöhen und/oder für mehr Spaß im Spiel zu sorgen.13 Meistens werden die virtuellen Zusatzinhalte gegen ein einmaliges Entgelt oder gegen ein Abonnement angeboten.

Zwei zusätzliche Varianten der virtuellen Zusatzinhalte sind Lootboxen und Glücksspielsimulationen im Rahmen des Online-Spiels. Durch ein einmaliges Entgelt erwirbt der Spieler meist eine Lootbox oder eine Teilnahmemöglichkeit an der Glücksspielsimulation (meistens in Form von Slotmaschinen). Aus diesen kann der Spieler dann bestimmte virtuelle Gegenstände gewinnen, jedoch bleibt es vom Zufall abhängig welchen Gegenstand der Spieler erhält.14

2. Kundenkreis der virtuellen Zusatzinhalte

Ob ein Online-Spiel wirtschaftlichen Erfolg hat, bemisst nach dem durchschnittlichen Spielererlös pro zahlenden Spieler. Es wurde festgestellt, dass nur eine kleine Gruppe von Spielern den Hauptanteil des Erlöses ausmachen, während die restlichen Spieler meistens nichts oder nur kleine Beträge ausgeben.15 Nach Schätzungen sind etwa nur 10% der Spieler eines Online-Spiels in der Gruppe der Vielzahler. In der Online-Spiel Branche werden diese als „Whales“ bezeichnet.16 Diese zeichnen sich insbesondere dadurch aus, dass sie einen vom Anbieter vordefinierten monatlichen Betrag fürs Online-Spiel ausgeben und gemeinsam mit den anderen Vielzahlern mindestens 50% des Umsatzes eines Online-Spiels ausmachen.17 Um diese Spieler an das Online-Spiel zu binden, bekommen sie meistens eine Vorzugsbehandlung durch den Anbieter. Diese besteht größtenteils aus etwaigen Premium-Mitgliedschaften oder speziellen virtuellen Zusatzinhalten.18

III. Glücksspielrechtliche-Sicht von Online Spielen: Sind virtuelle Zusatzinhalte „Glücksspiele“ i.S.d § 3 Abs. 1 GlüStV?

§ 3 Abs. 1 GlüStV enthält eine Legaldefinition hinsichtlich des Begriffs „Glücksspiel“.19 Demnach liegt ein Glücksspiel vor, wenn die Gewinnchance entgeltabhängig und der Gewinn zufallsabhängig ist.

1. Entgeltlichkeit virtueller Zusatzinhalte

Der Begriff „Entgelt“ bezeichnet im Rahmen des Glücksspielbegriffs eine Leistung, die erbracht werden muss, um eine Gewinnchance zu erhalten. Im Falle des Gewinns erhält der Spieler eine gleich- oder höherwertige Leistung. Im Falle des Verlustes erhält der Spieler keine Gegenleistung, muss sein Entgelt jedoch trotzdem an den Anbieter zahlen.20 Weiterhin muss beachtet werden, dass es sich um keine Teilnahmegebühr handelt, sondern um eine Gebühr zum Erhalten einer Gewinnchance.21

Bei den Entgelten zum Kauf von virtuellen Zusatzinhalten handelt es sich eindeutig um eine Gebühr zum Erhalten einer Gewinnchance. Obwohl die meisten Angebote für virtuelle Zusatzinhalte in Form von Lootboxen oder Glücksspielsimulationen die Bagatellgrenze i.H.v. 10 Euro nicht überschreiten, ist durch die Möglichkeit der Mehrfachteilnahme eine Beeinträchtigung der Entgeltlichkeit bei virtuellen Zusatzinhalten nicht ersichtlich (solange der Anbieter zur wiederholten Teilnahme auffordert oder anreizt).22

2. Zufallsabhängigkeit virtueller Zusatzinhalte

Die Zufallsabhängigkeit virtueller Zusatzinhalte bestimmt sich danach, ob der Erwerb des Gewinns von Glück oder Geschicklichkeit abhängt. Die Gewinnchance ist zufallsabhängig, wenn der Erwerb des Gewinns eher durch den Faktor Glück als durch den Faktor Geschicklichkeit erreicht wird. Der Erwerb des Gewinns ist glücksabhängig, wenn der Spieler weniger als 50% Einfluss auf den Ausgang des Ergebnisses hat. Im Gegensatz dazu ist der Erwerb des Gewinns abhängig von der Geschicklichkeit, wenn der Spieler durch seine Fähigkeiten, seinen Kenntnissen und seiner Aufmerksamkeit, seine Gewinnchance zu mehr als 50% beeinflussen kann.23 Maßgeblich für die Bestimmung ob Glück oder Geschicklichkeit überwiegt, sind die Verhältnisse unter welchen das Spiel betrieben wird.24 Beachtet man die am meisten angebotenen Spiele zum Erwerb virtueller Zusatzinhalte, sind dies die Lootboxen und Glücksspielsimulationen. Das Prinzip bei Lootboxen ist simpel. Ein Spieler kauft sich mit Geld ein Ticket/Schlüssel, um die Box zu öffnen. In dieser Box sind bestimmte Gegenstände enthalten. Welchen Gegenstand der Spieler aus der Box gewinnt, kann er weder durch seine Fähigkeiten noch durch seine Kenntnisse vorhersehen. Der Gewinn ist somit zufallsabhängig. Bei Glücksspielsimulationen (meist Slots oder etwas ähnliches wie Roulette) kann der Spieler ebenfalls kein Einfluss auf den Gewinn nehmen. Somit sind Glücksspielsimulationen in Online-Spielen ebenfalls vom Zufall abhängig.25

3. Zusammenfassung

Ob Online-Spiele als Glücksspiele i.S.d. § 3 Abs. 1 GlüStV zu bewerten sind, hängt letztendlich von den angebotenen Möglichkeiten ab, wie die Spieler an virtuelle Zusatzinhalte kommen. Wenn Online-Spiel Anbieter dies über Lootboxen oder Glücksspielsimulationen anbieten, betreiben sie Glücksspiel i.S.d. § 3 Abs. 1 GlüStV. Eine pauschale Aussage, dass jedes Online-Spiel Glücksspiel betreibt oder nicht betreibt, ist nicht möglich.

E. Der Glücksspielstaatsvertrag

I. Aufbau des GlüStV 2020 & Änderungen seit dem GlüStV 2008

Vor dem Inkrafttreten des zweiten und dritten GlüStV galt der GlüStV 2008. Vergleicht man die Staatsverträge miteinander, wird klar, dass sich der Anwendungsbereich erweitert hat und modifizierte Zielbestimmungen hinzugekommen sind. Die §§ 1 bis 3 GlüStV behandeln die Ziele, den Anwendungsbereich und die Definition des Begriffs „Glücksspiel“. § 4 GlüStV behandelt die Erlaubnispflicht, das Internetverbot für Online-Glücksspiele und die Ausnahmen. Vorschriften zum Spielerschutz befinden sich in §§ 6 bis 8 GlüStV. Eine Neuerung im Gegensatz zum GlüStV 2008 ist die Erlaubniserteilung für den Eigenbetrieb und die Erlaubnis von Online-Lotterien, wenn auch unter strengen Voraussetzungen. Ebenfalls neu ist die Regelung des Konzessionsverfahren in den §§ 4a bis 4e GlüStV, zur Erteilung von Konzessionen für Sportwettenanbieter (Experimentierklausel des § 10a GlüStV), welche dann die Sportwetten über Wettannahmestellen oder übers Internet anbieten dürfen. Die Anzahl der herauszugebenden Konzessionen ist beschränkt. Online-Casinospiele unterfallen weiterhin dem § 4 Abs. 4 GlüStV und sind somit ohne Ausnahmen innerhalb Deutschlands (außer in Schleswig-Holstein aufgrund der verlängerten Lizenzen bis 2021)26 verboten. Die Regeln bezüglich Werbung für Glücksspiele fallen weniger streng als in 2008 aus.27

II. Ziele (§ 1 GlüStV)

Der GlüStV verfolgt durch seine Regelungen und Einschränkungen insgesamt fünf Ziele, die gem. § 1 Abs. 1 GlüStV gleichrangig sind.28

Das erste Ziel ist die Vermeidung und Bekämpfung von Spielsucht. Das zweite Ziel ist es, das Glücksspiel in überwachte und geordnete Bahnen zu lenken. Dies soll durch Begrenzungen des Glücksspielangebots und dem Zulassen von Alternativen zum nicht erlaubten Glücksspiel erreicht werden. Weiterhin versucht der Staat durch den GlüStV das Entstehen neuer unerlaubter Glücksspiele auf dem Schwarzmarkt auszubremsen.29 Das dritte Ziel ist die Gewährleistung von Jugend- und Spielerschutz. Im vierten Ziel des GlüStV wird sichergestellt, dass Glücksspiele ordnungsgemäß durchgeführt werden, damit der Spieler vor betrügerischen Anbietern geschützt ist und die mit Glücksspiel verbundenen kriminellen Aktivitäten inklusive der Geldwäsche verhindert werden können.30 Das letzte Ziel ist es die Integrität des Wettbewerbs zu bewahren und für einen sicheren und transparenten Spielbetrieb zu sorgen.31

III. Anwendungsbereich (§ 2 GlüStV)

Der Anwendungsbereich des GlüStV wurde aufgrund von Rechtsprechungen zur Gesamtkohärenz der Glücksspielregulierung erweitert. Der Anwendungsbereich ist in § 2 GlüStV geregelt.

Gem. § 2 Abs. 1 GlüStV umfasst der Anwendungsbereich die Vermittlung, Veranstaltung und Durchführung von öffentlichen Glücksspielen. Einschränkungen des Anwendungsbereiches sind in § 2 Abs. 2 bis Abs. 4 GlüStV geregelt. § 2 Abs. 2 bis Abs. 4 GlüStV beinhaltet Einschränkungen auf bestimmte Vorschriften bei Spielbanken und -hallen, sowie Wettannahmestellen und Gaststätten, wenn diese Geldspielgeräte mit Gewinnmöglichkeiten bereithalten.

IV. Totalverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV

§ 4 Abs. 4 GlüStV regelt ein generelles Verbot für Glücksspiele die über das Internet vermittelt werden. Obwohl § 4 Abs. 4 GlüStV sehr allgemein formuliert ist, umfasst er neben kleineren und weniger bekannten Glücksspielen wie z. B. Cent-Auktionen nur zwei wirklich große und bekannte Glücksspielarten. Während in Deutschland mittlerweile Online-Lotterien, Pferdewetten und Sportwetten erlaubt sind, sind Online-Casinos und Online-Pokerspiele (mit echtem Geldeinsatz) seit dem GlüStV 2008 immer noch vom § 4 Abs. 4 GlüStV erfasst und somit auch nach dem aktuellen GlüStV in Deutschland illegal.32

1. Experimentierklausel für Sportwettenanbieter § 10a GlüStV

Durch den GlüStV 2008 waren Sportwetten von privaten Anbietern in Deutschland verboten. Dies hatte zur Folge, dass sich ein umfangreicher Schwarzmarkt für Sportwetten entwickelt hatte. Um diesen Schwarzmarkt zu bekämpfen hat der Gesetzgeber im GlüStV 2012 den § 10a GlüStV eingeführt, welcher den Markt für Sportwetten in Deutschland auch für private Anbieter, die im Besitz einer Konzession sind, eröffnet.33 Um in den Besitz einer Konzession zu kommen, mussten private Sportwettenanbieter am Konzessionsverfahren (§§ 4a bis 4e GlüStV) teilnehmen. Die erteilte Konzession berechtigt den Konzessionsnehmer das Veranstalten von Sportwetten und dem Vertrieb über das Internet (§ 10a Abs. 3 S. 1 GlüStV). Die erteilten Konzessionen sollten zunächst für einen begrenzten Zeitraum von 7 Jahren gelten.34 Jedoch wurde im Abschluss des Umlaufverfahrens der Ministerpräsidentenkonferenz vom 18. April 2019 einstimmig der Beschluss gefasst, die zeitliche Begrenzung des § 10a GlüStV aufzuheben.35 Insgesamt wurden zwanzig Konzessionen herausgegeben, die sich die staatlichen und privaten Anbieter teilen. Genauso wie die privaten Anbieter, mussten somit auch die staatlichen Anbieter am Konzessionsverfahren teilnehmen.36

[...]


1 Alber, Glücksspiele und Europarecht, 2016, S. 2.

2 Jung/Kleinbrink/Köster, Handelsblatt Research Institute, Die Digitalisierung des Glücksspiels, 2017, S. 1.

3 Alber, Glücksspiel und Europarecht, 2016, S. 14.

4 BGH, Urteil vom 08.08.2017 – 1 StR 519/16, NStZ 2018, S. 335, 338.

5 OVG Niedersachsen, Beschluss vom 18.06.2018 – 11 LA 237/16, BeckRS, 13173, Rn. 31.

6 Dreef/Borm/van der Genugten, in: Dreef, Mathematical Methods of Operation Research, 2004, S. 375, 375 ff.

7 Alber, Glücksspiel und Europarecht, 2016, S. 20.

8 Schippel, CR 2017, S. 728, 728.

9 Fischer, CR 2014, S. 587, 587.

10 Fischer, CR 2014, S. 587, 587.

11 Frieling, MW 2011, S. 14, 14 ff.; PwC, Media Trend Outlook, Virtuelle Zusatzinhalte in Videospielen: Ein Geschäftsmodell mit Aussicht, 2013, S. 4.

12 Fischer, CR 2014, S. 587, 588.

13 Frieling, MW 2011, S. 14, 15.

14 Fischer, CR 2014, S. 587, 588.

15 PwC, Media Trend Outlook, Virtuelle Zusatzinhalte in Videospielen: Ein Geschäftsmodell mit Aussicht, 2013, S. 5.

16 Rose, Chasing the whale: Examining the ethics of free-to-play games, abrufbar: http://www.gamasutra.com/view/feature/195806/ (Stand: 09.01.2020); Lovell, Whales, Dolphins and Minnows – the beating heart of a free-to-play game, abrufbar: http://www.gamesbrief.com/2011/11/whales-dolphins-and-minnows-the-beating-heart-of-a-free-to-play-game/ (Stand: 09.01.2020).

17 Auf dem free-to-play Portal „Kongregate“ machen etwa 7% der Spieler 84% des Umsatzes aus, vgl: https://www.heise.de/newsticker/meldung/GDC-Teure-Sucht-statt-Gratis-Klick-bei-Free-to-Play-1666712.html (Stand: 09.01.2020).

18 MacMilan/Stone, Zynga´s Quest for Big-Spending Whales, abrufbar: http://www.businessweek.com/magazine/zyngas-quest-for-bigspending-whales-07072011.html (Stand: 09.01.2020).

19 Siehe oben: Punkt C. I.

20 Hambach/Liesching, in: Streinz/Liesching/Hambach, Glücks- und Gewinnspielrecht in den Medien, 2014, § 284 StGB, Rn. 32.

21 Siehe oben: Punkt C. I.

22 BGH, Urteil vom 28.09.2011, I ZR 93/10, GRUR 2012, S. 206, Rn. 65.

23 Dietlein/Hüsken, in: Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, 2013, § 3 GlüStV, Rn. 3; Laustetter, JR 2012, S. 507, 507; Heine/Hecker, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, 2010, § 284 StGB, Rn. 7.

24 Krehl/Schünemann/Wolff/et al., Leipziger Kommentar zum StGB, 2011, § 284 StGB, Rn. 7.

25 Fischer, CR 2014, S. 587, 592.

26 Buisness-on, Online-Casinos und Sportwetten: Was ist? Was kommt? Was ist gesetzlich geregelt?, Artikel vom 16.12.19, abrufbar: http://www.business-on.de/muenchen/casino-online-casinos-und-sportwetten-was-ist-was-kommt-was-ist-gesetzlich-geregelt-_id21139.html (Stand: 13.01.19).

27 Fuchs, Das neue Glücksspielrecht unter besonderer Berücksichtigung von Online-Glücksspielen, 2017, S. 40.

28 Bayerischer Landtag, Drs. 16/11995, S. 17, 21; Bolay/Pfütze, in: Streinz/Liesching/Hambach, Glücks- und Gewinnspielrecht in den Medien, 2014, § 1 GlüStV, Rn. 32ff.

29 Bayerischer Landtag, Drs. 16/11995, S. 17, 21; Windoffer, DÖV 2012, S. 257, 258.

30 Bayerischer Landtag, Drs. 16/11995, S. 17, 21; Pagenkopf, NJW 2012, S. 2918, 2919.

31 Bayerischer Landtag, Drs. 16/11995, S. 21; Bolay/Pfütze, in: Streinz/Liesching/Hambach, Glücks- und Gewinnspielrecht in den Medien, 2014, § 1 GlüStV, Rn. 74.

32 Kubiciel, NVwZ 2018, S. 841, 841 f..

33 Gebhardt, in: Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, 2013, § 10a GlüStV, Rn. 6.

34 Fuchs, Das neue Glücksspielrecht unter besonderer Berücksichtigung von Online-Glücksspielen, S. 74.

35 Schleswig-Holsteiner Landtag, Drs. 19/1611, S.2.

36 Heeg/ Levermann, MMR 2012, S. 726, 727 f.

Ende der Leseprobe aus 44 Seiten

Details

Titel
Öffentlich-rechtliche Sicht von Online-Glücksspielen
Untertitel
Ist das Totalverbot gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV gerechtfertigt?
Hochschule
Universität Siegen
Note
1,7
Autor
Jahr
2020
Seiten
44
Katalognummer
V583979
ISBN (eBook)
9783346185730
ISBN (Buch)
9783346185747
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Glücksspiel, Sucht, Totalverbot, Glücksspielstaatsvertrag, GlüStV, Pnline-Spiel, Kasino, Casino, Online, Glück, Würfel, Sportwetten, Pferdewetten, Lotterien, Rubbellose, Tipico, Bwin, bet365, Computer, Konsole, Spiele, Slot, games, Spielsucht, Bürgerschutz, Midnerjährige, Spielhallen, Vereinbarkeit, niederlassungsfreiheit, dienstleistungsfreiheit, Betrug, Geldwäsche, Kriminell, EuGH, BVerfG, BVerwG, Grundfreiheiten, Kohärenz, Gambelli, Placanica, Digibet, Carmen Media, Gefahren, SchleswigHolstein, Schelswig, Holstein, Poker, Poekrspiele, Online-Poker, Abschaffung, § 4
Arbeit zitieren
Burhan Kaya (Autor:in), 2020, Öffentlich-rechtliche Sicht von Online-Glücksspielen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/583979

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