Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Übersichtenverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Relevanz
1.2 Zielsetzung der Arbeit
1.3 Vorgehen
2 Global Sourcing als Beschaffungsstrategie
2.1 Begriffserklärung
2.2 Abgrenzung zu anderen Sourcing-Strategien
2.3 Beweggründe und Ziele
2.4 Trends und Entwicklungen
3 Supply Chain – Risiken im Global Sourcing
3.1 Begriff und Systematisierung
3.2 Supply Chain – exogene Risiken
3.2.1 Politische Risiken
3.2.2 Rechtliche Risiken
3.2.3 Finanzielle Risiken
3.2.4 Sozio-kulturelle Risiken
3.3 Supply Chain-endogene Risiken
3.3.1 Informations- und Kommunikationsrisiken
3.3.2 Rechts- und Vertragsrisiken
3.3.3 Finanzielle Risiken
3.3.4 Lieferrisiken
4 Eindämmung von Supply Chain – Risiken im Global Sourcing
4.1 Ausreichende Vorbereitung und Analyse des Beschaffungsmarktes
4.2 Eindämmung von Lieferrisiken
4.2.1 Bewusste Lieferantenauswahl
4.2.2 Engere Verhältnisse zum Lieferanten
4.2.3 Lieferantenförderung
4.3 Aufbau geeigneten eines Konzeptes – Das Global Sourcing-Tool von von T ThyssenKrupp
4.4 Beschränkung auf die Beschaffung bestimmter Produkte
5 Schlussbetrachtung
Literaturverzeichnis
Übersichtenverzeichnis
Übersicht 1: Regionen-bezogene Sourcing-Strategien
Übersicht 2: Kosten je Arbeitsstunde im internationalen Vergleich
Übersicht 3: Anteil des Beschaffungsvolumens außerhalb der Heimatregion
Übersicht 4: Entwicklung des Beschaffungsvolumens außerhalb der Heimatregion
Übersicht 5: Systematisierung der Beschaffungsrisiken im Global Sourcing
Übersicht 6: Kulturdimensionen nach Hofstede von China im Vergleich zu Deutschland
Übersicht 7: Kommunikationsbarrieren im Global Sourcing
Übersicht 8: Arten von Lieferrisiken
Übersicht 9: Risiko-Länder: Politik und Wirtschaft
Übersicht 10: Informationsquellen zur Länderbeurteilung und -klassifikation
Übersicht 11: Maßnahmen zur Risikoverringerung bei Lieferausfall und Liefermängeln
Übersicht 12: Beispiel für ein Punktebewertungsverfahren
Übersicht 13: Prozessschritte des Global Sourcing-Tools
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Relevanz
Im Zeitalter der Globalisierung werden Unternehmen vor immer größere Herausforderungen gestellt. Dabei spielen nicht nur erfolgsbringende Exportstrategien und Marketingkonzepte eine Rolle, vielmehr birgt auch die Seite der Beschaffung großes Potenzial. Günstige Rohstoffpreise und niedrige Lohnkosten im Ausland führen für viele Unternehmen zu erheblichen Einsparungen, die sich letztendlich im Unternehmenserfolg widerspiegeln.
Der Trend des „Global Sourcing“ hat in den letzten Jahrzehnten zunehmend Gestalt angenommen und stellt auch gegenwärtig ein großes Thema für die internationale Wirtschaft dar. Gründe wie die Wahrung der eigenen Wettbewerbsfähigkeit und der stetige Konkurrenzdruck erfordern ein Umdenken bei der Implementierung einer geeigneten Beschaffungsstrategie. Durch die Liberalisierung der Märkte und dem Wegfall zahlreicher Handelshemmnisse wurde bereits der Grundstein für eine globale Beschaffung gelegt. Trotz des hohen Einsparpotenzials, welches aufgrund des enormen Kostendrucks insbesondere im Bereich Supply Chain Management Vorteile bietet, impliziert Global Sourcing auch erhebliche Risiken. Nicht selten scheitern Unternehmen an der vermeintlich gewinnbringenden Strategie und erfahren hohe Einbußen, die nicht unmittelbar revidierbar sind. Häufig ist eine mangelnde Vorbereitung und Auseinandersetzung mit der Thematik der Auslöser für negative Auswirkungen auf die Gesamtunternehmung.
1.2 Zielsetzung der Arbeit
Ziel dieser Arbeit ist die ausführliche Analyse potenzieller Risikofaktoren im Global Sourcing sowie das Aufzeigen von Möglichkeiten zur Risikoreduktion und -vermeidung in Supply Chains. Neben vorbeugenden Maßnahmen sollen auch Handlungsempfehlungen zur Bewältigung bereits vorliegender Problemsituationen dargestellt werden.
Der Anspruch liegt darin, Global Sourcing auf der Grundlage einschlägiger Literatur kritisch zu beleuchten. Dabei stellt sich die Frage, wie die Strategie mit einem möglichst geringen Folgerisiko durchgesetzt werden kann und wann sie als geeignet oder ungeeignet einzustufen ist. Problematisiert wird ebenfalls die Messbarkeit der im Folgenden behandelten Risiken, die sich in vielen Fällen sehr schwierig gestaltet.
1.3 Vorgehen
Nach einer anfänglichen Begriffsdefinition sollen zunächst die Ziele und aktuellen Trends des Global Sourcing erläutert werden. Dabei wird auch kurz auf die Chancen eingegangen, die diese Strategie mit sich bringen kann.
Der Hauptteil der Arbeit gliedert sich in zwei Teile. Zuerst erfolgt eine ausführliche Analyse der Supply-Chain Risiken im Global Sourcing und den möglichen Auswirkungen. Im Anschluss wird die Prävention und Eindämmung dieser Risiken in den Vordergrund gerückt. Die Literatur stellt die Beschaffung aus China häufig als repräsentatives Beispiel in den Vordergrund sämtlicher Betrachtungen und Studien. Der Grund dafür liegt sowohl in den maßgeblichen kulturellen und rechtlichen Unterschieden als auch in der entfernten geographischen Lage.
Eine abschließende Zusammenfassung greift die wichtigsten Erkenntnisse der Arbeit nochmals auf und liefert die Grundlage für eine kritische Bewertung. Diese soll Aufschluss darüber geben, wann und für wen Global Sourcing letztendlich als empfehlenswert gilt und wie die Risiken im Einzelnen zu beurteilen und einzudämmen sind.
Durch den begrenzten Umfang der Thesis ist es nicht möglich, alle Gefahrenpunkte und Gegenmaßnahmen aufzugreifen. Aus diesem Grund beschränkt sich der Inhalt dieser theoretischen Arbeit auf die wichtigsten, in der Literatur am häufigsten aufgegriffenen, Aspekte und Erfahrungswerte.
2 Global Sourcing als Beschaffungsstrategie
2.1 Begriffserklärung
Global Sourcing lässt sich mit „weltweiter Beschaffung“ bzw. dem „weltweitem Bezug von Beschaffungsobjekten“ übersetzen.1 Es stellt eine von vielen Beschaffungsstrategien dar, von denen sich Unternehmen große Erfolge versprechen. Unter Beschaffung ist die „Zusammenfassung aller Tätigkeiten, die der Versorgung eines Unternehmens mit Material, Dienstleistungen, Betriebs- und Arbeitsmitteln sowie Rechten und Informationen aus unternehmensexternen Quellen (Güter- und Dienstleistungsmärkte) dienen“2 zu verstehen. Im Rahmen dieser Arbeit wird die Materialbeschaffung in den Vordergrund gestellt.
Das oberste Ziel der Beschaffung besteht darin, die Verfügbarkeit benötigter Materialien bezüglich Art, Menge, Zeit und Qualität sicherzustellen.3 Dabei ist stets das Prinzip der Wirtschaftlichkeit zu berücksichtigen.4 Grundsätzlich lassen sich Beschaffungsziele hinsichtlich ihrer strategischen oder operativen Ausrichtung unterscheiden. Die operative Beschaffung charakterisiert sich durch routinierte Abläufe und umfasst kurzfristige Entscheidungen im operativen Tagesgeschäft. Beispiele hierfür sind Aufgaben wie die Disposition oder Terminüberwachung. Die strategische Seite ist durch langfristige Entscheidungen, wie z.B. den Aufbau von Partnerschaften gekennzeichnet. Hierunter fällt auch das Global Sourcing.5
Der Begriff des Global Sourcing ist in der Literatur bis heute nicht eindeutig definiert. Nach Arnold beschreibt Global Sourcing eine Ausrichtung auf die internationalen Beschaffungsmärkte, die von strategischen Aspekten dominiert wird.6 Betont wird die funktionsübergreifende Rolle, die Vorteile auf der Beschaffungsseite auf andere Geschäftsbereiche wirken lässt und somit auch zu deren Erfolgssicherung beiträgt.7
Koppelmann vertritt eine etwas differierende Auffassung. Er knüpft an eine vollständige Vernetzung der Funktionen Produktion und Beschaffung an, indem weltweit verteilte Produktionsstätten ihre Materialien auf der gleichen Lieferantenbasis beschaffen.8
Eine fortschrittlichere Definition liefern Trent und Monczka, die sowohl Arnold als auch Koppelmann in ihrem Ansatz integrieren. Global Sourcing bildet demnach die höchste Stufe der Beschaffung, in der globale Beschaffungsstrategien in weltweite Märkte und entlang verschiedener funktionaler Bereiche integriert werden.9
Vorwiegend herrscht in der Literatur die Ansicht, eine eindeutige Abgrenzung zwischen dem Begriff des internationalen Einkaufs und dem des Global Sourcing vornehmen zu müssen.10 Diese bezieht sich auf den strategischen Charakter. Somit wird der internationale Einkauf als eine rein ausführende, operative Funktion verstanden. Werte wie die Sicherung von Wettbewerbsvorteilen werden dabei außer Acht gelassen.11
Global Sourcing hingegen impliziert diese strategischen Komponenten. Von Bedeutung ist unter anderem das ständige Beobachten und Analysieren der Entwicklungen auf ausländischen Märkten. Dabei werden sowohl Erfolgspotenziale als auch Risiken für die Unternehmung und Synergien für die gesamte Wertschöpfungskette identifiziert. Eine effiziente Koordination aller weltweit beteiligten Lieferanten steht ebenfalls im Vordergrund.12
Ein kurzes Beispiel zu der genannten Abgrenzung wäre, dass nicht zwingend der günstigste Anbieter am weltweiten Markt gesucht wird, sondern ein strategischer Partner, der sich zukünftig und langfristig in den Wertschöpfungsprozess integrieren lässt.13
2.2 Abgrenzung zu anderen Sourcing-Strategien
Für eine genauere Einordnung des Global Sourcing ist eine Klassifizierung der einzelnen Regionen-bezogenen Sourcing-Strategien von Vorteil.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Übersicht 1: Regionen-bezogene Sourcing-Strategien (Quelle: in Anlehnung an Krokowski, W. 1998, S.6)
Wie Übersicht 1 zu entnehmen ist, unterscheidet die Literatur drei Sourcing-Strategien in Bezug auf ihr geographisches Ausmaß. Beim Local Sourcing findet der Warenbezug aus unmittelbarer Nähe des Unternehmens statt. Dies bietet sich vor allem für hochwertige Güter an, die zur Fortführung der Produktion zwingend notwendig sind.14 Während beim Local Sourcing auch eine länderübergreifende Beschaffung denkbar ist, beschränkt sich das Domestic Sourcing auf einen Warenbezug aus dem Inland. Geographisch gesehen weitet sich das Beschaffungsgebiet also über die regionale Eingrenzung des Local Sourcing hinweg aus. Als problematisch werden an dieser Stelle mögliche Preisnachteile gesehen, allerdings reduzieren sich auch die Risiken einer Beschaffung aus dem Ausland, über die in dieser Arbeit noch ausführlich diskutiert wird.15
Wie zu Beginn bereits erwähnt, handelt es sich beim Global Sourcing um den weltweiten Bezug von Beschaffungsobjekten und demnach um die Strategie mit den am weitest gestreuten Lieferantenquellen. Auf die Vorteile dieser Strategie wird im Folgenden eingegangen.
2.3 Beweggründe und Ziele
Die Frage nach den Gründen für Global Sourcing ist schnell zu beantworten. „Unter dem derzeitigen Kosten- und Wettbewerbsdruck vieler Unternehmen ist … das Auffinden der weltweit günstigsten Beschaffungsquellen fast die einzige Chance, sich mit den Produkten am Markt zu behaupten“16. Hierbei wird deutlich, dass es sich nicht immer um eine rein freiwillige Entscheidung handelt, sich dieser Sourcing-Strategie zu bedienen. Vielmehr sorgen extrinsische Motive wie der stetige Konkurrenzdruck dafür, dass sich Unternehmen erste Gedanken machen müssen. In der Literatur wird als häufigstes Argument das Kostensenkungspotenzial angesprochen.17 Preiswerte Beschaffungskosten entstehen vor allem durch niedrige Lohn- und Lohnnebenkosten im Ausland. In folgender komprimierter Übersicht des IW18 sind die Kosten pro Arbeitsstunde beispielhaft im verarbeitenden Gewerbe dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Übersicht 2: Kosten je Arbeitsstunde im internationalen Vergleich (Quelle: IW Köln, 2016)19
Wie Darstellung 2 zu entnehmen ist, zählt Deutschland zu den Ländern mit den höchsten Kosten je Arbeitsstunde. Es handelt sich hierbei nicht nur um den reinen Bruttolohn, auch Sozialbeiträge und betriebliche Zuschüsse fließen in diese Rechnung mit ein.20
Neben den Lohnkosten sind auch die günstigen Einkaufspreise für Rohstoffe oder Vorprodukte wichtige Kriterien in der Kostenbetrachtung. Gerade bei Rohstoffen kommt es darauf an, in welchem Land diese überhaupt existieren und in welcher Menge sie dort zur Verfügung stehen. Oftmals profitieren Unternehmen auch von der Subventionierung bestimmter Produkte oder Branchen sowie von Steuervorteilen im Ausland und fehlenden Umweltauflagen.21 Global Sourcing lässt sich unter dem Kostenaspekt also eine weitreichende Attraktivität zusprechen.
Die Auswertungen von Global Procurement Services zeigen, dass es neben dem Hauptmotiv der Kosteneinsparung auch noch andere Anreize für Global Sourcing gibt. Die dort befragten Unternehmen sehen unter anderem auch den Profit vom technischen Knowhow und den Aufbau lokaler Lieferketten als wichtige Faktoren an.22 Stölzle und Kirst sprechen über drei weitere Beweggründe. Zum einen geht es dabei um eine bessere Verfügbarkeit von Materialien. „…durch die Hinzunahme globaler Lieferanten für ein Beschaffungsobjekt diversifiziert die Lieferantenbasis und verringert dadurch das Risiko von Versorgungsengpässen“23. Daraus resultiert eine Erhöhung des Druckes auf inländische und bestehende Lieferanten, die durch den ausgelösten Wettbewerb zukünftig zu besseren Konditionen tendieren müssen. Die Optimierung der Verhandlungsposition und die Risikostreuung in der Verfügbarkeit gelten daher auch als vielversprechende Ziele im Global Sourcing.24
Bestimmte Länder verfügen über Spezialkenntnisse von Produkten und Produktionsprozessen. So stehen Länder aus Asien beispielsweise für eine hohe Kompetenz im Elektronik- und Computergeschäft. Unternehmen profitieren von einem ausgeprägten technischen Knowhow und einer Qualitätssteigerung, die auch die Kundenseite zufriedenstellt. Das Stichwort lautet „Innovation“. 25 Auf dem rein nationalen Markt werden die Grenzen hinsichtlich neuer Technologien und Entwicklungen schnell erreicht sein, daher bietet Global Sourcing die perfekte Chance konkurrenzfähig zu bleiben. Wettbewerbsvorteile entstehen grade durch den Leistungs- und Innovationsvorsprung im Ausland tätiger Unternehmen.26 Der Aufbau von Beziehungen und Einkaufsbüros, sogenannte Purchasing-Offices, im Ausland beinhaltet die Möglichkeit, neue Vertriebsnetze aufzubauen. Durch die Schnittstelle zwischen den Büros vor Ort und im Heimatland können eine hohe Markttransparenz geschaffen und Besonderheiten aufgedeckt werden.27 Eine enge Zusammenarbeit mit ansässigen Lieferanten und Behörden kann sogar dazu führen, neue Märkte zu erschließen.28
Der Grund, Global Sourcing zu betreiben, ist also auch Teil einer Wachstumsstrategie. Roth geht zusätzlich davon aus, dass durch das Bedienen einiger Nischenmärkte im Beschaffungsland ein großer Gesamtmarkt entstehen kann.29 Im Folgenden werden zur Veranschaulichung einige Praxisbeispiele aufgegriffen, die die Trends der letzten Jahre aufgreifen und einen Ausblick über aktuelle Vorgehen im Global Sourcing aufzeigen.
2.4 Trends und Entwicklungen
In der heutigen Zeit gewinnt Global Sourcing für viele Unternehmen zunehmend an Bedeutung. Dies spiegelt die Studie „Barometer Kostenmanagement“ von Expense Reduction Analysts, einer internationalen Beratungsgesellschaft für Einkaufs- und Kostenmanagement, wieder. „Die Bedeutung von internationalen Beschaffungsaktivitäten wird bis 2020 um 43 Prozent steigen, trotz aller Krisen dieser Welt“30. Für die Erhaltung ihrer Wettbewerbsfähigkeit tritt das globale Denken für die Unternehmen also an eine priorisierte Stelle. Bereits 46 Prozent der Unternehmen verfolgen eine globale Einkaufsstrategie, die Tendenz ist steigend.31 Problematisch wird es allerdings bei der Betrachtung der strukturellen Eignung für die Umsetzung einer solchen Global Sourcing Strategie. Nur knapp 30 Prozent der Unternehmen verfügen bereits über eine entsprechende Struktur, die oftmals vom Digitalisierungsgrad abhängt.32
Eine weitere interessante Studie liefert die GEXSO-Initiative33, die sich mit der Globalisierung von industriellen Wertschöpfungsketten befasst. Die Studie stammt aus dem Jahr 2014 und zeigt unter anderem den zu dieser Zeit gegenwärtigen Anteil des Beschaffungsvolumens außerhalb der Heimatregion sowie die geplante Entwicklung. Involviert sind 53 mittelständische Unternehmen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die Konzentration liegt auf den Branchen Automobilzulieferer, Maschinen-und Anlagenbau und Industriekomponentenhersteller.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Übersicht 3: Anteil des Beschaffungsvolumens außerhalb der Heimatregion (Quelle: GEXSO-Studie, 2014)34
Übersicht 3 ist zu entnehmen, dass über zwei Drittel der Unternehmen mindestens 30 Prozent der Beschaffungsobjekte aus dem Ausland beziehen. Ganze 45,3 Prozent beschaffen sogar über die Hälfte außerhalb ihrer Heimat.
Auch die zukünftige Planung lässt keine Zweifel offen: die Unternehmen denken globaler. Wie in Übersicht 4 dargestellt, rechnen 73,6 Prozent der Befragten mit einer Zunahme des internationalen Beschaffungsvolumens, während nur 5,7 Prozent ein stärkeres Augenmerk auf die heimischen Märkte legen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Übersicht 4: Entwicklung des Beschaffungsvolumens außerhalb der Heimatregion (Quelle: GEXSO-Studie, 2014)35
Insgesamt ist also eine eindeutige Entwicklung hin zum Global Sourcing zu erkennen. Schon im Jahr 2002 haben Trent und Monczka erkannt, dass der Anteil global beschaffter Güter am Gesamteinkaufsvolumen in den vorherigen Jahren stetig zugenommen hat.36 Global Sourcing ist prinzipiell keine moderne Erfindung, es rückt durch die in Kapitel 2.3 aufgeführten Chancen in den letzten Jahren jedoch sehr stark in den Vordergrund der Strategiebildung in Unternehmen.37
3 Supply Chain – Risiken im Global Sourcing
Global Sourcing eröffnet vielversprechende Chancen sich als Unternehmen am Markt zu behaupten, zu wachsen und erhebliche Kosteneinsparungen zu verbuchen. Jedoch hat jede Strategie auch eine Kehrseite. Nicht selten endet der Wunsch nach globaler Aktivität in einer Krise. Unternehmen scheitern durch die Missachtung von Risiken, die sich anfangs oder im Laufe der Zeit auftun. Sei es durch Qualitätsaspekte oder auch einfach durch mangelnde Organisationsstrukturen und Vorbereitung. Es gibt einen großen Katalog an möglichen Einflüssen, die die Erwartungen unerfüllbar machen können. In den folgenden Kapiteln werden die wichtigsten Risiken im Global Sourcing aufgeführt und analysiert.
3.1 Begriff und Systematisierung
Zu Beginn der Analyse sollte der Begriff der Supply Chain und des Supply Chain-Risikos erläutert werden.
Eine Supply Chain ist stufenweise aufgebaut und impliziert alle direkt und indirekt beteiligten Parteien an einer Kundenbestellung. Dies umfasst sowohl Hersteller, Lieferant und Groß- und Einzelhändler als auch Transportunternehmen, Warenlager sowie den Kunden selbst. Ebenfalls Bestandteil einer solchen Wertschöpfungs- und Lieferkette sind die einzelnen Funktionen der Beteiligten. Im Falle des Herstellers wären dies z.B. die Produktentwicklung, das Marketing und der Kundenservice.38 Eine Dynamik zeigt sich im „…konstanten Strom von Informationen, Produkten und Geld zwischen den einzelnen Stufen“39.
Der Risikobegriff zielt auf externe Einflüsse ab, die auf eine Person oder Organisation einwirken. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird der Begriff im Zusammenhang mit negativen Folgen, die eine Gefahr auslösen, verwendet.40
Supply-Chain Risiken umfassen demnach „…Risiken, die auf Störungen und Unterbrechungen der Flüsse innerhalb des Güter-, Informations-, und Finanznetzes zurückgeführt werden können und negative Auswirkungen auf die Zielerreichung der einzelnen Unternehmen bzw. der gesamten Supply Chain bezüglich Endkundennutzen, Kosten, Zeit oder Qualität haben“41.
Aufgrund der Vielzahl von Supply Chain-Risiken im Global Sourcing ist eine Systematisierung von großem Vorteil. Stölzle und Kirst übernehmen dabei den Ansatz von Zsidisin und bilden zwei Kategorien. Einerseits werden die Beschaffungsrisiken in beschaffungsmarktspezifische bzw. Supply Chain-exogene Risiken aufgeteilt. Auf der anderen Seite stehen die lieferantenspezifischen bzw. Supply Chain-endogenen Risiken.42
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Übersicht 5: Systematisierung der Beschaffungsrisiken im Global Sourcing (Quelle: in Anlehnung an Stölzle, W./ Kirst, P. 2007, S.63; Zsidisin, G. A. 2003, S.220)
Wie Übersicht 5 zu entnehmen ist, lassen sich jeweils noch vier Unterkategorien unter die beschaffungsmarktspezifischen und lieferantenspezifischen Risiken subsumieren. Die folgende Analyse orientiert sich systematisch an der in Übersicht 5 dargestellten Reihenfolge bzw. Hierarchie.
3.2 Supply Chain – exogene Risiken
3.2.1 Politische Risiken
„Politische Risiken resultieren aus der Gefahr der unvorhersehbaren Änderungen politischer Strukturen, Ideologien und rechtlicher Gegebenheiten in einem Land“43. Holtbrügge unterscheidet zwischen offenen und subtilen Risiken. Offene politische Risiken beinhalten beispielsweise innenpolitische Auseinandersetzungen, Terrorismus oder militärische Konflikte.44 Grundsätzlich gehen solche Risiken von politischen Extremisten, Drogenkartellen oder religiösen Gruppen aus, die ebenfalls extremistisch veranlagt sind. Das beste Beispiel dafür sind die Anschläge vom 11. September 2001, die den Islamismus in den Blickwinkel von Terrorismus rücken ließen.45 Subtile politische Risiken hingegen äußern sich in Form von Diskriminierung ausländischer Unternehmen bei öffentlichen Ausschreibungen oder Aufschiebung von wichtigen Genehmigungsverfahren.46 Sowohl Genehmigungs- und Verwaltungsvorschriften als auch komplizierte Sicherheits- und Umweltschutzvorschriften gelten oftmals als beabsichtigte Hemmnisse für internationale Handelsaktivitäten aufgrund von Protektionismus.47
Unvorhergesehene Kriege und Handlungen staatlicher Behörden haben zudem großen Einfluss auf die Geschäfts- und Lieferfähigkeit der beauftragten Lieferanten.48 Versorgungstechnisch gesehen kann politische Instabilität zu kompletten Lieferausfällen führen. Dies geschieht z.B. durch Beschlagnahmung auszuführender Waren oder spontane Ein- und Ausfuhrbeschränkungen durch die Regierung im Ausland.49
Als risikoreich betrachtet werden auch die fiskalpolitischen Maßnahmen ausländischer Regierungen. Neben dem Einfluss auf die Ertragssituation von Unternehmen durch politische Kursänderungen besteht eine zunehmende Gefahr von Enteignungen, indem staatliche Organisationen sich Zugriff auf das Unternehmensvermögen beschaffen.50 Einerseits kann dies Unternehmensteile betreffen, wie z.B. Immobilien oder Produktionsmittel, andererseits ist der Bezug auf das gesamte Objekt nicht ausgeschlossen.51
Entscheidende Bedeutung für die internationale Beschaffungsaktivität haben tarifäre Handelshemmnisse wie z.B. Zölle. „Zölle sind steuerähnliche Abgaben, die an den Grenzen von den Zollverwaltungen auf die Einfuhr und Durchfuhr, gelegentlich auch auf die Ausfuhr erhoben werden“52. Diese können eine Gefahr für den Unternehmensprofit darstellen. Grund dafür ist die schwierige Prognostizierbarkeit der diesbezüglichen Regelungen, die von einer hohen Dynamik geprägt sind.53 Aktuell lässt sich dazu der diesjährige Konflikt um die Strafzölle der USA gegen China aufgreifen. Eine solche Aktivität betrifft das Thema Global Sourcing zwar nicht ausschließlich im politischem Bereich, jedoch kann ein vermuteter Missbrauch von landeseigenen Technologien und intellektuellem Eigentum sichtbar zu starken politischen Spannungen führen. Nachdem Trump aufgrund dessen Strafzölle in beträchtlicher Höhe verhängen will, ist eine Gegenreaktion Chinas ausgelöst worden. Dies verschärft laut den aktuellen Medien wiederum den Konflikt und nimmt eine längerfristige Dimension an.54 Im Global Sourcing können solche Vorfälle, ob beabsichtigt oder unbeabsichtigt, durchaus vorkommen, da die Beschaffungsaktivitäten sehr komplex sind. Dies wird im weiteren Verlauf der vorliegenden Arbeit noch deutlicher.
Auch an anderer Stelle lässt sich das Beispiel China anbringen. Korruption ist in diesem Land ein weit verbreitetes Thema. Dies rührt daher, dass die Kompetenz des Staates nicht nur die Gesetzgebung umfasst, sondern er auch als die höchste justizielle Instanz und als wirtschaftlicher Hauptakteur agiert. Die Grenzen zwischen Korruption und der Nutzung weitreichender informeller Netzwerke sind dabei schwer erkennbar.
[...]
1 Vgl. Arnold, U. (2002), S.201.; Krokowski, W. (1998), S.5.; Wannenwetsch, H. (2014), S.177.
2 Krieger, W. in: Gabler Wirtschaftslexikon, Online im Internet (Abruf: 13.05.2018).
3 Vgl. Wannenwetsch, H. (2014), S.115.
4 Vgl. Krieger, W. (o.J.) in: Gabler Wirtschaftslexikon, Online im Internet (Abruf: 13.05.2018).
5 Vgl. Wannenwetsch, H. (2014), S.115f.
6 Vgl. Arnold, U. (1989), S.19.
7 Vgl. Arnold, U. (1997), S.106f.
8 Vgl. Koppelmann, U. (2004), S.127.
9 Vgl. Trent, R. J./ Monczka, R. M. (2003), S.29.
10 Vgl. zum Beispiel Trent, R. J./ Monczka, R. M. (2003), S.30 ff.; Leenders, R.M./ Fearon H. E. (1997), S.649f.
11 Vgl. Arnold, U. (1997), S.113.
12 Vgl. Schönsleben, P./ Hieber, R./ Alard, R. (2003), S.735.
13 Vgl. Wirtschaftslexikon.co (Hrsg.), Online im Internet (Abruf: 18.05.2018).
14 Vgl. Wannenwetsch, H. (2004), S.58-60. Vgl. Wannenwetsch, H. (2014), S.177f.
15 Hartmann, H. (2014), S.45.
16 Vgl. Schulte, C. (2013), S. 284.; Vgl. Krokowski, W. (1998), S.9.
17 Institut der deutschen Wirtschaft, Köln.
18 Zitiert nach: Hofinger, T. in: Wirtschaftszeitung AKTIVonline, erstellt am 30.01.2018, Online im Internet (Abruf: 09.06.2018).
19 Vgl. Hofinger, T. in: Wirtschaftszeitung AKTIVonline, erstellt am 30.01.2018, Online im Internet (Abruf: 02.06.2018). Vgl. Krokowski, W. (1998), S.12.
20 Vgl. Auswertungen von Global Procurement Services (o.J.), Online im Internet (Abruf: 01.06.2018).
21 Stölzle, W./ Kirst, P. (2007), S.61. Vgl. Kerkhoff, G. (2005), S.39; Vgl. Stölzle, W./ Kirst, P. (2007), S.61.
22 Vgl. Krokowski, W. (1998), S.12f.; Vgl. Stölzle, W./ Kirst, P. (2007), S.61.
23 Vgl. Koppelmann, U. (1997) S.68.
24 Vgl Krampf, P. (2014), S.50; Vgl. Stölzle, W./ Kirst, P. (2007), S.61.
25 Vgl. Kerkhoff, G. (2005), S.43.
26 Vgl. Roth, D. (2009), S.21.
27 Technik +EINKAUF (Hrsg.), erstellt am 29.08.2017, Online im Internet (Abruf: 08.06.2018).
28 Vgl. Technik +EINKAUF (Hrsg.), erstellt am 29.08.2017, Online im Internet (Abruf: 08.06.2018).
29 Vgl. Technik +EINKAUF (Hrsg.), erstellt am 29.08.2017, Online im Internet (Abruf: 08.06.2018).
30 Global Excellence in Supply Chain Operations ist eine Kooperation der Technischen Universität
31 Darmstadt, der Zeitschrift LOGISTIK HEUTE und der Management- und Technologieberatung BearingPoint.
32 BearingPoint GmbH (Hrsg.), Red Paper zur GEXSO-Studie (2014), S.24.
33 BearingPoint GmbH (Hrsg.), Red Paper zur GEXSO-Studie (2014), S.24. Vgl. Trent, R. J./ Monczka, R. M. (2002), S.67. Vgl. Krokowski, W. (1998), S.5f.
34 Vgl. Chopra, S./ Meindl, P. (2014), S.22-24.
35 Chopra, S./ Meindl, P. (2014), S.23.
36 Vgl. Rehner, J./ Neumair, S.-M. (2009), S.27f.; Der Begriff Gefahr wird laut den Autoren vielfach synonym zu Risiko verwendet.
37 Pfohl, H./ Gallus, P./ Köhler, H. (2008), S.21.
38 Vgl. Stölzle, W./ Kirst, P. (2007), S.62f.; Zsidisin, G. A. (2003), S.220.
39 Rehner, J./ Neumair, S.-M. (2009), S.41.
40 Vgl. Holtbrügge, D./ Puck, J. (2009), S.215; Holtbrügge, D./ Welge, M. K. (2015), S.427.
41 Vgl. Rehner, J./ Neumair, S.-M. (2009), S.41.
42 Vgl. Holtbrügge, D./ Puck, J. (2009), S.215; Holtbrügge, D./ Welge, M. K. (2015), S.427.
43 Vgl. Arnolds, H. u.a. (2013), S.373.
44 Vgl. Arnolds, H. u.a. (2013), S.373.
45 Vgl. Krokowski, W. (1998), S.16; Arnolds, H. u.a. (2013), S.373.
46 Vgl. Neumair, S.-M. (2006), S.720.
47 Vgl. Backhaus, K./ Büschken, J./ Voeth, M. (2003), S.138.
48 Arnolds, H. u.a. (2013), S.373.
49 Vgl. Arnolds, H. u.a. (2013), S.373.
50 Vgl. Arnolds, H. u.a. (2013), S.373.
51 Vgl. Arnolds, H. u.a. (2013), S.373.
52 Vgl. Bidder, B. in: SPIEGEL ONLINE, erstellt am 15.06.2018, Online im Internet (Abruf: 15.06.2018).
53 Vgl. Bidder, B. in: SPIEGEL ONLINE, erstellt am 15.06.2018, Online im Internet (Abruf: 15.06.2018).
54 Vgl. Bidder, B. in: SPIEGEL ONLINE, erstellt am 15.06.2018, Online im Internet (Abruf: 15.06.2018).