Extrait
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung: Der Trend zum eigenen Buch
2. Die Entwicklung
2.1. desBuchs
2.2. desVerlagswesens
2.3. des Buchmarkts durch die Digitalisierung
2.4. desE-Books
3. Das Selfpublishing
3.1. Begriffsbestimmung und Entstehungsprozess
3.2. Zahlen und Daten / Rahmenbedingungen
3.3. Books onDemand
3.4. Gründe für das Selfpublishing
4. Plattformen für Selfpublisher
4.1. Kindle Direct Publishing
4.2. neobooks
4.3. tredition
5. Auswirkungen auf den Literaturbetrieb
5.1. DieVerlage
5.2. Leser und Autoren
6. Demokratisierung des Literaturbetriebs
7. Fazit
8. Literaturverzeichnis
1. Einleitung: Der Trend zum eigenen Buch
„Viele Menschen träumen davon, irgendwann ein Buch zu veröffentlichen“1, stellte Georg Giersberg 2012 in der Frankfurter Allgemeinen in seinem Artikel über das Verlegen am Verlag vorbei fest. Aber nichtjeder Autor findet für sein Werk einen passenden Verlag. Viel zu viele Manuskripte erreichen tagtäglich die großen Verlagshäuser und nicht jedes passt thematisch zum Verlagsprogramm oder entspricht den Erwartungen der Lektoren und anderen entscheidenden Personen. Manches entspricht auch nicht dem aktuellen Trend.
Mittels Digitalisierung haben Autoren mittlerweile einen anderen Weg gefunden, ihren Roman, ihr Sachbuch oder ihre Erzählung dennoch zu veröffentlichen - ganz ohne Verleger. Dabei übernehmen die Autoren selbst die typischen Aufgaben des Verlages. Sie erstellen den Buchsatz, schreiben den Klappentext, designen das Cover, betreiben Marketing auf verschiedenen Kanälen, bleiben mit ihren Lesern in engem Kontakt und gestalten die Preisgestaltung völlig autark. Diese Entwicklung wurde insbesondere durch die Digitalisierung und vor allem durch Amazon mit seinem seit 2012 in Deutschland angebotenen Dienst Kindle Direct Publishing vorangetrieben, der es Schriftstellern ermöglicht, ihre Werke, insbesondere als E-Book, direkt auf eigene Faust zu verlegen. Der Markt für Selfpublisher ist mittlerweile so groß, dass der uschtrin-NQxi&g mittlerweile viermal im Jahr das Magazin der selfpublisher extra für diese Zielgruppe herausgibt.2
Gerade das immer populärer werdende E-Book hat eine wissenschaftliche Diskussion darüber entfacht, wie elektronische Bücher und anderen Medien den Literaturbetrieb, die Rezipienten und die Wahrnehmung der Literatur verändern. Exemplarisch seien hier die Werke Gutenberg Glaxis Reloaded von Jan-Felix Schrape sowie Gutenberg 2.0 von Roesler-Graich und Schild genannt. Veränderungen auf diesem Gebiet finden derart schnell statt, dass aktuelle Forschungsliteratur nur von kurzer Halbwertzeit ist.3
Dieser aktuellen Diskussion folgend geht diese Arbeit der Frage nach, ob mit dem Seifpublishing eine Demokratisierung des Literaturbetriebs eingesetzt hat. Dabei beschäftigt sich diese Arbeit ausdrücklich nur mit den Besonderheiten der Populär- bzw. Unterhaltungsliteratur. Wissenschaftliche Literatur, die von der Digitalisierung ebenso betroffen ist, bleibt außen vor.
Im Folgenden werde ich zunächst auf die Entwicklung des Buchs, des Verlagswesens sowie des Buchmarktes unter Berücksichtigung der Digitalisierung eingehen. Danach wird der Fokus auf das Seifpublishing und die aktuelle Marktsituation gelegt, um dann die Frage zu beantworten, ob eine Demokratisierung vorliegt.
2. Die Entwicklung...
Um sich intensiv mit dem Thema der Demokratisierung des Literaturbetriebs anhand des Seifpublishings auseinander zu setzen, zeichne ich die Entwicklung des Buchs und des Verlagswesens nach, um die Auswirkungen des Seifpublishings sodann näher zu untersuchen.
2.1. des Buchs
Die Entwicklung des Buchs ist in seiner historischen Genese untrennbar verwoben mit der Herausbildung der Schrift. Man nimmt an, dass die Sumerer vor rund 3.000 v. Chr. ein weitverbreitetes erstes Schriftensystem schufen und auf Tontafeln kratzten. Wie bei den Hieroglyphen der Ägypter und den Schriftzeichen der Chinesen handelt es sich bei der Sumerischen Schrift um eine Logogramm- schrift, bei der ein Zeichen ein Wort vertritt. Naturgemäß mussten für längere Texte mehrere Tontafeln beschriftet werden, die durch Schnüre, Ringe oder ähnliches miteinander verbunden wurden. Die Griechen, die eine bis heute gebräuchliche Alphabetschrift entwickelten, verwendeten Wachs- statt Tontafeln, die mit einem Griffel beschrieben und durch Wärme korrigiert werden konnten. Aus dieser Zeit stammt auch der griechische Ursprung des Wortes ,Buch‘: byblos. Die Ägypter dagegen verwendeten Seiten aus Papyrus, und fügten einzelne Blätter zu einer Rolle zusammen.4 Papyrus blieb bis ins hohe Mittelalter als Schriftträger in Verwendung - erst gegen 1.100 n. Chr. wurde Papyrus völlig verdrängt und durch Pergament ersetzt.5 Zudem setzte vom 1. bis zum 4. Jahrhundert eine Entwicklung ein, bei der die Buchrolle durch den Codex als Buchform ersetzt wurde.6 Bei diesem handelt es sich um mehrere Pergamentseiten, die zu einer Art Notizblock zusammengebunden wurden und den großen Vorteil hatten, dass man sie beidseitig beschriften und umblättem konnte.7 Man verfolgte also auch ökonomische Gesichtspunkte, denn doppelt beschriebene Seiten waren nicht nur günstiger, sondern auch sparsamer im Materialverbrauch. Mit dem Codex gewann das Buch seinen heutigen Charakter.8 Das Wörterbuch des Buches definiert ein Buch nämlich als
(e)ine in einem Umschlag oder Einband durch Bindung zusammengefasste, meist größere Anzahl von leeren, beschriebenen oder bedruckten Blättern.9
Dabei ist nicht außer Acht zu lassen, dass Pergament aufgrund der Herstellung - Pergament wird aus ungegerbter Tierhaut, beispielsweise Kälbern, Ziegen oder Schafen, gefertigt -10 sehr teuer und kostbar war, was mit einer überaus bedachten Verwendung einher ging.11 Wie auch schon in der Antike wurden im Mittelalter vornehmlich religiöse Texte schriftlich festgehalten.12 Ab dem Mittelalter wurden Pergamentkodizes zudem aufwändig und teuer illustriert.13 Das Buchwesen fand hauptsächlich in den Klöstern statt, wobei im Vorderen Orient, Irland und Italien die Zentren der Buchkultur lagen.14
Papier, welches heutzutage als Beschreib- und Druckmedium selbstverständlich ist, wurde bereits im 2. Jahrhundert v. Chr. in China entwickelt.15 Es verbreitete sich dann über den islamischen Kulturraum und drang im 9. Jahrhundert n. Chr. in den Mittelmeerraum.16 Von hier aus drang es allmählich ins übrige Europa vor. In Deutschland wurde Papier allerdings erst ab dem 14. Jahrhundert hergestellt.17 Ein Jahrhundert später - zu einem Zeitpunkt als die Nachfrage nach Literatur rasant wuchs - wurde der Buchdruck von Johannes Gutenberg in Mainz erfunden, ein für die Menschheitsgeschichte prägendes Ereignis, dass sich bis heute auf alle Lebensbereiche auswirkt.18 Wenig überraschend ist es daher, dass sich der Buchdruck sehr schnell von Mainz aus sich über den deutschen Sprachraum hinaus etablierte.19 Während der Frühen Neuzeit erlangte das Buch und damit auch Bibliotheken immer mehr an Bedeutung.20 Mit Einsetzen der Industrialisierung Anfang des 19. Jahrhunderts setzte zudem eine Massenalphabetisierung der Bevölkerung ein, und die größere Nachfrage sorgte für eine Massenproduktion von Büchern.21 Allerdings verlief diese Entwicklung keineswegs geradlinig. Insbesondere nach der gescheiterten Revolution 1948 stagnierte der Buchmarkt, was unter anderem auch auf die hohen Buchpreise zurückzuführen ist.22 Zeitgleich diversifizierte sich das Angebot. Es wurden nun nicht nur Broschüren, Heftreihen und (Taschen-)Bücher produziert, sondern auch eine zunehmende Zahl an Zeitschriften und Zeitungen.23 Insbesondere die bislang nicht lesende Gesellschaftsschicht griff zur Zeitung, aber auch das Bürgertum las dieses neue Medium ebenfalls.24 Neue Genres wurden entwickelt, zum Beispiel die in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts aufkommenden Zeitungs- bzw. Fortsetzungsromane, sowie die immer beliebter werdenden Novelle als typische Journalprosa.25
2.2. des Verlagswesens
Für viele sind die Begriffe Buch, Druck sowie Verlag fest miteinander verwoben.26 Dabei muss kurz erwähnt werden, dass ein klassischer Verlag nicht viel mit dem, fälschlicherweise synonym verwendeten, Buchverlag gemein hat. Ein Verlag im klassischen Sinne lässt
die Anfertigung von Erzeugnissen durch Heimarbeiter aus vom Unternehmer gelieferten Material unter Verwendung von möglicherweise ebenfalls vom Unternehmer gestellten Werkzeugen oder Maschinen27
vornehmen. Dem Begriff des Buchverlags ordnete man dabei den Selbstverlag, das Verlegen aufKommission sowie den auf eigenes Risiko arbeitenden Verlag zu.28
In dieser Arbeit werde ich insbesondere die klassischen Buchverlage näher betrachten, dieals
Gewerbebetriebe [...] Bücher hervorbringen, und zwar als identische Vervielfältigungsstücke (Kopien) aus einer Auflage, die mittels Druck [sic] produziert wird.29
Während im mittelalterlichen Literaturbetrieb hauptsächlich in Klöstern noch aufwändig durch Einzelabschriften Bücher vervielfältigt wurden,30 entwickelten sich aufgrund des von Johannes Gutenberg erfundenen Buchdrucks Druckwerkstätten, die in kürzester Zeit eine große Menge an Druckwerk produzieren konnten und damit damit den Berufsstand des Handschriftenschreibers schnell ablösten.31 Ab diesem Zeitpunkt gehörten Buch, Druck und Verlag zusammen. Europaweit entstanden bis zu Beginn des 16. Jahrhunderts über eintausend Druckereien, die kumuliert über zehn Millionen Bücher fertigten. Aufgrund ihrer Kaufkraft gehörten zur Zielgruppe früher Verleger neben Gelehrten und Geistlichen auch Institutionen und Herrscher. Allerdings hatten diese frühen Verleger mit einigen Probleme zu kämpfen, nämlich zum einen mit dem Vertrieb der großen Anzahl an Exemplaren, der Finanzierbarkeit der Druckereiwerkstätten und die Anpassung an einen sich stetig wandelnden Marktes. Zum anderen trugen sie das Risiko, eine relativ große Auflage zu drucken, für die in Relation wenige Menschen bereit waren, Geld auszugeben. Das Vertriebsproblem ließ sich dahingehend beheben, dass an Handelsknotenpunkten Lagerstätten für die Druckerzeugnisse eingerichtet wurden.32 Zudem verkaufte der Verleger nicht mehr ausschließlich selbst an den Endkonsumenten, sondern bediente sich Zwischenhändlern, sogenannten Buchführern, Vorläufer heutiger Kommissionäre, die nicht nur die Druckerzeugnisse eines einzelnen Verlegers mit sich führten, sondern auch von dessen Konkurrenz.33 Etwa zur gleichen Zeit entwickelten sich in Frankfurt am Main, und kurz darauf in Leipzig, die ersten Buchmessen, bei denen nicht nur Bücher gehandelt, sondern auch der Zahlungsausgleich der Drucker vorgenommen wurde.34
Anfang des 19. Jahrhunderts setzte, von Großbritannien ausgehend, die Industrialisierung ein. Der Begriff der Industrialisierung bezeichnet dabei einen technisch-wirtschaftlichen Prozess, bei dem sich die maschinelle Erzeugung von Gütern und Dienstleistungen durchsetzt.35 Dieser Prozess machte auch vor dem Buchwesen nicht Halt. 1798 ließ der Franzose Nicolas Louis Roberts das Prinzip einer maschinellen Papiermaschine mit mechanischem Schöpfvorgang patentieren.36 Im Jahr 1800 baute der Brite Charles Stanhope die erste komplett aus Eisen bestehende Buchpresse und bereits zwölf Jahre später entwickelte der nach London ausgewanderte Deutsche Friedrich Koenig die Zylinderdruckmaschine, mit der statt 240 Bogen Papier 1.100 pro Stunde bedruckt werden konnten.37
Mit der Möglichkeit, Bücher industriell zu fertigten, stieg auch das Angebot an Buchhandlungen und an Buchverlagen sowie die Anzahl an Neuerscheinungen und sorgte gleichzeitig für niedrigere Preise.38 Zugleich stieg die Nachfrage nach Unterhaltungs-, Trivial-, Kinder- und Jugendliteratur, sowie nach Schul- und Sachbüchern.39 Immer breitere Gesellschaftsschichten haben in der Folge Zugang zu Bildung, Kultur und Informationen, weshalb man schon hier von einer Demokratisierung des Wissens spricht.40 Bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts setzte eine Spezialisierung der Verlage auf einzelne Themengebiete und Genres ein, wobei insbesondere ökonomische Faktoren wie zum Beispiel eine raschere, kostengünstigere und damit profitablere Buchproduktion, die treibende Kräfte waren.41 In den 1930er Jahren gründete Allen Lane den Verlag Penguin Books, der für seine Taschenbuchausgaben nur wenige Pence verlangte und Bücher somit tatsächlich für alle Gesellschaftsschichten erschwinglich machte.42 Dies war jedoch nur erreichbar, weil in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts Emil Lumbeck die Klebebindung erfand - teure Fadenheftung konnte somit ersetzt werden.43 Das Taschenbuch war geboren.
Auch die Verlage wandelten sich und formierten sich zu großen Medienkonzernen, die als Ziel eine Gewinnmaximierung anstreben und somit uninteressant für Nischenprodukte und unbekannte Autoren wurden.44 Bekannt wurde Alfred Döblins Einschätzung über Verleger, die besagt:
Der Verleger schielt mit einem Auge nach dem Schriftsteller, mit dem anderen nach dem Publikum. Aber das dritte Auge, das Auge der Weisheit, blickt unbeirrt ins Portemonnaie.45
Bis zum 20. Jahrhundert blieben Zeitschriften und Bücher praktisch konkurrenzlos, was sich erst erst mit der Erfindung der Fotografie, des Kinos und des Fernsehens änderte. Kritiker dieser neuen Medien sahen das Buch als Kulturgut bedroht.46 Der Einbruch des Marktes erfolgte jedoch erst im Zuge der Weltwirtschaftskrise in den 1920ern, der NS-Herrschaft und des 2. Weltkrieges.47 Erst nach 1945 erholte sich der Buchmarkt wieder und der Buchabsatz kletterte, insbesondere in Deutschland, zu neuen Rekordwerten.48
2.3. des Buchmarkts durch die Digitalisierung
Zunächst ist kurz zu klären, was unter dem Begriff Digitalisierung zu verstehen ist. Die Digitalisierung ist „die Umwandlung von Informationen wie Ton, Bild oder Text in Signale mit diskreten Werten zum Zwecke ihrer elektronischen Bearbeitung, Speicherung oder Übertragung“49, also eine für unterschiedliche Medienformen einheitliche Datenbasis.50
Die ersten Rechenmaschinen wurden im 17. Jahrhundert entworfen und sind auf das von Gottfried Wilhelm Leibniz entwickelte Dualsystem der Zahlen zurückzuführen.51 Der erste funktionstüchtige Computer, der zudem frei programmierbar war, wurde 1941 von Konrad Zuse erfunden.52 Bereits 1965 prognostizierte Gordon Moore, Mitbegründer des US-amerikansichen Halbleiterherstellers Intel, einen Zusammenhang zwischen der Anzahl an Transistoren einer integrierten Schaltung und der Zeit, das bis heute im wesentlichen geltende ,Moore’sche Gesetzt Demzufolge verdoppeln sich die Transistoren zwischen 12 und 24 Monaten regelmäßig.53 1971 wurde dann das Patent für den ersten Mikroprozessor mit 8.0000 Transistoren genehmigt. Dieser Wert hatte sich bereits zehn Jahre später mehr als verzehnfacht, 2016 war man bei etwa 8 Milliarden angekommen.54
Die breite Masse erhielt mit der Compact Disc (CD) Zugang zu digitalen Inhalten, die 1982 als neuer Datenträger für Musik auf dem Markt kam. Vorangegangen war eine Entwicklung, die es ermöglichte, die zur Wiedergabe benötigten elektronischen Geräte sowohl in einer ansprechenden Größe als auch zu einem erschwinglichen Preis zu produzieren.55 Hier sind durchaus Parallelen zur Entwicklung nach der Erfindung der Buchpresse zu erkennen, wonach expansive Entwicklung des Buch- und Verlagswesens sowie der Digitalisierung einfachen, wenn auch nicht ausschließlich, ökonomischen Faktoren folgt.56
Fünf Jahre nach Markteinführung der CD begann „die Digitalisierung des Telefonnetzes“57 durch die Einführung von ISDN. Auch Funk und Fernsehen unterlagen diesem Wandel. Weitaus bedeutender istjedoch die Digitalisierung durch das Internet. Mediale schriftliche Inhalte sind nicht mehr ausschließlich auf Papier gedruckt und in Zeitschriften, Büchern, oder auf ähnlichen Datenträgern zugänglich, sondern können durch das Internet in Form von Datenpaketen abgerufen werden. Ein neues Distributionsmedium entstand. ,Körperliche‘ Datenträger sind mittlerweile vernachlässigbar, Dateien werden hauptsächlich ephemer über das Internet ,gestreamt‘, ein vollständiges Speichern auf dem Endgerät entfällt, es wird lediglich zwischengespeichert.58
Mit der Kombination von Literatur und Internet entsteht eine „Verbindung zwischen einer alten, auch altehrwürdigen Kunst und einem neuen, auch Altes erneuerndes Medium“59. Die Vorteile der Digitalisierung für die Buchbranche liegen zum Beispiel in der Möglichkeit, alte und seltene Bibliotheks- und Archivbestände zu digitalisieren und somit leichter und schneller zugänglich und durch Texterkennung durchsuchbar zu machen.60
Aus Sicht der Buchverlage durchlief die Digitalisierung der Branche in Deutschland drei Phasen:
1. Phase: Ab 1996 wird das Internet als zusätzliche Handelsplattform interessant.
2. Phase: Ab 2000 kommen Zusatzprodukte wie Hörbücher, Books-on-De- mand sowie Fachliteratur im PDF-Format auf den Markt
3. Phase: Ab 2009 wurde eine Ablösung von analogen Büchern durch EBooks zumindest denkbar.61
Mit dem Aufkommen des Internets eröffneten sich für Autoren und Leser mehrere neue Möglichkeiten. Das Internet wurde zu einem Ort, an dem man sich austauschen und selbst inszenieren konnte, gleich einem literarischen Salon.62 Zum einen können Nutzer in Foren mit oder über Autoren und deren Werke diskutieren.63 Zum anderen können sie am Entstehungsprozess von Literatur aktiv teilnehmen und diesen mitgestalten. Ein erster Versuch einer kollektiven Produktion wurde durch die sog. ,Netzliteratur‘ unternommen.64 Markku Eskelinen und Giovanni Di Rosario nannten es in ihrer vorläufigen Untersuchung Electronic UteraturePublishing anddistribution inEurope das eindrucksvollste Netzli- teraturpportal in Deutschland. Diese Plattform verfügt unter anderem über eine große Sammlung wichtiger theoretischer Arbeiten zum Thema digitaler Literatur, Netzkunst und verlinkt auf andere Portale, Projekte und Ausstellungen.65 Eine weitere Möglichkeit sind sogenannte Mitschreibeprojekte, bei denen Autoren entweder partizipativ (Zuordnung des Autoren ist möglich) oder kollaborativ (Zuordnung des Autors ist nicht möglich) an gemeinsamen literarischen Projekten arbeiten.66 Das Web 2.0, ein Begriff der 2004 vom Softwareentwickler Tim O’Reilly als Titel einer Verlagskonferenz geprägt wurde, schuf zudem eine neue Art von Internet-Usern.67 In diesem neuen Nutzertyp des „Prosumenten“68 vereinigt sich der Produzent und der Konsument, der „Texte veröffentlicht, Daten zur Verfügung stellt, sie aggregiert oder zueinander in Beziehung setzt (Verlinkung)“69.
Natürlich gab es mit dem in Erscheinung treten der Digitalisierung auch pessimistische Stimmen, die im Aufkommen des Internets gleichzeitig den Untergang der Lesekultur sahen.70 Allerdings gibt es durchaus auch positive Gegenmeinungen, die zwar eine „Verlagerung des Literaturbetriebs“71 bejahen, jedoch keine Verdrängung alter Medien durch neue.72 Schließlich haben seitjeher sowohl die technischen Voraussetzungen als auch diesbezügliche Innovationen die Produktion und Rezeption von Texten bestimmt.73
2.4. des E-Books
Bereits Ende der 1990er plante das deutsch-amerikanische Joint-Venture Nuvo- Media die Revolution des Buchmarktes mit Hilfe seines E-Book-Readers Rocket eBook, derjedoch aufgrund seiner Größe und Gewichts sowie Stückpreisen von bis zu 500 US-Dollar kaum für Konsumenten attraktiv war.74 75 Als das aller erste E-Book, das sich vollständig am Computer lesen ließ, gilt allerdings der 1988 auf Floppy Disk veröffentlichte RomanMowa Lisa Overdrive von William Gibson.°
Aber was ist überhaupt ein E-Book? Der unter Punkt 2.1 genannten Definition eines Buchs, unterfällt ein E-Book jedenfalls nicht, da es schlicht nicht aus bedrucktem Papier besteht. Nachdem die Verwendung des Begriffs E-Book nicht einheitlich ist und sich im Fachdiskurs keine allgemein gültige Definition herausbilden konnte, soll im Weiteren die Definition des Duden Anwendung finden. Demzufolge ist ein E-Book ein „in digitalisierter Form vorliegender Inhalt eines Buches“76, das mithilfe eines entsprechenden E-Book-Readers oder am Computer gelesen werden kann. Oder wie Michaela Hammeri es ebenso treffend wie salopp formulierte: „Bücher in digitaler Form“77.
[...]
1 Giersberg, Georg (2012): Selfpublishing. Verlegen am Verlag vorbei. FAZ online. Online verfügbarunterhttps://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/untemehmen/selfpublishing-verle- gen-am-verlag-vorbei-11818353.html, zuletzt geprüft am 03.09.2019.
2 Vgl.: der selfpublisher (2019): der selfpublisher. Online verfügbar unter: https://www.uschtrin.de/produkte/weiteres/der-selfpublisher, zuletzt überprüft am 11.09.2019.
3 Vgl.: Bösch, Frank (2019): Mediengeschichte. 2., aktualisierte Auflage. Frankfurt: Campus Verlag, S. 224.
4 Vgl.: Hilz, Helmut (2019): Buchgeschichte. Eine Einführung. Berlin: De Gruyter Saur, S. 3, 5; Vgl.: Böhn, Andreas / Seidler, Andreas Seidler (2014): Mediengeschichte. 2. durch- ges. undkorr. Aufl. Tübingen: Narr, S. 33, 45.; Vgl.: Schönstedt, E., & Breyer-Maylän- der, T. (2010): Der Buchverlag (3., vollst, überarb. und erw. Aufl.). Stuttgart [u.a.]: Metzler, S. 6f.
5 Vgl.: Haidinger, Alois (2016): Beschreibstoffe. In: ChristanBeier (Hg.): Geschichte der Buchkultur. Band 5/1. Graz, S. 17.
6 Vgl.:Hilz2019,S.7f.
7 Vgl.: Hiller, Helmut / Füssel, Stephan (2006): Wörterbuch des Buches. 7., grundlegend überarb. Aufl. Frankfurt am Main: Klostermann, S. 79f.; Vgl.: Hilz 2019, S.9.
8 Vgl.:Schönstedt2010,S.7f.
9 Hiller2006,S.61.
10 Vgl.: Hiller2006, S. 251.; Vgl.: Hilz2019, S. 9, 14.; Schönstedt2010, S. 6.
11 Vgl.: Haidinger2016, S. 21.; Vgl.: Hilz2019, S. 14, 41.
12 Vgl.: Bösch2019, S. 55. Vgl.: Hilz 2019, S. 3, 6, 15.
13 Vgl.:Hilz2019,S.10.
14 Vgl.: Hasebrink, Uwe (2006): Medien von A Bis Z. 1. Aufl. Wiesbaden: VS, Verl, für So- zialwiss, S. 69.; Vgl.: Hilz 2019, S. 10.
15 Vgl.: Hiller 2006, S. 245f.; Vgl.: Hilz 2019, S. 18.
16 Vgl.: Bösch2019, S. 27.; Vgl.: Hilz 2019, S. 18.; Vgl.: Hiller2006, S. 245.
17 Vgl.:Hilz2019,S.18.
18 Vgl.:Bösch2019,S.33,47f.;
19 Vgl.: Neddermeyer, Uwe (1998): Von der Handschrift zum gedruckten Buch. Schriftlichkeit und Leseinteresse im Mittelalter und in der frühen Neuzeit. Quantitative und qualitative Aspekte. 2 Bde., Wiesbaden, S. 552f.; Vgl.: Hilz 2019, S. 37.
20 Vgl.: Bösch2019, S. 40f.; Vgl.: Hilz 2019, S. 51.
21 Vgl.: Bösch2019, S. 47f.; Vgl.: Hilz 2019, S. 102f.
22 Vgl.: Günter, Manuela (2007): Medien des Realismus. In: Begemann, Christian (Hg.): Realismus. Darmstadt: WBG (Wiss. Buchges.), S. 46.; Vgl.: Bösch 2019, S. 57ff.
23 Vgl.: Bösch2019, S. 41.; Vgl.: Günter2007, S. 46.
24 Vgl.:Günter2007,S.47.
25 Vgl.: Vgl.: Hilz 2019, S. 170.; Vgl.: Aust, Hugo (2006): Realismus. Stuttgart [u.a.]: Metzler, S. 207.; Vgl.: Günter 2007, S. 59.
26 Schönstedt2010,S.l.
27 Thielmann, Michael Freiherr von (1978): Taschenbuch der Betriebswirtschaft. München: Humboldt, S. S. 145.; Vgl.: Schönstedt2010, S. 3.
28 Schönstedt 2010, S. 59.; Vgl.: Bücking, Helmut (1931): Verlag, Verlagsbuchhandel und Unternehmer. Dissertation. Jena: Gustav Fischer, S. 29ff.; Vgl.: Hiller 2006, S. 343.
29 Schönstedt2010, S. 1.
30 Vgl.:Schönstedt2010,S.9.
31 Vgl.:Hilz2019,S.39f.
32 Vgl.: Schönstedt2010, S. 19.
33 Vgl.: Hiller2006, S. 66, 185.; Vgl.: Schönstedt2010, S. 19, 21.
34 Schönstedt2010,S.21,23.
35 Vgl.: Bajohr, Stephan (2014): Kleine Weltgeschichte des demokratischen Zeitalters. Wiesbaden: SpringerFachmedienWiesbaden, S. 138, 142ff.
36 Vgl.:Hilz2019,S.106.
37 Hilz2019,S.108f.
38 Vgl.:Böhn2014, S. 53. Vgl.:Hilz2019, S. 127f, 131, 133.
39 Vgl.:Hilz2019,S.131ff.
40 Vgl.:Böhn2014,S.53.
41 Vgl.: Bösch2019, S. 55f.; Vgl.: Hilz 2019, S. 139, 144.
42 Vgl.: Hoff, Henning (2005): Verlag: By Design. Zeit Online. Online verfügbar unter https://www.zeit.de/online/2005/46/penguin, zuletzt geprüft am 08.09.2019.; Vgl.; Hawthorne, Susan (2017): Bibliodiversität: Manifest für unabhängiges Publizieren. Erste Auflage. Berlin: Verbrecher Verlag, S. 9.
43 Vgl.: Göbel, Wolfram (2009): Die neue Vielfalt. In: Heinz Ludwig Arnold (Hg.): Literaturbetrieb inDeutschland. 3., völligveränd. Aufl., Neufassung. München: Ed. Text + Kritik, S. 279.
44 Vgl.:Hilz2019,S.146f.
45 Das Zitat entstammt aus: Döblin, Alfred (1985): Ausgewählte Werke in Einzelbänden. Kleine Schriften Bd. 1. Olten und Freiburg i.Brsg., Walter-Verlag, und wurde hier ent- nommenaus: Schönstedt2010, S. XVI.
46 Vgl.:Hilz2019,S.139.
47 Vgl.: Bösch2019, S. 168ff. Vgl.: Hilz 2019, S. 139.
48 Vgl.:Hilz2019,S.139.
49 Hasebrink2006,S.95.
50 Schönstedt2010,S.45.
51 Vgl.:Bösch2019,S.224.
52 Vgl.: Fürsatz, Gerhard (2014): Die Geschichte des Computers. Remscheid: Re Di Roma- Verl, 2014, S. 32f.; Bösch 2019, S. 225.
53 Vgl.: Fürsatz 2014, S. 42f.; Vgl.: Neugebauer 2018, S. 1.
54 Vgl.: Neugebauer2018, S. 1.
55 Vgl.: Hasebrink 2006, S. 95.
56 Vgl.:Bösch2019,S.36.
57 Hasebrink2006,S.95.
58 Vgl.: Hasebrink 2006, S. 95f.; Vgl.: Schönstedt 2010, S.45f.
59 Lamping, Dieter (2006): Literatur und Internet. Ansichten einer unübersichtlichen Verbindung. In: Axel Dunker (Hg.): Literatur@Intemet. Bielefeld: Aisthesis-Verl., S. 9.
60 Vgl.: Hasebrink 2006, S. 96f.
61 Schrape, J. (2011): Gutenberg-Galaxis reloaded? Im Wandel des deutschen Buchhandels durch Internet, E-Books und Mobile Devices. Überarb. Fassung des Diskussionspapiers "Der Wandel des Buchhandels durch Internet und Digitalisierung". Boizenburg: Vwh, Verl. Werner Hülsbusch, S. 44.
62 Vgl.: Huizing, Birte (2009): Das Buch und seine Leser im Web 2.0. In: Arnold, Heinz Ludwig (Hg.): Literaturbetrieb inDeutschland. 3., völligveränd. Aufl., Neufassung. München: Ed. Text + Kritik, S. 322.
63 Vgl.: Winko, Simone (2009). Am Rande des Literaturbetriebs: Digitale Literatur im Internet. In: Arnold, Heinz Ludwig (Hg.): Literaturbetrieb in Deutschland. 3., völlig veränd. Aufl., Neufassung. München: Ed. Text + Kritik, S. 299.
64 Vgl.: Auer, Johannes / Heibach, Christiane / Suter, Beat (Hg.) (o.J.): netzliteratur.net. On- lineverfügbarunterhttps://www.netzliteratur.net/, zuletztgeprüftam 12.09.2019.; Vgl.:
65 Vgl.: Eskelinen, Markku / Rosario, Giovanna Di (2012): Electronic literature publishing and distribution in Europe. Finland, Europe: Jyväskylänyliopisto. Online verfügbar unter https://jyx.jyu.fi/bitstream/handle/123456789/40316/978-951-39-4945-7.pdf, S. 17f., zuletzt geprüft am 12.09.2019.
66 Vgl.: Heibach, Christiane (2003). Literatur Im Elektronischen Raum. Orig.-Ausg., 1. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp, S. 168.
67 Vgl.: Huizing 2009, S. 322f.
68 Huizing2009,S.323.
69 Vgl.: Huizing 2009, S. 323.
70 Huizing 2009, S. 329.; Vgl.: Keen, Andrew (2007): The Cult of Amateurs. How Today’s Internet is Killing Our Culture. New York: Doubleday/Currency.
71 Huizing2009,S.329.
72 Vgl.: Huizing 2009, S. 329f.
73 Vgl.:Göbel2009,S.279.
74 Vgl.: Hilz 2019, S. 156.; Vgl.: Der Spiegel (1999): Die Revolution stolpertvoran: https://www.spiegel.de/netzwelt/tech/rocket-ebook-die-revolution-stolpert-voran-a- 53504.html (abgerufen 24.08.2019)
75 Vgl.:Schrape2011,S.44.
76 Duden Online: Electronic Book, unter „Bedeutungen“.
77 Hammeri, Michaela (2009): Elektronische Bücherregale. Vom Umgang mit e-Books in Bibliotheken. Hg. v. AKMB., S. 2. Online verfügbar unter: http://www.akmb.de/web/pdf/herbst2009/Hammerl.pdf, zuletzt geprüft am 10.09.2019.
- Citation du texte
- Julia Ziegert (Auteur), 2019, Demokratisierung des Literaturbetriebs anhand des Selfpublishings. Der Trend zum eigenen Buch, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/584235
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