Österreichs Budgetpolitik im Zeichen von Europäisierung und Neoliberalisierung


Essay, 2017

12 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Begriff Budgetpolitik

3. Österreichische Budgetpolitik der letzten 20 Jahre

4. Neoliberalisierung
4.1. Staatsausgabenquote
4.2. Macht globaler Konzerne am Beispiel der polnischen Sonderwirtschaftszonen
4.3. Vermögensfreundlichere Budgetpolitik
4.4. New Public Management

5. Europäisierung
5.1. Eingriff der EU in die Budgetpolitik
5.2. Unterschiedliche Auswirkungen der Sparpolitik
5.3. Kritik an der Austeritätspolitik
5.4. Positive Aspekte der Austeritätspolitik

Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die österreichische Budgetpolitik sah sich in den letzten zwei Jahrzehnten mit neuen Herausforderungen konfrontiert. Zum einen wurde sie durch eine zunehmende Liberalisierung der Märkte und Globalisierung beeinflusst. Es zeichnete sich eine Neoliberalisierung der Budgetpolitik in vielen europäischen Staaten ab. In Österreich spricht man im Zuge dessen von einem Abbau des keynesianischen Wohlfahrtsstaates der 1970er. Der zweite entscheidende Faktor war der Beitritt zur Europäischen Union und somit der Eingriff der EU in die Budgetpolitik. Diese Arbeit befasst sich mit der Fragestellung, inwieweit die beiden Faktoren Neoliberalisierung und Europäisierung die Budgetpolitik beeinflusst haben. Der Aufbau gliedert sich in vier Teile. Die Einleitung besteht aus einer Begriffsdefinition von Budgetpolitik und einem kurzen Überblick über die Phasen der österreichischen Budgetpolitik der letzten 20 Jahre. Der Hauptteil beschäftigt sich mit den Faktoren Neoliberalisierung und Europäisierung. Es soll dargestellt werden inwiefern globale Konzerne Einfluss auf Budgetpolitik nehmen, wie der Staat selbst neoliberal agiert und wie sich das auf Staatsausgabenquote und Budgetpolitik auswirkt. Im dritten Teil wird der Einfluss der EU durch neue rechtliche Vorgaben erläutert. Das Augenmerk liegt auf der aktuellen Phase Budgetkonsolidierung und Austeritätspolitik. Sowohl die negativen als auch die positiven Aspekte von Austeritätspolitik werden aufgezeigt, gefolgt von einem Fazit.

2. Begriff Budgetpolitik

Die beiden Begriffe Budget- und Steuerpolitik sind eng miteinander verwoben, da sich das Budget Großteils aus Steuern finanziert. Über Budgetpolitik wird bestimmt wie die Mittel verteilt werden und wo sie herkommen (Steuern, Kredite). (Bundesministerium für Finanzen 2017) Budgetpolitik ist also das in Zahlen gegossene Regierungsprogramm und wichtigstes finanzpolitisches Instrument, das bei den europäischen Nationalstaaten verblieben ist. (Feigl/Schlager 2015). Aktuelle Ziele der österreichischen Budgetpolitik sind laut dem Bundesministerium für Finanzen (2017) Vollbeschäftigung, soziale Innovation, Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, ausgeglichener Haushalt, nachhaltige soziale Sicherung, Chancengleichheit zwischen den Geschlechtern, mehr Effizienz in der öffentlichen Verwaltung und zukunftsorientierte Budgetaufgaben.

3. Österreichische Budgetpolitik der letzten 20 Jahre

Die österreichische Budgetpolitik befand sich in den letzten zwei Jahrzehnten in einem kontinuierlichen Wandel. Feigl/Schlager (2015) unterscheiden hier konkret drei Phasen, die sich voneinander unterscheiden. Die erste Phase beginnend in den frühen 90ern leitete den Beginn des Abbaus des Kenysianischen Wohlfahrtsstaates in Österreich ein. Da man bereits wusste, dass Österreich 1995 in die Europäische Union eintreten wird, versuchte man hier bereits das Budget zu konsolidieren. Im Hinblick auf die Bildung einer Währungsunion arbeitete man auf die Maastricht Kriterien von 3% jährliche Neuverschuldung und 60% Gesamtverschuldung hin. Wichtiges Mittel, um die Kriterien zu erreichen war die Gründung diverser staatsnaher Holdings und Unternehmen. Diese sollten Aufgaben des Staates übernehmen, scheinen allerdings nicht im Budget auf. Die 2. Phase begann mit der neuen schwarz-blauen Regierung ab 2000. Im Gegensatz zur vorherigen Phase versuchte man nun radikal das Nulldefizit zu erreichen. Obwohl es in dieser Regierungsperiode zu zahlreichen Privatisierungen staatlicher Betriebe kam, konnte das angestrebte Nulldefizit nicht umgesetzt werden. Man legte Regeln für Länder und Gemeinden fest und erstmals mussten auch Gemeinden ausgeglichen budgetieren. Die Budgetpolitik trug die Handschrift der ÖVP, so wurden Unternehmen, Familien und der ländliche Raum steuerlich bevorzugt. Die 3. Phase begann ab 2008 und dauert im Grunde bis heute an. Mit dem Ausbruch der internationalen Finanzkrise kam es zu einer kurzzeitigen Rückkehr zu antizyklischer Budgetpolitik (Kurzarbeit, steuerliche Entlastung durch Konjunkturpakete). Die hohen Ausgaben für Konjunkturpakete und Bankenrettung führte zu einer hohen Verschuldung der europäischen Staaten. Die bisherigen finanziellen Rahmenbedingungen der EU wurden gesprengt, dies führte zu einem strengeren Vorgehen der EU. Durch die Einführung einer Schuldenbremse und den Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts bekam die EU mehr Einfluss auf die nationale Budgetpolitik. Mithilfe der Austeritätspolitik versucht man bis heute das Budget wieder zu konsolidieren. (Feigl/Schlager 2015)

4. Neoliberalisierung

4.1. Staatsausgabenquote

Die Staatsausgabenquote wird gerne als Indikator herangezogen, um anzuzeigen wie „neoliberal“ ein Staat agiert. Unter der Staatsausgabenquote versteht man den prozentuellen Anteil der Staatsausgaben am BIP. Betrachtet man Österreich im Bereich von 1995 (EU Beitritt) bis 2015 stellt man einen Rückgang der Staatsausgabenquote von 55,9% auf 51,6% fest (ÖNB 2016). Ab 2000 war die Quote konstant bei etwa 50% (ÖNB 2016), man könnte daraus schließen, dass in dieser Zeit kein Abbau des Staates stattfand. Feigl/Schlager (2015) bemerken, dass selbst eine konstante Quote einen Rückgang staatlicher Investitionen bedeutet, da mit erhöhten Kosten durch beispielsweise Pensionen zu rechnen ist. Betrachtet man die Ausgaben genauer, kann man einen Rückgang der Zinszahlungen beobachten. Die Kosten für Personalaufwand sind im selben Zeitraum ebenfalls gesunken, obwohl darin die Ausgaben für Pensionen enthalten sind. (ÖNB 2016) Dies deutet auf eine Verringerung des Personals und effizientere Verwaltung hin. Der Rückgang der Staatsausgabenquote ist nicht nur in Österreich, sondern im gesamten EU Raum zu beobachten. Zwischen 2009 und 2018 erwartet man in der EU eine Verringerung um circa 4%. Im Vergleich mit anderen Staaten der EU wie Deutschland mit 44% oder der USA mit 37,7% im Jahr 2015 hat Österreich eine sehr hohe Staatsausgabenquote. 2015 lag Österreich in der EU an sechster Stelle der höchsten Quoten hinter Frankreich mit 57% und weit vor dem Schlusslicht Irland mit gerade einmal 29,4%. (WKO 2017) Einerseits verzeichnet Österreich zwar einen Rückgang an staatlichen Leistungen, hat aber noch immer ein relativ gutes Gesundheits-, Sozial- und Bildungsystem und überdurchschnittliche Unterstützungen. (Feigl/Schlager 2015)

4.2. Macht globaler Konzerne am Beispiel der polnischen Sonderwirtschaftszonen

Welchen enormen Einfluss internationale Konzerne auf Budgetpolitik nehmen können, kann man am Beispiel der polnischen Sonderwirtschaftszonen erkennen. Die ursprüngliche Idee war es die polnische Wirtschaft nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion anzukurbeln und Unternehmen ins Land zu holen. Besonders wirtschaftlich schwache und periphere Gebiete sollten durch Sonderwirtschaftszonen profitieren. Steuerliche Erleichterung und Subventionen wurden als finanzpolitisches Instrument gebraucht, um diese Regionen attraktiv zu gestalten. 1994 eröffnete die erste Sonderwirtschaftszone in Mielec, geplant war eine Handvoll weitere zu eröffnen. Im Jahr 2006 waren es dann aber bereits über 150 Sonderwirtschaftszonen und Subzonen. Das Instrument der Sonderwirtschaftszonen wurde missbraucht, vor allem da es weniger Investoren als abhängige Regionen gibt. Ein Beispiel ist die Stadt Gliwice in Oberschlesien. General Motors machte die Öffnung der neuen Opel Fabrik davon abhängig, ob hier eine Sonderwirtschaftszone geschaffen wird. Weitere konkrete Beispiele waren die bereits bestehenden Werke von Fiat und Philipps. Sie übten Druck aus, um für die Weiterführung ebenfalls die Privilegien einer Sonderwirtschaftszone zu erhalten. 2004 wurde in der Sonderwirtschaftszone Kattowice 80% in Regionen investiert, die ohnehin prosperierend waren. Im Endeffekt konnte ein großer Investor eine Sonderwirtschaftszone haben wo er wollte, der ursprüngliche Gedanke wurde ad absurdum geführt. (Gwosdz et al. 2008)

4.3. Vermögensfreundlichere Budgetpolitik

Nicht nur in Polen, sondern in ganz Europa ist zu beobachten, dass Budgetpolitik sich immer mehr in Richtung einer angebotsorientierten Budgetpolitik entwickelt. Die Nationalstaaten agieren Vermögens- und Unternehmen freundlicher und erhoffen sich positive Effekte durch das Anlocken von großen Konzernen und Spitzenverdiener. Der zunehmende Standortwettbewerb zwischen den Staaten im Zuge der Internationalisierung hat diese Entwicklung vorangetrieben. Seit den 1990ern sinken in Europa die Steuern für Vermögen und Unternehmen. Schon 1993/94 wurde in Österreich die Banken und Vermögenssteuer abgeschafft, sowie die Progression bei Kapitalerträgen durch Endbesteuerung. (Feigl/Schlager 2015) Ein weiteres Beispiel für vermögensfreundliche Budgetpolitik sind die im selben Jahr ins Leben gerufenen Privatstiftungen. Diese wurden unter dem Argument geschaffen, Kapital nach Österreich zu holen. Bis zum Jahr 2000 waren etwa 55 Milliarden Euro an Vermögenswerten in Stiftungen transferiert. Durch die steuerlichen Vergünstigungen einer Privatstiftung entgingen dem Staat allein 1998 umgerechnet etwa 72 Millionen Euro. (Tajalli 2002) 2001 folgte in Österreich die Abschaffung der Börsenumsatzsteuer, 3 Jahre später wurde die Körperschaftssteuer gesenkt und 2008 verlängerte man die Erbschafts- und Schenkungssteuer nicht. (Feigl/Schlager 2015) Neben den steuerlichen Vergünstigungen haben Unternehmen Möglichkeiten die Besteuerung in dem jeweiligen Land zu umgehen. Besonders Großunternehmen versuchen ihre Gewinne in sogenannten Steueroasen zu transferieren, womit dem Staat wichtige Einnahmen fehlen.

Manche Unternehmen bezahlen nicht einmal 1% des ausgewiesenen Gewinns an den Staat. (Tajalli 2002)

Die österreichische Budgetpolitik versucht durch Umwälzung der steuerlichen Last auf die Arbeitnehmer diesen Verlust an Steuereinnahmen zu kompensieren. Tajalli (2002) spricht hier von einer Übertragung der Steuerlast von den mobilen Produktionsfaktoren (Kapital) auf die weniger mobilen (Arbeit). Ein Indiz dafür ist der Anteil der Lohnsteuer am Gesamtsteueraufkommen. Dieser ist in Österreich in den letzten Jahren stetig gewachsen, obwohl der Anteil der Löhne am BIP gesunken ist. Auch in anderen Ländern der EU macht die Besteuerung der Löhne den größten Anteil am Steueraufkommen aus. Sogar in den als liberalen geltenden USA (2000: über 3%) machen vermögensbesteuernde Abgaben einen größeren Anteil am BIP aus als in Österreich. Zudem hat Österreich auch im Vergleich mit der EU hohen Anteil an regressiven Steuern wie Sozialversicherungsbeiträgen und Verbrauchsteuern. Diese begünstigen Besserverdienende zusätzlich und sorgen für wenig Umverteilung. (Tajalli 2002) An der hohen Steuerlast auf Arbeitsaufkommen hat sich bis heute wenig geändert. Mit einer Steuer-und Abgabenquote für Alleinverdiener von 49.5 % belegt Österreich hinter Belgien den zweiten Platz im Ländervergleich der OECD. Auch bei Familien liegt Österreich mit 39% weit über dem OECD Durchschnitt. (OECD 2015)

4.4. New Public Management

Im Zuge der Neoliberalisierung des Staates wird dieser nicht komplett abgebaut, sondern, es erfolgt ein Umbau des Staates. Feigl/Schlager (2015) sprechen im Zuge dessen von der Abkehr des AustroKeynesianismus zum schumpeterianischen Wohlfahrtsstaat. Der Staat selbst wird wie ein Unternehmen geführt und alles der Kosten-Nutzen Frage unterworfen. Unter dem Stichwort New Public Management versucht auch Österreich den Staat effizienter zu gestalten. Kennzeichnend sind eine dezentrale Organisationsstruktur und eine Kundenorientierung. Staatliche Aufgaben werden als Service Dienstleistungen an den Bürgern angesehen. Verwaltung soll nicht mehr auf den Erhalt des Budgets ausgelegt sein, sondern wird nach den erbrachten Leistungen und Effizienz bewertet werden. Der Staat selbst wird auch dem Wettbewerb ausgesetzt, so können Aufgaben an private Unternehmen outsourct werden. Beispiele der letzten Jahre für New Public Management sind Ausbau des E-Gouvernements oder die Zusammenlegung von Verwaltungseinheiten.

(Bundeskanzleramt Österreich 2012) Mit einher geht auch der Abbau des staatlichen Personals, von 1995-2008 wurde etwa ein Fünftel abgebaut. Die Schaffung neuer Arbeitsplätze durch staatsnahe Betriebe ist hierbei jedoch nicht beinhaltet. (Feigl/Schlager 2015)

5. Europäisierung

5.1. Eingriff der EU in die Budgetpolitik

Wie schon in Kapitel 3 kurz erwähnt, verschaffte sich die Europäische Union mehr Einfluss auf die nationale Budgetpolitik. Schon die Maastricht Kriterien wurden als willkürliche Zielvorgaben angesehen. Besonders ab der Krise stellte die EU, als Reaktion auf die hohen Schuldenstände der Mitgliedsstaaten, strengere Regeln auf. Federführend bei der Einführung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes war vor allem Deutschland. Mit schärferen Sanktionen soll ein ausgeglichenes Budget und eine rasche Konsolidierung erreicht werden. Neu ist beispielsweise die Zwanzigstel Regel, wenn die Verschuldung 60% Gesamtverschuldung übersteigt. Ist dies der Fall muss das Defizit jährlich um durchschnittlich ein Zwanzigstel gesenkt werden. Haushaltsrahmen und Budgetregeln werden stärker von der Europäischen Kommission überwacht, um falsche Angaben und Budgettricks zu vermeiden. Eine Schuldenbremse soll in der Verfassung jedes EU Staates verankert werden, außerdem wird ein strukturelles Defizit von höchstens 0,5% des BIPs angestrebt. (Rossmann/Schlager 2012)

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Details

Titel
Österreichs Budgetpolitik im Zeichen von Europäisierung und Neoliberalisierung
Hochschule
Universität Salzburg
Note
1
Autor
Jahr
2017
Seiten
12
Katalognummer
V584307
ISBN (eBook)
9783346189080
ISBN (Buch)
9783346189097
Sprache
Deutsch
Schlagworte
österreichs, budgetpolitik, europäisierung, neoliberalisierung, zeichen
Arbeit zitieren
Philipp Straßer (Autor:in), 2017, Österreichs Budgetpolitik im Zeichen von Europäisierung und Neoliberalisierung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/584307

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