Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Gemeinwesenarbeit als Methode
2.1. Definition von Gemeinwesenarbeit
2.2. Ziele der Gemeinwesenarbeit
3. Historische Ursprünge
3.1. Toynbee Hall, London
3.2. Hull House, Chicago
4. Jane Addams
4.1. Kindheit
4.2. Jugend und Ausbildung
4.3. Suche nach einer Daseinsberechtigung
4.4. Selbstverwirklichung durch Hull House
4.5. Hull House - ein Segen für Chicago
4.6. Verknüpfungen zur Methode Gemeinwesenarbeit
5. Schlussgedanken
6. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Bildung ist eine Eintrittskarte in die Gesellschaft. Wir alle wissen, dass Partizipation, sprich das Eingebundensein in ein Gemeinwesen nicht selbstverständlich ist. Fakt ist, wer die Eintrittskarte Bildung nicht vorweisen kann, dem wird eine Teilhabe an der Gesellschaft verwehrt. Was kennzeichnet Menschen, denen diese Teilhabe nicht möglich ist?
Generell kann man sagen, dass sich diese Menschen in ihrer Nachbarschaft nicht richtig wohl fühlen können, denn ihnen fehlt das Gefühl des Schutzes und der Sicherheit ihres Lebensumfeldes. Gleichzeitig verhindert die ausbleibende Anregung und Aktivität eine Identifikation und Identität. So wissen die Menschen oft nicht wer sie sind und was sie können, sie ahnen nicht, dass sie Sinnvolles leisten und somit ein wertvolles Mitglied für die Gemeinschaft sein könnten. Sie sind nicht die Akteure ihres Lebens, sondern werden fremdbestimmt, das alles ist ein Freibrief für Probleme und Notlagen.
Damit diese Menschen Zugehörigkeit, Bedürfnisbefriedigung und ein Stück weit Selbstverwirklichung erleben können, benötigen sie die bereits erwähnte Eintrittskarte in die Gesellschaft. Wieso ist Bildung so wichtig? Tatsache ist, dass gute Umgangsformen und ausreichend Allgemeinbildung in unserem Kulturkreis zu einem normkonformen Handeln gehört, beides befähigt den Menschen sich sozial erwünscht zu verhalten. Letztendlich will jeder dazugehören und sein ihm zustehendes Stück vom Kuchen des Lebens abbekommen.
Eine Teilhabe an der Gesellschaft kann man durch Gemeinwesenarbeit erreichen. Gemeinwesenarbeit ist eine klassische Methode der Sozialarbeit, wie sie sich definieren lässt und welche Ziele sie verfolgt, dies werde ich in dieser Arbeit darlegen.
Jane Addams, eine junge Frau aus gutem Hause, war persönlich auf der Suche nach einer sinnvollen beruflichen Betätigung. Inspiriert durch Toynbee Hall wurde Jane auf die Not der Armen aufmerksam, sie erkannte schon damals, dass Bildung die Eintrittskarte in die Gesellschaft darstellt. Mittels Bildung und Kultur kann man Menschen in die Gesellschaft integrieren und einbeziehen. Dies praktizierte Jane Addams mit ihrem Hull House.
Man kann behaupten, dass Toynbee Hall und Hull House Wurzeln der Gemeinwesenarbeit darstellen. Was das besondere an der Settlement Bewegung war, werde ich in dieser Arbeit aufzeigen. Jane Addams war eine bemerkenswert zielstrebige und erfolgreiche Frau. Ihr Leben und ihre Motivation sich für andere einzusetzen, möchte ich hier ebenso gerne thematisieren. Dabei sollen das Leben und das Werk Jane Addams in dieser Seminararbeit im Vordergrund stehen.
2. Gemeinwesenarbeit als Methode
Die Sozialarbeit hat drei klassische, primäre Methoden und zwar die Einzelfallhilfe, die Gruppenarbeit und die Gemeinwesenarbeit. Allgemein bezeichnet man als Methode eine sach-, personen- und planmäßige Vorgehensweise, mit dem Ziel etwas Bestimmtes zu erreichen. Das Handeln vollzieht sich nach Arbeitsschritten und Prinzipien, die standardisiert sind (vgl. Galuske, M.; 1998, S.19-29, 92).
Neben den bereits genannten primären Methoden, gibt es auch sekundäre Methoden, dies wären Forschung, Organisation, Administration, Supervision und Praxisberatung (vgl. Schwendtke, A.; 1991, S. 207).
2.1. Definition von Gemeinwesenarbeit
Man spricht von Gemeinwesenarbeit, wenn sich
- eine Gruppe von Bürgern, z. B. in einem Stadtteil organisiert
- um ihre Ziele und Bedürfnisse festzustellen
- diese in eine Rangfolge bringt
- dann eigene Kräfte entwickelt
- um diese Ziele zu erreichen und die Bedürfnisse zu befriedigen
- und letztendlich dieser Prozess unter fachkundiger Begleitung geschieht, z. B. einem Sozialarbeiter (vgl. Schwendtke, A.; 1991, S. 107)
Die Gemeinwesenarbeit setzt ihren Fokus nicht auf das Individuum (= Einzelfallhilfe), nicht auf die Kleingruppe (= Gruppenarbeit), sondern auf soziale Netzwerke. D. h. die Wahrnehmung sozialer Probleme geschieht aus der gesellschaftlichen Perspektive. Sie ist dabei aber auch methodenintegrativ, d. h. gleichzeitig bedient sich die Gemeinwesenarbeit der Einzelfallhilfe, bzw. der Gruppenarbeit, wenn die Situation es erfordert. Der Fokus bleibt aber stets auf dem Gemeinwesen (vgl. Galuske, M.; 1998, S. 90-93).
2.2. Ziele der Gemeinwesenarbeit
Wie bereits erwähnt, hat die Gemeinwesenarbeit ihren Fokus auf das Gemeinwesen. Genauer gesagt, zielt sie darauf ab, dass Bürger mittels Wiederentdeckung und Nutzung der ihnen zur Verfügung stehenden Ressource (Gemeinschaft = Kapital) ihre sozialen Problemlagen selber in Angriff nehmen. Ein Sozialarbeiter hat dabei die Aufgabe die Bürger mittels Beratung, Koordination, Anregung, Aktivierung und Unterstützung zu einem Handeln, welches zum Wohle der Gesellschaft ist, zu bringen, ganz nach dem Motto: Gemeinsam kann man viel erreichen. Dabei hat die Gemeinwesenarbeit entweder eine systemerhaltende oder systemverändernde Wirkung (vgl. Galuske, M.; 1998, S. 90-93).
Der Unterschied zwischen der Gemeinwesenarbeit und der Gruppenarbeit ist, dass die Gemeinwesenarbeit nicht primär auf die einzelnen Bedürfnisse der Gruppenmitglieder abzielt, sondern auf die Bedürfnisse des Gemeinwesens. Sekundär befriedigt die Gemeinwesenarbeit allerdings die Bedürfnisse der einzelnen Gruppenmitglieder, indem sie Möglichkeiten der Zusammenarbeit, der Kontaktaufnahme und der gemeinschaftlichen Formung ermöglicht. Sie macht latente Bedürfnisse bewusst und ermöglicht so wünschenswerte Veränderungen in der Gesellschaft (vgl. Schwendtke, A.; 1991, S.107-108).
3. Historische Ursprünge
Die Gemeinwesenarbeit hat ihre Ursprünge in der Settlement Bewegung. Toynbee Hall und Hull House installierten bereits Ende des 19. Jahrhunderts sozialraum- und stadtteilbezogene Hilfesettings. Dabei arbeiteten Betroffene und Helfer zusammen an einer infrastrukturellen, sozialpolitischen Lösung für Versorgungsprobleme. Die Lebenslage der Betroffenen sollte verbessert werden. Um dies zu erreichen, musste die Selbstorganisation gefördert, soziale Netzwerke ausgebaut und somit der soziale Nahraum umstrukturiert werden (vgl. Galuske, M.; 1998, S. 89).
„Settlement-Arbeit ist gekennzeichent (sic!) als der Weg, einer größeren Personenzahl ein höheres Kulturniveau zu bringen, der Schaffung einer neuen Welt zu dienen, der Erziehung zu sozialem Verständnis, zur Selbstständigkeit und Selbsthilfe“ (Boulet, J. J.; Krauss, E. J.; Oelschlägel, D.; 1980, S. 25).
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