Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Rolle des Herrschers und der Adelsklasse im Ringen um die Herrschaft sowie der "Assise sur la ligece" als Gesetz über die Lehenstreue.
Nach der Eroberung des heiligen Landes und dem Beginn der dauerhaften Besiedelung des Gebiets durch die Kreuzfahrer wurde das aus Europa bekannte Lehnswesen nach Outre-Mer übertragen und als Verwaltungsebene der Eroberer über die örtliche Administration gestülpt. In Europa eher unbedeutende Adelsfamilien hatten in Outre-Mer die Möglichkeit, sich zu etablieren, da sich durch die Kreuzzüge und die Eroberung eines fremden Landes neue Möglichkeiten der gesellschaftlichen Einflussnahme boten.
Die Beziehung zwischen Adel und Herrscher war in der ersten "Kolonie Europas" während der gesamten Existenz der Kreuzfahrerstaaten von einem ständigen Ringen um die Macht geprägt. Aus heutiger Sicht kann der Konflikt anhand der damaligen Rechtsprechung und den erhaltenen juristischen Abhandlungen nachvollzogen werden, die in den sogenannten Assises geregelt wurde.
Die Gesetze und deren Interpretationen durch die zeitgenössischen Feudaljuristen sind in den "Assises de la Haute Cour de Jerusalem" zusammengefasst. Ein Gesetz aus dieser umfangreichen Kodifikation Outre-Mers, welches unsere besondere Beachtung verdient, ist die Assise sur la ligece, das Gesetz der Lehensloyalität. Das genaue Entstehungsjahr ist unbekannt, aber sehr wahrscheinlich ist es um 1170 entstanden, unter der Herrschaft Amalrichs I. Das bemerkenswerte an dieser Assise ist, dass auch die Aftervasallen durch eine Huldigung an den König gebunden werden, was ein wesentlicher Unterschied zum üblichen Lehnssystem ist, indem der Vasall immer nur an den nächsthöheren Lehnsherrn gebunden ist.
Welche Konsequenzen dies in realiter nach sich zog, wird noch zu erörtern sein. Durch die besondere Entstehungsgeschichte der Assise sur la ligece wird das homagium mit dem Verbot des willkürlichen Lehnsentzugs durch den Lehnsherrn verbunden. Ohne Gerichtsbeschluss darf ein Lehnsherr demnach kein Lehen mehr entziehen. In allen heute noch bekannten historischen Fällen wurde die Assise sur la ligece gegen den König eingesetzt, wenn dieser versuchte, einem seiner Vasallen sein Lehen zu entziehen. Diese Art des Einsatzes der Assise ebenso wie die Legitimation der Feudaljuristen ermöglichen uns einen Blick auf das Selbstbild des Adels und seine Position in Outre-Mer.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Herrscher und Adelsklasse im Ringen um die Herrschaft.
- 2.1 1100-1130: Die Formierung der Adelsklasse.
- 2.2 Gesetzgebung in den Anfängen: Die ersten Assises…
- 2.3 1130-1160: Die Entwicklung des Adels
- 3. Assise sur la ligece -Das Gesetz über die Lehenstreue
- 3.1 Folgen und Auswirkungen der Assise sur la ligece
- 3.2 Die Anwendung der Assise sur la ligece gegen die Krone
- 3.3 Zeitgenössische juristische Interpretation der Assise sur la ligece und baroniales Selbstverständnis
- 4. Schlussbemerkung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht das Machtverhältnis zwischen Adel und Krone im Königreich Jerusalem im 12. Jahrhundert. Sie analysiert die Assise sur la ligece, ein Gesetz über die Lehenstreue, um die Konflikte und das jeweilige Selbstverständnis beider Parteien zu beleuchten. Der Fokus liegt auf der juristischen Auslegung des Gesetzes und dessen Anwendung in der Praxis.
- Das Lehnswesen im Königreich Jerusalem
- Das Machtverhältnis zwischen König und Adel
- Die Assise sur la ligece als juristisches Instrument
- Die Interpretation der Assise durch zeitgenössische Juristen
- Das Selbstverständnis des Adels in Outre-Mer
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik des Machtgeschehens zwischen Adel und Krone im Königreich Jerusalem ein. Sie beschreibt die Übertragung des europäischen Lehnswesens nach Outre-Mer und die daraus resultierenden Möglichkeiten für den Adel. Der Fokus wird auf die Assise sur la ligece gelegt, ein Gesetz der Lehensloyalität, dessen Entstehungsgeschichte und Bedeutung im Kontext des Konflikts zwischen König und Adel hervorgehoben werden. Die Arbeit kündigt an, die gesellschaftliche Stellung von König und Adel zu beleuchten, um im Anschluss die Assise sur la ligece und deren Anwendung detailliert zu untersuchen.
2. Herrscher und Adelsklasse im Ringen um die Herrschaft: Dieses Kapitel beleuchtet die komplexe Rolle des mittelalterlichen Herrschers, der sowohl als gottgesandter König als auch als Lehnsherr agierte. Es beschreibt die Aufteilung des Königreichs Jerusalem in Krondomäne und Baronien und die daraus resultierende unterschiedliche Machtfülle des Königs in diesen Gebieten. Die alteingesessenen Adelsfamilien erlangten im Laufe der Zeit in ihren Baronien nahezu königliche Machtbefugnisse. Das Kapitel erwähnt die königlichen Vorrechte (Regalia) wie den Besitz der Häfen, das Münzrecht und den Besitz von Schiffswracks und erklärt, wie diese durch Gesetze wie das im Livre au roi beschriebene Recht, Lehen zu konfiszieren, gestützt werden konnten.
3. Assise sur la ligece -Das Gesetz über die Lehenstreue: Dieses Kapitel konzentriert sich auf die Assise sur la ligece, das Gesetz über die Lehenstreue. Es analysiert die Folgen und Auswirkungen dieses Gesetzes, insbesondere seine Anwendung gegen die Krone. Die unterschiedlichen Interpretationen der Assise durch zeitgenössische Feudaljuristen werden untersucht, um das Selbstbild des Adels und seine Position im Königreich Jerusalem zu verstehen. Die besondere Bedeutung der Assise liegt in der Bindung der Aftervasallen an den König durch Huldigung, im Gegensatz zum üblichen Lehnssystem. Die Verbindung des Homagiums mit dem Verbot des willkürlichen Lehnsentzugs durch den Lehnsherrn ohne Gerichtsbeschluss wird diskutiert. Die Analyse der Anwendung des Gesetzes gegen den König ermöglicht es, die adlige Selbstwahrnehmung und die Machtbalance im Königreich Jerusalem zu verstehen.
Schlüsselwörter
Königreich Jerusalem, Adel, Krone, Lehnswesen, Assise sur la ligece, Lehenstreue, Feudalrecht, Outre-Mer, Machtverhältnis, juristische Interpretation, Amalrich I., Amalrich II., Ibelinen, Livre au roi, Regalia.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Machtverhältnis zwischen Adel und Krone im Königreich Jerusalem im 12. Jahrhundert
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht das Machtverhältnis zwischen dem Adel und der Krone im Königreich Jerusalem während des 12. Jahrhunderts. Der Fokus liegt auf der Analyse der „Assise sur la ligece“, einem Gesetz über die Lehenstreue, um die Konflikte und das jeweilige Selbstverständnis beider Parteien zu beleuchten. Die juristische Auslegung des Gesetzes und seine praktische Anwendung stehen im Mittelpunkt.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt das Lehnswesen im Königreich Jerusalem, das Machtverhältnis zwischen König und Adel, die Assise sur la ligece als juristisches Instrument, deren Interpretation durch zeitgenössische Juristen und das Selbstverständnis des Adels in Outre-Mer. Sie beleuchtet auch die Rolle des mittelalterlichen Herrschers, die Aufteilung des Königreichs in Krondomäne und Baronien, königliche Vorrechte (Regalia) und die Anwendung der Assise gegen die Krone.
Was ist die Assise sur la ligece?
Die Assise sur la ligece ist ein Gesetz über die Lehenstreue, welches im Zentrum der Arbeit steht. Es wird analysiert, wie dieses Gesetz die Beziehungen zwischen Lehnsherren und Vasallen regelte, welche Folgen und Auswirkungen es hatte und wie es, insbesondere gegen die Krone, angewendet wurde. Die unterschiedlichen Interpretationen durch zeitgenössische Juristen werden untersucht, um das Selbstverständnis des Adels zu verstehen. Besonders hervorgehoben wird die Bindung der Aftervasallen an den König durch Huldigung und das Verbot des willkürlichen Lehnsentzugs ohne Gerichtsbeschluss.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung, ein Kapitel über das Ringen um die Herrschaft zwischen König und Adel (inkl. Unterkapitel zur Entwicklung des Adels und zur frühen Gesetzgebung), ein Kapitel zur Assise sur la ligece (inkl. Unterkapiteln zu Folgen, Anwendung gegen die Krone und zeitgenössischer Interpretation) und eine Schlussbemerkung. Jedes Kapitel bietet eine detaillierte Analyse der jeweiligen Thematik.
Welche Quellen werden verwendet?
Die Arbeit bezieht sich auf zeitgenössische juristische Texte und Quellen, um die Assise sur la ligece und deren Anwendung zu untersuchen. Genannt werden unter anderem das „Livre au roi“ und die Handlungen der Könige Amalrich I. und Amalrich II. sowie die Rolle einflussreicher Adelsfamilien wie der Ibelinen.
Welche Schlussfolgerungen zieht die Arbeit?
Die Arbeit kommt zu Schlussfolgerungen über das Machtverhältnis zwischen König und Adel im Königreich Jerusalem, indem sie die Anwendung der Assise sur la ligece analysiert und das Selbstverständnis beider Parteien beleuchtet. Die genaue Schlussfolgerung wird erst in der vollständigen Arbeit dargelegt, aber der Fokus liegt auf dem Verständnis der juristischen und politischen Dynamiken der Zeit.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Königreich Jerusalem, Adel, Krone, Lehnswesen, Assise sur la ligece, Lehenstreue, Feudalrecht, Outre-Mer, Machtverhältnis, juristische Interpretation, Amalrich I., Amalrich II., Ibelinen, Livre au roi, Regalia.
- Quote paper
- Annette Kristina Görgen (Author), 2007, Das Ringen um die Macht zwischen Adel und Krone im Königreich Jerusalem. Die feudaljuristische Auslegung der "Assise sur la ligece", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/590489