Leadership in Zeiten der digitalen Transformation. Was macht Führung zukunftsfähig?


Livre Spécialisé, 2020

104 Pages

Anonyme


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Ziele und Aufbau der Arbeit

2 Begriffsdefinition
2.1 Leadership
2.2 Megatrends
2.3 Digitalisierung
2.4 Führung

3 Veränderung der Arbeitswelt
3.1 VUCA-Welt
3.2 Das Cynefin-Modell

4 Leadership in Zeiten der digitalen Transformation
4.1 Kultureller Wandel im Unternehmen
4.2 Kompetenzen für Führungskräfte
4.3 Generation Y und Z
4.4 Führung virtueller Teams
4.5 Personal- und Organisationsentwicklung
4.6 Datenschutz und Datensicherheit

5 Experteninterview
5.1 Beschreibung und Begründung der Forschungsmethode
5.2 Auswahl der Untersuchungspersonen
5.3 Datenerhebung

6 Ausblick

7 Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Anhang

Impressum:

Copyright © EconoBooks 2020

Ein Imprint der GRIN Publishing GmbH, München

Druck und Bindung: Books on Demand GmbH, Norderstedt, Germany

Covergestaltung: GRIN Publishing GmbH

Abkürzungsverzeichnis

Abb. Abbildung

B Befragte/r

bzw. beziehungsweise

d.h. das heißt

ebd. Ebenda

et al. et alii/ et aliae/ et alia

etc. et cetera

f. folgend

ff. folgende

ggf. gegebenenfalls

I Interviewer/in

o.Ä. oder Ähnliches

o.A. ohne Autor

o.D. ohne Datum

o.S. ohne Seitenangabe

S. Seite

sog. sogenannt(e)

v.a. vor allem

vgl. vergleiche

z.B. zum Beispiel

1 Einleitung

1.1 Problemstellung

„Die Arbeitswelt der Zukunft wird anders als heute sein. Wird sie auch besser sein? Werden wir selbstbestimmter und gesünder arbeiten? Werden wir mit 50 Jahren noch einmal studieren oder einen neuen Beruf lernen? Nehmen uns die Maschinen die Arbeit weg, oder machen sie Innovationen und Produktivitätsgewinne möglich, die neue Arbeitsplätze schaffen?“ (Nahles, 2017, S.4)1.

Dieser Satz stammt von Andrea Nahles, Bundesministerin für Arbeit und Soziales aus dem Jahr 2017 und verdeutlicht die Allgegenwart der digitalen Vernetzung in unserer heutigen Gesellschaft. Sowohl diese als auch die heutige Arbeitswelt sind durch Megatrends wie Digitalisierung, Vernetzung, Wissensgesellschaft oder das Internet of Things geprägt. Seit der Erfindung des Internets jagt eine Innovation die Nächste; ob vom gedruckten Buch zur digitalen Bibliothek oder von Pacman zu Pokémon-Go – eins ist sicher: Die Digitalisierung wirkt sich auf alle Bereiche des alltäglichen Lebens und somit auch auf unsere Arbeitswelt aus und führt zu starker Unsicherheit und Ungewissheit und damit verbunden zu einem Verlust von Orientierung, Halt und Planbarkeit für alle Beteiligten (vgl. Geramanis, Hermann 2016, S. V).

Als Folge der digitalen Transformation sind drei klassische Entwicklungslinien erkennbar: Die Maschine-Maschine-Kommunikation im Internet of Things, die Veränderung in der Kommunikation aufgrund von Social Media sowie intelligente Algorithmen und dadurch entstandene verbesserte Entscheidungsqualitäten. Die mit der Digitalisierung einhergehende und zunehmende Vernetzung führt zu einer vierten industriellen Revolution (Industrie 4.0) und ermöglicht neue Arten der Arbeit. Hierbei verstärkt sich jedoch zudem der Fachkräftemangel, die Belegschaften werden immer älter und bunter, virtuelle Teams gewinnen an Bedeutung und auch die Anforderungen junger Generationen, z.B. der Generationen Y und Z an Unternehmen verändern sich.

All diese Entwicklungen und Veränderungen haben Auswirkungen auf Organisationsabläufe, Strukturen, Kommunikation und Interaktion der Mitarbeiter und sind miteinander verbunden. Um diese Entwicklungen handhaben zu können, ist ein Paradigmenwechsel in der Führung erforderlich (vgl. von Au 2018, S. 2).

Vor allem für Unternehmen stellen diese Veränderungen eine Herausforderung dar, da Strukturen und Prozesse neu gestaltet werden müssen und vor allem auch die Anforderungen an die Führungskraft im Unternehmen der Zukunft neu definiert werden müssen (vgl. Franken 2016, S. 3 ff.). War früher noch der klassisch hierarchische Führungsstil ein gutes Instrument, Mitarbeiter zu führen, so erweist sich diese Methode heute als veraltet und bleibt „ohne grundlegende systemische Änderung weit unter ihren Möglichkeiten“ (von Au 2018, S. 2).

1.2 Ziele und Aufbau der Arbeit

Die vorliegende Arbeit zeigt auf, wie sich die heutige Arbeitswelt in Folge der digitalen Transformation gewandelt hat. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, was Führung zukünftig leisten und über welche Kompetenzen Führungskräfte verfügen sollten, um ihre Führungsaufgaben wirkungsvoll wahrnehmen zu können.

Zu Beginn werden die prägnantesten Begriffe wie Leadership, Megatrends und Digitalisierung genauer definiert, um anschließend den Wandel der Arbeitswelt durch den Megatrend Digitalisierung betrachten zu können. Hierbei wird auf den Begriff der VUCA-Welt eingegangen, wodurch die Komplexität der heutigen Arbeitswelt beschrieben werden kann.

Anschließend wird aufgezeigt, wie Leadership in Zeiten der Digitalisierung gestaltet werden sollte und dass ein kultureller Wandel im Unternehmen vorausgehen muss. Hierbei wird zudem auf die verschiedenen Kompetenzen von Führungskräften in Hinblick auf die Digitalisierung eingegangen und der Frage nachgegangen, welche Besonderheiten bei der Führung der Generationen Y und Z und virtueller Teams auf Führungskräfte zukommen. Des Weiteren wird aufgezeigt, wie Personal- und Organisationsentwicklung in Zeiten der digitalen Transformation gestaltet werden können und welche Rolle der Datenschutz einnimmt.

Durch die qualitative Befragung von Mitarbeitern und Führungskräften, welche durch die digitale Transformation im Unternehmen geprägt sind, werden das Erleben und die Auswirkungen der digitalen Transformation auf Unternehmen untersucht und in Bezug zu den bisherigen Erkenntnissen gesetzt.

Ein Ausblick mit anschließendem Fazit schließt diese Arbeit ab.

2 Begriffsdefinition

Im Folgenden sollen die wichtigsten Begriffe im Zusammenhang mit Leadership in Zeiten der digitalen Transformation genauer betrachtet werden.

2.1 Leadership

Unter dem Begriff Leadership wird die Erschließung und Umsetzung neuer Möglichkeiten und Wege verstanden, welche zudem die Gestaltung eines Veränderungsprozesses im Unternehmen beinhalten. Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Trennung der Begriffe „Management“ und „Leadership“, denn laut John P. Kotter, Professor an der Harvard University und Autor des aus dem Jahre 1990 stammenden Buches „A Force For Change – How Leadership Differs from Management“ können für jeden Begriff drei Kompetenzen bestimmt werden.

2.1.1 Management

Manager sind für Kotter Personen, welche Vor- und Kostenplanung beherrschen, organisieren können, über das notwendige Wissen für die Personalbesetzung verfügen, sowie Kompetenzen in den Bereichen Controlling und Problemlösung aufweisen. Daher bedeutet Management für ihn, Ziele für die Zukunft zu setzen, dementsprechend Stellen zu schaffen und diese mit passenden Mitarbeitern zu besetzen. Einhergehend ist für ihn die Kompetenz, regelmäßig zu kontrollieren, ob die Ziele eingehalten werden, um ggf. Abweichungen durch sog. „problem solving“ zu korrigieren (vgl. Kotter 1990, S. 4 eigene Übersetzung).

2.1.2 Leadership

Für den Begriff Leadership bestimmt Kotter folgende Kompetenzen: Richtung geben, Mitarbeiter entsprechend ausrichten sowie motivieren und inspirieren. Leadership unterscheidet sich daher von Management insofern, dass bei Leadership Visionen statt feste Zielen geschaffen werden. Mitarbeiter arbeiten in Koalitionen zusammen, um gemeinsam die Vision zu erreichen. Die Motivation unerschlossener menschlicher Bedürfnisse sowie die Inspiration von Mitarbeitern sind wichtige Punkte, um diese in die richtige Richtung zu führen (vgl. ebd., S. 5, eigene Übersetzung). Ein Leader ist daher eine Person, welche den Menschen in den Mittelpunkt seines Handelns stellt, wohingegen ein Manager größtenteils im Sinne des Unternehmens handelt (vgl. Rassek, o.D.).

Doch nicht hinter jeder Führungskraft steckt automatisch auch ein Leader. In einer Arbeitswelt des ständigen Wandels mit ständig neuen Herausforderungen braucht es Führungskräfte, die ihr Handeln den aktuellen Herausforderungen entsprechend gestalten können.

2.2 Megatrends

Der Begriff Megatrend ist durch den US-amerikanischen Futurologen John Naisbitt geprägt, welcher in seinem aus dem Jahr 1982 stammenden Bestseller2 zehn übergeordnete Entwicklungen beschreibt, welche die nächsten Jahrzehnte bestimmen und verändern sollen. Er bezeichnet einen Megatrend als einen grundlegend gesellschaftsverändernden Trend, dessen Veränderungsprozesse mindestens fünf bis zehn Jahre andauern werden und über Jahrzehnte hinweg Einfluss nehmen können. „Megatrends sind übergeordnete, langfristige und substanzielle Veränderungen von Strukturen, Prozessen, Werten und Einstellungen, die branchen- und länderübergreifend wirksam sind“ (Frick o.D., o.S.).

Häufig genannte Megatrends sind neben der Digitalisierung auch Trends wie Wissensgesellschaft, Vernetzung, Globalisierung oder auch dauernde Erreichbarkeit.

2.2.1 Megatrends der Digitalisierung

Analytics, Social, Mobile und Cloud werden als die vier Megatrends der Digitalisierung selbst bezeichnet. Diese haben eine starke Bedeutung für die Entwicklung der Gesellschaft und Arbeitswelt und gelten als Haupttreiber für Innovation. Dadurch führen sie zu grundlegenden Umwälzungen in allen Bereichen. Diese Megatrends sind aktuell noch in vollem Gang und noch lange nicht abgeschlossen.

Der Megatrend Analytics befasst sich hierbei mit dem Sammeln und Analysieren von Daten (Big Data) und stellt eine wichtige Voraussetzung für Unternehmen dar. Durch die Analyse von Daten können Erkenntnisse für die operative Steuerung gewonnen werden und dementsprechend Prozesse oder Produkte angepasst werden. Gerade die Zukunftsfähigkeit und digitale Transformation eines Unternehmens hängt stark von der Datennutzung ab. Daher ist es besonders wichtig, dass Unternehmen interne und externe Daten erfassen, analysieren und die Ergebnisse operationalisieren können. Aufgrund von Datenschutz und den technischen Anforderungen, welche mit der Analyse von Daten einhergehen wird Big Data in vielen Unternehmen nur sehr wenig genutzt. Wichtig ist daher, dass jedes Unternehmen für sich selbst den passenden Weg finden muss, um mit Daten umzugehen, denn letztendlich geht es darum, Arbeitsprozesse zu analysieren und diese für die Weiterentwicklung des eigenen Unternehmens zu nutzen (vgl. Markenrebell 2017, o.S.).

Der Megatrend Social und damit verbunden Social Media verändert nicht nur unser Privatleben, sondern auch die Arbeitswelt. Denn heutzutage stehen hinter einem erfolgreichen Unternehmen oder einer erfolgreichen Marke Social Media-Kanäle wie Facebook oder Twitter, welche der Zielgruppe entsprechend professionell genutzt werden. Social Media erlangt zudem einen Bedeutungszuwachs für die Personalarbeit, wobei Netzwerke wie Xing oder LinkedIn hervorzuheben sind und bei Rekrutierung und Stellenbesetzung neue Möglichkeiten geschaffen werden können. Neben Veränderungen in der Personalarbeit sind auch Veränderungen in der Kommunikation und Zusammenarbeit erkennbar, z.B. durch die Vereinfachung von Abstimmungsprozessen zwischen Mitarbeitern. In vielen Unternehmen sind interne Social Media-Kanäle vorhanden, welche der Erleichterung der Kommunikation innerhalb von Projektteams dienen. Unternehmen sind jedoch neben neuen Formen der Kollaboration mit deutlich mehr Daten konfrontiert und müssen lernen, damit umzugehen (vgl. ebd., o.S.).

Die heutige Arbeitswelt ist charakterisiert durch eine deutlich stärkere Vernetzung, wodurch die Arbeit deutlich orts- und zeitunabhängiger wird. Dies alles sind Folgen des nächsten Megatrends der Digitalisierung: Mobile. Denn durch die flächendeckende Erreichbarkeit durch Technologie kann das Office überall hin verlegt werden. Trotz der Möglichkeit, die Arbeit ortsunabhängig zu gestalten, ist z.B. das sog. Homeoffice bisher in Deutschland noch sehr wenig genutzt. Grund hierfür ist das oftmals fehlende Vertrauen des Arbeitgebers in seine Mitarbeiter, da keine Möglichkeit der direkten Kontrolle der Arbeitszeit besteht. Ein Blick über die Grenzen zeigt, dass Deutschland noch zurückliegt, denn in den Niederlanden haben Arbeitnehmer einen rechtlichen Anspruch auf Homeoffice (vgl. Fischer, o.D.). Neben Nachteilen wie ständiger Erreichbarkeit und der Trennung zwischen Arbeits- und Privatleben, ermöglicht Homeoffice jedoch auch mehr Eigenverantwortung, Flexibilität bei der Zeiteinteilung der Arbeit und die Möglichkeit der Vereinbarkeit verschiedener Verpflichtungen (vgl. Markenrebell 2017, o.S.).

Einher mit dem Megatrend Mobile geht der Megatrend Cloud, welcher den Zugriff auf Daten von verschiedenen Geräten durch eine Plattform bezeichnet. Dadurch ergibt sich die Möglichkeit, dass Aufgaben von verschiedenen Personen an verschiedenen Orten bearbeitet werden können und dass auch externe Partner in Prozesse mit einbezogen werden können. Hierbei dient die Cloud als Ort, an welchem die Daten gespeichert werden, die Kommunikation erfolgt dabei über digitale Netzwerke welche im Rahmen der Digitalisierung zur Verfügung gestellt werden können (vgl. ebd., o.S.). Der Begriff Digitalisierung wird im Folgenden genauer erläutert.

2.3 Digitalisierung

Unter Digitalisierung versteht man die zunehmende Vernetzung von Dingen, Maschinen und Menschen und den daraus resultierenden Wandel der privaten Welt und der Arbeitswelt durch den vermehrten Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologie. Ein zentrales Merkmal der Digitalisierung ist die zunehmende Vernetzung der virtuellen Computerwelt mit physischen Gegenständen, welche dadurch in der Lage sind, sich weitgehend autonom zu optimieren und zu konfigurieren (vgl. Bülchmann 2017, S. 21f.).

Besonders geprägt wurde die Digitalisierung durch das Internet, das größte und wichtigste aller Netzwerke, denn „keine andere Innovation der letzten 500 Jahre hat die Verbreitung von Informationen mehr begünstigt als das Internet. Und keine andere Innovation in den letzten 20 Jahren war ein stärkerer Katalysator für die Digitalisierung“ (Specht 2018, S. 49). Durch die stetige Leistungssteigerung und die Verbilligung von Mikrochips, die Computerisierung verschiedener Lebens- und Arbeitsbereiche oder der Aufbau weiterer Netzwerke, welche vergleichbar mit dem Internet sind, wird die digitale Revolution weiter vorangetrieben.

Das Internet of Things, d.h. die zunehmende Vernetzung und Digitalisierung von Gegenständen hin zu smarten Produkten, also intelligent vernetzten Objekten, nimmt aufgrund der Digitalisierung einen starken Einfluss auf Strukturen und Prozesse in der Arbeitswelt und der Gesellschaft. Ein besonders weites Anwendungsfeld findet das Internet of Things in der industriellen Produktion, da dadurch Produktionsabläufe genauer gesteuert werden können oder die Qualität der produzierten Ware besser kontrolliert werden kann (vgl. ebd., S. 177). Immer und überall zugängliche Daten führen zur Entstehung eines gigantischen Informationsraumes und somit gleichermaßen zur Entkopplung von Zeit und Raum, neuen Geschäftsmodellen und Arbeitsformen sowie zur Verschmelzung von Arbeits- und Privatleben (vgl. Franken 2016, S. 3ff.).

Die durch die digitale Transformation entstandene Industrie 4.0 kann somit als Epochenumbruch bezeichnet werden und beschreibt „eine qualitativ neue Stufe der Organisation und Steuerung der gesamten Wertschöpfungskette über den Lebenszyklus von Produkten“ (ebd. 2016, S. 7).

Die Entwicklung von Mensch und Technologie verläuft jedoch unterschiedlich schnell. Computer werden immer schneller, Menschen passen sich jedoch des Öfteren deutlich langsamer an neue Anforderungen an. Somit entsteht ein sog. Reality Gap, geprägt durch unterschiedliche Entwicklungstempi von Mensch und Maschine, wobei Menschen an ihre biologischen Grenzen kommen, während Maschinen immer leistungsfähiger werden und somit die technischen Möglichkeiten über das Menschenmögliche hinauswachsen (vgl. Frick, Höchli 2014, S. 14ff.).

Die digitale Transformation wird oft als „eine der bedeutendsten Herausforderungen unserer Zeit“ (Franken 2016, S. 3) angesehen, da mit ihr sowohl Vorteile wie Kosteneinsparung oder Wettbewerbsfähigkeit als auch Nachteile wie der Verlust von Arbeitsplätzen oder neue Kompetenzanforderungen an die Beschäftigten einhergehen. Die digitale Transformation stellt damit einen Aufbruch in ein neues gesellschaftliches Zeitalter dar, in welchem auch Führung neu gestaltet werden muss.

2.4 Führung

Führung bzw. Führungsstile sind Verhaltensmuster von Führungskräften, welche die Grundeinstellungen einer Führungskraft den Mitarbeitern gegenüber zum Ausdruck bringt. Führungsstile sind hierbei langfristig, stabil und von der Situation unabhängig. Letzteres ist besonders wichtig für eine effiziente Führung.

Es kann generell zwischen verschiedenen Führungsstilen differenziert werden: autoritär, patriarchisch, beratend, konsultativ, partizipativ, delegativ und kooperativ. Diese Führungsstile werden im Folgenden erläutert.

Der klassisch autoritäre Führungsstil zeichnet sich dadurch aus, dass die Entscheidungsgewalt einzig und allein bei der Führungskraft selbst liegt. Bei einem patriarchischen Führungsstil hingegen „verkauft“ die Führungskraft ihre Entscheidungen an die Mitarbeiter. Die Entscheidungsgewalt liegt hierbei weiterhin bei der Führungskraft selbst, die Mitarbeiter werden jedoch nur ansatzweise in den Entscheidungsprozess mit einbezogen. In einem beratenden Führungsstil schlagen Führungskräfte Ideen vor und erwarten von den Mitarbeitern Fragen, um somit den von der Führungskraft gewollten Weg mit Zustimmung der Mitarbeiter einzuschlagen. Mit einem konsultativen Führungsstil wird den Mitarbeitern deutlich mehr Freiheit ermöglicht, da hierbei zwar Vorschläge von der Führungskraft gemacht werden, diese aber in Abstimmung mit den Mitarbeitern geändert werden können. Ein partizipativer Führungsstil zeichnet sich dadurch aus, dass Probleme von der Führungskraft aufgezeigt werden, Lösungsvorschläge von allen Beteiligten gemacht werden können, die Führungskraft letzten Endes jedoch die Entscheidung selbst trifft. Im delegativen Führungsstil setzt die Führungskraft Grenzen, fordert jedoch ihre Mitarbeiter dazu auf, Entscheidungen selbst zu treffen und gibt somit die Entscheidungsmacht ab. Ein kooperativer Führungsstil zeichnet sich dadurch aus, dass freies Handeln innerhalb gesetzter Grenzen gestattet ist und die Führungskraft mit den Mitarbeitern gemeinsam Lösungen sucht und Freiräume gibt (vgl. Hintz 2016, S. 24 ff.).

3 Veränderung der Arbeitswelt

Durch die digitale Transformation und das Internet ist die Welt in den letzten 20 Jahren wirtschaftlich und technisch zusammengewachsen (vgl. Frick, Höchli 2014, S. 46). Maschinen ersetzen immer mehr die Arbeitskräfte und die Wirtschaft wird immer weniger von menschlicher Arbeit abhängig (vgl. ebd., S. 56). Die heutige Arbeitswelt ist geprägt von einer neuen Qualität der Unsicherheit, Ungewissheit und Uneindeutigkeit. Unsicherheit bezeichnet hierbei den „Zustand institutioneller Entgrenzung und Restrukturierung in den Bereichen von Wirtschaft und Politik“ (Geramanis, Hermann 2016, S. VII). Bei Ungewissheit liegt der Fokus auf der Differenz zwischen Wissen und Nicht-Wissen und Uneindeutigkeit bezeichnet die Auflösung sozialer Identitäten und Handlungsmuster (vgl. ebd., S. VII).

Komplexität, Dynamik und Globalisierung zählen zu den größten Herausforderungen für Unternehmen in der heutigen Arbeitswelt und auch in der Zukunft. Es entstehen neue Probleme, für die die Akteure noch keine Lösungen haben und für die es auch keine allgemein gültigen Lösungen geben wird. Hierbei verstärken ständige Veränderungen und Digitalisierungsprozesse zunehmend die Komplexität der Arbeitswelt. „Je mehr Produkte und Prozesse digitalisiert und miteinander verbunden werden, desto komplexer und aufwändiger wird die Umsetzung“ (Franken 2016, S. 16). Durch den exponentiellen Fortschritt der Technologie wird die Zukunft der Menschheit in wenigen Jahren bereits nicht mehr vorhersagbar sein. Denn exponentielles Wachstum nimmt im Gegensatz zu linearem Wachstum zu Beginn nur sehr langsam zu, dann aber ab einem bestimmten Zeitpunkt explosionsartig Fahrt auf. Dieser Zeitpunkt soll laut Specht (2018) zwischen 2015 und 2020 erreicht sein (vgl. Specht 2018, S. 17). Doch die digitale Evolution ist bereits heute an einem Punkt angekommen, an dem der exponentielle Fortschritt mehr und mehr durch zwei zusätzliche Effekte verstärkt wird. Zum einen durch einen kombinatorischen Effekt, d.h. dass Fortschritte in einem Bereich wiederum Fortschritte in anderen Bereichen mit sich bringen und zum anderen durch einen selbstverstärkenden Effekt, da Roboter heutzutage bereits so weit entwickelt sind, dass sie sich selbst Fähigkeiten beibringen können und sich somit selbst optimieren können (vgl. ebd., S. 66). Dies kann zu Verdrängungen bisher bestehender Technologien und Dienstleistungen führen und wird oftmals als Störung (Disruption) empfunden.

Digitale Disruption

Von digitaler Disruption ist dann die Rede, wenn es sich um einen plötzlichen, radikalen Wandel in bestimmten Wirtschaftsbranchen handelt. Besonders davon betroffen ist neben der Banken-, Versicherungs- und Logistikbranche die (Bau-)Industrie. Ein wichtiges Stichwort ist in diesem Zusammenhang die sog. „schöpferische Zerstörung“, wodurch Industrien wie ein Erdbeben von neuen Technologien und Geschäftsmodellen zerstört werden (vgl. ebd., S. 67f.).

Während die technischen Veränderungen allgegenwärtig sind, geschehen die Veränderungen in Unternehmen nicht auf Knopfdruck, denn Mitarbeiter können die neuen Formen wie Eigenverantwortung oder neue Arbeitsweisen nicht immer sofort umsetzen. Mit einer sich schnell verändernden Welt zurechtzukommen und diese zu akzeptieren sind die größten Herausforderungen der neuen Arbeitswelt und können nur dann bewältigt werden, wenn allen Mitarbeitern geholfen wird, damit umzugehen (vgl. Werther, Bruckner 2018, S. 205).

Die Digitalisierung sowie technologische Veränderungen versetzen die heutige Arbeitswelt in einen ständigen Wandel, eine der größten Herausforderungen der digitalen Transformation. Die zunehmende digitale Vernetzung führt zur sog. Arbeit 4.0, Industrie 4.0 und somit zu einer vierten industriellen Revolution (vgl. ebd., S. 88).

Arbeit 4.0

Eine einheitliche Definition von Arbeit 4.0 ist nicht möglich. Dieser branchenübergreifende Megatrend kann jedoch als Ergebnis und gleichzeitig als Grundvoraussetzung für die Transformationsfähigkeit von Unternehmen angesehen werden. Treiber dieses Wandels sind die zunehmende Vernetzung, autonome Systeme, die Mensch-Maschine-Interaktion im Sinne einer Kollaboration mit Robotern, datenzentrierte Geschäftsmodelle (Big Data), die Nutzung digitaler Plattformen für neue Geschäftsmodelle und das digitale Ökosystem. Die ersten drei Trends verweisen hierbei auf eine effizientere Gestaltung von Prozessen in Unternehmen, welche zur Verbesserung von Produkten führen. Die letzten drei Trends verdeutlichen die Entwicklung der Wirtschaft hin zu einer Dienstleistungswirtschaft (vgl. ebd., S. 24f.).

Arbeit 4.0 ist ein sehr vielschichtiges Themengebiet, daher können im Folgenden nur einige Aspekte aufgegriffen werden. Moderne Arbeitswelten, welche durch Digitalisierung, Globalisierung und Individualisierung entstanden sind, sind in der Arbeit 4.0 selbstverständlich. Diese Entwicklungen führen zu einer Entkopplung fester Arbeitszeiten und –orte und dadurch wiederum zu einer Zunahme an Flexibilisierung und Mobilität. Grenzen werden fließender, es gibt mehr offene und agile Netzwerke, wodurch sich auch die Arbeitsbeziehungen zwischen Menschen und auch zwischen Robotern oder anderen Organisationen stark verändern. Der Fokus liegt auf Sinnhaftigkeit, Anerkennung und Partizipation, weshalb vor allem die Weiterentwicklung der Mitarbeiter zentral für das langfristige Überleben eines Unternehmens ist. In der Arbeit 4.0 spiegeln sich also einerseits technische Aspekte der Digitalisierung wieder, andererseits aber auch Aspekte des New Work-Konzeptes mit den zentralen Werten von Selbstständigkeit, Teilhabe und (Handlungs-)Freiheit (vgl. ebd., S. 230).

New Work

Die bereits in der Einleitung genannten Entwicklungsrichtungen der Digitalisierung haben einen enormen Einfluss auf die heutige Arbeitswelt. Durch Social Media-Technologien entkoppeln sich durch die veränderte Kommunikation Arbeitsort und -leistung, da die Möglichkeit zum Austausch und zur Kommunikation überall und jederzeit in Echtzeit besteht. Durch cloudbasierte Systeme, eine steigende Geschwindigkeit und der ständigen Verfügbarkeit und Transparenz in der Arbeitswelt, sollte v.a. die Führungskraft ein Auge darauf werfen, dass sich der Mitarbeiter nicht zu einem sog. gläsernen, also vollkommen transparenten Mitarbeiter entwickelt. Aufgrund der cloudbasierten Systeme, also gemeinsamen Daten, auf welche jeder Mitarbeiter Zugriff hat, verlieren Mitarbeiter ihre Privatsphäre und haben kaum noch eigene Daten. Hierbei ist es wichtig, dass Führungskräfte diese Entwicklung moderieren und ihren Mitarbeitern zur Seite stehen (vgl. von Au 2018, S. 5).

Durch die Auswirkungen des sog. Internet of Things nimmt die Bedeutung autonomer Arbeitsgruppen ab, da alles miteinander vernetzt ist. Auch die Maschine-Maschine-Interaktion führt dazu, dass das Mitdenken immer mehr zur Aufgabe des „weitgehend autonomen Wissensarbeiters“ (ebd., S. 6) wird.

Prozesse in der Arbeit 4.0 sorgen für Effizienz und Produktivität, da durch die Verknüpfung von Dingen, Maschinen, Prozessen, Dienstleistungen und Menschen die Beschäftigten bei körperlich schweren Arbeiten entlastet werden können. Dies führt zudem zu einer Optimierung der Arbeitsorganisation und fördert die Work-Life-Balance (vgl. Badura et al. 2017, S. 39).

Lange Zeit war Arbeit 4.0 stark technikgetrieben, doch mittlerweile steigt die Komplexität innerhalb der Unternehmen so deutlich, dass die digitale Transformation nicht nur die Technik, sondern zunehmend auch den Menschen und die Zusammenarbeit betrifft. So ist ein Bedeutungszuwachs von generalistischem Wissen und Methodenwissen erkennbar, da spezielle Expertise - im Gegensatz zu früher – heute online verfügbar ist. Mitarbeiter müssen komplexe Prozesse verstehen, Probleme analysieren und optimale Lösungen herbeiführen können. Dabei ist eine schnelle Anpassung an die Veränderungen und neue Prozesse besonders wichtig. In diesem Zusammenhang spricht man oft von einer sog. „Trennung von Hand- und Kopfarbeit“ (Werther, Bruckner 2018, S. 89), da Mitarbeiter zu Experten ihrer eigenen Prozesse werden und diese selbstständig optimieren können müssen. Bisher war in vielen Unternehmen eigenständiges Arbeiten wie z.B. kreative Problemlösung oder gegenseitiger Austausch und Kommunikation wenig bis nicht gebraucht. Doch heute ist eine Orientierung an Prozessen erkennbar, wodurch „ganzheitliches Erfassen von Arbeitsprozessen für das konkrete Arbeitshandeln entscheidend“ (Klier 2018, S. 14) wird.

Rump und Eilers (2017) sehen als größte Einflussfaktoren auf die Arbeit 4.0 die digitale Transformation, die Alterung der Belegschaften und die Entwicklungen des Erwerbspotenzials, die Volatilität in Unternehmen, die vorherrschende Innovations- und Wissensökonomie sowie den Wertewandel und den Trend zur Individualisierung (vgl. Rump, Eilers 2017, S. 4). Arbeit 4.0 ist somit ein Resultat aus den Möglichkeiten der digitalen Transformation und führt zu einer neuen Art der Flexibilisierung. Dadurch gewinnen Netzwerkarbeit und Kollaboration zwischen Unternehmen, v.a. aus der Industriebranche (Industrie 4.0) an Bedeutung, um die digitale Zusammenarbeit zu fördern (vgl. Werther, Bruckner 2018, S. 90).

Industrie 4.0

Um die Entstehung und die Grundlagen der Industrie 4.0 verstehen zu können, muss ein Blick in die Vergangenheit geworfen werden, um die Entwicklung hin zu einer vierten industriellen Revolution nachvollziehen zu können. Die erste industrielle Revolution der Neuzeit kann den Jahren um 1750 zugeschrieben werden. Die Erfindung der Dampfmaschine führt durch den Ersatz von Muskelkraft durch Maschinen zu einer enormen Leistungssteigerung der damaligen Produktion. Um 1870 geschehen weitere organisatorische Veränderungen durch die Einführung der Massenfertigung und Massenproduktion sowie der Einführung des Fließbandes. Diese Veränderung ist heutzutage bekannt unter dem Begriff „Taylorismus“ und führte zur zweiten industriellen Revolution. In der dritten industriellen Revolution, welche den 1970er Jahren zugeordnet werden kann, bekommt der Menschen deutlich weniger eine ausführende Rolle, wird dafür mehr kontrollierend; Maschinen arbeiten automatisch und der Markt wandelt sich von einem Verkäufer- zu einem Käufermarkt. Der Einsatz von Elektronik und Informationstechnologie führt zu einer weiteren Automatisierung der Produktion (vgl. Werther, Bruckner 2018, S. 7). Die vierte industrielle Revolution, die sog. Industrie 4.0, fokussiert die Implementierung von Fabriken als Teil der digitalen Welt, welche in intelligente und vernetzte Systeme eingebunden sind. Vernetzung gilt hierbei als wichtigstes Prinzip, was dazu führt, dass die maschinengelenkte Produktion immer mehr durch intelligente Maschinen ersetzt wird (vgl. Specht 2018, S. 299f.).

Industrie 4.0 „beschreibt [...] den Umschwung und den Transformationsprozess innerhalb der industriellen Wertschöpfung und der darin tätigen Unternehmen und Beschäftigten“ (Werther, Bruckner 2018, S. 7). Als Folge dieses Prozesses sind, wie bereits genannt, zunehmende Komplexität und Dynamik erkennbar. Als Lösung auf diese neuen Herausforderungen bedarf es flexibler Strukturen und Prozesse, denn es ist wichtig, sich immer wieder neu zu orientieren und flexibel agieren zu können sowie Sicherheit im Umgang mit Unsicherheit zu gewinnen. Diese Veränderungen stellen Führungskräfte und Beschäftigte vor neue Herausforderungen und sind für Unternehmen mit Handlungsbedarf verbunden, da diese sonst im globalen Wettbewerb nicht mithalten können (vgl. Bülchmann 2017, S. 23f.). Die permanente Wandlungsbereitschaft ist eine der prägendsten Auswirkungen auf unsere heutige Arbeitswelt. Immer kürzere Innovationszyklen und ein immer höher werdender Entwicklungsdruck führen dazu, dass immer weniger stabile Konstellationen und Teams in Unternehmen vorhanden sind (vgl. Badura et al. 2017, S. 42). Diese Rahmenbedingungen führen zu einer sog. VUCA-Welt, da die Herausforderungen selten planbar und antizipierbar sind und die Anforderungen der zukünftigen Arbeitswelt neu eingeordnet werden müssen (vgl. Werther, Bruckner 2018, S. 16).

3.1 VUCA-Welt

Die heutige Gesellschaft und Arbeitswelt sind geprägt von Diskontinuität und werden oftmals als sog. „VUCA-Welt“ bezeichnet. Dieser Begriff ist ein Akronym der englischen Begriffe volatility, uncertainty, complexity und ambiguity, auf deutsch: Volatilität (Unbeständigkeit), Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität (Mehrdeutigkeit). Dieser Ansicht liegt ein Blickwinkel auf die heutige Welt zugrunde, welche durch die vier genannten Begriffe geprägt ist.

3.1.1 Volatilität

Die heutige Arbeitswelt ist durch ständige und dynamische Veränderung geprägt, was wiederum zu Instabilität führt und Veränderungen und Ergebnisse oftmals unvorhersehbar macht. Folglich treten Ereignisse zunehmend schneller auf und verlaufen völlig unerwartet, sodass das Verstehen von Ursachen immer schwieriger wird.

3.1.2 Unsicherheit

Die Planung und Organisation von Entwicklungen und Wachstum wird immer weniger möglich, da es zunehmend schwieriger wird, Ergebnisse vorherzusagen oder berechnen zu können. Aufgrund der ständigen Veränderungen gibt es nicht mehr den einen Weg und daraus resultierend nicht mehr die eine Führungsstrategie.

3.1.3 Komplexität

Aufgrund der zunehmenden Komplexität der heutigen Arbeitswelt sind Auswirkungen deutlich schwerer zu verstehen und vorherzusehen. Veränderungen beschleunigen sich immer mehr und Unternehmen und Führungskräfte benötigen mehr Flexibilität (vgl. Franken 2016, S. 23). Entscheidungen werden zudem nicht mehr nur von einem Verantwortlichen getroffen, sondern werden im Artikel „Leadership Skills & Strategien – Der Mensch im Mittelpunkt der Digitalisierung“ (o.D., o.S.) als ein „nicht mehr steuerbare[s] Geflecht aus Reaktion und Gegenreaktion“ (vgl. Leadership Skills & Strategien o.D., o.S.) beschrieben. In komplexen Sachverhalten gibt es viele verschiedene Einflussfaktoren, welche auf ein System einwirken; je mehr dieser Interdependenzen in einem System vorhanden sind, desto komplexer ist dieses.

3.1.4 Ambiguität

Die Anforderungen an Unternehmen und Führung werden immer paradoxer und persönlicher, was Bewusstheit, Fehlerfreudigkeit und Mut zu Entscheidungen fordert (vgl. ebd., o.S.). Selbst wenn die vorhandenen Informationen sicher und vorhersagbar sind, können die Interpretationen durchaus mehrdeutig sein. Vor allem in Kommunikationssituationen gibt es sehr viel Ambiguität, was jedoch den Beteiligten nur sehr selten bewusst ist (vgl. agateno-ORGANISATIONSENTWICKLUNG (2016), o.S.).

Aus den vier genannten Begriffen, welche die aktuelle Arbeitswelt prägen, resultieren neue Anforderungen an die Führungskraft der Zukunft. Die aus der VUCA-Welt resultierenden Faktoren gelten als belastende und potenzielle Krisenrisiken. Beschäftigte und Führungskräfte müssen lernen, den neuen Anforderungen gewachsen zu sein (vgl. Badura et al. 2017, S. 42).

Es können jedoch von Führungskräften bewusste Maßnahmen getroffen werden, die den Anforderungen der VUCA-Welt gerecht werden: So ist es z.B. wichtig, langfristige Ziele im Unternehmen zu kommunizieren, um die Beschäftigten darin zu unterstützen, mit volatilen Arbeitsverhältnissen umzugehen. Eine offene und agile Haltung der Führungskraft sowie ein verständnisvolles Handeln helfen bei der Prävention von Ungewissheit und Unsicherheit. Komplexe Entscheidungen können besser getroffen werden, wenn sich Führungskräfte und Mitarbeiter unterschiedliche Meinungen einholen, wodurch auch das Unternehmensziel ganzheitlich verfolgt werden kann. Proaktives Handeln der Führungskraft kann dabei helfen, undeutliche Situationen zu lösen (vgl. ebd., S. 42).

3.2 Das Cynefin-Modell

Ein Modell zur Veranschaulichung undeutlicher und komplexer Situationen und Systeme, worunter auch Veränderungsprozesse in Unternehmen unter dem Einfluss der digitalen Transformation zählen, ist das vom walisischen Wissenschaftler Dave Snowden entwickelte Cynefin -Modell. Dieses Modell soll dabei helfen, Situationen, Probleme und Systeme als Ganzes einzuordnen und befasst sich hierbei in besonderen Maße mit den zwischenmenschlichen Beziehungen (vgl. Jäger 2015, o.S.).

Snowden konkretisiert in diesem Modell (siehe Abb. 1) fünf Zustände, welche im Folgenden genauer erläutert werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Cynefin-Modell nach Snowden

3.2.1 Einfach (simple)

In diesem Zustand ist die Beziehung von Ursache und Wirkung klar erkennbar, da es eine sehr begrenzte Anzahl von Ursache- und Wirkungszusammenhängen gibt. So wissen die Mitarbeiter, welche Ursache einem Problem oder einer Herausforderung zugrunde liegt, da es nur eine richtige Lösung gibt. Gesunder Menschenverstand hilft in diesem Zustand bei Handlung und Aktion und besonders das Best-Practice-Prinzip findet hier Anwendung. Die Welt war bis Mitte der 1990er Jahre einfach – eine Zeit, in welcher viele Unternehmen gegründet wurden und eine Zeit, welcher das klassische Organisationsmodell – die Hierarchie – entstammt. Der Ansatz, um unternehmerische Entscheidungen treffen zu können lautet: Messen – Einordnen – (Re-)Agieren (vgl. ebd., o.S.).

3.2.2 Chaotisch (chaotic)

Eine Beziehung zwischen Ursache und Wirkung ist in diesem Zustand nicht vorhanden. Das System befindet sich in ständigem Stress, wodurch keine Zeit für Experimente bleibt. Einfaches und instinktives Handeln kann hierbei zielführend sein, da das Warten auf eine wissensbasierte Lösung zu lange dauern würde. Das System kann in diesem Zustand jederzeit kollabieren und erneut in einen chaotischen Zustand verfallen. Der Ansatz lautet hierbei: Agieren – Messen – (Re-)Agieren (vgl. ebd., o.S.).

3.2.3 Kompliziert (complicated)

Dieser Zustand ist geprägt vom Ansatz: Messen – Analysieren – (Re-)Agieren, denn Ursache-Wirkung-Beziehungen sind zwar vorhanden, jedoch nicht offensichtlich erkennbar. Es gibt mehrere Ursachen, mehrere Wirkungen und auch viele Antworten, die funktionieren könnten. Good-Practice-Ansätze finden in diesem Zustand Anwendung, da es keine beste Lösung gibt und die Suche nach dieser zu schwierig und mit zu viel Aufwand verbunden wäre. Meistens ist das eigentliche Problem an sich selbst nur sehr schwer erkennbar. Die Analyse des Problems erfordert hierbei viel Wissen und Intelligenz, um entsprechende Entscheidungen treffen zu können. Der Einsatz von Netzwerken kann dabei helfen, diese Herausforderungen zu meistern. (vgl. ebd., o.S.)

3.2.4 Komplex (complex)

In komplexen Zuständen gibt es keine klaren Beziehungen zwischen Ursache und Wirkung und auch die Auswirkungen sind - wenn überhaupt - im Nachhinein erkennbar. Daraus resultiert, dass Ergebnisse nicht planbar sind und man sich auf Unsicherheit einlassen muss. Deshalb beginnt die Bewältigung von Herausforderungen in einer komplexen Welt mit einem Experiment, indem versucht wird, Muster herauszufinden, um Probleme zu erkennen und darauf reagieren zu können. In diesem Zustand lautet der Ansatz: Ausprobieren – Messen – (Re-) Agieren. Besonders agile Methoden helfen in einer komplexen Welt, Entscheidungen zu treffen. Snowden beschreibt jedes System menschlicher Interaktion als komplex (vgl. ebd., o.S.).

3.2.5 Verwirrung (disorder)

In dieser Zone ist der Zustand des Systems unklar, was von der Tendenz begleitet wird, sich in die Komfortzone zurück zu ziehen (vgl. ebd., o.S.).

Was das Cynefin-Modell anbelangt, muss betont werden, dass sich Systeme nicht einem Zustand klar zuordnen lassen, sondern dass die Zustände sich verschieben können und fließend ineinander übergehen. Hierbei wird der Übergang zwischen den Zuständen Einfach zu Chaotisch meist als „Klippe“ bezeichnet, da dort mit besonders vielen Veränderungen zu rechnen ist, welche für Unternehmen unter Umständen mit weitreichenden Konsequenzen verbunden sein können.

Die beiden Zustände Einfach und Kompliziert werden als „kontrollierbare Zonen“ bezeichnet, da der Ansatz in diesen Zuständen planungs- und ergebnisorientiert sein kann, da es z.B. klar definierte Projekte mit Projektanfang und –ende gibt. Die anderen beiden Zustände Chaotisch und Komplex werden im Gegenzug als „unkontrollierbare Zonen“ bezeichnet, da hierbei unvorhersehbare Ereignisse dominieren und somit keine Zieldefinitionen und Ergebniserwartungen vorhanden sind.

Jeder der Zustände benötigt eine andere Art von Führung. So wird in den kontrollierbaren Zonen von Problemen gesprochen, welche bekannt sind und mit traditionellen Projektmanagement-Methoden, strategischer Planung oder technischer Führung erfolgreich gemeistert werden können. Unkontrollierbare Zonen sind jedoch von Problemen geprägt, welche nicht bekannt sind und somit ist dort adaptive Führung gefragt, d.h. Führungskräfte müssen improvisieren, kollaboratives Lernen und Selbstorganisation bei Ihren Mitarbeitern fördern. Snowden verortet jegliche Veränderungsprozesse in Unternehmen in der unkontrollierbaren Zone (vgl. ebd., o.S.).

4 Leadership in Zeiten der digitalen Transformation

„Es ist eine Situation entstanden, in der die Führungskräfte nicht mehr mit traditionellen Instrumenten führen können und die Mitarbeitenden nicht wie früher geführt werden wollen. Diese Konstellation verlangt nach einer radikalen Wende in der Führung“ (Franken 2016, S. 24). Dieses Zitat verdeutlicht die Auswirkungen der Digitalisierung für die Führung, in welcher die Rolle der Führungskraft wichtiger wird als jemals zuvor (vgl. von Au 2018, S. 6). Früher sollte Führung vor allem Rationalisierung im Sinne einer Schnelligkeits- und Effizienzsteigerung erreichen. Der Fokus wurde dabei gewollt nicht auf die Zukunft gesetzt, da diese selbst vorhersehbar und gesichert war. Eine Führungskraft von heute muss jedoch erkennen, dass Führung mit komplexen Systemen zu tun hat und dass sie die Verantwortung für das Ganze übernehmen muss (vgl. Geramanis, Hermann 2016, S. VIII). Denn auf sie kommen Herausforderungen wie neue Geschäftsmodelle, die Zusammenarbeit mit Stakeholdern, die Veränderung von Strukturen und Prozessen oder die Organisation der Arbeit in Hinblick auf Agilität zu. Zudem ist für Führungskräfte wichtig, die Aufgaben und Kompetenzen der Beschäftigten klar zu definieren, zu fördern und für IT- und Datensicherheit zu sorgen.

In Bezug auf Führungsstile und deren Ausgestaltung in Zusammenarbeit mit Menschen ist immer ein „idealer Führungsstil“, also ein den höchsten Vorstellungen entsprechender Stil im Interesse der Führungskraft. Da menschliches Verhalten jedoch höchst komplex und daher nur eingeschränkt vorhersehbar ist, ist ein idealer Zustand in Sachen Führung nicht erreichbar. Vielmehr sollte daher versucht werden, das Ideal zu erreichen, indem stets das bestmögliche Führungsverhalten angestrebt wird.

Im Fokus der Diskussion um die digitale Transformation stehen meist Technologien oder neue Geschäftsmodelle. Der Mensch selbst ist und bleibt jedoch Treiber der Innovation und ist somit weiterhin Motor des gesellschaftlichen Wandels. Um diesen Wandel gestalten zu können, ist digital Leadership gefragt, um Unternehmen in der digitalen Transformation zukunftsfähig aufstellen zu können. Führung muss also so gestaltet werden, dass eine kontinuierliche Weiterentwicklung jederzeit möglich ist und die Freude an der Arbeit stets erhalten bleibt.

Konsequenzen, die aus der Veränderung der Arbeitswelt resultieren, sind neben der Steigerung von Konkurrenz- und Innovationsdruck auf Unternehmen, Management und Beschäftigte auch die Tatsache, dass zu steile Hierarchien in der Arbeit 4.0 nicht mehr passen werden, da lange Entscheidungsprozesse die Flexibilität von Unternehmen verhindern. Vielmehr ist es wichtig, neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit zwischen Menschen und zwischen Mensch und Maschine z.B. durch Netzwerkstrukturen oder Projekt- und Teamarbeit zu schaffen und diese effizient zu nutzen (vgl. Franken 2016, S. 9ff.).

Der Wandel selbst ist die einzige Konstante im Leben einer Organisation. Dabei ist nicht nur der Wandel selbst ein Veränderungsprozess. In Folge der digitalen Transformation verändern sich auch die Aufgaben, es kommt zu kleineren Veränderungen bei den Mitarbeitern oder auch größeren Veränderungen wie z.B. der Erschließung neuer Geschäftsbereiche. Diese Veränderungen führen allesamt zu Verunsicherung der Mitarbeiter und mindern deren Leistungsfähigkeit (vgl. Hintz 2016, S. 225). Vom Mitarbeiter wird hierbei verlangt, sein Verhalten in Veränderungsprozessen zu ändern. Hierbei muss jedoch berücksichtigt werden, dass Neues von Menschen meist abgelehnt wird (vgl. ebd., S. 234). Der Weg hin zur Umsetzung einer Verhaltensänderung wird im Folgenden durch das „Fünf Phasen Modell“ nach Krüger genauer betrachtet.

Das Fünf Phasen Modell nach Krüger

Krüger (2006) definiert in seinem Modell des Change-Managements fünf Phasen der Veränderung (siehe Abb. 2), welche Mitarbeiter beispielsweise in Veränderungsprozessen oder bei der Verhaltensänderung durchlaufen (vgl. Krüger 2006, S. 67).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Fünf Phasen Modell nach Krüger.

In der ersten Phase, der sog. Phase der Initialisierung werden sich die Mitarbeiter der Veränderung bewusst und analysieren die Situation, um diese einschätzen und planen zu können. In dieser Phase werden die wesentlichen Träger des Veränderungsprozesses aktiviert, darunter z.B. Führungskräfte.

In der zweiten Phase, der Konzipierung werden die Ziele und die dazugehörigen Maßnahmen definiert, was zur dritten Phase, der Mobilisierung führt. Dort wird die bevorstehende Veränderung mit allen Betroffenen kommuniziert. Krüger betont in dieser Phase die Wichtigkeit von Kommunikation, um alle Beteiligten in den Veränderungsprozess mit einzubeziehen. Diese Stufe ist die Vorbereitung für die tatsächliche Umsetzung.

Die vierte Phase befasst sich mit der tatsächlichen Umsetzung und beinhaltet die geplante Durchführung und anschließende Prüfung und Bewertung des Erfolges. In dieser Phase können möglicherweise auftretende Fehler korrigiert werden.

Die fünfte und somit letzte Phase dieses Change-Management Modells ist die Verfestigung der Ergebnisse des Veränderungsprozesses. Dadurch kann sichergestellt werden, dass Unternehmen nicht erneut in alte Muster zurück verfallen und zudem die Bereitschaft für erneute Veränderungsprozesse gefestigt wird (vgl. Zelesniak, Grolman o.D., o.S.).

Krügers Fünf Phasen Modell ermöglicht eine hohe Flexibilität innerhalb der verschiedenen Phasen, da Umgestaltungsmaßnahmen in jeder Situation vorgenommen werden können. Dadurch sind auch Schritte in eine vorherige Phase möglich, um Korrekturen vorzunehmen (vgl. ebd., o.S.).

Grundsätzlich ist zu konstatieren, dass stets der Mensch im Mittelpunkt des Unternehmens steht, deshalb ist eine grundlegende Transformation im Sinne eines Wandels der Unternehmenskultur wichtig. Hierbei liegt der Fokus vor allem im Inneren einer Organisation, denn es kommt auf das Mindset in der Organisation und die Unternehmenskultur an. Die Rede ist hierbei z.B. von der Offenheit der Mitarbeiter gegenüber dem Wandel. Denn am Ende wird der Mensch den Unterschied machen und nicht die technische Ausstattung (vgl. Werther, Bruckner 2018, S. 25).

4.1 Kultureller Wandel im Unternehmen

Der durch die digitale Transformation entstandene Kulturwandel im Unternehmen impliziert einen Veränderungsprozess, welcher auf die Chancen und Risiken einer global vernetzten Welt vorbereiten soll und wodurch neue Anforderungen an Führungskräfte und an das Management entstehen (vgl. Bülchmann 2017, S. 23). Der Kulturwandel in Unternehmen stellt in diesem Zusammenhang eine notwendige Voraussetzung auf dem Weg zu einer agilen und flexiblen Organisation dar (vgl. Werther, Bruckner 2018, S. 32ff.). Für Führungskräfte ist es in diesem Kontext wichtig, sich darüber bewusst zu werden, Anforderungen von zwei Seiten gerecht werden zu müssen: Zum einen den externen Marktveränderungen als Folge der digitalen Transformation und zum anderen den internen Erwartungen der Beschäftigten (vgl. Badura et al. 2017, S. 42).

Die klassische Kultur in Organisationen beschränkt sich auf Merkmale wie Fehlervermeidung, Misstrauen und die Wichtigkeit von Absicherung; Veränderung bedeutet in erster Linie Verunsicherung. Agile Organisationen jedoch zeichnen sich durch Fehlertoleranz aus, Vertrauen und Feedback, ein offenes und vertrauensvolles Verhältnis zwischen den Mitarbeitern und eine Prägung durch gemeinsame Ziele (vgl. Werther, Bruckner 2018, S. 105). Um auf die Herausforderungen der Zukunft flexibel reagieren zu können, muss der agile Wandel daher in allen Bereichen der Organisation vorhanden sein. Dabei spielt die Unternehmenskultur eine zentrale Rolle für eine umfassende Verankerung. Zentrale Prinzipien sind hierbei: mitgestalten, mitwirken, mitbestimmen (vgl. ebd., S. 90).

Der Kulturwandel muss von der Unternehmensspitze angestoßen werden, wobei die Führungskraft eine zentrale Rolle bei der Gestaltung der Unternehmenskultur einnimmt. Die größten Herausforderungen bestehen hierbei jedoch darin, zum einen alle Mitarbeiter in den Prozess mit einzubeziehen und zum anderen das Führungsverständnis in eine neue Richtung zu lenken. Die Tatsache, dass die meisten aktuell tätigen Führungskräfte mit Kontrolle, Hierarchie und Regeln aufgewachsen sind, erschwert diese Veränderung (vgl. ebd., S. 205).

Die „Great Place to Work“-Organisation erforscht vorbildliche Arbeitsplatzkulturen und hat in einer ihrer Studien herausgefunden, dass weniger extrinsische Motivation wie z.B. durch monetäre Anreize einen guten Arbeitsplatz dominieren, sondern vielmehr intrinsische Faktoren wie positive Beziehungen, Vertrauen, Stolz oder Teamgeist eine zukunftsfähige Arbeitsplatzkultur auszeichnen (vgl. Hintz 2016, S. 213). Für Unternehmen ist es daher wichtig zu erkennen, dass Veränderungen eher realisierbar sind, wenn Mitarbeiter dazu ermuntert werden, ihr Bestes zu geben und nicht versucht wird, lediglich Mängel zu reduzieren und somit das Negative zu vermeiden. Dabei muss die Führungskraft Anerkennung für gute Arbeit zeigen, denn „gute Personal- und Führungsarbeit, Chancengleichheit, kulturelle Vielfalt (Diversity), Förderung von Gesundheit und Work-Life-Balance sowie kontinuierliches Lernen sind hierbei tragende Säulen“ (ebd., S. 214).

4.1.1 Neue Arbeitsformen

Eine wichtige Rolle bei der Implementierung eines kulturellen Wandels in Unternehmen spielen neue Arbeitsformen, denn die Arbeitsorganisation der Zukunft muss Kreativität und Agilität fördern, um zukunftsfähig sein zu können. Dieser Kulturwandel muss auf allen Ebenen des Unternehmens stattfinden und gilt als Grundvoraussetzung für den Erfolg eines Unternehmens.

Kreativitätsfördernde Arbeitsplätze zeichnen sich dadurch aus, dass sie sozial intensiv sind und dadurch innovative Lerngelegenheiten geschaffen werden können. Eine gute Feedback-Kultur stellt ein weiteres wichtiges Kriterium dar. Neben der Kommunikation über die Anforderungen an die Mitarbeiter werden sich auch die Aufgaben von Führungskräften verändern. „Sie geben Entscheidungskompetenzen und –verantwortung glaubwürdig ab, um das kreative Potenzial gerade auch junger Innovatoren im Unternehmen zu heben“ (Werther, Bruckner 2018, S. 26). Die Führungskräfte werden dadurch mehr zum „Facilitator“, also zum Moderator als zum „Instructor“, einem (An-)Leiter. Dadurch können kreative Freiräume und Vertrauen in neue technologische und organisatorische Entwicklungen geschaffen werden. Die Konsequenzen aus diesen Entwicklungen sind neue Formen von Führung und Zusammenarbeit (vgl. ebd., S. 36).

Der Abbau von Hierarchieebenen ist in diesem Zusammenhang keine Voraussetzung für das kreative Mitwirken der Mitarbeiter bei Führungsentscheidungen. Es ist vielmehr eine tiefgreifende Kulturveränderung im gesamten Unternehmen notwendig inklusive einer entsprechenden Neufassung der Rolle einer Führungskraft verbunden mit neuen Kompetenzen für Führungskräfte (vgl. von Au 2018, S. 6).

4.2 Kompetenzen für Führungskräfte

4.2.1 Definition Kompetenz

Der Begriff „Kompetenz“ bezeichnet die lebenspraktisch ausgerichtete Leistung eines Menschen, um Situationen unterschiedlicher Komplexität bewältigen zu können.

Nach Roth (1971) beinhaltet der Begriff Kompetenz auch Sach-, Selbst- und Sozialkompetenz, welche er als grundlegende menschliche Fähigkeiten mit der Idee von Mündigkeit definiert.

„Mündigkeit, wie sie von uns verstanden wird, ist als Kompetenz zu interpretieren und zwar in einem dreifachen Sinne: a) als Selbstkompetenz, d.h. als Fähigkeit, für sich selbstverantwortlich handeln zu können, b) als Sachkompetenz, d.h. als Fähigkeit, für Sachbereiche urteils- und handlungsfähig und damit zuständig sein zu können, und c) als Sozialkompetenz, d.h. als Fähigkeit, für sozial, gesellschaftlich und politisch relevante Sach- oder Sozialbereiche urteils- und handlungsfähig und also ebenfalls zuständig sein zu können“ (Roth 1971, S. 180).

Demzufolge ist dann von Kompetenz die Rede, wenn dadurch Handlungsfähigkeit erlangt werden kann.

Auch nach Hintz (2016) ist Handlungsfähigkeit in dieselben drei Kompetenzen aufgeteilt. Sachkompetenz, worunter hypothetisches Denken und Problemlösestrategien fallen, bezeichnet die Umsetzung von Wissen in Handeln, Vorausdenken, Reflexion und das Erkennen von Zusammenhängen. Sozialkompetenz beschreibt die Bereitschaft zu Kooperation oder auch eine verantwortungsbewusste Auseinandersetzung mit anderen. Dies beinhaltet nach Hintz auch Führungskompetenz, also die Fähigkeit, Ziele zu vereinbaren oder über Durchsetzungs- und Entscheidungsfähigkeit zu verfügen. Selbstkompetenz im Sinne der Entwicklung und Entfaltung der eigenen Begabung, also persönlichkeitsbezogene Fähigkeiten und Eigenschaften wie Motivation, Flexibilität und Kreativität bilden die dritte Kompetenz. Diese ermöglicht in Kombination mit den anderen Kompetenzen eine flexible Anwendung von Gelerntem, die Erschließung neuer Handlungsalternativen, eine Verknüpfung von alten und neu gelernten Kompetenzen und eine Reflektion des eigenen Handelns und Verhaltens (vgl. Hintz 2016, S. 13ff.).

Um Kompetenzen in praktische Handlungsfähigkeit umsetzen zu können, müssen Führungskräfte mehr und mehr bewährte Handlungsmuster hinterfragen und Veränderungen im Unternehmen anstoßen. Dabei gilt als zentrale Führungsherausforderung, „Prozesse voranzutreiben, ohne sich selbst oder die Mitarbeiter dabei zu überfordern“ (Franken 2016, S. 246).

Um dies realisieren zu können, bedarf es jedoch eines neuen Kompetenzprofils für die Führungskraft der Zukunft. Denn um Führung zukunftsfähig gestalten zu können, müssen Fach- und Methodenkompetenzen mit persönlichen und sozialen Kompetenzen verbunden werden. Im Folgenden werden die wichtigsten Kompetenzen, die sog. Schlüsselqualifikationen genauer erläutert.

4.2.2 Schlüsselqualifikationen von Führungskräften

Der Begriff Schlüsselqualifikation wurde in den 1960er/1970er Jahren während der Zeit der Reformphase des Bildungssystems entwickelt und ist folglich durch Zeiten geprägt in denen Lean Production, also die „schlanke“ Produktion, eine zunehmende Informationsflut und schnelle technologische Entwicklungen die Gesellschaft geprägt haben.

In den 1990er Jahren wurde der Begriff Qualifikation durch Kompetenz ersetzt, um einen Fokus auf das Individuum zu legen. Schlüsselkompetenzen sind daher „allgemeine, funktionsübergreifende und langfristig verwertbare Fähigkeiten“ (Hintz 2016, S. 13), welche eine selbstständige Erschließung von speziellen Gebieten sowie eine selbstständige Problemlösung ermöglichen (vgl. ebd., S. 13).

Schlüsselkompetenzen entwickeln sich in konkreten Aufgabenstellungen und sind nach Hintz (2016) nicht erlernbar oder erwerbbar. Daraus resultiert, dass Führungskräfte ihre eigene Motivation und Gewissenhaftigkeit hinterfragen, selbstständig und problembewusst handeln, analysieren und planen, sich kreativ auf neue technologische Innovationen einstellen und lernen, mit ihnen umgehen zu können sowie Team- und Kommunikationsfähigkeit ausbilden, um produktiv im Team arbeiten zu können. Schlüsselkompetenzen sind daher Eigenschaften von Führungskräften, die ihnen dabei helfen, während eines Veränderungsprozesses innerhalb eines Unternehmens verschiedene Positionen und Funktionen einnehmen zu können (vgl. ebd., S. 15).

4.2.3 Managerial Grid

Robert R. Blake und Jane S. Mouton (1964) entwickelten zusammen das sog. „Managerial Grid“ (siehe Abb. 3), ein Verhaltensgitter, welches einen zweidimensionalen Blick auf Führung wirft und zudem die Beziehungs- und Sachorientierung berücksichtigt (vgl. Bartscher, Nissen o.D., o.S.). Es veranschaulicht somit die verschiedenen Funktionen und möglichen Positionen einer Führungskraft während eines Veränderungsprozesses.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Managerial Grid nach Robert R. Blake und Jane S. Mouton (1964), eigene Darstellung.

Das Managerial Grid ermöglicht, Führungsverhalten in Abhängigkeit von Beziehung- und Sachorientierung einzuordnen, wodurch fünf verschiedene Verhaltensstile unterschieden werden können. Diesen Verhaltensstilen können in Abhängigkeit der jeweiligen Ausprägung von Sach- bzw. Beziehungsorientierung bestimmte Ziffern zugeordnet werden (z.B. 1.1. oder 1.9.).

4.2.4 Überlebensmanagement (1.1.)

Der Verhaltensstil einer Führungskraft wie beim Überlebensmanagement ist unproduktiv und gefährlich, da wenig auf die Leistungsziele der Mitarbeiter eingewirkt wird und die Belange der Mitarbeiter nicht von Interesse sind. Die Führungskraft verfügt hierbei weder über eine Sach- noch über eine Beziehungsorientierung.

4.2.5 Glacéhandschuh-Management (1.9.)

Beim sog. Glacéhandschuh-Management stehen zwischenmenschliche Beziehungen im Fokus des Führungsverhaltens, was jedoch aufgrund der geringen Auseinandersetzung mit Zielen und einer geringen Sachorientierung nicht zum Erfolg eines Unternehmens beitragen kann.

[...]


1 Andrea Nahles, Bundesministerin für Arbeit und Soziales, in: Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Weißbuch Arbeiten 4.0, Berlin 2017, Seite 4

2 Naisbitt, J. (1982): Megatrends: Ten New Directions Transforming Our Lives. Warner Books, Inc.

Fin de l'extrait de 104 pages

Résumé des informations

Titre
Leadership in Zeiten der digitalen Transformation. Was macht Führung zukunftsfähig?
Année
2020
Pages
104
N° de catalogue
V590693
ISBN (ebook)
9783963561023
ISBN (Livre)
9783963561030
Langue
allemand
Mots clés
Leadership, Digitale Transformation, Management, Führung, Kompetenzen, VUCA, Führungskraft, Zukunftskompetenz, Erfolg, Unternehmen, Change, Generation Y, Generation Z, Datenschutz, Virtuelle Teams, Personalentwicklung, Resilienz, Datensicherheit
Citation du texte
Anonyme, 2020, Leadership in Zeiten der digitalen Transformation. Was macht Führung zukunftsfähig?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/590693

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