„Stoppt den Gender-Wahn“ und ähnliche Forderungen waren 2018 auf Wahlplakaten, Demonstrationen oder in den Medien zu lesen und zu hören. Ob im Fernsehen, im Internet, in den Nachrichten oder in zahlreichen öffentlichen Debatten, überall wird über geschlechtliche Vielfalt, Diskriminierung, Akzeptanz und Diversität diskutiert. Diese Themen wirken sich zunehmend auf den Alltag aus und gewinnen in der Politik an Aufmerksamkeit. Entwicklungen, wie die Einführung eines dritten positiven Geschlechtseintrag in der Geburtsurkunde oder die sogenannte "Ehe für alle", werden auf der einen Seite hoch gelobt und auf der anderen Seite stark kritisiert, doch was steckt hinter der Debatte?
Der zentrale Aspekt der Diskussion ist die Gleichberechtigung von Mann und Frau. In Zeiten der geschlechtlichen und sexuellen Vielfalt entwickelt sich die Thematik zunehmend zu einem Diskurs über Gleichberechtigung jenseits dieser Kategorien. Jedoch scheint das heteronormative System, welches die Existenz weiterer Geschlechter neben Mann und Frau ausschließt, nach wie vor stark in der Gesellschaft verankert zu sein. Viele Konzepte und Maßnahmen zur Förderung von Männern und Frauen basieren auf diesem System und insbesondere auf dem Arbeitsmarkt spielt das Geschlecht nach wie vor eine zentrale Rolle. Das zeigt sich beispielsweise in den Lohnunterschieden oder der Spaltung des Berufsfeldes in sogenannte Frauen- und Männerberufe. Solche Unterschiede bestehen schon lange und werden zunehmend kritisch hinterfragt, da sie zu Benachteiligung und Diskriminierung des einen oder anderen Geschlechts führen. Projekte, wie der Girls‘ und Boys‘ Day, sind in der deutschen Bildungslandschaft fest verankert. Sie sind ein Beispiel für vielfältige Maßnahmen, die zum Ausgleich der Geschlechterungleichheiten beitragen sollen.
Ich selbst habe während meiner Schulzeit zweimal am Girls‘ Day teilgenommen. Mir sind damals, wie heute einige Aspekte aufgefallen, die mich an der Konzeption des Mädchen-Zukunftstages stören. Seither beschäftigt mich das Thema zunehmend. Ich habe den Eindruck, dass die Programmatik des Girls‘ und Boys‘ Day angesichts der aktuellen Entwicklungen nicht mehr zeitgemäß ist und ihr Ziel, der Ungleichverteilung der Geschlechter auf dem Arbeitsmarkt entgegenzuwirken, nicht das eigentliche Problem der Benachteiligung lösen kann. Daher möchte ich in dieser Arbeit eine genauere Analyse des aktuellen Geschlechterdiskurses sowie der Programmatiken des Girls‘ und Boys‘ Day vornehmen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Heteronormativität vs. geschlechtliche Vielfalt
- 2.1 Mann, Frau, Mensch - Über die Unterschiede zwischen den Geschlechtern und die Entstehung von Geschlechter-Klischees
- 2.1.1 Das biologische Geschlecht
- 2.1.2 Das soziale Geschlecht
- 2.1.3 Die Geschlechtsidentität
- 2.1.4 Die Sexualität
- 2.1.5 Zusammenfassung: Was unterscheidet Männer und Frauen?
- 2.2 Zwischen Anpassung und Entfaltung - Über die Vor- und Nachteile von Heteronormativität
- 2.2.1 Heteronormativität in der Gesellschaft
- 2.2.2 Heteronormativität, Geschlecht und das Individuum
- 2.2.3 Zusammenfassung: Warum kategorisieren sich Menschen nach Geschlecht?
- 3. Jungen vs. Mädchen - Frauen vs. Männer: Über die Trennung der Geschlechter in Schule, Ausbildung und Beruf
- 3.1 Geschlechterdifferenzen im (Aus-)Bildungssystem und Berufsfeld
- 3.1.1 Geschlechterdifferenzen im Bildungssystem
- 3.1.2 Geschlechterdifferenzen im Ausbildungssystem
- 3.1.3 Geschlechterdifferenzen im Berufsfeld
- 3.2 Erklärungsmodelle zur geschlechtsspezifischen Segregation des Arbeitsmarktes
- 3.2.1 Subjektorientierte Erklärungsmodelle
- 3.2.2 Strukturorientierte Erklärungsmodelle
- 3.2.3 Konstruktionstheoretische Erklärungsmodelle
- 3.3 Die Bedeutung von Geschlecht in der Berufswahl
- 4. Förderung für Mädchen - für Jungen - für alle: Über die Verschiebung der Ungleichheiten
- 4.1 Geschichtlicher Hintergrund: Mädchenförderung - Jungenförderung
- 4.2 Der neue Ansatz: Gender Mainstreaming
- 4.2.1 Der Wandel von Gleichstellungspolitiken im universitären Kontext
- 4.2.2 Gender Mainstreaming in Vorbereitungsmaßnahmen zur Berufswahl
- 4.2.3 Kritik am Gender Mainstreaming
- 4.3 Aktuelle Entwicklungen: Managing Diversity
- 5. Ein Zukunftstag für Mädchen, ein Zukunftstag für Jungen: Über das Paradoxon der Programmatik des Girls' und Boys' Day
- 5.1 Die Anfänge
- 5.2 Und was ist mit den Jungen?
- 5.3 Organisationsstruktur
- 5.4 Die konkrete Maßnahme
- 5.5 Analyse der Programmatik
- 5.5.1 Rechtliche Grundlagen
- 5.5.2 Aktuelle Situation in Deutschland
- 5.5.3 Zielsetzung
- 5.5.4 Maßnahmenkonzeption und Umsetzung
- 5.5.5 Evaluation
- 5.5.6 Abschließende Bewertung
- 6. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Bachelorarbeit befasst sich mit dem Girls' und Boys' Day und analysiert die Programmatik dieser beiden Zukunftstage im Kontext der Gender-Debatte. Die Arbeit beleuchtet das Paradoxon der Programmatik, das darin besteht, dass die Zukunftstage zwar die Gleichstellung der Geschlechter fördern sollen, aber gleichzeitig Geschlechter-Klischees reproduzieren und verstärken können.
- Heteronormativität und geschlechtliche Vielfalt
- Geschlechterdifferenzen im Bildungssystem und Berufsfeld
- Erklärungsmodelle zur geschlechtsspezifischen Segregation des Arbeitsmarktes
- Gender Mainstreaming und aktuelle Entwicklungen im Bereich der Gleichstellungspolitik
- Analyse der Programmatik des Girls' und Boys' Day
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 1: Einleitung
Die Einleitung führt in das Thema der Bachelorarbeit ein und erläutert den Forschungsgegenstand und die Relevanz der Thematik. Darüber hinaus werden die Forschungsfrage und die methodischen Vorgehensweisen vorgestellt.
- Kapitel 2: Heteronormativität vs. geschlechtliche Vielfalt
Dieses Kapitel beschäftigt sich mit dem Konzept der Heteronormativität und beleuchtet die Auswirkungen auf die Konstruktion von Geschlecht und die Entstehung von Geschlechter-Klischees. Es werden die verschiedenen Dimensionen von Geschlecht, wie das biologische Geschlecht, das soziale Geschlecht, die Geschlechtsidentität und die Sexualität, analysiert und die Unterschiede zwischen Männern und Frauen beleuchtet.
- Kapitel 3: Jungen vs. Mädchen - Frauen vs. Männer: Über die Trennung der Geschlechter in Schule, Ausbildung und Beruf
Kapitel 3 widmet sich der Analyse der Geschlechterdifferenzen im Bildungssystem, in der Ausbildung und im Beruf. Es beleuchtet die geschlechtsspezifische Segregation des Arbeitsmarktes und untersucht verschiedene Erklärungsmodelle für dieses Phänomen. Das Kapitel untersucht die Bedeutung von Geschlecht in der Berufswahl und analysiert die Herausforderungen, die sich durch die geschlechtsspezifische Berufswahl ergeben.
- Kapitel 4: Förderung für Mädchen - für Jungen - für alle: Über die Verschiebung der Ungleichheiten
Dieses Kapitel behandelt die Entwicklung der Gleichstellungspolitik und die verschiedenen Ansätze zur Förderung von Mädchen und Jungen. Es beleuchtet die Geschichte der Mädchenförderung und Jungenförderung und setzt sich mit dem Konzept des Gender Mainstreamings auseinander. Die Kapitel behandelt die Kritik am Gender Mainstreaming und stellt aktuelle Entwicklungen im Bereich der Gleichstellungspolitik, wie Managing Diversity, vor.
- Kapitel 5: Ein Zukunftstag für Mädchen, ein Zukunftstag für Jungen: Über das Paradoxon der Programmatik des Girls' und Boys' Day
Kapitel 5 widmet sich der Analyse des Girls' und Boys' Day und stellt die Hintergründe und die Entwicklung der Zukunftstage dar. Es beleuchtet die Organisationsstruktur und die konkrete Umsetzung der Maßnahme und setzt sich kritisch mit der Programmatik auseinander. Das Kapitel analysiert die rechtlichen Grundlagen, die aktuelle Situation in Deutschland, die Zielsetzung, die Maßnahmenkonzeption, die Evaluation und die abschliessende Bewertung der Zukunftstage.
Schlüsselwörter
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit zentralen Themen der Gender-Debatte und untersucht die Programmatik des Girls' und Boys' Day im Kontext der Gleichstellungspolitik. Zu den Schlüsselbegriffen der Arbeit zählen Heteronormativität, geschlechtliche Vielfalt, Geschlechter-Klischees, Geschlechterdifferenzen, Bildungssystem, Berufsfeld, Arbeitsmarkt, Gender Mainstreaming, Managing Diversity, Girls' Day und Boys' Day.
- Quote paper
- Jill Krämer (Author), 2018, Zwischen Schaffung und Abschaffung von Geschlechter-Klischees, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/595970