Schulseelsorge - eine besondere Form der pädagogischen Interaktion


Term Paper, 2005

15 Pages, Grade: 2,0


Excerpt


Inhaltsverzeichnis:

Einleitung

Hauptteil: „Schulseelsorge – eine besondere Form der pädagogischen Interaktion“
1. Schulseelsorge und ihre Wurzeln
1.1 Begriff und Geschichte
1.2 Schulseelsorge oder Schulpastoral?
1.3 Arbeitsformen der Schulseelsorge
2. Seelsorgekonzeptionen des 20. Jahrhunderts
2.1 Das Problem des Verhältnisses Theologie und Psychologie
2.2 Kerygmatische Seelsorge
2.3 Pastoralpsychologische Seelsorge
2.4 Weitere Seelsorgekonzeptionen
2.5 Wie handle ich nun als schulischer Seelsorger richtig?
3. Schulseelsorge und Religionsunterricht

Literaturverzeichnis

Einleitung

Schulseelsorge – eine besondere Form der pädagogischen Interaktion. Warum? Ich denke gerade deshalb, weil sie die Möglichkeit bietet, Interaktionen zwischen Schüler und Schüler, Lehrer und Schüler, Lehrer und Lehrer bzw. auch die Interaktion von Eltern und Lehrern auf eine ganz besondere Weise zu beleben.

Schulseelsorge versteht sich in erster Linie als Begleitung, sowohl bei Prozessen innerhalb des Schulalltags, als auch innerhalb der einzelnen Individuen der Schule selbst. Schulseelsorge ist dabei offen für jede Form von Zusammenarbeit. In erster Linie steht sie durch Beratungsgespräche mit eher privaten Inhalt von Schülern- und Schülerinnen und deren Eltern sowie den Kollegen und Kolleginnen zur Verfügung. Daneben kann sie aber auch durch gemeinsame Veranstaltungen zur geistigen Besinnung, Orientierungstagen usw., Gefühlen, Ängsten, aber auch einfach nur inneren Gedanken zum Ausdruck verhelfen. In dieser Funktion geht Schulseelsorge weit über die Institution des Beratungslehrers hinaus, insbesondere aufgrund ihrer christlichen Lebenseinstellung. Im Gespräch mit Schülern oder Lehrern ist sie da um Zuzuhören. Sie bietet keine Therapien an, kann aber psychologische Begleitung vermitteln.

In dieser Hausarbeit soll im ersten Teil auf die Wurzeln der Schulseelsorge und ihren Arbeitsformen eingegangen werden. Danach werden im zweiten Teil verschiedene Seelsorgekonzeptionen aus dem 20. Jahrhundert vorgestellt und es soll danach gefragt werden, ob und wie diese für die Schulseelsorge von Nutzen sind. Im letzten Teil wird kurz darauf eingegangen, wie sich Religionsunterricht und Schulseelsorge ergänzen können.

Die Hausarbeit soll und will die Institution der Schulseelsorge lediglich kurzgefasst vorstellen, damit sich der Leser ganz allgemein ein Bild von dieser besonderen Form der Interaktion machen kann.

Hauptteil: „Schulseelsorge – eine besondere Form der pädagogischen Interaktion“

1. Schulseelsorge und ihre Wurzeln

1.1 Begriff und Geschichte

Die Bezeichnung „Schulseelsorge“ kam um etwa 1950 im katholischen Raum auf und umfasste alle pastoralen Bemühungen, Kinder und Jugendliche über den Religionsunterricht und den Schulgottesdienst hinaus zum Glauben und zur religiösen Praxis zu erziehen. Die damalige kerygmatische (das Evangelium verkündende) Ausrichtung des Religionsunterrichts begünstigte die Vorstellung, pastorale und religionskirchliche Vollzüge auf das Engste mit der Schule verbinden zu können. Auch im evangelischen Raum blieb der Begriff „Schulseelsorge“ zunächst fremd, weil „Seelsorge“ an sich nicht so sehr als institutionalisierbare und organisierbare Veranstaltung, sondern als beratend-heilende und vergebende Zuwendung zum Einzelnen verstanden wurde. Die Reformen des Schul- und Bildungswesens seit 1965/1970 und die Entscheidung, den Religionsunterricht schultheoretisch im Schnittpunkt von Theologie und Pädagogik, von Gesellschaft und Kirchen zu begründen, beendete dann vollends das Miteinander von Schule, Unterricht und Seelsorge. Die Kirchen stiegen dafür intensiv in die Diskussion um die Zukunft der öffentlichen Schule ein, modernisierten das freie kirchliche Schulwesen, festigten den konfessionellen Religionsunterricht, forcierten die Fortbildung der Religionslehrerschaft und bauten pastorale Angebote (z.B. Gestaltung von Schulgottesdiensten, Schaffung von Stellen zur Beratung und Krisenintervention) aus. Man ließ sich nicht mehr von der Überlegung leiten, was man selbst als Kirche von der Schule habe, sondern was man im Sinne eines uneigennützigen Dienstes zugunsten der Schule zu leisten fähig und bereit ist.

„Moderne Schulseelsorge“ versteht sich also als eine neue Form kirchlicher Präsenz in der Schule. Sie soll für die Schüler- und Lehrerschaft eine Art Lebensbegleitung sein, die Angebote im Sinne einer erlebbaren christlichen Religiosität bietet. „Schulseelsorge“ im modernen Sinne hat sich also rückblickend aus verschiedenen Teilbereichen, nämlich der Religionspädagogik, der Jugendarbeit und der Seelsorge, entwickelt:[1]

(1) In der Religionspädagogik setzte sich zunehmend die sog. Schüler- oder Erfahrungsorientierung durch, d.h. Alltagserfahrungen der Schüler werden im schulischen Lernprozess reflektiert. Da gleichzeitig die Nähe der Jugendlichen zur Kirche abnahm, sollten die Schüler zum einen im Religionsunterricht lernen, Religion als Dimension der Wirklichkeit wahrzunehmen, zum anderen sollten im und außerhalb des religionsunterrichtlichen Rahmens den Schülern Angebote gemacht werden, christliche Religion erleben und erfahren zu können. Zu diesen Angeboten zählen u.a. Pausenandachten oder Tage der religiösen Orientierung. Darüber hinaus entwickelte sich aber auch eine neue Form der außerschulischen Aktivität, die das Bestreben hatte, den Erziehungsauftrag von Schule in Kooperation mit außerschulischen Partnern zu verstärken. In diese Richtung zielte eben auch eine neue Form der Seelsorge.
(2) Die Jugendarbeit stand und steht als eigenes Sozialisationsfeld für Freiwilligkeit, ehrenamtliches Engagement, Selbstbestimmung, Rollenvielfalt usw.. Die Schule dagegen dehnt ihr Freizeit- und AG-Angebot zeitlich immer mehr nach hinten aus. Die Jugendarbeit wird somit verstärkt durch Hauptberufliche getragen. Dennoch will man immer auch da präsent sein, wo die Jugendlichen ihre meistens Zeit verbringen, nämlich in der Schule oder in Schulnähe. In diesem Sinne kann die Kirche die Trägerschaft für die Schulsozialarbeit mit übernehmen. So können Schulpfarrer und Schulpfarrerinnen, aber auch Lehrer und Lehrerinnen, durch einen kirchlichen Zusatzauftrag als Schulseelsorger arbeiten. Über den Hintergrund in der Jugendarbeit und dem Religionsunterricht hinaus wollen sie die Bedürfnisse der Schüler und Schülerinnen nach Orientierung und Sinn befriedigen.
(3) Die kirchliche Präsenz im Bereich der Seelsorge reicht über die Militär-, Gefängnis-, Krankenhaus- und Altersheimseelsorge bis hin zur telefonischen Seelsorge oder der Notfallseelsorge. Die Kirche steht aber auch vor der Herausforderung, auch seelsorgerisch im Alltag von Kindern und Jugendlichen präsent zu sein. Schulseelsorge kann als neue Form kategorialer Seelsorge an jungen Menschen verstanden werden, was für die bisher betriebene allgemeine Seelsorge ein kaum betretenes Feld ist. Daher müssen die traditionellen Seelsorgekonzepte ergänzt und angepasst werden. Schulseelsorge soll in Bezug auf die Probleme der jungen Menschen keine Art Therapie sein, sondern eher Beratungs- und Lebensbegleitung.

Schulseelsorge ist aber im Vergleich zum Religionsunterricht nicht rechtlich abgesichert. Sie stellt grundsätzlich ein freies Angebot der Kirche an die Schule dar. Schulseelsorge kann dadurch aber auch freier, unbestimmter und zugleich unabhängiger in der Gestaltung der Kooperation im Vergleich zum Religionsunterricht ablaufen. Moderne Schulseelsorge vollzieht sich zudem in einer Gesellschaft, in der sich die Grundstimmung verändert: dem Einflussverlust der Kirche. Hinzu kommen kirchenexterne, die Schule betreffende Krisenphänomene, wie z.B. die zunehmende Gewaltbereitschaft von Jugendlichen, dem Ausfall familiärer Sozialisationseffekte oder der Zunahme ungünstiger Umweltbedingungen schulischen Lernens.

„Schulseelsorge konstituiert sich also nicht über den Verordnungsweg per Dienstanweisung, sondern aufgrund von an Personen sowie an Interaktionssysteme gebundene Motivlagen, die zeitliche, soziale und sachliche Ressourcen freisetzen, um Personen bzw. Strukturen zu verändern. Deshalb ist davon auszugehen, dass die schulseelsorglichen Angebote sich (freien) Initiativen verdanken, die durch ihr Auftreten situative Bedürfnislagen mit entsprechenden Erwartungen symbolisieren: einerseits dadurch, dass sie selbst Ausdruck entsprechender Bedürfnisse und Erwartungen sind, andererseits dadurch, dass sie (neue) Bedürfnisse und Erwartungen hervorrufen.“[2]

1.2 Schulseelsorge oder Schulpastoral?

In der katholischen Kirche wurden in den 70er Jahren durch die Verbände Besinnungstage, religiöse Schulwochen usw. angeboten. Genannt wurden diese „Schülerforum“ oder „Schülerseelsorge“. Die Schülerarbeit der Jugendverbände war zuständig für den Glaubensvollzug, während der Religionsunterricht die Glaubenslehre zu leisten hatte. Der Beschluss der Würzburger Synode zum Religionsunterricht wollte den Gegensatz zwischen Schulreligion und gelebter Religion im Alltag des Schullebens aufheben. Schulseelsorge wurde nun als notwendige Ergänzung zum Religionsunterricht gesehen. An jeder Schule sollte eine Priester, Diakon oder Laie Angebote machen und zu überörtlichen Angeboten der Jugendverbände vermitteln. Die Orden sollten helfen, Schulseelsorge aufzubauen. Dies mündete in den ersten Grundlagentext zu Schulpastoral (1989), herausgegeben durch die Vereinigung Deutscher Ordensobern (VDO). Dieser Text wählte den Begriff „Pastoral“, der dem Kirchenverständnis des Zweiten Vatikanischen Konzils entspringt und dem es um eine ganzheitliche Ausrichtung des kirchlichen Sendungs- und Heilsauftrages als eine dauerhafte und umfassende Begleitung des Kirchenvolks geht. Auch die deutschen Bischöfe (1996) sprechen von Schulpastoral als eine wesentliche Funktion der Unterrichtsarbeit selbst.

Inhaltlich unterscheiden sich Schulseelsorge und Schulpastoral kaum. In den Schulen wird zwischen der evangelischen und der katholischen Schulseelsorge eng miteinander kooperiert und es ist zu erwarten, dass sich die Bezeichnung Schulseelsorge durchsetzen wird.

[...]


[1] Vgl. BITTER, Gottfried [Hsrg.]: Neues Handbuch religionspädagogischer Grundbegriffe, München, 2002, S. 358/359.

[2] LAMES, Gundo: Schulseelsorge als soziales System: ein Beitrag zu ihrer praktisch-theologischen Grundlegung, Stuttgart [u.a.], 2000, S. 224.

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Details

Title
Schulseelsorge - eine besondere Form der pädagogischen Interaktion
College
http://www.uni-jena.de/  (Institut für Erziehungswissenschaft)
Course
Psychologie der pädagogischen Interaktion
Grade
2,0
Author
Year
2005
Pages
15
Catalog Number
V59695
ISBN (eBook)
9783638535618
ISBN (Book)
9783638771030
File size
480 KB
Language
German
Keywords
Schulseelsorge, Form, Interaktion, Psychologie, Interaktion
Quote paper
Klaus Genschmar (Author), 2005, Schulseelsorge - eine besondere Form der pädagogischen Interaktion, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/59695

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