Die Frühe Neuzeit wurde beherrscht durch Knappheit und Nahrungsnot und zum wichtigsten Überlebensprinzip in dieser Knappheitsgesellschaft gehörte die Sicherung der Nahrung. Dies galt vor allem für diejenigen, welche ihr tägliches Auskommen durch ihrer Hände Arbeit erwarben und ständig der Ökonomie der knappen Mittel und des Überlebens ausgesetzt waren. Nahrung galt als Konstante im Kreislauf von Auskommen und ständischer Arbeit und der Sicherung der Existenz auf ehrliche Weise. Die Erfahrungen der Gesellschaft, daß es immer wieder zu neuen Mangelerscheinungen und Krisen kommen konnte, trugen auch in den Zünften zur konservativen Ausprägung ihrer Normen bei. Auf ihre konservativen Instinkte reagierten die Zünfte durch die Begrenzung der Meisteranzahl, die Erschwerung der Meisterstücke, die Verlängerung der Lehr- und Standjahre, strengeres Vorgehen gegen „Stümper“ und der Empfehlung und später der Verpflichtung zum Wandern der Gesellen.
Über den Grund und die Funktion der Gesellenwanderungen in der frühen Neuzeit gibt es viele, zum Teil auch stark differenzierende, Erklärungen und Ausarbeitungen. Zum einen stand vor allem in den Anfängen der Wanderungen der Gedanke der Fort- und Weiterbildung im jeweils berufsspezifischen Bereich. Die Handwerksgesellen sollten auf ihren Wanderungen ihre berufliche Ausbildung in jeder Beziehung erweitern und vertiefen; sie sollten sich neuen Techniken und neuen Aspekten öffnen; sollten Selbständigkeit in der Arbeit und in der Betriebsführung gewinnen; aber auch die Allgemeinbildung, das Studium von Sitten und Gebräuchen in fremden Landen und die Aneignung von Sprachkenntnissen gehörte zum Pensum.1 In der Wirtschaftstheorie des 18. Jahrhunderts wurde die Wanderung der Gesellen, „ bey welcher sie doch viele gute Erfindungen und Handgriffe erlernen, die in fremden Ländern eingeführet sind“ 2 positiv gesehen. Erfahrungsgewinn und Charakterbildung für den wandernden Gesellen wurden auch besonders nachdrücklich in der Fürstlich Oetting- Oetting- und Oetting- Spielbergische Wanderordnung von 1785 betont, in der es heißt: „ daß es unumgänglich nötig für ihn ( einen jungen, aus der Lehre kommenden Menschen) ist, einige Jahre in der Welt zuzubringen, wenn er zum Mann und zum nützlichen Bürger gebildet werden soll.“3 Weitere Gründe für die Wanderungen der Handwerksgesellen und der späteren Einführung einer Wanderpflicht, waren wirtschaftliche Notlagen eines Handwerks.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Negative finanzielle Auswirkungen der Gesellenwanderung auf die Zünfte, Meister und Gesellenschaft
- 2.1. Beherbergungspflicht in den Geschenkten Handwerken
- 2.2. Unrechtmäßige Inanspruchnahme des Geschenks
- 2.3. Brauch des Geleits
- 2.4. Entlaufen mit Schulden
- 3. Negative soziale Auswirkungen der Gesellenwanderung auf die Zünfte, Meister und Gesellenschaft
- 3.1 Gesellen als unruhiges Element
- 3.2 Animierung zum Entlaufen
- 4. Schluß
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die negativen Auswirkungen der Gesellenwanderung auf die Zünfte, Meister und Gesellenschaft in einer Stadt während der frühen Neuzeit. Die Studie analysiert sowohl die wirtschaftlichen als auch die sozialen Folgen dieser Praxis und beleuchtet, wie sie sich auf die elementaren Institutionen des Handwerks auswirkten.
- Negative finanzielle Auswirkungen der Gesellenwanderung auf die Zünfte, Meister und Gesellenschaft
- Soziale Folgen der Gesellenwanderung für die Zünfte, Meister und Gesellenschaft
- Die Rolle der Zünfte in der Regulierung der Gesellenwanderung
- Die Herausforderungen, die die Gesellenwanderung für die städtische Ordnung darstellte
- Die Bedeutung der Handwerksordnungen und Reiseberichte als Quellenmaterial
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung
Die Einleitung erläutert den historischen Kontext der frühen Neuzeit, geprägt von Knappheit und Nahrungsnot, und die Bedeutung des Handwerks in dieser Gesellschaft. Sie stellt die konservativen Normen der Zünfte und die Entstehung der Gesellenwanderung als Folge dieser Normen dar. Die Einleitung beleuchtet die verschiedenen Gründe und Funktionen der Gesellenwanderung, von der beruflichen Fortbildung bis zur wirtschaftlichen Notwendigkeit.
2. Negative finanzielle Auswirkungen der Gesellenwanderung auf die Zünfte, Meister und Gesellenschaft
Dieses Kapitel untersucht die wirtschaftlichen Belastungen, die die Gesellenwanderung für die Zünfte, Meister und Gesellenschaft mit sich brachte. Es beleuchtet die Beherbergungspflicht, die unrechtmäßige Inanspruchnahme von Geschenken und den Brauch des Geleits. Weiterhin analysiert es die Problematik der Entlaufenden Gesellen mit Schulden.
3. Negative soziale Auswirkungen der Gesellenwanderung auf die Zünfte, Meister und Gesellenschaft
Dieses Kapitel konzentriert sich auf die sozialen Folgen der Gesellenwanderung, indem es die Rolle der Gesellen als unruhiges Element und die Anreize zum Entlaufen beleuchtet. Es zeigt auf, wie die Gesellenwanderung die soziale Ordnung der Zünfte und die Beziehung zwischen Meistern und Gesellen beeinflusste.
Schlüsselwörter
Die zentralen Begriffe der Arbeit sind Gesellenwanderung, Zünfte, Meister, Gesellenschaft, frühe Neuzeit, Handwerksordnungen, Reiseberichte, wirtschaftliche Auswirkungen, soziale Folgen, städtische Ordnung.
- Quote paper
- M.A. Markus Skuballa (Author), 2000, Wandernde Handwerksgesellen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/61358