Die Situation des Elternhauses als wichtige Komponente in der erfolgreichen Frühförderung behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder


Hausarbeit, 2006

26 Seiten, Note: 2.0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

0 Einleitung
0.1 Zur Definition von Frühförderung
0.2 Aufbau der Arbeit

1 Veränderte Lebensstrukturen von Familien mit einem behinderten Kind
1.1 Die Bedeutung der Diagnosevermittlung
1.2 Bewältigungsprozesse
1.3 Elternkompetenzen

2 Die Familie in der Frühförderung - ein ökologischer Ansatz
2.1 Theorie der Ökologie der menschlichen Entwicklung
2.1.1 Entwicklung im Kontext . 10
2.1.2 Die Ökologischen Systeme in der Umwelt
2.2 Konsequenzen des ökologischen Ansatzes auf die Frühförderung

3 Familienorientierung in der Frühförderung
3.1 Zusammenarbeit von Eltern und Experten in der Frühförderung
3.2 Eltern als Kotherapeuten
3.3 Spezielle Probleme beim Einsatz von Hilfstherapeuten

4 Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

0 Einleitung

Die elterliche Fürsorge für ihre Kinder umfasst zahlreiche Aufgaben, die in unserer heutigen Gesellschaft schon für Eltern gesunder Kinder schwer zu bewältigen sind. Die Erfüllung dieser vielfältigen Aufgaben ist daher keineswegs als selbstverständlich anzusehen. Aufgrund dessen benötigen vor allem Eltern mit behinderten oder von Behinderung bedrohten Kindern einer besondere Hilfe und Unterstützung, damit sie den Anforderungen der besten Entwicklung ihres Kindes und den Problemen ihres „speziellen“ Alltags gerecht werden können. Für die Frühförderung ist es demnach wichtig, dass die Hilfe für das Kind gleichzeitig auch für und mit den Eltern eingesetzt wird, um Ängste im Umgang mit dem Kind abzubauen, Hilflosigkeit zu überwinden, die Fähigkeit zur Selbsthilfe zu stärken und auch Fehlverhalten zu vermeiden (vgl. BMGS, 2003). Während vor einigen Jahren die Wirksamkeit einer Einbeziehung der Eltern in die Frühförderung weitgehend bezweifelt wurde, hat sich dieses Konzept mittlerweile zu einer der Grundleitideen der Frühförderung entwickelt. Zurückzuführen ist dies auf den Paradigmenwechsel von der allein auf das Kind - zur die auf das System Kind-Eltern-Umfeld – zentrierten Frühförderung (vgl. Bode, 2002). So soll es mithilfe der Frühförderung den Eltern erleichtert werden, ihre Aufgaben in der Fürsorge und Förderung eines behinderten Kindes zu erfüllen und durch die Entlastung ihre eigenen Probleme lösen zu können (vgl. Weiß, 1989).

0.1 Zur Definition von Frühförderung

Frühförderung ist der Oberbegriff für jene Hilfsangebote wie Diagnostik und Therapie, die sich an behinderte oder von Behinderung bedrohte Kinder von ihrer Geburt an bis zu einer anderen Form der Förderung (z.B. bis zum Schulbeginn) richtet, sogleich aber auch deren Familie und anderen Bezugspersonen Unterstützung, Beratung sowie Anleitung bietet (vgl. Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung, 2003). Eine konkrete Definition von Frühförderung ist nicht möglich, da sie im allgemeinen Kontext sehr unterschiedlich ausfallen kann. Grundlegende Kriterien der Frühförderung werden vom Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung in ihrer Schrift „Einrichtungen und Stellen der Frühförderung in der Bundesrepublik Deutschland“ (2003) festgelegt. So wird dort hervorgehoben, dass die „Frühförderung behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder eine Aufgabe ist, die nur in fachübergreifender Zusammenarbeit angemessen erfüllt werden kann. Medizinische, psychologische, pädagogische und soziale Maßnahmen sind dabei als unverzichtbare Bestandteile eines ganzheitlichen Konzeptes zu sehen, in das die Familie miteinbezogen ist“ (S. 5). In dieser Schrift werden die Grundsätze der Frühförderung sichtbar: Zum einen die Interdisziplinarität (das Zusammenwirken unterschiedlicher Berufsgruppen) und die Ganzheitlichkeit (Abgrenzung von einem defizitorientierten Menschenbild), zum anderen die Familienorientierung (Einbeziehung der Lebenswirklichkeit eines Kindes), Hilfe zur Selbsthilfe und Soziale Integration (vgl. auch Sohns, 2000). Zu den Zielen der Frühförderung gelten vor allem die möglichst frühe Erkennung von Auffälligkeiten oder Beeinträchtigungen, damit erst gar keine Behinderung entstehen kann (die so genannte „Verhütung“ der Behinderung) oder damit beeinträchtigende Folgen gering gehalten bzw. behoben werden können (vgl. BMGS, 2003). „Dadurch sollen dem Kind bestmögliche Chancen für die Entfaltung seiner Persönlichkeit, für die Entwicklung zu selbstbestimmten Leben und zu gleichberechtigter gesellschaftlicher Teilhabe geboten werden“ (ebd., S. 5f.). Eine möglichst frühzeitige Diagnose stellt eine wesentliche Voraussetzung für die Konzeption und Realisierung präventiver und rehabilitativer Maßnahmen dar. Das hier zugrunde liegende Motto „je früher, desto besser“ kann jedoch bei manchen Eltern zu Schuldgefühlen führen, wenn diese aufgrund möglicher Unkenntnis diesem nicht folgen konnten. Schlack (1983) schlägt deshalb vor, den Begriff der „Frühzeitigkeit“ durch das Kriterium der „Rechtzeitigkeit“ zu ersetzen.

Die Frühförderung als ganzheitliches und interdisziplinäres System von Hilfen ist ein familiennahes Angebot von mobil und ambulant arbeitenden Frühförderstellen und den stärker medizinisch-therapeutisch orientierten Sozialpädiatrischen Zentren. Es sind regional unterschiedliche Einrichtungen, die im Idealfall für Familien gut erreichbar sind und die ihre Angebote auch in mobiler Form, wie zum Beispiel der Therapie im häuslichen Milieu, anbieten.

0.2 Aufbau der Arbeit

Die folgende Hausarbeit befasst sich zunächst mit einer Akzentuierung auf die anfängliche Lebenssituation einer Familie mit einem behinderten Kind, ehe das Thema der elterlichen Frühförderung eingehender beschrieben wird. Ein Schwerpunkt wird gesetzt auf die sich etablierte Zusammenarbeit zwischen Frühförderern und Eltern, die sich begünstigend auf die Entwicklungsförderung eines behinderten oder von Behinderung bedrohten Kindes auswirkt. Von großer Bedeutung ist dabei der ökologisch- systemtheoretische Ansatz zur menschlichen Entwicklung von Uri Bronfenbrenner, dessen wichtigsten Aspekte und Konsequenzen auf die Frühförderung im 2. Punkt erläutert werden sollen. Zuletzt soll der elterlichen Resonanz dieser Art von Frühförderung besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden.

1 Veränderte Lebensstrukturen von Familien mit einem behinderten Kind

Die Tatsache, ein behindertes Kind zu haben, bedeutet, dass die gesamte soziale Situation der Familie von Grund auf verändert wird. „Die Behinderung eines Kindes bedeutet einen dramatischen Einbruch in die Lebensperspektiven der Eltern und bedroht das emotionale Gleichgewicht der Familie. Seine Aufrechterhaltung ist aber ein bedeutsamer positiver Faktor für eine möglichst günstige Entwicklung des behinderten Kindes“ (Schlack, 1991, S. 37).

Die Frühförderung behinderter oder von Behinderung bedrohter Kinder darf sich nicht ausschließlich auf die frühzeitige Förderung des Kindes konzentrieren, sondern muss darüber hinaus die ganze Familie in das umfassende sozialtherapeutische Konzept mit einbeziehen. Herberg e.a. (1992) betonen, dass die Behinderung eines Kindes die gesamte Lebensperspektive einer Familie verändern könne. So wirkt sie sich aus „auf die Berufstätigkeit beider Elternteile […], die Familienplanung, die Beziehung zu Verwandten und zum familiären Umfeld, das Lebensgefühl, die Wertvorstellungen, die Zukunftserwartungen“ (ebd., S. 182). Gesellschaftliche Normen können von Familien mit behinderten Kindern oft nicht ausreichend erfüllt werden, sodass sich die Eltern oft stigmatisiert und ausgeschlossen vom normalen Leben fühlen (vgl. Balzer & Rolli, 1975). Daraus resultiert oft auch die Gefahr der Isolationstendenzen nicht nur für das behinderte Kind, sondern zusätzlich für alle Familienmitglieder.

Daher gilt es in der Frühförderung einerseits zu überprüfen, ob Eltern bzw. die Familie die Erfüllung der physischen Bedürfnissen ihrer Kinder, wie etwa Schutz, Ernährung, Wohnung und Gesundheitsfürsorge, gewährleisten können (vgl. Bode, 2002), andererseits schließlich auch die Eltern dabei zu begleiten, die Tatsache, ein behindertes Kind zu haben, zu bewältigen (vgl. Weiß, 1989). Bei einer solchen Hilfestellung zur Problembewältigung sind eine vertrauensvolle Kooperation mit den Hauptbezugspersonen des Kindes und eine detaillierte Kenntnis der familiären Lebenssituation von sehr großer Bedeutung. Die Verarbeitung der Behinderung des Kindes ist jedoch auch von der Art der Diagnosevermittlung, mit der der Therapeut zuerst konfrontiert ist, abhängig, und soll im Weiteren näher erläutert werden.

1.1 Die Bedeutung der Diagnosevermittlung

Die Mitteilung an Eltern, ihr Kind habe eine Entwicklungsstörung oder sogar eine Behinderung, bestätigt sich oft als ein einschneidendes und lebensgeschichtlich sehr bedeutungsvolles Ereignis für die betroffene Familie (vgl. Bode, 2002). In den meisten Fällen ist es zwar ein Gewissheitszuspruch für die schon länger bestehende Behinderungsproblematik innerhalb der ganzen Familie, trotzdem handelt es sich bei der Vermittlung der Diagnose/ der Prognose einer Behinderung um ein hochsensibles Gebiet, bei dem ein passend geführtes Gespräch mit den Eltern dringend erforderlich ist. „Eine angemessene Gesprächsführung mit den Eltern ist eine Grundlage für langfristig vertrauensvolle Beziehungen, die elterliche Bewältigung (Coping), Compliance und auch für die Effektivität von Frühfördermaßnahmen“ (Bode, 2002, S. 90). Aufgrund dessen ist es für den Arzt (die Diagnosevermittlung ist im Wesentlichen eine ärztliche Aufgabe) empfehlenswert, schon vorab die familiären Hintergrundbedingungen, wie zum Beispiel durch Vorgespräche, herauszuarbeiten (vgl. Prinz, 1993b). „Es hat sich bewährt, die Eltern nach eigenen Beobachtungen und Erfahrungen im Zusammenhang mit Defiziten und Fähigkeiten ihres Kindes zu befragen und diesen Angaben objektive Ergebnisse gegenüberzustellen“ (ebd., S. 412). Wichtig dabei ist, daraus folgende Diskrepanzen zu besprechen – die elterliche Einschätzung ihres Kindes und die Reaktion der Eltern auf Probleme ihres Kindes können sich nämlich von denen professioneller Frühförderer stark unterscheiden (vgl. Simeonsson, 1995). Vorteilhaft ist es in den meisten Fällen, die Eltern schon im diagnostischen Prozess zu integrieren, da sie somit den Befund leichter nachvollziehen und folglich auch besser akzeptieren können. Dies bewirkt laut Prinz (1993b) zudem eine höhere Elternkompetenz, zur Behinderung ihres Kindes zu stehen und diese nach außen, aber auch vor allem gegenüber ihrem Bekannten- und Verwandtenkreis, zu vertreten.

Trotz alledem ist immer zu berücksichtigen, dass die Reaktionen der Eltern auf diese Nachricht eher einen ablehnenden, depressiven Charakter haben, weshalb die Eltern einer besonderen Unterstützung benötigen.

Für derart wichtige Gespräche sind eine ruhige Umgebung, genügend Zeit und keinerlei Unterbrechungen zu fordern und nur realistische Informationen weiterzugeben. Darüber hinaus muss den Eltern aber Hoffnung gegeben bzw. gelassen werden, indem man sie etwa auf das mögliche Spektrum der Entwicklung verweist, aber gleichzeitig an realistische Ziele erinnert. Zudem sollten in dem Gespräch die Ressourcen der Eltern für eine Bewältigung der neuen Lebenssituation gesucht, aufgezeigt und vereinbart werden, damit schwere Verarbeitungsprobleme von Anfang an vermieden werden können.

[...]

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Die Situation des Elternhauses als wichtige Komponente in der erfolgreichen Frühförderung behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder
Hochschule
Universität zu Köln  (Heilpädagogische Fakultät, Seminar für Lernbehindertenpädagogik)
Note
2.0
Autor
Jahr
2006
Seiten
26
Katalognummer
V61721
ISBN (eBook)
9783638551229
ISBN (Buch)
9783656790273
Dateigröße
494 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Situation, Elternhauses, Komponente, Frühförderung, Behinderung, Kinder
Arbeit zitieren
Caroline Lorig (Autor:in), 2006, Die Situation des Elternhauses als wichtige Komponente in der erfolgreichen Frühförderung behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/61721

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