Die meisten Probleme der Entwicklungsländer, wie zum Beispiel Armut, lassen sich auf die wirtschaftliche Rückständigkeit und den mangelhaften Wachstumsprozess in diesen Ländern zurückführen. In den 50er und 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts entstanden für Entwicklungsländer zwei unterschiedliche Wachstumsstrategien mit dem Ziel, auf analytischem Wege einen Ausweg aus dem Wachstumsdilemma aufzuzeigen. Die als „balanced growth (BG)“ und „unbalanced growth (UB)“ bezeichneten Strategien sehen zwar beide den mangelnden Kapitalbildungsprozess als Ursache für das Ausbleiben des Wachstumsprozesses in den Entwicklungsländern, jedoch in den Gründen für den Kapitalmangel unterscheiden sie sich wesentlich. Dies resultiert in unterschiedlichen Lösungsansätzen, auf welche Art und Weise sich ein Wachstumsprozess vollziehen sollte. Des Weiteren implizieren die beiden Strategien, die in der deutschen Literatur auch als Konzepte des ausgewogenen bzw. unausgewogenen Wachstums bezeichnet werden, unterschiedliche Handlungsempfehlungen für Entscheidungsträger in den Entwicklungsländern bezüglich einer gesamtwirtschaftlichen Strategie. Ob die Strategien als generell gegensätzliche Ansätze anzusehen sind, wie die Bezeichnungen vermuten lassen, oder die Möglichkeit einer Zusammenführung von Elementen beider Strategien besteht, ist umstritten. Zudem ist die praktische Relevanz der Konzepte kritisch zu hinterfragen.
Inhalt
1 Einleitung
2 Strategiekonzepte der sektoralen Entwicklungspolitik
2.1 Ausgewogene sektorale Entwicklungspolitik - „Balanced Growth“
2.1.1 Ausgangslage
2.1.2 Die Idee des „Balanced Growth“
2.1.3 Die Rolle des Staates
2.1.4 Kritik an der Strategie des „Balanced Growth“
2.2 Unausgewogene sektorale Entwicklungspolitik - „Unbalanced Growth“
2.2.1 Der Grundgedanke des „Unbalanced Growth“
2.2.2 Verknüpfungseffekte und vertikale externe Ersparnisse
2.2.3 Wirtschaftspolitische Konsequenzen
2.2.4 Kritik an der Strategie des „Unbalanced Growth“
3 Der Vergleich beider Strategiekonzepte
3.1 Abgrenzung
3.2 Zusammenführung
3.3 Empirische Ergebnisse und praktische Umsetzung
4 Fazit
1 Einleitung
Die meisten Probleme der Entwicklungsländer, wie zum Beispiel Armut, lassen sich auf die wirtschaftliche Rückständigkeit und den mangelhaften Wachstumsprozess in diesen Ländern zurückführen. In den 50er und 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts entstanden für Entwicklungsländer zwei unterschiedliche Wachstumsstrategien mit dem Ziel, auf analytischem Wege einen Ausweg aus dem Wachstumsdilemma aufzuzeigen. Die als „balanced growth (BG)“ und „unbalanced growth (UB)“ bezeichneten Strategien sehen zwar beide den mangelnden Kapitalbildungsprozess als Ursache für das Ausbleiben des Wachstumsprozesses in den Entwicklungsländern, jedoch in den Gründen für den Kapitalmangel unterscheiden sie sich wesentlich. Dies resultiert in unterschiedlichen Lösungsansätzen, auf welche Art und Weise sich ein Wachstumsprozess vollziehen sollte. Des Weiteren implizieren die beiden Strategien, die in der deutschen Literatur auch als Konzepte des ausgewogenen bzw. unausgewogenen Wachstums bezeichnet werden, unterschiedliche Handlungsempfeh-lungen für Entscheidungsträger in den Entwicklungsländern bezüglich einer gesamtwirtschaftlichen Strategie. Ob die Strategien als generell gegensätzliche Ansätze anzusehen sind, wie die Bezeichnungen vermuten lassen, oder die Möglichkeit einer Zusammenführung von Elementen beider Strategien besteht, ist umstritten. Zudem ist die praktische Relevanz der Konzepte kritisch zu hinterfragen.
In dieser Arbeit werden im Kapitel 2 die beiden Strategiekonzepte, beginnend mit der Strategie des BG, zunächst vorgestellt, daran anschließend wird auf die analytische Argumentation und die für den Wachstumsprozess bedeutsamen externen Effekte eingegangen. Es folgen jeweils politische Implikationen, die aus den Strategien abgeleitet werden können. Die Abschnitte enden jeweils mit einer kritischen Betrachtung des Konzeptes. Kapitel 3 stellt die beiden Konzepte einander gegenüber, in dem zum einen die Unterschiede und zum anderen die Möglichkeiten einer Zusammenführung aufgezeigt werden. Das Kapitel schließt mit Ergebnissen aus empirischen Vergleichsstudien zum Erfolg der Konzepte sowie einer Beurteilung über deren praktischen Umsetzung in verschiedenen Ländern. Der Schluss bildet ein Fazit in dem die wichtigsten Ergebnisse zusammengefasst werden und auf die praktische Relevanz der Strategien eingegangen wird.
2 Strategiekonzepte der sektoralen Entwicklungspolitik
2.1 Ausgewogene sektorale Entwicklungspolitik - „Balanced Growth“
Als wichtigster Vertreter des BG-Konzeptes gilt R. Nurkse. Seinem Ansatz zum ausgewogenen Wachstum in Entwicklungsländern folgte in den 50er und 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts eine Vielzahl weiterer Forschungsbeiträge.
2.1.1 Ausgangslage
Nurkse sieht den entscheidenden Nachteil von Entwicklungsländern gegenüber Industriestaaten in der mangelhaften Kapitalausstattung, die aus einer fehlenden Kapitalbildung resultiert. Ohne ausreichende Kapitalressourcen kann die wirtschaftliche Entwicklung und der Wachstumsprozess in den Entwicklungsländern nicht vorangetrieben werden. Die Strategie des BG soll den Kapitalbildungsprozess in den Entwicklungsländern unterstützen und die mangelhaften Investitionsanreize mit der daraus resultierenden geringen Kapitalnachfrage beseitigen.[1]
Die fehlenden Investitionsanreize sind auf die begrenzte Marktgröße (Enge der Märkte) in unterentwickelten Volkswirtschaften zurückzuführen. Das Investitionsrisiko ist sehr hoch, da bei sehr kleinen Absatzmärkten und geringer Kaufkraft nicht gesichert ist, dass die Produkte genügend Abnehmer finden. Die Rentabilität von Investitionen ist bei kleinem Absatzvolumen zu gering.[2]
2.1.2 Die Idee des „Balanced Growth“
Wenn das Problem des geringen Wachstumsprozesses in der Begrenzung der Märkte liegt, sollte eine Wachstumsstrategie Mechanismen in Gang setzen, die zu einer Vergrößerung der Märkte führen. Die Theorie des BG besagt, dass der einzige Weg aus dem Dilemma nur über ein gleichzeitiges Wachstum einer Vielzahl von komplementären Industrien gelingt. Im Nurkse’schen Konzept sind hier nur die inländischen Konsumgüterindustrien gemeint. Auf den Aufbau dem Konsumgüterbereich vorgelagerter Industriezweige sollte in der Entwicklungsphase verzichtet werden. Die Vorprodukte müssten in einer ersten Phase über Importe beschafft werden.
Von Bedeutung für die Strategie des BG ist der Wirkungsmechanismus der horizontalen externen Effekte. Unter diesem Begriff versteht man, dass die Konsumgüterindustrien sich im Wachstumsprozess über steigendes Einkommen mit der Folge einer erhöhten Nachfrage nach Produkten verschiedener Konsumgüter gegenseitig positiv beeinflussen. Die externen Effekte haben zwei positive Auswirkungen auf die Gewinnsituation der Unternehmen. Zum einen steigt durch die erhöhte Nachfrage das Absatzvolumen, zum anderen können bei höherem Produktionsvolumen die Stückkosten sinken.[3] Unternehmen, die von externen Effekten profitieren, werden steigende Gewinne feststellen, die dann als externe Ersparnisse bezeichnet werden.[4] Das Wachstum eines Marktes schafft somit Nachfrage für die anderen Märkte mit der Folge einer globalen Marktvergrößerung. Bei vereinzelten Investitionen fehlt die Nachfrage, die aus den anderen Märkten resultiert. Wenn die Wirtschaftssubjekte sich jedoch über den gleichzeitigen Wachstumsprozess einer Vielzahl von Industrien mit den positiven Auswirkungen externer Effekte bewusst wären, würde das Investitionsrisiko geringer eingestuft werden und der Anreiz zu investieren würde sich erhöhen. Es kann von einer Diskrepanz zwischen privater und sozialer Grenzproduktivität des Kapitals gesprochen werden. Die Grenzproduktivität privater isolierter Investitionen ist geringer als die soziale Grenzproduktivität, die bei gleichzeitigen Investitionen in vielen komplementären Industrien erreicht werden würde.[5]
Nach Rosenstein-Rodan reicht es jedoch nicht aus, dass sukzessiv Investitionen in den Industrien vorgenommen werden. Es sind umfangreiche Investitionen durch staatliche Lenkung vonnöten, die als „Big Push“ den Wachstumsprozess in einer unterentwickelten Volkswirtschaft einleiten sollen. Begründet wird die Theorie des „Big Push“ mit den Unteilbarkeiten auf der Angebots- und Nachfrageseite in unterentwickelten Volkswirtschaften. So ist auf der Angebotsseite eine Mindestbetriebsgröße erforderlich. Mit Unteilbarkeit auf der Nachfrageseite ist gemeint, dass sich nur eine Vielzahl von Konsumgüterindustrien einen Absatzmarkt schaffen kann.[6]
[...]
[1] Vgl. R. Nurkse, Problems of Capital Formation in Underdeveloped Countries, Oxford 1953, S.5 f.
[2] Ebenda, S. 8
[3] Vgl. L. Hoffmann, Entwicklungstheorien des ausgewogenen und unausgewogenen Wachstums: Eine Gegenüberstellung, in: Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft, Band 121 (1965), S. 533
[4] Vgl. H.-R. Hemmer, Wirtschaftsprobleme der Entwicklungsländer, 2. Auflage, München 1988, S. 442
[5] Vgl. R. Nurkse, a. a. O., S. 15
[6] Vgl. L. Hoffmann, a. a. O., S. 542
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