Vorüberlegungen für einen Unterrichtsentwurf - Umgang mit Patienten mit Alkoholproblemen


Hausarbeit, 2002

30 Seiten


Leseprobe


Inhalt

1. Bedingungsanalyse

2. Didaktische Analyse des Themas
2.1 Typische Situationen der Berufswirklichkeit
2.2 Wissensbereiche
2.2.1 Sachwissen
2.2.1.1 Begriffsbestimmungen
2.2.1.2 Alkoholstoffwec hsel und Alkoholverträglichkeit
2.2.1.3 Typologie (von Jellik) und Phasen des Alkoholismus
2.2.1.4 Epidemiologie des Alkoholismus
2.2.1.5 Entstehungsbedingungen
2.2.1.6 Begegnungen mit dem Alkoholkranken, Erkennung und Umgang
2.2.1.7 Alkoholismus Folgen
2.2.1.7.1 Folgen auf neuropsychiatrischem Gebiet
2.2.1.7.2 Folgen auf internistischem Gebiet
2.2.1.7.3 Folgen auf sozialem Gebiet
2.2.1.8 Therapie
2.2.1.9 Aspekte der Prävention
2.2.2 Methodisches Wissen
2.2.3 Ethisch-moralisches Wissen
2.2.4 Selbstbezogenes Wissen

3. Didaktische Legitimation
3.1 Gegenwartsbedeutung
3.2 Zukunftsbedeutung
3.3 Exemplarische Bedeutung

4. Ziele
4.1 Eingrenzung des Themenschwerpunktes für eine Doppelstunde
4.2 Ziele/Kompetenzen

5. Methodische Strukturierung des Lehr-/Lernprozesses
5.1 Einstiegsphase
5.2 Erarbeitungsphase
5.3 Ergebnissicherung

6. Beziehungsgestaltung

7. Literatur

8. Anhang
8.1 Arbeitsauftrag Gruppen 1 und 2
8.1.1 Arbeitsmaterialien Gruppen 1 und 2
8.2 Arbeitsauftrag Gruppen 3 und 4
8.2.1 Arbeitsmaterialien Gruppen 3 und 4
8.3 Übersicht Unterrichtsablauf

1. Bedingungsanalyse

Im Rahmen des Seminars „Didaktik II“ hospitierten wir in einer Klasse für angehende Arzthelferinnen. Die unserer Bedingungsanalyse zugrunde gelegten Angaben stammen von der in dieser Stunde unterrichtenden Lehrerin. Die Schüler haben ihre dreijährige Ausbildung als Arzthelferinnen im September des Jahres 1999 begonnen. Die Ausbildung erfolgt im Dualen System, der Berufschulunterricht findet einmal in der Woche statt. Die Klasse befindet sich somit derzeit im dritten Ausbildungsjahr.

Die Ausbildung wird Anfang 2002 abgeschlossen sein. Die Klasse setzt sich aus 23 Schülerinnen im Alter von 18 bis 23 Jahren zusammen. Acht Schülerinnen sind Migranten und stammen aus der Türkei. Die restlichen Schülerinnen sind in Deutschland geboren, sechs davon kommen aus den neuen Bundesländern.

Hinsichtlich des Schulabschlusses der Auszubildenden sind folgende Angaben bekannt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Wie die Struktur der schulischen Vorbildung zeigt, treten in der Klasse starke Leistungsunterschiede auf.

Die Schülerinnen werden in Lernfeldern unterrichtet. Im Unterricht melden sich auf Fragen der Lehrerin immer mehrere Schülerinnen. Es entstehen angeregte Gespräche und Diskussionen, sowohl im Lehrer-Schüler-Gespräch als auch der Schülerinnen untereinander.

Sie essen und trinken, Motivation und Interesse scheinen aber vorhanden zu sein.

Das Verhältnis der Schülerinnen und zur Lehrerin wirkt freundschaftlich, sie duzen einander und respektieren sich gegenseitig.

Die Klasse wurde zur Arbeit in Gruppen geteilt. Die Gruppeneinteilung erfolgte automatisch durch die Schülerinnen, da sie immer vierteljährlich in einer festgelegten Konstellation arbeiten.

Die Lehrerin verteilt Arbeitsaufträge und -materialien, dadurch entsteht Unruhe, welche sich aber bei anschließender Besprechung der Aufgabenstellung sofort legt.

Die Schülerinnen beginnen konzentriert mit der Arbeit, sie stellen Fragen an die Lehrerin, tauschen sich aus und diskutieren. Daraus wird deutlich, dass sie selbstständiges Arbeiten und die Arbeit in Gruppen gewohnt sind. Diese Sozialform erweist sich für die Klasse als günstig, weil Unterschiede im Leistungsniveau durch entsprechende Gruppenaufteilung ausgeglichen werden können.

2. Didaktische Analyse des Themas

2.1 Typische Situationen der Berufswirklichkeit

Eine typische Situation einer Arzthelferin in ihrem Arbeitsalltag könnte sein: Ein Patient betritt die Arztpraxis, er ist alkoholisiert. Die Arzthelferin muss in der Lage sein, darauf zu reagieren. Der reibungslose Arbeitsablauf muss gewährleistet sein. Es ist wichtig, das weitere Vorgehen entsprechend der Situation anzupassen.

2.2 Wissensbereiche

2.2.1 Sachwissen

2.2.1.1 Begriffsbestimmungen

Unterscheidung zwischen Alkoholmissbrauch und Alkoholabhängigkeit (Alkoholismus):

Alkoholmissbrauch: Alkoholkonsum, der zu körperlichen und / oder psychosozialen Schäden führt.

Alkoholabhängigkeit manifestiert sich in zwei Formen:

Körperliche Abhängigkeit: Auftreten von Toleranzerhöhung und Entzugssymptomen.

Psychische Abhängigkeit: gekennzeichnet z.B. durch Kontrollverlust, Trinken trotz besseren Wissens um alkoholbezogene Probleme, Zentrierung des Denkens und Strebens auf Alkohol.

Alkoholismus im Sinne der Abhängigkeit wird heute von ärztlicher und seit 1968 in der Bundesrepublik auch von juristischer Seite als Krankheit anerkannt.

2.2.1.2 Alkoholstoffwechsel und Alkoholverträglichkeit

Alkohol wird größtenteils in der Leber abgebaut, die gesunde Leber kann maximal 170 g (reinen) Alkohol pro Tag metabolisieren. Der Abbau erfolgt über zwei Enzyme, die Alkohol-Dehydrogenase (ADH) und das Mikrosomale Ethanol-Oxidierende System (MEOS); sie verwandeln den Alkohol zunächst in Azetaldehyd. Dieses wird mit Hilfe der Azetaldehyd-Dehydrogenase über Azetat in Kohlensäure und Wasser abgebaut.

Unterschiede in der individuellen Verträglichkeit des Alkohols: Frauen vertragen weniger Alkohol als Männer, dies hängt mit der genetisch bedingten unterschiedlichen Ausstattung mit Enzymen zusammen, die beim Abbau des Alkohols eine Rolle spielen.

Bei Alkoholgenuss an zwei bis drei Tagen der Woche von einem Liter (als Mann) bzw. einem drittel Liter (als Frau) pro Tag sind keine Organschäden zu befürchten, Vorraussetzung ist eine gesunde Leber. Entscheidend ist stets die Menge an reinem Alkohol, nicht die Art des jeweils genossenen Getränks.

2.2.1.3 Typologie (von Jellik) und Phasen des Alkoholismus

Alpha-Trinker: Konflikt- und Erleichterungstrinker, kein Kontrollverlust.

Beta-Trinker: Trinker mit starker psychischer und (meist auch) körperlicher Abhängigkeit.

Gamma-Trinker: Trinker mit starker psychischer und körperlicher Abhängigkeit.

Delta-Trinker: Gewohnheitstrinker mit ausgeprägter körperlicher und psychischer Abhängigkeit und Unfähigkeit zur Abstinenz.

Epsilon-Trinker: Episodische Trinker mit starker psychischer Abhängigkeit (Kontrollverlust), „Quartalssäufer“.

Am häufigsten sind Gamma- und Delta-Trinker.

Der Verlauf des Alkoholismus eingeteilt in Phasen:

Präalkoholische Phase: gehäuftes Erleichterungstrinken

Prodromalphase: z.B. heimliches Trinken, Anlegen von Alkoholvorräten, Auftreten von Erinnerungslücken.

Kritische Phase: z.B. Kontrollverlust, vergebliche Versuche mit dem Trinken aufzuhören, Probleme am Arbeitsplatz, Interesseneinengung.

Chronische Phase: z.B. Nachlassen der Alkoholtoleranz, Auftreten von schweren körperlichen Folgeschäden (z.B. Delir), oft tagelange Räusche.[1]

2.2.1.4 Epidemiologie des Alkoholismus

Nach dem diagnostischen Kriterien DSM-IV[2] wurde bei 3,1% der 18- bis 59-jährigen eine aktuelle Alkoholabhängigkeit diagnostiziert (Männer: 4,8%, Frauen: 1,3%). Hochgerechnet auf die 18- bis 59-jährige Bevölkerung ergeben sich insgesamt 1,5 Mio. Personen mit einer Diagnose Alkoholabhängigkeit (1,2 Mio. Männer und 300.000 Frauen). Damit liegt der Alkoholverbrauch in Deutschland im europäischen Vergleich auf sehr hohem Niveau. Es ist davon auszugehen, dass zwischen 10 bis 15% der Krankenhausaufenthalte alkoholbedingte Folgeerkrankungen zur Grundlage haben. Rund 42.000 Menschen sterben jährlich an einer alkoholbedingten Erkrankung oder alkoholbedingten Unfällen.

Unter Alkoholeinfluss 1999: 1.000 Verkehrstote, 37.000 Verletzte, 96.000 Straftaten, 6.000 Vergewaltigungen, 2.000 Tötungsdelikte.[3]

2.2.1.5 Entstehungsbedingungen

Die wichtigsten Gruppen von Entstehungsbedingungen sind:

- die spezifischen Wirkungen der Droge Alkohol,
- die biologischen und psychologischen Eigenschaften des jeweiligen Individuums,
- das soziale Umfeld.

Alkohol ist ein Nahrungsmittel mit hohem Energiegehalt, ein Genussmittel. Er ist Bestandteil vieler wohlschmeckender und durstlöschender Getränke, ein Gift, dessen toxische Wirkung sich bei akuter wie bei chronischer Überdosierung manifestiert, ein Rauschmittel mit hohem Missbrauchspotenzial, dessen chronische Anwendung zu ausgeprägter Abhängigkeit führen kann; außerdem wirkt er in psychischer Hinsicht stimulierend und sedierend.

Individuum: Alkoholismus tritt in bestimmten Familien gehäuft auf, dabei kann es sich um biologische (genetische) und um umgebungsbedingte Einflüsse handeln.

Biologische Faktoren: direkte Vererbung des Alkoholismus ist nicht erwiesen, aber es existieren eine Reihe von Argumenten, die für Einfluss genetischer Faktoren sprechen, z.B. Ergebnisse von Zwillingsstudien, Ergebnisse von Adoptivstudien sowie Ergebnisse von Tierversuchen.

Psychische Disposition: es existiert keine spezifische prämorbide Persönlichkeitsstruktur bei Alkoholikern, aber einige „Temperaments-Faktoren“ werden beschrieben, die zu Alkoholismus prädisponieren sollen, z.B. erhöhtes Aktivitätsniveau („Hyperaktivität“), verstärkte Emotionalität, mangelnde Fähigkeit sich in eine soziale Struktur einzuordnen.

Soziales Umfeld: Allgemeine soziokulturelle Gegebenheiten, z.B. Trinksitten, Änderungen gesellschaftlicher Faktoren, z.B. Flüchtlingsschicksal, Nichtsesshaftigkeit.

Wirtschaftliche und berufliche Situation (Sozialschicht, besonders alkoholgefährdete Berufe wie Gaststättengewerbe, Arbeitslosigkeit).

Herkunftsfamilie, Lernort Nummer eins für den Alkoholkonsum ist die Familie, mehr als 50% der Jugendlichen werden von ihren Eltern mit alkoholhaltigen Getränken vertraut gemacht.

Fazit: Nicht allein die pharmakologischen Eigenschaften des Alkohols – auch nicht die Abhängigkeit von der Menge – führen zur Alkoholkrankheit, sondern vor allem die (genetischen und lebensgeschichtlich bedingte) Disposition sowie das soziale Umfeld.

2.2.1.6 Begegnungen mit dem Alkoholkranken, Erkennung und Umgang

Erkennung: erste Befindlichkeitsstörungen, z.B. reduzierter Allgemeinzustand, Magen-Darm-Störungen (morgendlicher Brechreiz), Inappetenz, Schlafstörungen, Leistungseinbuße, Störungen der sexuellen Potenz.

Hilfreiche Testinstrumente: Fragebogentests (CAGE-Test), klinisch-chemische bzw. hämatologische Tests, kombinierte Tests, genaue Diagnose mit dem Münchener Alkoholismus-Test (MALT) möglich.

Ärztlicher Umgang: Patient neigt in der Regel zur Verleugnung bzw. Verharmlosung. Beim Arzt besteht oft eine Abneigung gegenüber Alkoholikern oder auch eine gegenteilige, überidentifizierende Haltung. Aus der besonderen Beziehung zwischen Alkoholkranken und Ärzten entstehen jene Bedingungen dafür, dass zwar Organschäden sicher diagnostiziert werden, dass aber eine sachgerechte Behandlung der Grundkrankheit, nämlich der Alkoholabhängigkeit in den Hintergrund tritt. Der Arzt sollte bei allem Verständnis für die Notlage des Betroffenen und seiner Bezugspersonen vermeiden sich in eine unbewusste Komplizenschaft zu begeben, sondern konfrontativ und kompromisslos argumentieren. Sozusagen eine ärztliche Haltung, die beim Patienten zu der Erkenntnis führen muss, dass er es mit einer zwar hilfsbereiten, in Kenntnis der Ätiologie aber therapeutisch kompromisslosen Instanz zu tun hat. Der therapeutische Zugang erfordert vom Arzt ein großes Maß an Geduld, Flexibilität und Zeitaufwand. Auf dieser Basis werden vom Patienten Kontrollfunktionen, Terminvereinbarungen und die Einhaltung therapeutischer Regeln am ehesten akzeptiert. Es ist zu berücksichtigen, dass Rückfälle und mangelnde Mitarbeit der Patienten bei dieser Krankheit sehr häufig sind, andererseits sollten sie aber auch den Arzt veranlassen über eigene Versäumnisse oder Fehler im Umgang mit Alkoholkranken nachzudenken. Ein weiteres Problem stellt die Situation dar, dass lediglich Bezugspersonen über den Alkoholmissbrauch des Patienten berichten, der aber selbst nicht bereit ist, sich dem Arzt vorzustellen. Oft bleibt nichts anders übrig, als die Bezugsperson zu beraten und psychologisch zu unterstützen.

2.2.1.7 Alkoholismus-Folgen
2.2.1.7.1 Folgen auf neuropsychiatrischem Gebiet

Akute Alkoholintoxikation („einfacher Rausch“): gekennzeichnet durch Verhaltensstörungen (z.B. Enthemmung), Störungen der Bewusstseinslage, neurologische Störungen (z.B. Koordinations- und Artikulationsstörungen).

Komplizierter Rausch: Leitsymptome: Verhaltensstörungen (vor allem Aggressivität), Störungen der Bewusstseinslage und Orientierung, Störungen der Motorik, Veränderungen der Stimmungslage (Gereiztheit, Angst), amnestische Lücken („Filmriss“).

[...]


[1] vgl.Deutsche Hauptstelle gegen die Suchtgefahren (DHS) e.V. (Hrsg.): Alkoholismus. Hamm, 1991

[2] Diagnostic Statistic Manual, vierte Revision der amerikanischen psychiatrischen Vereinigung; ein international anerkanntes Diagnoseinstrument zur Feststellung eines Missbrauchs bzw. einer Abhängigkeit von psychoaktiven Substanzen

[3] vgl. Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung (Hrsg.): Sucht- und Drogenbericht 2000. Berlin 2001, S. 32 ff

Ende der Leseprobe aus 30 Seiten

Details

Titel
Vorüberlegungen für einen Unterrichtsentwurf - Umgang mit Patienten mit Alkoholproblemen
Hochschule
Universität Hamburg  (Institut für Berufs- und Wirtschaftspädagogik)
Veranstaltung
Didaktik II; Didaktische Ansätze und Konzeption in der Fachrichtung Gesundheit
Autoren
Jahr
2002
Seiten
30
Katalognummer
V6238
ISBN (eBook)
9783638138567
Dateigröße
3449 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Vorüberlegungen, Unterrichtsentwurf, Umgang, Patienten, Alkoholproblemen, Didaktik, Didaktische, Ansätze, Konzeption, Fachrichtung, Gesundheit
Arbeit zitieren
Christine Steinhagen (Autor:in)Christin Mosebach (Autor:in), 2002, Vorüberlegungen für einen Unterrichtsentwurf - Umgang mit Patienten mit Alkoholproblemen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/6238

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