In der vorliegenden Arbeit soll der Begriff des ursprünglichen Erwerbs in Kants Rechtsphilosophie besprochen und der Arbeits-theorie von John Locke gegenübergestellt werden. Kants Lehre vom ursprünglichen Erwerb muss als Bestandteil eines philosophischen Gesamtwerks betrachtet werden, das wesentlich von vernunfttheoretischen Überlegungen geprägt ist. In der Vernunftfähigkeit des Menschen begründet sich seine Willensautonomie, seine Freiheit von den Bedingungen der Natur. Der Möglichkeit der Freiheit wohnt zugleich der Anspruch auf freiheitsgemäße Selbstverwirklichung inne. Kant sucht, die Gesetzmäßigkeiten der Vernunft zu beschreiben, die nicht die der Natur sind. Aus ihnen konstituiert sich das Rechtsverhältnis freiheitlich-selbstbestimmter Menschen, und in diesem Licht muss auch die dieser Arbeit zu Grunde liegende Untersuchung betrachtet werden. „Freiheit [...], sofern sie mit jedes anderen Freiheit nach einem allgemeinen Gesetz zusammen bestehen kann, ist dieses einzige, ursprüngliche, jedem Menschen kraft seiner Menschheit zustehende Recht.“ 1 Das Freiheitsrecht, das in der deutschen Verfassung im Menschenwürdebegriff seine Entsprechung und in den Grundrechten seine Konkretisierung findet, ist auch Bezugspunkt privatrechtlicher Überlegungen. Hierin besteht der Begründungsbedarf der Möglichkeit, Eigentum zu erwerben. ´Eigentum´ soll zunächst verstanden werden als das ausschließliche Gebrauchsrecht einer Person an einem äußeren Gegenstand. Kant und Locke gehen von einem ähnlichen Menschenbild aus, wonach die Menschen frei, gleich und vernunftfähig sind und sehen den ursprünglichen Erwerb als vorpositiven Rechtsbegriff, der bereits im Naturzustand seine Begründung findet. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der ursprüngliche Erwerb bei John Locke
- Die Arbeitstheorie
- Gegenargumente zur Arbeitstheorie
- Der ursprüngliche Erwerb bei Immanuel Kant
- Die Notwendigkeit des Erwerbs
- Physischer vs. intelligibler Besitz
- Einseitige Aneignung wechselseitige Anerkennung
- Die bürgerliche Gesellschaft
- Bemerkungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht den Begriff des ursprünglichen Erwerbs in Kants Rechtsphilosophie und stellt ihn der Arbeitstheorie von John Locke gegenüber. Kants Lehre vom ursprünglichen Erwerb wird im Kontext seiner Vernunftphilosophie betrachtet, die die Willensautonomie und die freiheitsgemäße Selbstverwirklichung des Menschen betont.
- Der Zusammenhang zwischen Freiheit und Eigentum in Kants Philosophie
- Die Arbeitstheorie von John Locke und ihre Begründung des ursprünglichen Erwerbs
- Kritik an der Arbeitstheorie und die Notwendigkeit einer anderen Begründung des Eigentums
- Die Rolle der Vernunft im Rechtsverhältnis und die Notwendigkeit der wechselseitigen Anerkennung
- Die Entwicklung der bürgerlichen Gesellschaft und die rechtliche Begründung des Eigentums
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik des ursprünglichen Erwerbs ein und skizziert die Verbindung zwischen Kants Rechtsphilosophie und seiner Vernunfttheorie. Sie hebt die Bedeutung von Freiheit und Selbstverwirklichung für die Entwicklung des Rechtsverhältnisses hervor. Die Arbeitstheorie von John Locke wird im zweiten Kapitel vorgestellt, wobei besonders auf die Rolle der Arbeit bei der Begründung des Privateigentums aus dem Gemeinbesitz eingegangen wird. Kritische Punkte und Gegenargumente zur Arbeitstheorie werden ebenfalls beleuchtet. Im dritten Kapitel wird Kants Lehre vom ursprünglichen Erwerb näher betrachtet. Die Notwendigkeit des Erwerbs im Kontext von Freiheit und Vernunft wird diskutiert. Weiterhin werden die Unterscheidung zwischen physischem und intelligentem Besitz und die Bedeutung der wechselseitigen Anerkennung für die Rechtsordnung beleuchtet.
Schlüsselwörter
Die Arbeit fokussiert auf die Begriffe des ursprünglichen Erwerbs, des Naturrechts, der Willensautonomie, der Arbeitstheorie, des Eigentums, der Freiheit, der Vernunft und der wechselseitigen Anerkennung. Darüber hinaus werden die Begründungen von John Locke und Immanuel Kant für das Recht auf Eigentum in Bezug auf diese Schlüsselbegriffe untersucht. Die Arbeit untersucht auch die Entwicklung der bürgerlichen Gesellschaft und die rechtliche Begründung des Eigentums im Kontext dieser philosophischen Konzepte.
- Citation du texte
- Niklaus Jung (Auteur), 2006, Der Begriff des ursprünglichen Erwerbs, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/63499