Wirtschaftspolitische Maßnahmen während der Transformationsperiode - Genesis und Analyse eines konkreten Einflussfaktors im Kontext von Wirtschaftswachstum


Dossier / Travail de Séminaire, 2006

29 Pages, Note: 1,3


Extrait


Inhaltsverzeichnis:

I. Vorwort

II. Einleitung und Fragestellung

III. Wirtschaftswachstum
1. Neoklassische Wachstumstheorie
2. Institutionen und Wirtschaftswachstum
3. Politik und Wirtschaftswachstum

IV. Institutionen
1. Definition
2. Postkommunistische Institutionalisierung und konsolidierte Demokratie

V. Korruption
1. Definitionsansatz
2. Herangehensweise und Thematisierung
3. Funktionsweise
3.1. Mechanismen von politischer Korruption
3.2. Zur institutionellen Korruption
4. Gründe für Korruption – allgemein

VI. Politische Prozesse, Administration und Korruption

VII. Schlussbetrachtungen

VIII. Quellen und Literatur

I. Vorwort

Spricht man von (wirtschafts-)politischer Regulierung des Wirtschaftswachstums, so ist im Allgemeinen Marktregulierung gemeint. Diese steht unter anderem für die Gesamtheit aller Regeln, mit denen der Staat in den freien Wettbewerb eingreift, um ein Marktversagen zu korrigieren oder staatliche Ziele gegen den Wettbewerb durchzusetzen. Regulierung geschieht durch den Erlass von Verordnungen und durch gesetzliche Vorschriften. Verfehlte Wirtschaftspolitik hingegen zeichnet sich durch Markteingriffe aus, in denen gar kein Marktversagen vorliegt, also etwa der Eingriff bei privaten Gütern.[1] Versteht man weiterhin unter politischer Regulierung eine Korrektivmaßnahme, die das Ziel verfolgt Rahmenbedingungen für Wachstum zu schaffen, um auch dieses zu forcieren, so stellt sich die Frage nach den potenziellen politischen Einflussfaktoren. Um Wirtschaftswachstum zu regulieren, also mögliche Störimpulse zu beseitigen, müssen einzelne Faktoren, die das Wachstum beeinflussen eruiert werden. D.h., dass vordergründig ein Klärungsbedarf darüber besteht, was reguliert werden soll, damit dann auch mögliche Vorschläge über das Wie (soll reguliert werden) erstellt werden können[2]. Vor diesem Hintergrund wären denkbare politische Einflussfaktoren auf das Wirtschaftswachstum mitunter die Rolle unterschiedlicher politischer Systeme, die politische Stabilität eines Landes, die Glaubwürdigkeit der Regierungspolitik u.a.[3] Doch nicht zuletzt ist auch der Qualität und dem Entwicklungsstand der (ökonomischen) Institutionen bei der Einflussnahme auf Wirtschaftsentwicklungen und der Annahme, dass durch Korruption das Wachstum gehemmt wird[4], eine besondere und gesonderte Stellung einzuräumen. Aber wo sind die Ursachen für Korruption zu suchen? Um mitunter diese Frage zu beantworten und um dadurch auf einen Bereich, welcher Wachstum negativ beeinträchtigt und der politisch regulierbar ist und reguliert werden muss, zu verweisen und diesen zu analysieren steht Korruption im Mittelpunkt dieser Seminararbeit. Diese Seminararbeit beschränkt sich primär auf die Einzelfallstudie Bulgarien.

II. Einleitung und Fragestellung

Mit dem endgültigen Kollaps der kommunistischen Systeme Anfang der 1990er Jahre in den südosteuropäischen Ländern, sofern sie sozialistisch geprägt waren, setzten im generellen parallel dazu ablaufende ökonomische, politische und gesellschaftliche Transformationsprozesse ein, die die Umgestaltung der staatlichen, politischen und wirtschaftlichen Institutionen von zentralisierter Planwirtschaft hin zu funktionierender Marktwirtschaft, von einparteien-diktatorischen Systemen hin zu parlamentarischer Demokratie, aber auch von ständischen zu bürokratischen Strukturen und von ländlichen zu städtischen Gesellschaften zum Ziel hatten.

Die Europäische Union[5] stellt in ihren alljährlichen Regelmäßigen Berichten über die Fortschritte Bulgariens auf dem Weg zum Beitritt fest, dass Bulgarien den rechtlichen Rahmen zur Korruptionsbekämpfung kontinuierlich verbessert. Jedoch werden in jedem Bericht die stockenden Justizreformen, als grundlegendes Hindernis bei der Durchführung der Rechtsnormen angesehen und darauf verwiesen, dass Korruption nach wie vor ein ernsthaftes Problem darstellt.[6] Aufgrund dieser Feststellung und in Anbetracht der Befürchtung, „dass die EU mit der Erweiterung nach Osten das Problem Korruption in nicht unerheblichem Umfang importiert“[7] (d.h. auch den Störfaktor für Wirtschaftswachstum), ist es dringend geboten nicht nur auf die bestehenden Fakten zu verweisen, sondern vielmehr die Genesis von Korruption zu analysieren. Eine solche Analyse soll dazu beitragen, anhand der Entstehungsgeschichte dieses negativen Phänomens, die Wurzeln dieser Problematik zu fixieren, zu analysieren und zu beheben. Weiterhin sollen die Ursachen für Korruption in ehemaligen Transitionsländern verdeutlicht werden, um die aktuellen Korruptionsdebatten auf die effektive und konstruktive Bekämpfung dieses Phänomens umzulenken.

In Anbetracht des voraussichtlichen EU-Beitritts Bulgariens im Jahr 2007, die immer noch hohe Korruption dort (und der Beanstandung dieses Problems durch die EU) und den negativen Effekten von Korruption auf das Wirtschaftswachstum, wird es die Aufgabe dieser Seminararbeit sein, anhand von Variablen eine mögliche Kausalität von Demokratisierung und Korruption politikwissenschaftlich zu analysieren und konkreter, sich auf die Fragestellung zu konzentrieren: In welchem Zusammenhang stehen institutionelle Transition und Korruption in der staatlichen Administration in Bulgarien? Wobei zu beachten ist, dass bei dem in der Fragestellung implementierten Kausalnexus, das zu erklärende Phänomen, also die Korruption in der staatlichen Administration in Bulgarien, als abhängige Variable betrachtet wird und die unabhängige Variable, also die institutionelle Transition im weitesten Sinne als Wandel von autoritäre in demokratische politische Systeme (hier ist der Staat mit Regierung nach Göhler gemeint[8]) und Transition im engeren Sinne als „diejenige Phasen, in denen der Aufbau von sicheren Verfahren begonnen wird“[9] zu verstehen ist.. Hierbei werde ich in der Seminararbeit kurz auf die unabhängige Variable eingehen und die intervenierende Variable – Institutionalisierung - skizzieren. Die Hypothese, auf die diese Arbeit gründet, ist, dass die Transformation von kommunistischen, autoritären, dogmatischen Strukturen in demokratische, rechtsstaatliche sowie der Prozess der Demokratisierung, also die Transition der Institutionen und die Institutionalisierung der Demokratie, in kausalem Zusammenhang mit Korruption in der staatlichen Verwaltung stehen. Versteht man ferner, im weitesten Sinne, unter Korruption den Missbrauch eines politischen Mandats zur Erlangung eines Vorteils für sich oder eines Dritten[10], so beruht die aufgeführte Annahme primär auf die Theorie, dass […] die Entstehung, Stabilisierung oder Veränderung von politischen Institutionen direkte und zeitlich unmittelbare Auswirkungen auf die Machtverhältnisse haben, was ein zirkulärer Prozess ist, in dem politische Kräfte versuchen werden, die Unsicherheit der politischen Ergebnisse durch eine optimale Gestaltung des Zugangs für sich selbst zu reduzieren und somit redistributive Institutionen entstehen, die die Position einer bestimmten politischen/ sozialen Gruppe oder Koalition auf Kosten einer anderen oder mehrerer anderer verbessern oder stabilisieren.[11]

Da in der Seminararbeit ein möglicher kausaler Zusammenhang von institutioneller Transition und Korruption analysiert werden wird, visiert diese bei der Untersuchung der Hypothese die Einzelfallstudie – Bulgarien – an[12] und umfasst primär den Zeitraum des Systemwechsels, also ist sie in etwa auf die Längsschnittanalyse der Zeitperiode Herbst 1989 – 1993 fixiert.

Aufgrund des Mangels an empirischen Erhebungen, die Korruption in diesem Zeitraum messen, ist ihre Operationalisierung schwierig. Deshalb sind für die Analyse der Hypothese mitunter Indikatoren für die Objektivierung von Korruption aus anderen Sekundärquellen verwandt worden, wie etwa journalistische und politikwissenschaftliche Publikationen, periodische historische Faktenbücher und andere relevante nationale und internationale Quellen, die kritisch-analytisch wissenschaftlich exzerpiert und bearbeitet wurden.

Im Folgenden soll jedoch zuerst kurz die neoklassische Wachstumstheorie dargestellt und auf den Zusammenhang zwischen Institutionen und Wirtschaftswachstum respektive zwischen Politik und Wirtschaftswachstum im Allgemeinen eingegangen werden, damit in Anbetracht dieses Aspekts, in den darauf folgenden Abschnitten die dargelegte Hypothese näher analysiert wird.

III. Wirtschaftswachstum

Unter Wirtschaftswachstum versteht man die relative Änderung der Wirtschaftskraft einer Volkswirtschaft von einer Periode zur Nächsten. Als Maßstab dient normalerweise das Bruttoinlandsprodukt (BIP). Dieses ist ein Maß für die wirtschaftliche Tätigkeit in einer Volkswirtschaft. Es ist definiert als Wert aller neu geschaffenen Waren und Dienstleistungen, abzüglich des Wertes aller dabei als Vorleistungen verbrauchten Güter und Dienstleistungen. Die Jahreswachstumsrate des BIP zu konstanten Preisen soll einen Eindruck von der Dynamik der wirtschaftlichen Entwicklung sowohl über die Zeit als auch im Vergleich von Volkswirtschaften unterschiedlicher Größe geben. Die Wachstumsrate wird auf Grundlage von Angaben in konstanten Preisen berechnet, da diese die reine Volumenentwicklung widerspiegeln, also nicht durch Preisänderungen (Inflation) „aufgebläht“ werden.[13]

1. Neoklassische Wachstumstheorie

Innerhalb der wirtschaftswissenschaftlichen Wachstumstheorie können mit der Klassischen, der Neoklassischen und der Neuen Wachstumstheorie drei große Theoriewellen unterschieden werden. Hier soll lediglich eine dieser Theoriewellen vorgestellt werden, nämlich die Neoklassische.

Die Neoklassiker gehen von fallenden Grenzerträgen des Kapitals aus, d.h. der Outputzuwachs der letzten Einheit wird immer geringer. Aufgrund dieser Annahme konvergiert jede Ökonomie zu einem Wachstumsgleichgewicht, „in dem alle Produktionsanlagen voll ausgelastet sind, alle Arbeitswilligen auch einen Arbeitsplatz haben und alle realisierbaren Konsumwünsche erfüllt werden“[14], dem so genannten steady state. Vorraussetzung dafür, dass die Marktwirtschaft diesem Ideal so nahe wie möglich kommt, sind ein funktionsfähiger Wettbewerb sowie Preise, die die jeweilige Knappheit widerspiegeln und die flexibel nach oben und unten sind. Die zentrale Aussage des so genannten Solow-Modells[15] ist, dass für dauerhaftes Wirtschaftswachstum langfristig nur das Tempo des technischen Fortschritts von Bedeutung ist. Wachstumspolitik kann folglich auf langer Sicht nur erfolgreich sein, wenn sie den technischen Fortschritt begünstigt. Neben dieser faktischen Konstatierung, darf ein anderes, nicht im unerheblichen Maße wichtiges, Faktum der Neoklassik ignoriert werden, nämlich die „Rationalität der Wirtschaftssubjekte“[16]. Darunter soll ein methodologischer Individualismus verstanden werden, bei dem die grundlegende Prämisse implementiert ist, dass Individuen eigennützig handeln und sich rational verhalten.

Aus den in aller Knappheit oben genannten theoretischen Grundpositionen leiten die Neoklassiker einerseits die Erklärung für die Ursache wirtschaftlicher Fehlentwicklungen ab, andererseits die Empfehlung, welche wirtschaftspolitischen Instrumente wie eingesetzt werden sollen, um wirtschaftliche Fehlentwicklungen zu vermeiden.

2. Institutionen und Wirtschaftswachstum

Da in weiteren Abschnitten näher auf die Institutionalisierung und die Institutionen als solche eingegangen wird, soll hier nur im Allgemeinen die „Verquickung“ von Institutionen und Wirtschaftswachstum knapp skizziert werden.

Institutionen, verstanden als formelle oder informelle Regelsysteme, die Handlungsverläufe wie Tausch- und Produktionsprozesse strukturieren, können zur Lösung von wirtschaftlichen Unvollkommenheiten beitragen. Institutionen leisten dreierlei: „Sie leiten Informationen über Marktbedingungen, Güter und Marktteilnehmer weiter, sie definieren Eigentumsrechte und stellen ihre Durchsetzung sicher und sie steigern (oder senken) den Wettbewerb auf Märkten“[17]. Wachstumstheoretisch relevant hierbei ist die Annahme von Douglass C. North[18], dass je nach Ausgestaltung des Institutionsgefüges, unterschiedliche Transaktionskosten für wirtschaftliches Handeln anfallen, die das ökonomische Leistungsprofil eines Landes nachhaltig prägen und die Opportunitätsstrukturen für wirtschaftliches Handeln festlegen. Demnach erhöhen ineffiziente Institutionen die Transaktionskosten und hemmen dadurch Tauschprozesse sowie die ökonomische Spezialisierung und die dadurch ermöglichte Nutzung der Vorteile der Massenproduktion. Defekte Institutionen verringern zudem das Potenzial eines Landes, neue Technologien zu übernehmen, aus dem die Assoziation zwischen der Neoklassik und der Frugalität von Institutionen ersichtlich wird.

[...]


[1] Vgl. dazu: http://de.wikipedia.org/wiki/Regulierung

[2] s. dazu die Begründung dieses Analyseansatzes und die Rolle der Neoklassischen Wirtschaftstheorie auf S.8

[3] Vgl. dazu: Obinger, Herbert, Politik und Wirtschaftswachstum, Wiesbaden 2004

[4] Vinod, Hrishikesh D., Study of Corruption Data and Using the Internet to Reduce, 9th

International Anti-Corruption Conference 10-15 Oktober, 1999,

Transparency International , Durban, South Africa, 1999

[5] Im Folgenden wird „Europäische Union“ auch als „EU“ bezeichnet werden.

[6] Vgl. dazu: Regelmäßiger Bericht über die Fortschritte Bulgariens auf dem Weg zum Beitritt 2000-2005

[7] Delhey, Jan, Korruption in Bewerberländern zur Europäischen Union, Berlin 2002

[8] Merkel, Sandschneider, Segert (Hrsg.), Systemwechsel 2. Die Institutionalisierung der Demokratie, Opladen 1996

[9] Rüb, Friedbert W., Zur Funktion und Bedeutung politischer Institutionen in Systemwechselprozessen. Eine vergleichende Betrachtung. In: Merkel/ Sandschneider/ Segert (Hrsg.), Systemwechsel 2. Die Institutionalisierung der Demokratie, Opladen 1996

[10] Vgl. dazu: Dietz, Markus, Korruption - Eine institutionenökonomische Analyse, Berlin 1998

10 Vgl. dazu: Rüb, Friedbert W., Zur Funktion und Bedeutung politischer Institutionen in Systemwechselprozessen. Eine vergleichende Betrachtung. In: Systemwechsel 2

[12] Die Motivation für diese Arbeit ging von der Korruptionsproblematik in Bulgarien aus. Die Seminararbeit wird hieraus versuchen die Problematik zu generalisieren, jedoch nicht die Anwendbarkeit der Hypothese auf die anderen Kandidatenländer – Rumänien, Türkei, Kroatien, Makedonien – beanspruchen.

[13] Vgl. dazu: Krelle, Wilhelm, Theorie des wirtschaftlichen Wachstums, Berlin Heidelberg 1985, 1988

[14] Adam, Hermann, Wirtschaftspolitik und Regierungssystem der Bundesrepublik Deutschland. Eine Einführung, Bonn 1992

[15] Vgl. dazu: Krelle, Wilhelm, Theorie des wirtschaftlichen Wachstums, Berlin Heidelberg 1985, 1988

[16] http://de.wikipedia.org/wiki/Neoklassische_Theorie

[17] Obinger, Herbert, Politik und Wirtschaftswachstum, Wiesbaden 2004

[18] North, Douglass C., Institutionen, institutioneller Wandel und Wirtschaftsleistung, Tübingen 1992

Fin de l'extrait de 29 pages

Résumé des informations

Titre
Wirtschaftspolitische Maßnahmen während der Transformationsperiode - Genesis und Analyse eines konkreten Einflussfaktors im Kontext von Wirtschaftswachstum
Université
Free University of Berlin
Note
1,3
Auteur
Année
2006
Pages
29
N° de catalogue
V64701
ISBN (ebook)
9783638574488
ISBN (Livre)
9783656799184
Taille d'un fichier
574 KB
Langue
allemand
Mots clés
Wirtschaftspolitische, Maßnahmen, Transformationsperiode, Genesis, Analyse, Einflussfaktors, Kontext, Wirtschaftswachstum
Citation du texte
Ljubomir Milev (Auteur), 2006, Wirtschaftspolitische Maßnahmen während der Transformationsperiode - Genesis und Analyse eines konkreten Einflussfaktors im Kontext von Wirtschaftswachstum, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/64701

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