Handlungs- und produktionsorientierter Englischunterricht in der Grundschule

Dargestellt an der Einheit "Going on holiday"


Epreuve d'examen, 2006

62 Pages, Note: 1,5


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Handlungs- und produktionsorientierter Unterricht: Theoretische Grundlagen
2.1 Begriffsbestimmung
2.1.1 Handeln
2.1.2 Handlungsorientierung
2.1.3 Produktionsorientierung / Produktorientierung
2.1.4 Ganzheitliches Lernen
2.1.5 Fazit
2.2 Wissenschaftliche Begründungen
2.2.1 Begründung durch die kognitive Handlungstheorie
2.2.2 Lernpsychologische Begründung
2.2.3 Pädagogische Begründungen
2.2.4 Soziologische Begründung
2.3 Merkmale und Ziele
2.4 Methodische Elemente
2.4.1 Spiele
2.4.2 Storytelling
2.4.3 Lieder und Reime
2.4.4 Dialoge
2.4.5 Total Physical Response (TPR)
2.4.6 Lernen an Stationen
2.5 Probleme und Grenzen
2.6 Stellungnahme

3 Vorüberlegungen zur Einheit „Going on holiday“
3.1 Leitfragen für die Unterrichtseinheit
3.2 Lernziele der Unterrichtseinheit
3.3 Bedingungsanalyse
3.4 Sachanalyse zur Unterrichtseinheit
3.5 Didaktische Überlegungen zur Unterrichtseinheit
3.5.1 Einordnung des Themas in die Empfehlungen und das Kerncurriculum
3.5.2 Begründung der Themenwahl
3.6 Methodische Überlegungen zur Unterrichtseinheit
3.6.1 Aufbau der Unterrichtseinheit und Prinzipien des Englischunterrichts
3.6.2 Wahl der Arbeits- und Sozialformen
3.7 Tabellarische Darstellung der Unterrichtseinheit

4 Durchführung der Unterrichtseinheit
4.1 Begründung der ausführlichen Dokumentation der Einzelstunden
4.2 Darstellung der Unterrichtsstunde „Weather forecast“
4.2.1 Lernziele
4.2.2 Sachanalyse
4.2.3 Didaktische Überlegungen
4.2.4 Methodische Überlegungen
4.2.5 Verlaufsplanung
4.2.6 Reflexion
4.3 Darstellung der Unterrichtsstunde „A trip to the seaside“
4.3.1 Lernziele
4.3.2 Sachanalyse
4.3.3 Didaktische Überlegungen
4.3.4 Methodische Überlegungen
4.3.5 Verlaufsplanung
4.3.6 Reflexion
4.4 Darstellung der Unterrichtsstunde „Spot goes on holiday“
4.4.1 Lernziele
4.4.2 Sachanalyse
4.4.3 Didaktische Überlegungen
4.4.4 Methodische Überlegungen
4.4.5 Verlaufsplanung
4.4.6 Reflexion

5 Gesamtreflexion und Ausblick

6 Literaturverzeichnis

7 Anhang

1 Einleitung

„Sage mir, und ich vergesse.
Zeige mir, und ich erinnere.
Lass es mich tun – und ich verstehe.“ (Konfuzius)

Der Erwerb einer Fremdsprache verläuft erfolgreich, wenn er von den Kindern als ganzheitlicher Prozess erlebt wird. Das heißt, dass der Unterricht nicht einseitig konzipiert sein soll, sondern dass auch praktische, affektive und soziale Lerninhalte darin Platz finden müssen. Dadurch werden alle Sinne angesprochen, verschiedene Lerntypen berücksichtigt und es wird die Grundlage für eine motivierende Lernatmosphäre geschaffen, die das erfolgreiche Lernen der Sprache zur Folge hat. (vgl. Heitz 1998, S. 33)

In der vorliegenden Arbeit wird eine Unterrichtseinheit mit dem Thema „Going on holiday“ vorgestellt, die in einer dritten Klasse unter besonderer Berücksichtigung handlungs- und produktionsorientierter Methoden durchgeführt werden soll. Ziel der Einheit soll es sein, Schüler[1] die Erarbeitung des Themenkreises „Holiday“ mit unterschiedlichen handlungs- und produktionsorientierten Methoden erfahren zu lassen.

Das Thema meiner Hausarbeit faszinierte mich in zweifacher Hinsicht.

Zum einen war es die Unterrichtseinheit „Going on holiday“, die mir nicht nur für meine Schüler motivierend erschien, sondern auch für mich als erwachsene Person aufgrund ihrer positiven Assoziationen und der zahlreichen unterrichtlichen Möglichkeiten reizvoll wirkte. Dies ist von Bedeutung, da ein Lehrer überzeugender und motivierender auftreten kann, wenn er selbst von einer Thematik begeistert ist. Weiterhin bot sich der Bereich „Holiday“ gerade kurz vor den Sommerferien zur Thematisierung im Englischunterricht an, um an die Vorfreude der Kinder auf die großen Ferien anknüpfen zu können. Außerdem ist das Thema der Lebenswelt der Kinder entnommen, denn im Urlaub haben Schüler am ehesten die Gelegenheit, ihre Fremdspra-chenkenntnisse anwenden zu können.

Neben dem Themenkomplex interessierte mich zum anderen die Auseinandersetzung mit dem Ansatz des handlungs- und produktionsorientierten Unterrichts, der ein Grundprinzip des Fremdsprachenlernens in der Grundschule darstellt und dessen Vorgehensweise mir ideal erscheint. Um den verschiedenen Interessen, Begabungen und Bedürfnissen der Schüler gerecht zu werden, müssen neben der kognitiven auch die kreative, imaginative und sinnliche Ebene berücksichtigt werden, und ich erwarte, dass sich dies sich mit dem Konzept der Handlungs- und Produktionsorientierung besonders gut erreichen lässt.

Im Folgenden sollen handlungs- und produktionsorientierte Methoden vorgestellt und erprobt werden sowie hinsichtlich ihrer Möglichkeiten und Grenzen im Unterricht untersucht werden.

2 Handlungs- und produktionsorientierter Unterricht: Theoretische Grundlagen

In diesem Kapitel sollen die theoretischen Grundlagen und Grundgedanken des handlungs- und produktionsorientierten Unterrichts dargestellt werden.

2.1 Begriffsbestimmung

Laut Spinner (2002, S. 247) weisen die Begriffe ,,handlungsorientiert" und ,,produktions-orientiert" in zwei unterschiedliche Richtungen. Beide Richtungen sollen im Folgenden genauer beleuchtet werden, um anschließend auf die Merkmale und die daraus resultierenden methodischen Möglichkeiten eingehen zu können. Neben der Handlungs- und der Produktionsorientierung spielt auch das ganzheitliche Lernen eine große Rolle im hier beschriebenen Ansatz, sodass auch dies im vorliegenden Kapitel dargestellt werden soll.

2.1.1 Handeln

A. Thomas (1974; in: Wöll 1998, S. 25) definiert Handeln als ein ziel- und erwartungsgesteuertes motiviertes Verhalten: „Das Handeln ist zielgerichtet. Es ist ein auf die Erreichung eines subjektiv wertvoll angesehenen und erlebten ‚Sollzustandes’ hin gerichtetes Tun. (…) Das Handeln ist erwartungsgesteuert, d.h. es ist ein aus bestimmten Bedürfnissen und Motiven heraus entstehendes und auf der Grundlage subjektiver und situativer Erfolgserwartungen gesteuertes Verhalten.“

Wie viele andere Wissenschaftler (vgl. z.B. Jank/Meyer 2002, S. 315 oder Wöll 1998, S. 25f) stellt Thomas zum einen das Attribut „zielgerichtet“ in den Mittelpunkt seiner Überlegungen. Dieses Merkmal ist es auch, was „Handeln“ vom allgemeiner und umfassender verwendeten Begriff „Verhalten“ abgrenzt, der z.B. atmen, stolpern oder sich freuen beinhaltet (vgl. Wöll 1998, S. 26). Zum anderen beinhaltet „Handeln“ nach Thomas eine Erwartungshaltung, das heißt der Handelnde hat einen Grund für sein Agieren oder erhofft sich von der Aktion etwas.

Wenn im Fremdsprachenunterricht gehandelt wird, bedeutet das, dass eine enge Verbindung zur gegenwärtigen Lebenswelt der Kinder geschaffen wird. Die Schüler sollen selbst den Sinn ihres Lernens einsehen, indem sie durch das eigene Handeln erkennen, wann ihnen der Lerngegen-stand in ihrem Leben nützlich sein kann. Hilbert Meyer (1987, S. 422) hält die Bedeutung des Handelns in lebensnahen Kontexten wie folgt fest: „Die Schüler sollen handlungskompetent werden, und dies heißt, dass sie sich nicht nur auf Abruf bereitstehende Einzelqualifikationen aneignen, sondern dass sie gelernt haben sollen, mit diesen Einzelqualifikationen vernünftig umzugehen. Sie müssen also eine Gesamtkompetenz erworben haben (…).“

2.1.2 Handlungsorientierung

Jank und Meyer (2002, S. 315) definieren handlungsorientierten Unterricht als einen „ganzheitlichen und schüleraktiven Unterricht, in dem die zwischen dem Lehrer und den Schülern vereinbarten Handlungsprodukte die Gestaltung des Unterrichtsprozesses leiten, sodass Kopf- und Handarbeit der Schüler in ein ausgewogenes Verhältnis zueinander gebracht werden können.“

Handlungsorientierter Unterricht ist also ein Unterricht, dessen Konzept einen handelnden Umgang der Schüler mit Lerngegenständen und Unterrichtsinhalten ermöglichen soll, in ihm wird keine Trennung von ,,Kopfarbeit" und ,,Handarbeit" vorgenommen. Diese Aufhebung der Trennung von Theorie und Praxis ist ein sehr wichtiges Merkmal des handlungs- und produktionsorientierten Unterrichts. Es bedeutet, dass die Schüler durch eigenes praktisches Erfahren die theoretischen Hintergründe erschließen und vor allem verstehen sollen. Dadurch, dass die Schüler aktiv werden und möglichst viel selbst erproben, entdecken und erkunden, gibt der Lehrer gleichzeitig einen Teil seiner Aktivität ab (Veränderung der Lehrerrolle hin zum Moderator oder Mentor).

Die von Jank und Meyer in der Definition genannten Handlungsprodukte stehen im Zentrum eines handlungsorientierten Unterrichts. Unter Produkten werden gemeinhin materielle Ergebnisse verstanden, z.B. Bastelarbeiten, Handarbeiten, Ausstellungsstücke oder andere hergestellte Produkte. Aber im Fremdsprachenunterricht kommt in Verbindung mit dem Begriff des Handelns auch der Aspekt des sprachlichen Handelns zum Tragen: Sprechen also, mit dessen Hilfe in dem Sinne "gehandelt" wird, dass die Äußerung etwas bewirkt. So kann man beispielsweise nach etwas fragen und Auskünfte erhalten (z.B. über das Wetter), selbst Informationen geben oder durch eine sprachliche Äußerung dafür sorgen, dass etwas Gewünschtes eintritt (beim Einkaufen z.B. der Erhalt der verlangten Ware). Damit ist auch solcher Unterricht handlungsorientiert, in dem nicht, wie in Wopps (1986, S. 600) Definition, ausschließlich "materielle Tätigkeiten der Schüler" im Vordergrund stehen.

2.1.3 Produktionsorientierung / Produktorientierung

Jank und Meyer (2002, S. 319) haben den o.g. Aspekt des sprachlichen Handelns in ihre Definition von handlungsorientiertem Unterricht aufgenommen. Ihrer Meinung nach sind Handlungsprodukte „die veröffentlichungsfähigen materiellen, szenischen und sprachlichen Ergebnisse der Unterrichtsarbeit“, mit denen sich die Schüler identifizieren können oder die die Möglichkeit zur Kritik und Auswertung der Unterrichtsarbeit bieten. Produkte können demnach von den Schülern unter Anleitung inszeniert (z.B. Standbilder, Rollenspiele, Tänze, Musik, …) oder hergestellt (Wandzeitung, Collage, Modell, Buch, …) werden.

In dieser Definition wird deutlich, dass Produkte deutlich mehr sein können als materielle Anfertigungen. Insbesondere die von Schülern inszenierten Produkte spielen im Fremdsprachenunterricht eine große Rolle, da sie es den Schülern ermöglichen, sich durch Sprache, Mimik und Gestik auszudrücken. Das meiner Meinung nach wichtigste "Produkt" im Fremdsprachenunterricht ist deshalb der "sprachliche Akt", zum Beispiel ein Dialog zwischen Schülern, ein Rollenspiel oder das Unterrichtsgespräch. Wenn Basteleien und andere materielle Tätigkeiten der Schüler diesem Ziel förderlich sind (zum Beispiel, wenn sie nach der Fertigstellung der Klasse vorgestellt oder anderweitig versprachlicht werden), dann haben aber auch diese ihren Platz im Fremdsprachenunterricht. Vorbereitungs- und Durchführungsaufwand auf der einen Seite und die Möglichkeit zum sprachlichen Handeln andererseits müssen jedoch in einem vertretbaren Verhältnis zueinander stehen.

2.1.4 Ganzheitliches Lernen

Ganzheitliches Lernen ist ein wesentliches Element des handlungs- und produktionsorientierten Unterrichts. Nach Pestalozzi meint ganzheitliches Lernen, dass nicht nur kognitiv, sondern mit Kopf, Herz und Hand gelernt wird. Dabei ist entscheidend, dass die drei Aspekte nicht einzeln für sich stehen, sondern ihr Zusammenwirken „in Übereinstimmung unter sich selbst“ (Pestalozzi 1819; in: Jank/Meyer 2002, S. 278) erfolgt. Ein ganzheitlicher Unterricht spricht somit verschiedene Sinne an und ermöglicht ein multisensorisches Lernen. Dies bedeutet automatisch, dass die Schüler in weiten Teilen des Unterrichts handelnd aktiv werden und dass auch Handlungsprodukte entstehen.

Zu einem ganzheitlichen Ansatz gehören geeignete Unterrichtsmethoden, die ein Lernen mit allen Sinnen zulassen. Hierzu zählen u.a. Geschichtenerzählen, Projektunterricht, Gruppen- und Partnerarbeit, Formen szenischen Spiels, Experimentieren und Erkunden (Jank/Meyer 2002, S. 142ff).

2.1.5 Fazit

Die im vorangegangenen Teil der Arbeit erläuterten Begriffe unterscheiden sich natürlich voneinander, überlappen und ergänzen sich jedoch auch. Allen ist gemeinsam, dass ihr Ziel ein Unterricht ist, in dem die Schüler aktiv sind, eigene Ideen einbringen und in ihrer Kommunikationsfähigkeit gefördert werden. „Handlungsorientierter Fremdsprachenunterricht ermöglicht es den Schülerinnen und Schülern, im Rahmen authentischer, d.h. unmittelbar-realer oder als lebensecht akzeptierter Situationen inhaltlich engagiert sowie ziel- und partnerorientiert zu kommunizieren, um auf diese Weise fremdsprachliche Handlungskompetenzen zu entwickeln“ (Bach/ Timm 2003, S. 11f). Handlungs- und produktionsorientierter Unterricht soll also ein lebensnaher Unterricht sein, gleichzeitig ein Unterricht, der die Individualität der Schüler berücksichtigt, da er vielfältige Handlungszugänge ermöglicht und nicht nur kognitive. Dadurch, dass die Lehrperson ihren Schülern ermöglicht, spielerisch handelnd zu üben und selbständig zu lernen, soll ein aktives und entdeckendes Lernen gefördert werden (vgl. Kaiser 1997, S. 3).

Es ist anzumerken, dass der Begriff „Handlungs- und produktionsorientierter Unterricht“ gewisse Überschneidungen mit verwandten Unterrichtskonzepten aufweist. Diesbezüglich ist beispielsweise der Begriff des „Offenen Unterrichts“ zu nennen. Dieses Prinzip bündelt jedoch mehrere Ansätze gleichzeitig und fasst den Grundbegriff weiter, während der handlungs- und produktionsorientierte Unterricht zwei Elemente (das Handeln der Kinder und die Herstellung von Handlungsprodukten als Grundlage für Lernprozesse) begrifflich in den Mittelpunkt stellt.

Nachdem die in dieser Arbeit verwendeten Begriffe geklärt sind, soll im folgenden Teil die wissenschaftliche Begründung des handlungs- und produktionsorientierten Unterrichts dargestellt werden, ehe Merkmale und methodische Elemente des Unterrichts aufgezeigt werden.

2.2 Wissenschaftliche Begründungen

Es existieren unterschiedliche Ansätze für die Begründung eines handlungs- und produktionsorientierten Unterrichts. In diesem Kapitel wird der Begründungszusammenhang zwischen Handeln und Lernen unter Berücksichtigung wissenschaftlicher Theorien dargestellt.

2.2.1 Begründung durch die kognitive Handlungstheorie

Die kognitive Handlungstheorie, vertreten z.B. durch Aebli und Piaget, liefert Argumente, die für eine Verbindung zwischen Denken und Handeln sprechen. Dabei geht man davon aus, dass „sich Denkstrukturen aus verinnerlichten Handlungen entwickeln“ (vgl. Gudjons 1997b, S. 44ff); das Denken sollte also erst nach dem aktiven Handeln folgen. Deshalb ist es im Unterricht nicht sinnvoll, „fertiges, unverbundenes oder assoziatives Wissen“ (ebd., S. 49) zu vermitteln, sondern vielmehr dafür zu sorgen, dass sich jeder Schüler durch strukturelles, selbstbestimmtes und aktives Lernen sein Handlungswissen selbst hierarchisch konstruiert. Fehlt der Zusammenhang zwischen Lernen und Handeln, kann zusammenhangloses, nicht vernetztes Wissen das Resultat sein, welches schnell an Bedeutung verliert. Eine weitere wichtige Erkenntnis der kognitiven Handlungstheorie ist, dass Informationen, die motiviert und mit Interesse aufgenommen werden, intensiver im Gehirn gespeichert und vernetzt werden (vgl. ebd., S. 50f).

Die Untersuchungen von Witzenbacher (1985; in: ebd., S. 55) belegen dies: wir behalten 20 % von dem, was wir hören; 30 % von dem, was wir sehen; 80 % von dem, was wir selbst formulieren können und 90 % von dem, was wir selber tun.

2.2.2 Lernpsychologische Begründung

Unser Gehirn besteht aus zwei Gehirnhälften. Die linke Hemisphäre beinhaltet bei den meisten Menschen das Sprachzentrum und ist für das rationale Denken und die Abstraktion zuständig, während die rechte Hirnhälfte für Kreativität, Intuition und Gefühle steht.

Unser Gehirn funktioniert nur dann optimal, wenn beide Gehirnhälften möglichst eng zusammenarbeiten. Bereits 1908 haben Studien von Yerkes gezeigt, dass bei mittlerer Kraftanstrengung wie z.B. Bewegung optimale geistige Leistungen erreicht werden. Dies wurde in mehreren didaktischen Studien für den Fremdsprachenunterricht bestätigt (vgl. Schiffler 2002, S. 11).

Für die Unterrichtspraxis bedeutet dies, dass die Schüler die Informationen am besten aufnehmen können, wenn während der Phase der Präsentation des neuen Lernmaterials verschiedene Sinne angesprochen werden. Schüler im Fremdsprachenunterricht lernen im Idealfall, was sie sehen, hören und konkret tun. „Die auditive Aufnahme von Informationen korreliert mit so genannten links hemisphärischen Gehirntätigkeiten. Die kinästhetische Informationsverarbeitung – durch konkretes Handeln, sich Bewegen, Be-greifen im wahrsten Sinne des Wortes – steht in einem engen Zusammenhang zu Verarbeitungsprozessen, die häufig der rechten Gehirnhemisphäre zugeschrieben werden. Die visuelle Informationsaufnahme kann links - oder rechts hemisphärisch gesteuert sein.“ (Gerngross/Puchta 2001, S. 25) Durch diese so genannte multisensorische Aufnahme werden neurologische Systeme aktiviert, welche die Merkfähigkeit und Konzentration der Schüler sowie das langfristige Behalten von sprachlichen Informationen begünstigen. Die Muskeltätigkeit begleitet also nicht nur den Lernprozess, sondern konstituiert ihn auch. Für die Grundschulpädagogik ist dies selbstverständlich: Psychomotorische Lernziele treten nicht einfach neben die kognitiven und affektiven, sondern sie bedingen und ergänzen sich gegenseitig.

Die Wichtigkeit dieses ganzheitlichen Unterrichtskonzeptes wird dadurch unterstrichen, dass die Schüler unterschiedliche Lerntypen sind und in der Regel einen der Lernkanäle bevorzugen. Lehrer sollten deshalb darauf achten, eine Balance zwischen auditiver, visueller und kinästhe-tischer Darbietung, Verarbeitung und Übung sprachlicher Informationen anzustreben.

2.2.3 Pädagogische Begründungen

Ähnlichkeit zum Mutterspracherwerb

Das Lernen der Muttersprache ist eng mit dem Sozialisationsprozess verknüpft. Das Kind lernt die Sprache, indem es zunehmend Handlungssituationen und die begleitenden Äußerungen versteht. Diese natürliche Spracherwerbssituation ist beim Fremdspracherwerb nicht mehr gegeben. Vielmehr geschieht das Lernen einer Fremdsprache in der Regel unter Bedingungen, die denen des Mutterspracherwerbs entgegenstehen (vgl. Bach/Timm 2003, S. 2):

- das Lernen findet zu bestimmten, festgelegten Zeiten und an bestimmten, institutionalisierten Orten statt
- der Erwerb der fremden Sprache findet losgelöst vom persönlichen Sozialisationsprozess statt, da die Schüler in ihrem Reife- und Sozialisationsgrad schon fortgeschritten sind; demzufolge verspüren sie keine Notwendigkeit, ihre Lebenswelt fremdsprachlich zu beherrschen

Der handlungs- und produktionsorientierte Unterricht ist bemüht, den Schülern trotz der schultypischen Bedingungen die Möglichkeit zu bieten, die fremde Sprache als Mittel zum sprachlichen Handeln zu erfahren und den Unterricht für lebensnahe und damit auch motivierende Kommunikations- und Lernsituationen zu öffnen.

Lernen als ganzheitlicher Prozess

Kinder lernen eine Fremdsprache anders als Erwachsene. Sie setzen sich nicht bewusst mit den Regeln der neuen Sprache auseinander, sondern nehmen sie in einem ganzheitlichen Prozess auf. Dabei spielt die Entwicklung des Hörverstehens eine große Rolle, denn das Kind lernt, Gehörtes zu verstehen, indem es Vermutungen über die Bedeutung des Gesagten anstellt. Diese Vermutungen kommen im handlungsorientierten Unterricht durch Mimik oder Gestik des Lehrenden zustande, oder aber durch Realien, Tafelzeichnungen und Bilder. Durch eindeutige Materialien sowie durch zahlreiche Wiederholungen wird die Vermutung der Kinder bestätigt, ohne dass auf die Muttersprache zurückgegriffen werden muss. (vgl. Gerngross/Puchta 2001, S. 22f)

Zurzeit wird die Unterrichtspraxis noch zu häufig von einem lehrerzentrierten Frontalunterricht dominiert. Durch diese „Verkopfung des Unterrichts“ (vgl. Meyer 1987, S. 65f) werden die Schüler einseitig gefordert. Folge dieser Einseitigkeit können Desinteresse und Verlust der Motivation sein, eine Tatsache, die sich auf die weitere Laufbahn der Schüler negativ auswirken kann.

2.2.4 Soziologische Begründung

Der gesellschaftliche Wandel der Familie und die „veränderte Kindheit“ haben Auswirkungen auf den Unterricht. So wachsen viele Kinder heute ohne Geschwister auf, was dazu führen kann, dass sie Schwierigkeiten haben, sich in der Schule in eine Klasse einzuordnen, in der sie eines von vielen Kindern sind. Deshalb hat das soziale Lernen an großer Bedeutung gewonnen und sollte möglichst Bestandteil eines jeden Unterrichts sein. Durch die zunehmende Verhäus-lichung bewegen sich Kinder in ihrer Freizeit heute weniger als noch vor zwei Jahrzehnten. In der Schule ist es deshalb besonders wichtig, dem Bewegungsbedürfnis der Schüler durch bewegten Unterricht (beispielsweise durch Total Physical Response (TPR)) entgegen zu kommen und Möglichkeiten zum „Austoben“ zu bieten. Ein weiterer Punkt ist die Konzentrationsfähigkeit, die, möglicherweise bedingt durch Zunahme von Fernsehkonsum und Computerspielen, teilweise stark abgenommen hat. Damit kein Kind während des Unterrichts gedanklich abschweift oder sich nicht mehr konzentrieren kann, sind abwechslungsreiche, kurze Phasen und Methodenwechsel wichtig. Gudjons (1997, S. 13f) sieht handlungs- und produktionsorientierten Unterricht als mögliche Antwort auf die Tatsache, dass Kinder ihre Lebenswelt immer häufiger aus zweiter Hand (v.a. durch die Medien) erfahren, was zu einem Verlust sinnlicher Erfahrung führen kann. Somit kann handlungsorientierter Unterricht eine Möglichkeit sein, den Kindern Handlungsräume für die selbstständige Erschließung ihrer Lebenswelt einzuräumen.

Die genannten Aspekte führen dazu, dass sich Unterricht mit veränderten Lernbedingungen auf die veränderten Lebensbedingungen der Kinder einstellen muss. Handlungs- und produktionsorientierter Unterricht eignet sich dafür in besonderem Maße, da er individuelle Bedürfnisse berücksichtigt, verschiedene Lerntypen anspricht, TPR beinhaltet und Schüler in ihrer Sinnlichkeit anspricht.

2.3 Merkmale und Ziele

Das Ziel des handlungsorientierten Unterrichts ist es im Allgemeinen, dass durch ein ausgewogenes Verhältnis von Kopf- und Handarbeit die Motivation und Freude am Lerngegenstand erhöht und beibehalten wird. Zudem wird durch die demokratische Beteiligung der Schüler am zu Lernenden die Selbstständigkeit und Eigenverantwortung ermöglicht und gefördert (Meyer 1987, S. 410). Herbert Gudjons (1997a, S. 115ff) nennt fünf wichtige Merkmale, die den handlungsorientierten Unterricht beschreiben und die wesentlichen Ziele beinhalten.

Aktivierung vieler Sinne

Im handlungsorientierten Unterricht wird versucht, möglichst viele Sinne mit einzubeziehen, wenn ein Lerngegenstand erarbeitet wird. Im Idealfall werden Theorie und Praxis ganzheitlich erlebt, wie beispielsweise im Spiel, beim Backen oder während eines Projekts. Die Wirklichkeit wird folglich nicht nur verbalisiert, sondern handelnd erfahren und gestaltet.

Selbstverantwortung, demokratische Mitbestimmung und methodische Kompetenz der Schüler

Der handlungsorientierte Unterricht gibt den Kindern Raum für Selbstorganisation und

-verantwortung. Die Selbstverantwortung sollte stetig gesteigert werden, um die Kinder anfangs nicht zu überfordern und ihnen zunehmend mehr Raum zu geben, eigene Interessen in die Unterrichtsgestaltung einzubringen.

So wie es Merkmal einer Handlung ist, dass sie ein Ziel und eine innere Struktur besitzt, ist auch der handlungsorientierte Unterricht zielgerichtet. Deshalb muss der Lehrer gemeinsam mit den Schülern festlegen, welches Ziel erreicht, welche Probleme gelöst, welche Teilschritte dazu benötigt und welche Produkte hergestellt werden sollen (demokratische Mitbestimmung der Schüler). So erwerben die Kinder methodische Kompetenzen, denn sie übernehmen Teile der traditionellen Lehrerrolle, während der Lehrer ein Stück seiner „Macht“ aus der Hand gibt.

Produktorientierung

Es werden nach Möglichkeit konkrete Produkte angestrebt. Allein die „Herstellung“ einer Sache macht jedoch noch keinen handlungs- und produktionsorientierten Unterricht aus. Vielmehr liegt in der Dokumentation des Weges, im Resümee des Ergebnisses oder in der Analyse von Schwierigkeiten die entscheidende methodische Kompetenzerweiterung der Schüler. Es kommt also darauf an, dass aus dem Unterricht entstehende Produkte versprachlicht werden und anderen zugänglich gemacht werden. Indem Produkte z.B. in der Klasse präsentiert werden, wird die geleistete Arbeit öffentlich gemacht und erfährt zugleich Würdigung. Dieser Prozess ist sehr entscheidend für den Zusammenhang von Denken und Handeln (z.B. für die Verbalisierung von Handlungsprozessen).

Kooperatives Handeln

Der handlungsorientierte Unterricht benötigt für seine Umsetzung kooperative Arbeitsformen wie Partnerarbeit, Gruppenarbeit oder das Klassengespräch. Hierdurch wird Rücksichtnahme, Zusammenarbeit, Konfliktlösung und Kommunikationsfähigkeit geübt. Es wird miteinander und voneinander gelernt und das soziale sowie das emotionale Lernen werden gefördert.

Lebensbezug

Der handlungsorientierte Unterricht ist bemüht, einen Bezug zwischen der Schule und ihrer Umwelt bzw. der Lebenswelt der Kinder herzustellen. „Das Prinzip, das Leben wieder am Leben selbst zu lernen, mutet den Schülern gelegentlich auch die Ungereimtheiten und Widersprüche von Situationen aus dem Leben zu.“ (vgl. Gudjons 1997a, S. 118) Vor allem aber macht Lernen für Kinder einen Sinn, wenn sie erkennen, dass sie das, was sie im Unterricht lernen, tatsächlich konkret anwenden und gebrauchen können. Gleichzeitig werden Einzelphänomene oder künstliche Einteilungen in Fächer überschritten, indem die Dinge des wirklichen Lebens in einen Zusammenhang gebracht werden; der handlungsorientierte Unterricht weist deshalb oft fächerübergreifende bzw. interdisziplinäre Elemente auf.

2.4 Methodische Elemente

In diesem Kapitel werden verschiedene Elemente, die bei der Planung und Umsetzung eines handlungs- und produktionsorientierten Englischunterrichts in der Grundschule Berücksichtigung finden können, vorgestellt und begründet.

2.4.1 Spiele

Das Spiel ist ein wichtiges Element kindlicher Lernprozesse und hat einen wirksamen Aufforderungs- und Wiederholungscharakter. Es ermöglicht den Schülern, sich auf motivierende, kreative, oft unbewusste Weise mit der fremden Sprache zu beschäftigen, ihren Bewegungsdrang auszuleben und soziale Fähigkeiten zu entwickeln. Spielen setzt die Schüler nicht unter Druck, es kann zur Entspannung führen und sprachliche Hemmungen abbauen. Weiterhin dienen Spiele der Kommunikation und bieten die Möglichkeit, den Schülern die Sprache in einem natürlichen Kontext näher zu bringen (vgl. Ziele des handlungsorientierten Unterrichts in Kapitel 2.3).

Margaret Alig (1993, S. 13) schreibt in ihrem Aufsatz zum Spielen und Lernen in der englischen Sprache: „Der neue Ansatz, mit Kindern im Grundschulalter Englisch zu lernen, schließt Kommunikation und Interaktion durch Spiele ein. (...) Die meisten Grundschulkinder lernen indirekt durch Spiele und Reime, Lieder und Geschichten, wobei sie sich nicht auf die Sprache konzentrieren, sondern auf das, was sie gerade tun. Kinder in der Grundschule lieben es, zu reden, zu singen und Spaß zu haben.“

Indem sie Spiele spielen, werden Kinder also sprachlich handelnd aktiv und der individuelle Sprechanteil eines jeden Schülers wird erhöht. Weiterhin ist das Merkmal der „Quasi-Realität“ im Spiel wichtig, denn das Spiel findet auf einer von der Realität abgegrenzten Ebene statt. Kuntze und Löffler (1980, S. 15) beschreiben diese Ebene als einen Zustand, der außerhalb des alltäglichen Lebens liegt, deshalb aber nicht unernst oder irreal ist. Das Spiel ist demnach ein Schonraum, in welchem bereits Erlerntes im Sinne der kommunikativen Progression erprobt und angewandt werden kann. Dies kann beim Abbau von Sprechbarrieren helfen und somit zur Förderung der Kommunikationsfähigkeit beitragen

Spiele sind im Englischunterricht vielfältig einsetzbar. In der Diskussion um den Einsatz von Spielen im Englischunterricht bestand bis in die 80er Jahre des 20. Jahrhunderts die vorherrschende Meinung, dass Spiele entweder am Anfang oder am Ende der Unterrichtsstunde eingesetzt werden sollten, um das Stundenkonzept nicht zu beeinflussen. Wegen der oben aufgeführten Gründe tendiert man heute jedoch dazu, das wertvolle Medium Spiel in den Unterrichtsverlauf einzubetten. Spiele können deshalb eingesetzt werden, um neues Wortmaterial einzuführen, als Übungsformen zur Festigung neuen Sprachmaterials oder zur Einbindung bekannten Wortmaterials in neue Zusammenhänge.

2.4.2 Storytelling

Für das Sprachenlernen sind Geschichten sehr wichtig. Sie motivieren die Schüler, regen die Phantasie an, können ganzheitliche Lernaktivitäten einleiten, und bringen Abwechslung, Spaß und Authentizität in den Unterricht. Die Schüler lernen durch das Erzählen von Geschichten, die fremde Sprache in einem Sinnzusammenhang zu verstehen, selbst wenn sie noch nicht jede Einzelheit erfassen können (vgl. Klippel 2000a, S. 159).

Das primäre Ziel beim „Storytelling“ ist nach Ansicht vieler Autoren die Schulung des Hörverstehens (vgl. z.B. Piepho 2000a, S. 43). Dieser Aspekt ist sicherlich sehr wichtig, jedoch darf nicht vergessen werden, dass Geschichten auch zur Förderung der Kommunikationsfähigkeit eingesetzt werden können. Dazu können bereits bekannte Redemittel in einem neuen Kontext angewandt und geübt werden. Der in Geschichten reichhaltig vorhandene Sprachschatz kann Schüler zum Ausbau der eigenen Kommunikationsfähigkeit motivieren und sich mehrfach wiederholende Satzstrukturen tragen dazu bei, dass diese sich schnell einprägen.

2.4.3 Lieder und Reime

Lieder und Reime nehmen im Fremdsprachenunterricht der Grundschule einen festen Platz ein und sprechen besonders die musische und musikalische Aufmerksamkeit der Schüler an (vgl. Piepho 2000b, S. 3). Sie machen den Kindern Spaß, was sich motivierend auf ihr Lern- und Sprechverhalten auswirkt. Durch die Rhythmisierung der Sprache, den Klang, die Intonation und durch das häufige Wiederholen von Liedern und Reimen prägen sich der Wortschatz und der Sprachrhythmus bei Kindern besonders gut ein – schnell wird ein Lernerfolg sichtbar, der die Kinder mit Stolz erfüllt und ihnen Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten gibt. Gleichzeitig sprechen viele Lieder und Reime die Schüler emotional an, bieten einen Einblick in die Kinderkultur englischsprachiger Länder und lassen den Unterricht damit an Authentizität gewinnen.

Besonders gut eignen sich „action songs“ oder „action rhymes“ für den Einsatz im Englischunterricht, da sie Sprache und Bewegung verbinden und so das Erinnerungsvermögen der Kinder nachhaltig unterstützen. Wenn sie mit dem ganzen Körper beteiligt sind und aktiv und ganzheitlich agieren, lernen alle Schüler, und unter ihnen insbesondere die kinästhetischen Lerntypen, besonders gut (vgl. Klippel 2000a, S. 196). Lieder und teilweise auch Reime bieten weiterhin den Vorteil, dass die Schüler gemeinsam singen bzw. sprechen können, was vielen Kindern leichter fällt, als allein vor der Klasse in der fremden Sprache zu reden, und insbesondere die schwächeren Schüler entlastet. Gemeinsames Sprechen bedeutet auch, dass die individuelle Sprechzeit deutlich erhöht wird.

Zu bedenken ist jedoch, dass das Lernen englischer Lieder und Reime nicht zum Selbstzweck werden sollte. „Vielmehr bilden die poetischen Texte die Grundlage dafür, dass die Schülerinnen und Schüler die gewonnenen sprachlichen Mittel durch Transfer in anderen Zusammenhängen aktiv verwenden können.“ (Jaffke 2004, S. 42) Die durch Lieder und Reime eingeführten Wörter und Strukturen können und sollen also auch in anderen Kontexten aufgegriffen und von den Schülern vertieft werden.

2.4.4 Dialoge

Kinder wollen sich in der neuen Sprache selbst mitteilen und Dialoge ermöglichen ihnen ein „So-Tun-als-ob“. Sie können in Dialogsituationen in fremde Rollen schlüpfen, Vertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit gewinnen, soziale Fähigkeiten ausbauen und in einem möglichst authentischen Kontext die fremde Sprache lernen. Durch das Erlernen kurzer Dialoge erhalten die Schüler ein Erfolgserlebnis und werden gleichzeitig auf mögliche reale Begegnungen in der fremden Sprache vorbereitet. Diese Aspekte entsprechen den in Kapitel 2.3 genannten Zielen des handlungs- und produktionsorientierten Englischunterrichts.

Dialoge im Grundschul-Englischunterricht sollten aus der Lebenswelt der Kinder stammen und einen schematischen, vorhersehbaren Ablauf haben (z.B. Einkaufssituationen oder Fragen nach dem Befinden). Der Dialog selbst sollte kurz sein und aus maximal drei bis vier Sprecherwechseln bestehen, um die Schüler nicht zu überfordern. Schließlich sollten die Redemittel so gewählt werden, dass sie von den Schülern in verschiedenen Kontexten verwendet werden können (vgl. Bredenbröcker et al. 2005, S. 9).

Timm (1995, S. 96f) ist der Meinung, dass sich Dialoge zur Verknüpfung sprachlicher, parasprachlicher und nicht-sprachlicher Elemente eignen, soweit sie nicht nur gelesen, sondern richtig inszeniert werden. Dazu bietet es sich an, einige Realien zur Verfügung zu stellen, die die Kinder in die Dialogsituation integrieren können, z.B. entsprechende Kleidungsstücke.

Auch das Rollenspiel ist eine Art Dialog und ebenso eine Arbeitsform, in der Sprache mit Elementen natürlicher Kommunikation gekoppelt wird. Im Gegensatz zum gespielten Dialog bestimmen die Schüler im Rollenspiel größtenteils selbst, was sie und wie sie es sagen wollen. Sie müssen mit anderen kooperieren und sich in sie einfühlen, sie sind kognitiv, emotional und körperlich involviert und bringen ihre ganze Persönlichkeit ein (vgl. Timm 1995, S. 97). Rollenspiele können, wenn sie von elementaren und bereits erprobten Situationen ausgehen, schon im Englischunterricht der Grundschule eingesetzt werden.

2.4.5 Total Physical Response (TPR)

Die von James Asher entwickelte Methode des Total Physical Response entspricht einem multisensorischen Ansatz der Sprachvermittlung. Dabei findet die Tatsache, dass es verschiedene Lerntypen gibt, besondere Berücksichtigung. Je enger das Hörverstehen mit konkreten Handlungen verknüpft ist, desto besser merken sich die Kinder die gelernten Wörter und Redemittel, die so anschließend leichter produktiv umgesetzt werden können.

Bei der Methode des TPR hören die Kinder eine Anweisung oder einen Satz, den sie sofort gestisch, mimisch oder anderweitig physisch darstellen, indem sie die Lehrkraft körperlich imitieren. Somit ist das Verstehen unmittelbar mit dem Tun verbunden, was beinhaltet, dass die rechte und die linke Gehirnhälfte optimal zu gleichen Teilen genutzt werden (vgl. Bredenbröcker 2005, S. 11). Weiterhin hat diese Methode einen spielerischen Charakter, der jedoch einen sinnvollen und lebensnahen Bezug hat, was die Bedeutung im handlungs- und produktionsorientierten Unterricht unterstreicht.

2.4.6 Lernen an Stationen

Gerade das Lernen an Stationen bietet sich für den handlungs- und produktionsorientierten Unterricht an, weil es die Möglichkeit bietet, an den verschiedenen Stationen Aufgaben, Aufgabentypen und Übungen zur Verfügung zu stellen, die unterschiedliche Sinne der Schüler und damit verschiedene Lerntypen ansprechen. Die Selbstständigkeit und Eigenverantwortlichkeit für das eigene Lernen wird angeregt, indem die Schüler selbst auswählen dürfen, welche Aufgaben sie bearbeiten, wie viel Zeit sie sich dafür nehmen, welche Arbeits- und Sozialform sie auswählen und welchen Schwierigkeitsgrad die Aufgaben haben. Damit werden mehrere Ziele des handlungs- und produktionsorientierten Unterrichts erfüllt (vgl. Kapitel 2.3). Für den Lehrer bedeutet die Vorbereitung eines Lernens an Stationen zwar viel Arbeit, dafür kann er sich aber im Unterrichtsverlauf mehr zurücknehmen und hat Zeit, um die Schüler zu beobachten.

2.5 Probleme und Grenzen

Handlungs- und produktionsorientierter Unterricht ist durch die in Kapitel 2.2 und 2.3 genannten Möglichkeiten sehr effektiv. Neben all den Vorteilen, die die Methode bietet, gibt es jedoch auch eine Reihe vornehmlich unterrichtspraktischer Argumente, die gegen das Konzept sprechen.

Handlungs- und produktionsorientierter Unterricht ist ein anspruchsvoller Unterricht, der vom Lehrer und teilweise auch von den Schülern einen hohen Einsatz persönlicher Aktivität fordert. Er ist nicht so „bequem“ wie beispielsweise Frontalunterricht, gleichzeitig aber risikoreicher: So können offenere Unterrichtsphasen unruhiger oder lauter ablaufen als geplant, oder es sind Planänderungen aufgrund der gewünschten Selbstständigkeit und Möglichkeit der Mitbestimmung durch die Schüler möglich. (vgl. Meyer 1987, S. 410f)

Ein weiteres Problem könnte es für unerfahrene Lehrkräfte sein, den roten Faden einer Unterrichtseinheit beizubehalten, da Unterrichtsprozesse abhängig von den Bedürfnissen der Schüler und nicht in einer lehrgangsmäßigen Ordnung ablaufen. Auch die Unruhe, die durch Umorientierungen der Unterrichtsarbeit auftreten kann, spricht gegen die Einführung des Konzeptes.

Die organisatorisch-institutionellen und die curricularen Voraussetzungen stellen ein weiteres Problem im handlungs- und produktionsorientierten Unterricht dar. Hier sind zum Beispiel der 45-Minuten-Rhythmus der Stundeneinteilung oder das Fachunterrichtsprinzip zu nennen. Ein Unterrichtsgang muss beispielsweise langfristig geplant und mit Kollegen abgesprochen werden. Auch Lehrplanzwänge, Stoffdruck, Rechts- und Verwaltungsvorschriften können zu Hürden der Handlungsorientierung werden. Schließlich gibt auch eine erschwerte normorientierte Leistungsbewertung häufig Anlass zu Zweifel und Skepsis hinsichtlich des handlungs- und produktionsorientierten Unterrichts, da punktuelle Leistungsmessungen wie im altbekannten Unterricht hier unpassend sind. Durch testartiges Abfragen würden Einzelphänomene in den Vordergrund rücken und die angestrebte Ganzheitlichkeit verdrängen. (vgl. Meyer 1987, S. 410f) Jedoch sind auch im handlungsorientierten Unterricht Leistungsmessungen möglich, wenngleich in veränderter Form, zum Beispiel durch Portfolios.

Von entscheidender Bedeutung ist es, dass seitens der Schüler ein Lernwille vorhanden sein muss, um den Lernstoff aufnehmen zu können – haben sie kein Interesse an selbstbestimmtem, selbstverantwortlichem Handeln, ist ein ganzheitlicher Unterricht nicht möglich. Im handlungs- und produktionsorientierten Unterricht reicht Aufnahmebereitschaft allein jedoch nicht aus: Hier benötigen die Schüler zusätzlich noch eine offene Einstellung und den Mut, sich auf andere Lernsituationen einzulassen. (vgl. Klippel 2000b, S. 244)

Ein weiterer Punkt ist, dass nicht alle Menschen in der Lage sind, Sprache allein durch häufige Verwendung im situativen Kontext zu erlernen. Da handlungs- und produktionsorientiertes Lernen im Grundschul-Englischunterricht vorrangig auf den Gebrauch der Sprache in kommunikativen Situationen angelegt ist, würden diese Lerner nicht ausreichend angesprochen. Klippel (ebd., S. 243) schlägt für diese Schüler deshalb Phasen fokussierten Lernens vor, in denen Einzelphänomene und einzelne Teillernziele (z.B. das -s der 3. Person Singular im simple present oder die Verwendung von a/an) isoliert erarbeitet werden.

[...]


[1] Die maskuline Form wird im Folgenden aus Gründen der besseren Lesbarkeit verwendet und schließt Schülerinnen mit ein.

Fin de l'extrait de 62 pages

Résumé des informations

Titre
Handlungs- und produktionsorientierter Englischunterricht in der Grundschule
Sous-titre
Dargestellt an der Einheit "Going on holiday"
Cours
2. Staatsexamen
Note
1,5
Auteur
Année
2006
Pages
62
N° de catalogue
V66741
ISBN (ebook)
9783638591768
ISBN (Livre)
9783656723066
Taille d'un fichier
728 KB
Langue
allemand
Annotations
Die Arbeit wurde als Examensarbeit für das 2. Staatsexamen für das Lehramt an Grund-, Haupt- und Realschulen in Niedersachsen geschrieben. Sie enthält einen umfassenden Theorieteil zum handlungs- und produktionsorientierten Unterricht und die Darstellung einer Unterrichtseinheit von 9, teilweise fächerübergreifenden, Stunden mit 3 ausführlich dargestellten Unterrichtsstunden (jeweils mit Sachanalyse, didaktischer Analyse, methodischen Überlegungen, Verlaufsplanung, Reflexion der Stunde). Anhänge z.T. aus urheberrechtlichen Gründen nicht mitveröffentlicht, jedoch Quellenangaben angegeben.
Mots clés
Handlungs-, Englischunterricht, Grundschule, Einheit, Going, Staatsexamen
Citation du texte
J.-M. Dammann (Auteur), 2006, Handlungs- und produktionsorientierter Englischunterricht in der Grundschule, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/66741

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