Sprache hat in Frankreich den Status einer nationalen Angelegenheit. Die Politik und die zahlreichen Organisationen zur Sprachpflege haben sich einerseits zur Aufgabe gemacht das Französische gegen Überfremdung durch andere Sprachen zu schützen. Andererseits ist Sprache sehr dynamisch und einem steten Prozess der Veränderung ausgesetzt, weshalb die Notwendigkeit besteht Neuschöpfungen zu schaffen. Die französische Sprachpolitik widersetzte sich lange der Tatsache, dass neue Sachverhalte auch neue Ausdrücke erfordern und lehnte Neologismen entschieden ab. Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ist eine deutliche Öffnung der konservativen Sprachpolitik zu bemerken. Nun wird versucht Anglizismen, die den weitaus größten Teil fremdsprachlichen Guts ausmachen, entweder in angepasster Form in das Französische aufzunehmen oder durch künstlich geschaffene französische Wörter zu ersetzen. Durch den 1996 offiziell angekündigten Einstieg der französischen Politik in das Internetzeitalter, ergeben sich neue Möglichkeiten der Erkennung von Anglizismen, aber auch der Verbreitung von offiziellen Ersatzwörtern. In der vorliegenden Arbeit soll der Umgang der französischen Sprachpolitik mit Neologismen untersucht werden. Dabei liegt der Schwerpunkt auf dem Phänomen der Anglizismen. Zu Beginn gebe ich einen Überblick über die Sprachpolitik ab dem 16. Jahrhundert. Im Anschluss beschreibe ich den Einfluss von Anglizismen in Frankreich und erläutert weiterhin wie das Internet zur Sprachpflege genutzt wird. In diesem Zusammenhang gehe ich auf verschiedene Arten von Neologismen ein.
Inhaltsverzeichnis
1. Französische Sprachpolitik und der Umgang mit Neologismen
2. Historischer Überblick über die Sprachgesetzgebung
2.1. Befürworter und Gegner von Neologismen
2.2. Die Begriffe néologisme und néologie
2.3. Wandel der Sprachpolitik ab
3. Anglizismen
3.1. Kontaktsituation des Französischen mit dem Englischen
3.2. Motive der Entlehnung
3.3. Äußeres und inneres Lehngut
3.4. Anglizismen in der Kritik
4. Das Internet als Medium der Sprachpflege
4.1. Die Commission générale de terminologie et de néologie und die Académie française als Entscheidungsorgane
4.2. Entstehungsprozess eines Ersatzwortes
4.3. Vorteile des Mediums Internet für die Sprachpolitik
4.4. Arten von Neologismen
4.4.1. Künstlich geschaffene Äquivalente
4.4.2. Spontan entstandene Äquivalente
4.4.3. Kooperativ-experimentelle Neologismen
5. Zusammenfassung
6. Bibliographie
1. FRANZÖSISCHE SPRACHPOLITIK UND DER UMGANG MIT NEOLOGISMEN
Sprache hat in Frankreich den Status einer nationalen Angelegenheit. Die Politik und die zahlreichen Organisationen zur Sprachpflege haben sich einerseits zur Aufgabe gemacht das Französische gegen Überfremdung durch andere Sprachen zu schützen. Andererseits ist Sprache sehr dynamisch und einem steten Prozess der Veränderung ausgesetzt, weshalb die Notwendigkeit besteht Neuschöpfungen zu schaffen. Die französische Sprachpolitik widersetzte sich lange der Tatsache, dass neue Sachverhalte auch neue Ausdrücke erfordern und lehnte Neologismen entschieden ab. Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ist eine deutliche Öffnung der konservativen Sprachpolitik zu bemerken. Nun wird versucht Anglizismen, die den weitaus größten Teil fremdsprachlichen Guts ausmachen, entweder in angepasster Form in das Französische aufzunehmen oder durch künstlich geschaffene französische Wörter zu ersetzen. Durch den 1996 offiziell angekündigten Einstieg der französischen Politik in das Internetzeitalter, ergeben sich neue Möglichkeiten der Erkennung von Anglizismen, aber auch der Verbreitung von offiziellen Ersatzwörtern.
In der vorliegenden Arbeit soll der Umgang der französischen Sprachpolitik mit Neologismen untersucht werden. Dabei liegt der Schwerpunkt auf dem Phänomen der Anglizismen. Zu Beginn gebe ich einen Überblick über die Sprachpolitik ab dem 16. Jahrhundert. Im Anschluss beschreibe ich den Einfluss von Anglizismen in Frankreich und erläutert weiterhin wie das Internet zur Sprachpflege genutzt wird. In diesem Zusammenhang gehe ich auf verschiedene Arten von Neologismen ein.
2. HISTORISCHER ÜBERBLICK ÜBER DIE SPRACHGESETZGEBUNG
2.1. Befürworter und Gegner von Neologismen
Das Sprachbewusstsein Frankreichs ist im Vergleich zu anderen Nationen besonders stark ausgeprägt. Im allgemeinen gilt die französische Sprachpolitik als sehr sprachnormorientiert und verbunden mit der Tradition:
Nous sommes conservateurs, nous n’avons pas le réflexe de créer des mots nouveaux, cela ne nous amuse pas, et quand nous le faisons, c’est avec crainte et tremblement, avec le sentiment d’être sacrilège. Nous nous vantons d’être un peuple de grammairiens. (Corbeil 1971: 136, zit. nach Helfrich 1993: 2)
Bereits seit dem 16. Jahrhundert gibt es die Sprachdiskussion. Befürworter einer Spracherweiterung waren vor allem Du Bellay und Ronsard, die sich für eine Übernahme von Wörtern aus dem Italienischen und Lateinischen sowie aus Fachsprache und diatopischen Registern einsetzten. Ronsard und auch Du Bellay mit seinem berühmten Werk von 1549 Déffence et illustration de la langue françoyse machten sich für ein enrichissement der französischen Sprache stark. Dem gegenüber stehen ab dem 17. Jahrhundert die Vertreter des Purismus und des Bon usage, die die Reinheit, Klarheit und Eindeutigkeit der Sprache bewahren wollen. Die wichtigsten Vertreter sind Estienne, Malherbe und Vaugelas, der mit seinen Remarques sur la langue française ebenfalls eine grundlegende Arbeit verfasste. Diese Koexistenz von Unterstützern und Gegnern der sprachlichen Bereicherung besteht auch in den folgenden Jahrhunderten und bleibt bis heute eine immer wieder auflodernde Polemik. Die Seite der Puristen sieht Neologismen und Fachsprache als Gefahr für die clarté und pureté. Anglizismen schaden der Universalität des Französischen, das den Anspruch hat eine internationale Kommunikationssprache zu sein:
Le français a hérité l’immense chance d’être une grande langue internationale [...] qui le situe juste après l’anglais. [...] Le français est enseigné dans tous les pays, sur tous les continents. Il est depuis des siècles une grande langue de culture, utilisée dans les domaines les plus divers.[1]
Die Befürworter von Neuschöpfungen wollen die sprachliche Vielfalt fördern, weshalb sie für die Akzeptanz von regionalen Dialekten und gruppenspezifischen Sprachen wie z.B. der Jugendsprache sind. Weiterhin sehen sie die Notwendigkeit Neologismen zu schaffen, da es schlicht zu umständlich ist neue Gegenstände und Sachverhalte in unserer modernen Welt mit alten Termini zu umschreiben.
2.2. Die Begriffe néologisme und néologie
Die Wortfamilie mit den Wörtern néologie, néologisme, néologique, néologue, néologiste und néologuer ist im 18. Jahrhundert entstanden. Während der Ausdruck néologie neutral bewertet wurde, ist néologisme in Frankreich schon sehr früh negativ konnotiert. Mercier schreibt in seinem 1801 erschienenen Neologismenwörterbuch Néologie, ou Vocabulaire de mots nouveaux, à renouveler, ou pris dans des acceptions nouvelles: „Néologie se prend toujours en bonne part, et Néologisme en mauvaise, il y a entre ces deux mots, la même différence qu’entre religion et fanatisme, philosophie et philosophisme”. (Mercier 1801: 6f, zit. nach Helfrich 1993: 5)
Im Wörterbuch der Académie française von 1762 werden beide Wörter mit den geschilderten Konnotationen erstmals aufgenommen. Im 19. und 20. Jahrhundert ist die allgemeine Meinung, dass man Neubildungen nur in absolut notwendigen Situationen zulassen dürfe, ansonsten aber abzulehnen seien. Néologie ist also eine akzeptierte und notwendige sprachliche Neuerung, während néologisme den übertriebenen Missbrauch darstellt. Mittlerweile hat sich die Konnotation von néologisme fast neutralisiert. Allerdings gibt es zum Gebrauch der beiden Worte in verschiedenen Lexika unterschiedliche Vermerke. Im Petit Larousse Wörterbuch sind beide Begriffe zu finden. Néologie wird hier als Überbegriff für die Prozesse der Neologismenbildung definiert, während für den Eintrag néologisme folgendes zu finden ist: „mot ou expression de création ou d’emprunt récents; acception nouvelle d’un mot ou d’une expression existant déjà dans la langue.“ (Le Petit Larousse illustré 1998: néologisme). Hingegen ist im Trésor de la Langue Française Informatisé zu lesen, dass néologisme als Synonym für néologie veraltet sei (TLFI 06.04.05: néologisme). Im Allgemein kann man also beide Begriffe gleichermaßen verwenden.
2.3. Wandel der Sprachpolitik ab 1972
Während im 16. und 17. Jahrhundert vor allem gegen die Regionalsprachen und das Latein gekämpft wurde, muss sich die moderne Sprachpolitik gegen die angloamerikanischen Wörter erwehren.
Nachdem ab Beginn des 20. Jahrhunderts eine Welle von Anglizismen nach Frankreich kam, sah sich die Politik gezwungen diese Entwicklung aufzuhalten. Als erste Maßnahme wurde durch Dekret vom 31.03.1966 ein Hohes Komitee zur Verteidigung und Verbreitung der französischen Sprache gegründet.
Ein fundamentaler Schritt der Politik in Richtung auf eine Öffnung gegenüber Neologismen und Fachsprache war das Dekret vom 7. Januar 1972 sur l’enrichissement de la langue française. Damit wurden Terminologiekommissionen eingerichtet mit der Aufgabe neue Begriffe für neue Sachverhalte zu finden und Fremdwörter, vor allem Anglizismen, durch französische Wörter zu ersetzen. Für die öffentliche Verwaltung und das Unterrichtswesen wurden Listen mit offiziellen Ersatzwörtern veröffentlicht. Bald jedoch erkannte man, dass der verpflichtende Gebrauch der Wörter über diese zwei Bereiche hinaus ausgedehnt werden müsse. Dies führte zum Sprachgesetz von 1975, die sogenannte Loi Bas-Lauriol. Dieses Gesetz verbietet die Verwendung von Fremdwörtern, falls eine französische Entsprechung vorhanden ist. Das Gesetz gilt für viele Bereiche des öffentlichen Lebens.[2] In ihm wird auf das „franglais“ und auf Anglizismen à la française aufmerksam gemacht, d.h. auf Lehnwörter, die an die französische Sprachstruktur angepasst wurden.[3]
Da zum Verständnis solcher Neologismen selbst Englischkenntnisse oft nicht mehr weiterhelfen, fördern sie in den Augen der Gesetzesgeber das Entstehen anarchischer Sprachzustände. (Cypionka 1994: 23)
[...]
[1] http://www.culture.gouv.fr/culture/dglf/ (letzter Zugriff: 17.01.2005).
[2] Alle Gesetzestexte können eingesehen werden unter der Internetadresse: http://www.culture.fr/culture/dglf.
[3] Siehe Kapitel 3.3
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