Empirische Untersuchung zur IT-gestützten Pflegedokumentation


Diploma Thesis, 2006

133 Pages, Grade: 1,0


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Motivation zum Thema
1.2 Problemstellung
1.3 Ziele der Arbeit
1.4 Vorgehen der Untersuchung

2 Der Pflegeprozess

3 Die Pflegedokumentation

4 Derzeitiger Forschungsstand zur IT-gestützten Pflegedokumentation
4.1 Stand im deutschsprachigen Raum
4.1.1 Das Schweizer Paraplegiker - Zentrum in Nottwil (Schweiz)
4.1.2 Implementierung eines Krankenhausinformations-Systems (KIS) an der Steiermärkischen Krankenanstalten Gesellschaft
4.1.3 Das Projekt „Pflegeprozess – Standardisierung und Qualität in der Pflege“
4.1.4 Die PIK-Studie
4.1.5 OsnaMAP
4.1.6 Weitere Projektgruppen
4.2 Internationaler Stand der Forschung
4.2.1 Nursing Integrated Information System (NIIS)
4.2.2 Nursing record systems: effects on nursing practice and health care outcomes
4.3 Zusammenfassung des aktuellen Forschungsstand

5 Vorgaben für die Pflegedokumentation
5.1 Gesetzliche Vorgaben für die Pflegedokumentation
5.2 Gesetzliche Rahmenbedingungen der IT- gestützten Pflegedokumentation
5.3 Vorgaben der Leistungsträger

6 Ziele für den IT-Einsatz in der Pflege

7 Voraussetzungen für den IT-Einsatz
7.1 Mitarbeiterbezogene Voraussetzungen
7.2 Technische Voraussetzungen

8 Vorteile und Risiken der IT-gestützten Pflegedokumentation
8.1 Vorteile der IT-gestützten Pflegedokumentation
8.2 Risiken des IT-Einsatzes
8.2.1 Nutzerbedingte Risiken
8.2.2 Technisch bedingte Risiken

9 Vereinheitlichung der Pflegefachsprache

10 Die empirische Untersuchung
10.1 Zur Untersuchung
10.2 Die Stichprobe
10.3 Das Erhebungsinstrument
10.3.1 Gütekriterien des Fragebogens
10.4 Ergebnisse
10.4.1 Schulungen und Erfahrungen mit dem Computer
10.4.2 Einstellungen zur Arbeit am Computer
10.4.3 Einstellungen zur Pflegedokumentation
10.4.4 Qualitätssichernde Maßnahmen
10.4.4 Einstellungen und Zufriedenheit mit der Systemlösung TOM
10.4.5 Aktualisierung des Systems
10.5 Hypothesentest
10.5.1 Die unterschiedlichen Einstellungen zur PC-Arbeit
10.5.2 Die unterschiedlichen Einstellungen zur Pflegedokumentation
10.5.3 Zusammenhang des Prozessverständnis mit der Zufriedenheit mit der Systemlösung (TOM)
10.5.4 Der Zusammenhang zwischen Einstellungen zur Arbeit am Computer und dem Dokumentationsprogramm
10.5.7 Der unterschiedliche Schulungsbedarf
10.5.8 Zusammenhang zwischen dem Können der Pflegemitarbeiter und der Zufriedenheit der Systemeinführung
10.6 Diskussion der Ergebnisse

11 Zusammenfassung

12 Fazit

13 Ausblick

15 Abbildungsverzeichnis

16 Literaturverzeichnis

Danksagung

Anhang

1 Einleitung

Den Satz von June Clark und Norma Lang (1992) “If we cannot name it, we cannot control it, finance it, research it, teach it, or put it into public policy.“ kann man nicht nur bei Georg (1997:153) lesen, sondern bei vielen Veröffentlichungen auf dem Gebiet der Pfle­geinformatik. Zu Deutsch heißt es: „Wenn wir es nicht benennen, können wir es nicht kontrollieren, finanzieren, lehren oder in die öffentliche Politik bringen.“

In dieser empirischen Untersuchung geht es nicht darum, was die Pflegemitarbeiter(innen) benennen, sondern wie sie zur Pflegedokumentation eingestellt sind und welche Rück­schlüsse sich dadurch evtl. auf die Qualität der Pflegedokumentation ergeben. Da sich die Qualität der Pflegedokumentation bereits durch den Einsatz einer Informationstechnologie

steigern lässt, werden die Einstellungen der Pflegekräfte zur Arbeit am Computer und zur Systemlösung und der damit verbundenen Zufriedenheit untersucht. Welche Vorteile und Erleichterungen die Informationstechnologie für die Pflegedokumentation bedeutet, wird bereits aus ihren Zielen ersichtlich. Die Informationstechnologie bringt aber weit mehr als die unter den Zielen genannte Vorteile. Welche Vorteile die Pflegemitarbeiter(innen) für sich nützlich finden oder wo eine Informationstechnologie eher hinderlich empfunden wird, zeigen die Ergebnisse dieser Untersuchung. Es wird durch die Ergebnisse auch deut­lich, wo Wissenslücken zur Pflegeinformatik zu schließen sind und wo Unzufriedenheiten mit der Systemlösung bestehen. Wobei die Unzufriedenheit nicht immer auf eine schlecht funktionierende Software zu führen ist, sondern auf die Wünsche und Einstellungen der Anwender.

In dieser Arbeit geht es um die Einstellungen der Pflegemitarbeiter(innen) zur IT-gestütz­ten Pflegedokumentation. Für den verwendeten Titel dieser Arbeit wurde sich an Stelle Titels „EDV-gestützten Pflegedokumentation“ entschieden, da die Elektronische Daten­verarbeitung nur ein Teil der gesamten Informationstechnologie ist. In der Literatur zur Thematik der Pflegeinformatik wird noch häufig der Begriff „EDV-gestützte Pflegedoku­mentation“ oder „Rechnergestützte Pflegedokumentation“ verwendet. Warum gerade die­ses Thema ausgewählt wurde, wird im nächsten Teil dieses Kapitels beschrieben.

1.1 Motivation zum Thema

„Wenn ich am PC arbeiten wollte, hätte ich mich nicht für den Beruf der Altenpflegerin entschieden, sondern für eine Bürotätigkeit.“ (Buchner, Franz, 1999:102) Solche Bemer­kungen hört Franz in den ersten Unterrichtsstunden der EDV-Schulungen immer wieder. Ähnliche Aussagen kennt sicherlich jeder von seinen Kolleg/innen, der in einem Pflegebe­ruf tätig ist. So fallen einem auch Unterschiede im Umgang und in der Motivation zum Umgang mit dem PC auf.

In einer Fortbildungsveranstaltung, welche durch uns Studierende zum Thema „Teamarbeit im Gesundheitswesen“ durchgeführt wurde, nannte ein Teilnehmer die EDV als Verbesserungsvorschlag bei Dokumentations- und Kommunikationsproblemen im Team.

Bei einer anderen Veranstaltung, in der die Ergebnisse einer Befragung zur Mitarbeiterzu­friedenheit vorgestellt wurden, wurde ebenfalls als Verbesserungsvorschlag die IT-ge­stützte Pflegedokumentation genannt. Denn in der stationären Einrichtung, in der die Ver­anstaltung stattfand, nimmt die handschriftliche Dokumentation, nach den Mitarbeiteran­gaben, zu viel Zeit in Anspruch, die dann für den Bewohner fehlt. Bei Vorstellung des Verbesserungsvorschlags der Mitarbeiter bei dem Pflegedienstleiter, nannte dieser eine IT-gestützte Pflegedokumentation als eher problematisch, da es Technik ist, die den Mitar­beiter/innen zugemutet werden muss und Formulierungs- und Rechtschreibprobleme wären dann in der IT-gestützten Pflegedokumentation genau ersichtlich. Dabei „führ(t) die Rech­nerunterstützung zur Verbesserung und zur Unterstützung des Pflegeprozesses“. (Mahler, 2002:1)

Während eines Praktikums innerhalb des Studiums bei einem Softwarehersteller, welcher nicht der Kooperationspartner dieser empirischen Untersuchung ist, wurden in Gesprächen mit Kunden ebenfalls immer wieder verschiedene Einstellungen und Fähigkeiten im Um­gang mit dem Computer und einer Systemlösung deutlich. Daher wurde entschieden eine empirische Untersuchung zu den Einstellungen der Pflegemitarbeiter(innen) zur IT-ge­stützten Pflegedokumentation durchzuführen.

1.2 Problemstellung

Der Einsatz der Pflegedokumentation wurde schon 1863 von Florence Nightingale gefor­dert, mit den Worten: „>>In attempting to arrive at the truth, i have applied everywhere for information, but in scarcely an instance have i been able to abtain hospital records fit for any purpose of comparison. If they could be obtaines they would be enable us to decide many other questions besides the one alluded to. They would show the subscribers how their money was being spent, what good was really being done with it, or whether the money was not doing mischief rather thand good.<<”

“(<<Bei meiner Suche nach der Wahrheit habe ich an allen erdenklichen Stellen um Informationen ersucht, es war mir aber so gut wie nie möglich, Krankenberichte zu erhalten, die zum Zweck des Vergleichs getaugt hätten. Wenn solche Berichte verfügbar wären, dann könnten wir viele Fragen beantworten. Diese Berichte würden den Geldgebern zei­gen, wie ihr Geld ausgegeben wird, wie viel Gutes tatsächlich getan wird oder ob mit ih­rem Geld mehr Unfug als Gutes gemacht wird<<).“ (Eichstädter, Schrader, Ammenwerth, 2003:17)

Im heutigen Pflegealltag ist „(d)ie Pflegedokumentation (…) ein wesentlicher Bestandteil der klinischen Dokumentation. Sie begleitet den gesamten Pflegeprozess.“ (Ammenwerth, 2000:219) Die Pflegedokumentation sollte nicht nur in der Klinik, sondern in allen Pflege­unternehmen ein wesentlicher Bestandteil der Dokumentation sein. Mit der Pflegedoku­mentation sollte der gesamte Pflegeprozess mit seinen Phasen dokumentiert werden. Um aber diesen Prozess dokumentieren zu können, bedarf es des Wissens über diesen und des­sen Akzeptanz von den Pflegenden.

In der Langzeitpflege kommt der Pflegedokumentation eine besonders hohe Bedeutung zu. Obwohl den meisten Pflegekräften bewusst ist, wie notwendig eine Pflegedokumentation ist, wird sie „meist nur als Leistungsnachweis und zur rechtlichen Absicherung“ genutzt. (Garms-Homolova, Niehörster, 1997:10) Die Aufgaben welche die Pflegedokumentation hat, sind Funktionen, wie die Dokumentation, Information, Kontrolle und Disposition. Auf diese einzelnen Funktionen wird im dritten Kapitel näher eingegangen.

„Die Dokumentation kann (…) wichtige Planungsdaten für das Management etwa über den Ressourcengebrauch, Personal- und Zeitaufwand liefern.“ (Schrader, 2000:727) Aber auch valide Daten für die Pflegeforschung lassen sich aus der Pflegedokumentation generieren. Häufig gebrauchte Daten werden jedoch oft mehrfach dokumentiert, da diese in extra an­gefertigten Bögen oder Formularen dokumentiert werden müssen. Ein Beispiel für die doppelte Dokumentation ist die 1992 gesetzlich eingeführte Pflege-Personalregelung (PPR). „Diese führte in vielen Häusern zu der Einführung von speziellen Formblättern wenn nicht sogar zur Einführung von Systemen zur rechnergestützten Erfassung dieser Pflegestufen.“ (Schrader, 2000:727) Obwohl diese gesetzliche Regelung zur Pflegeper­sonalberechnung 1997 wieder abgeschafft wurde, wird sie doch in vielen Krankenhäusern weitergeführt. Pflegeheime hingegen berechnen ihren Personalbedarf mit einem Personal­schlüssel. Dieser ist durch §5 der Heimpersonalverordnung geregelt.

Obwohl in den 90er Jahren noch überlegt wurde, ob sich die Pflege überhaupt mit EDV befassen soll, wird diese immer häufiger als Informationsmedium eingesetzt. (vgl. Schrader, 2000:728) Wobei die EDV nur ein Teil der gesamten Informationstechnologie einer Einrichtung darstellt. Trotzdem wird die Hauptaufgabe der Pflege, nämlich „der Pflegeprozess, nur in einigen Pilotprojekten, die oft eher experimentellen Charakter haben, durch den Einsatz von IT unterstützt.“ (Schrader, 2000:727).

„Eine Grundvoraussetzung rechnergestützter Pflegedokumentation ist die Vereinheitli­chung und Standarisierung der verwendeten pflegerischen Fachsprache.“ (Mahler, 2002:2) Gibt es im Unternehmen keine einheitliche Pflegefachsprache können Kataloge aus glei­chen oder ähnlichen Fachbereichen herangezogen werden. So lassen sich sicherlich Kata­loge von geriatrischen Stationen auch in Pflegeheimen anwenden. Wichtig und hilfreich ist die Vereinheitlichung der Fachsprache, wenn später unternehmensübergreifende Auswer­tungen durchgeführt werden sollen. (vgl. Ammenwerth et al, 2000:3) Aber auch Listen und Statistiken, welche ebenfalls für Auswertungen herangezogen werden können, lassen sich flexibel mit der Informationstechnologie erstellen. Um die verwendete Pflegefachsprache zu vereinheitlichen stehen den Einrichtungen mehrere Möglichkeiten zur Verfügung. So kann z.B. um die Pflegefachsprache an einen internationalen Klassifikationskatalog an­zugleichen, die ICNP (International Classifikation of Nursing Practice) benutzt werden. Wobei die ICNP nicht die einzige Möglichkeit ist, die pflegerische Fachsprache zu klassi­fizieren und damit zu vereinheitlichen. Weitere Klassifizierungen werden im neunten Ka­pitel kurz beschrieben.

Eine weitere wichtige Voraussetzung für die Einführungen der Informationstechnologie ist, dass die Pflegemitarbeiter den Pflegeprozess verstehen und umsetzen müssen. „Der Pfle­geprozess ist ein (…) methodisches Vorgehen zur Planung und Steuerung pflegerischer Maßnahmen. (…) Unter Pflegedokumentation verstehen wir die begleitende Dokumenta­tion aller (…) Phasen.“ (Ammenwerth et al., 2000:930) Ohne ein Wissen über diesen Pro­zess und dessen Akzeptanz bei den Pflegemitarbeitern kann dieser auch handschriftlich nicht optimal dokumentiert werden. Soll nun auch noch der Pflegeprozess rechnergestützt dokumentiert werden, sind Fehler in der Dokumentation und eine sinkende Qualität der Dokumentation nicht auszuschließen. Dabei „soll die Rechnerunterstützung zur Verbesse­rung und zur Unterstützung des Pflegeprozesses führen.“ (Mahler, 2002:1) Widersprüch­lich dazu steht die Aussage von Mahler (2002:6): „(…), dass die Akzeptanz des Pflegepro­zesses (…) keine Voraussetzung für die erfolgreiche Einführung einer Pflegesoftware dar­stellt. (…) (Aber), (…)dass man die Akzeptanz von Computern in der Pflege als wichtige Voraussetzung für die erfolgreiche Einführung von rechnergestützter Pflegedokumentation ansehen kann.“

Gründe, warum sich die Dokumentation des Pflegeprozesses auch handschriftlich häufig noch problematisch erweist, sind Schwierigkeiten bei der Formulierung pflegerischer Tä­tigkeiten. „Durch den Rechnereinsatz können ggf. die Schreibaufwände und die Formulie­rungsprobleme reduziert werden.“ (Mahler, 2002:1) Zu den genannten Schwierigkeiten können beim Arbeiten mit der EDV noch ein schlechtes Projektmanagement, ängstliche PC-Anwender, ungenügende Standardisierung pflegerischer Terminologien, schlechte Funktionalität der Software, schlechte Integration in andere Systeme, Angst vor Verlust individueller Pflege und Kontrolle, sowie keine Einsicht, dass Dokumentation notwendig ist, die Dokumentation problematisch werden lassen. Dabei ist die Dokumentation zum einen ein wichtiges Qualitätsinstrument. Zum anderen ist die Pflegedokumentation seit 1985 im Krankenpflegegesetz § 5 (1) geregelt und somit verpflichtend.

Laut Ammenwerth et al (2003:27) „sind in fast allen Einrichtungen, die sich mit der Do­kumentation der pflegerischen Praxis beschäftigen, Probleme damit zu erkennen.” Als ty­pische Probleme nennt Ammenwerth et al (2003:27f) folgende: „(u)nvollständige Doku­mentation(,) (s)achlich falsche Verwendung der Dokumentationssysteme(,) Problem der Ziel- oder Zuordnungsgenauigkeit(,) (s)prachliche Ungenauigkeit, unklare Formulierun­gen(,) (n)achträgliche und nicht kontinuierliche Dokumentation(,) (m)angelnde Verfügbar­keit der Dokumentationsunterlagen für alle Berufsgruppen“.

Hinsichtlich der unvollständigen Dokumentation wurde durch mehrere Untersuchungen festgestellt, dass alle Phasen des Pflegeprozess, sowie der Pflegebericht unvollständig do­kumentiert werden. Probleme gibt es auch mit den Datierungen und Unterschriften der Verantwortlichen.

Bei der Verwendung der Dokumentationssysteme wurde beobachtet, dass die Systeme nicht entsprechend ihrer Vorgaben genutzt wurden. So werden z.B. Probleme unter Maß­nahmen notiert. Die Zielbenennungen mit entsprechender Interventionsauswahl bereiten ebenfalls Schwierigkeiten. In der konventionellen Pflegedokumentation wird häufig auch nicht ersichtlich, ob es Unterlassungen gibt.

Häufig wird auch nur aus dem Gedächtnis und nicht zeitnah dokumentiert wird, was die Ergebnisse vorliegender Untersuchung belegen. Die Dokumentation aus dem Gedächtnis kann zu einer unvollständigen Dokumentation führen. Diese wiederum kann evtl. Folgen für den Bewohner/Patienten haben. Ebenso ist eine kontinuierliche Evaluation der Pflege somit nicht immer möglich.

Ein Problem der konventionellen Dokumentation ist, dass oft mehrere Personen auf diese zur gleichen Zeit zugreifen müssen. So kann die handschriftliche Dokumentation z.B. nicht gleichzeitig zur Visite und zur weiteren Dokumentation genutzt werden.

Trill (vgl. 1993:118) nennt noch ein weiteres Problem mit der konventionellen Dokumen­tation. Dieses liegt darin, dass die Pflegekräfte meist viele Dinge auf kleinen Zetteln do­kumentieren, welche sie während des Dienstes in ihren Kitteltaschen mit sich führen. Die auf den Zetteln dokumentierten Werte oder Beobachtungen werden erst später, meist zum Dienstschluss, in die eigentliche Dokumentation übertragen.

Durch den Einsatz einer IT-gestützten Pflegedokumentation lassen sich viele der genann­ten Probleme lösen. Zudem steigert eine Systemlösung die Qualität der Dokumentation. „(F)ür die Pflegedokumentation(…) relevante Qualitätsaspekte (sind) die Vollständigkeit, Eindeutigkeit, Redundanz, Übersicht, Lesbarkeit und Plausibilität“. (Ammenwerth, 2000:224)

1.3 Ziele der Arbeit

Da die „Vollständigkeit, Eindeutigkeit, Redundanz, Übersicht, Lesbarkeit und Plausibilität [die] (Qualitätsaspekte)“ nach Ammenwerth (2000:224) „für die Pflegedokumentation“ sind, wird in dieser Arbeit untersucht, ob die Pflegemitarbeiter(innen) der Meinung sind, dass sie diese Qualitätsaspekte, mit der in ihrer Einrichtung installierten IT- gestützten Pflegedokumentation, erreichen. Gleichzeitig wird daran auch deutlich, wie zufrieden die Pflegekräfte mit dem Softwareprodukt zur Pflegedokumentation sind.

Mit dieser Arbeit wird auch untersucht, ob die Aussage von Schrader (2000:727) so noch zutrifft, dass der „Pflegeprozess, nur in einigen Pilotprojekten, die oft eher experimentellen Charakter haben, durch den Einsatz von IT unterstützt“ wird oder ob es eher an der Ein­stellung der Pflegekräfte gegenüber Computerarbeit liegt.

Es wird auch untersucht, ob ein fehlendes Prozessverständnis die Ursache ist, warum kaum rechnergestützt dokumentiert wird oder hat Mahler (2002:6) mit ihren Aussagen Recht, „dass die Akzeptanz des Pflegeprozesses (…) keine Voraussetzung für die erfolgreiche Einführung einer Pflegesoftware darstellt. (Aber), dass man die Akzeptanz von Computern in der Pflege als wichtige Voraussetzung für die erfolgreiche Einführung von rechnerge­stützter Pflegedokumentation ansehen kann.“ So wird der Zusammenhang zwischen der grundsätzlichen Einstellung der Pflegekräfte gegenüber der Arbeit am Computer und zur Pflegedokumentation analysiert.

Mit Hilfe der IT-gestützten Dokumentation lässt sich aber auch eine Mehrfachdokumenta­tion vermeiden. „Probleme mit doppelten und unvollständigen Daten treten seltener auf.“ (Goosen, 1998:35) Im Jahr 1998 sagte Goosen (S.46) noch: „Die genannten Vorteile be­ziehen sich (…) auf Zukunftserwartungen. Genannt werden Zeitgewinn, die Möglichkeit zwischen Alternativen zu wählen, die ständige Verfügbarkeit, schnelle Aktualisierung, fundiertere Entscheidungen und Schutz vor Überspezialisierung und Vorurteilen gegenüber bestimmten Pflegediagnosen (Sinclair,1990).“ Ob das Pflegekräfte heute immer noch so sehen und ob Daten immer noch mehrfach dokumentiert werden zeigen die Ergebnisse der Befragung.

Da es durch die Informationstechnologie möglich ist, valide Daten für die Pflegeforschung, das Pflegemanagement, das Qualitätsmanagement, das Controlling und das Benchmarking zu generieren und Kennzahlen zu erstellen, werden die Einstellungen der Pflegekräfte zur Systemlösung untersucht. Da im Fokus der Untersuchung die IT-gestützte Pflegedoku­mentation ist, werden die Einstellungen der Pflegemitarbeiter(innen) zur Pflegedokumen­tation ebenfalls analysiert.

Aus den zuvor genannten Punkten ergeben sich für diese Arbeit folgende Fragen:

1. Wie ist die grundsätzliche Einstellung der Pflegenden zur Pflegedokumentation und zur Arbeit am Computer?
2. Wie ist das Prozessverständnis bei den Pflegenden?
3. Welche Widerstände zur rechnergestützten Pflegedokumentation gibt es?
4. Welche Zusammenhänge gibt es zwischen den Einstellungen der Pflegenden zur Ar­beit am Computer und zum Dokumentationsprogramm?
5. Wie unterscheiden sich die Fähigkeiten und Kenntnisse im Umgang mit dem PC.
6. Haben die Fähigkeiten und Kenntnisse der Pflegemitarbeiter(innen) Auswirkungen auf die Zufriedenheit mit der Softwarelösung zur Dokumentation.
7. Wie ist der Schulungsbedarf bei den Mitarbeitern?

Um diese Fragen beantworten zu können, werden im 10. Kapitel die zu den Untersu­chungsfragen zugehörigen Hypothesen aufgeführt und bearbeitet.

1.4 Vorgehen der Untersuchung

Als erstes erfolgt eine Literatur- und Internetrecherche zu dem gewählten Thema. Ziel der Recherche ist es, den aktuellen Stand der Forschung und der Literatur für den Theorieteil dieser Arbeit herauszufinden. In die Recherche impliziert ist die Suche nach relevanten Fragebögen zu diesem Thema.

Zeitgleich zur Literatur- und Internetrecherche, finden Gespräche mit dem Kooperations­partner dieser Arbeit, welcher die Versendung und Rücksendung Fragebögen übernimmt statt.

Als Nächstes wird ein Expose´ erstellt, in welchem bereits die Ziele und die Methode für diese Untersuchung festgelegt sind. Die gewählte Methode ist eine quantitative Untersu­chung, bei der eine deskriptive[1], explorative[2] und konfirmatorische[3] Datenanalyse erfolgt. Deskriptiv werden z.B. die grundsätzlichen Einstellungen der Probanden zur Computerar­beit, zur Pflegedokumentation und zur Zufriedenheit beschrieben. Exlorativ werden, die in den Hypothesen formulierte Zusammenhänge, analysiert. Die zu analysierenden Daten werden mit einem zuvor konstruierten Fragebogen erhoben.

Bevor die erhobenen Daten analysiert werden, wird der aktuelle Stand der Forschung zur IT-gestützten Pflegedokumentation erarbeitet. Dem folgt eine theoretische Abhandlung zu diesem Thema, bei der die Vorteile und Risiken einer IT-gestützten Pflegedokumentation und die Einflussfaktoren auf die Einstellungen der Pflegemitarbeiter(innen) gegenüber der Systemlösungen dargestellt werden.

Im Anschluss der theoretischen Abhandlung werden die erhobenen Daten erst deskriptiv und folgend explorativ und konfirmatorisch analysiert. Zum Teil erfolgt bereits bei der deskriptiven Datenanalyse eine Interpretation der Ergebnisse, welche zum Schluss der ge­samten Datenanalyse diskutiert werden. Abschließend werden die Erkenntnisse dieser em­pirischen Untersuchung zur IT-gestützten Pflegedokumentation in ein Fazit gezogen und zusammengefasst.

Da im Fokus der Untersuchung die IT-gestützte Pflegedokumentation steht, werden im Folgenden der Pflegeprozess mit seinen Phasen und die dazu gehörige Pflegedokumenta­tion beschrieben.

2 Der Pflegeprozess

Haubrock (2002:123) sagt, dass „sich jeder Prozess in eine Folge von Aktivitäten zerlegen (lässt), wobei die Anreihung der Aktivitäten nicht zwingend geradlinig erfolgen muss, sondern Verzweigungen enthalten kann.“ Der Prozess hat einen messbaren In- und Output und eine messbare Wertschöpfungskette. Folglich ist der Prozess das Zusammenwirken der Faktoren Mensch, Maschine, Methoden und Material zu Erbringung einer Dienstleistung. Und Pflege ist eine Dienstleistung. Arbeitet eine Einrichtung eher in Funktionsorientierten als in Prozessorientierten Strukturen wird ein höherer Koordinationsaufwand nötig, um Fehler und Schnittstellenprobleme mit einem Informationsverlust auszugleichen.

Der Pflegeprozess selbst lässt sich gleich mehreren Klassifizierungen der Prozessarten zu­ordnen. Da er ein Dienstleistungsprozess ist kann er nach Art der Leistung klassifiziert werden. In der Pflegearbeit geht es auch um die Werte des Menschen, somit deckt der Pflegeprozess die Art der Wertschöpfung ab. Da er aber auch ein Kern- und Unterstüt­zungsprozess ist, kann er nach der Bedeutung klassifiziert werden. Der Pflegeprozess kann aber auch durch seine Komplexität mit Makro- und Mikroprozesse und den materiellen und informellen Prozessen, die zur Art des untersuchten Objektes gehören, gezählt werden. Der Pflegeprozess hat ebenso eine Managementfunktion mit den Ausführungs- und Ent­scheidungsprozessen. Da der Pflegeprozess ein Kernprozess ist in der Arbeit der Pflegen­den, gehört er auch zur Klassifikation der Unmittelbarkeit der Erstellung. (vgl. Haubrock, 2003:125)

Durch die Anwendung des Pflegeprozess sind die Erreichung und Sicherung der Pflege­qualität und damit verbundene Kundenzufriedenheit, sowie die Kostensenkung und sinn­voller Einsatz der zeitlichen Ressourcen möglich. Haubrock (2003:126) nennt als „Dach (der) Ergebnisgröße <<Kundenzufriedenheit>> (…) (die) drei Prozessparameter <<Quali­tät>>, <<Zeit>> und <<Kosten>>.“ Um eine hohe Kundenzufriedenheit zu erreichen müs­sen sich alle Geschäftsprozesse, dazu zählt auch der Pflegeprozess, an den Wünschen der internen und externen Kunden orientieren. Ziel muss es sein, dass alle an der Wertschöp­fungskette Beteiligten, d.h. die Mitarbeiter, das Management, Zulieferer usw. schnell und flexibel auf Kundenwünsche reagieren können. (vgl. Bruhn, 2003:293) Zu den internen Kunden in der Pflege gehören auch die Mitarbeiter(innen). Zu den externen Kunden der Pflegeeinrichtungen gehören neben den Bewohnern/Patienten ihre Angehörigen, daher sollten diese auch nach Möglichkeit in den Pflegeprozess einbezogen werden.

Die Aufgaben des Pflegeprozess sind nach Garms-Homolova, Niehörster (1998:12):

- Information über den Klienten sammeln,
- Probleme und Ressourcen identifizieren,
- angemessene Pflegeziele festlegen,
- erforderliche Pflegemaßnahmen planen,
- die Durchführung dieser Maßnahmen dokumentieren
- Ergebnisse überprüfen

Der Ablauf des Pflegeprozess wird in vier Schritten beschrieben:

- Einschätzung des Pflegebedarfs
- Planung der Pflege
- Ausführung der Pflege
- Evaluation der Pflege/Ergebniskontrolle

(Garms-Homolova, Niehörster, 1998:15) Fiechter und Meier (1993:30) hingegen „(stellen) [den] Krankenpflegeprozess (...) als Regelkreis [wie folgt] (dar)“

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Der Pflegeprozess

(Quelle: Fiechter, Meier, 1993:30)

Der Pflegeprozess läuft zirkulär ab, so dass kein Schritt für sich alleine durchgeführt wird. Die Pflegeplanung hingegen stellt innerhalb dieses Prozess nur ein Schritt dar, in welchem die Pflegeziele festgelegt werden und die Pflegemaßnahmen geplant werden. Im Mittel­punkt dieses Prozesses stehen Informationen. So werden in allen Schritten des Pflegepro­zess Informationen von Pflegemitarbeiter/innen für Pflegemitarbeiter/innen erzeugt.

Im ersten Schritt des Pflegeprozess, der Einschätzung des Pflegebedarfs, muss ein komplexes Assessment des Bewohners/Patienten erfolgen, in welchem sein Gesundheitszustand, seine Fähigkeiten und sein Pflegebedarf eingeschätzt werden. Aus dieser Erhebung lassen sich die Pflegediagnosen ableiten. Im Assessment werden neben den Pflegephänomenen auch detailliert Körperregionen, -teile oder -orte benannt, welche dem Bewohner/Patienten Beschwerden bereiten und seit wann welche Beeinträchtigung besteht. Daraus lassen sich für die Pflege relevante Coping-Strategien[4] ableiten und geeignete Pflegeinterventionen auswählen. In diesem ersten Schritt werden Informationen über den Ist-Zustand erhoben. Alle folgenden Schritte des Pflegeprozess sind bereits von der Pflegeanamese abhängig. Als Quellen für die Informationssammlung über den Gesundheitszustand des Bewoh­ners/Patienten kann dieser selbst, aber auch Verwandte, Freunde, der bisher behandelnde Arzt, ein Pflegeteam, welches evtl. ambulant den Bewohner/Patienten bereits versorgt hat und schriftliche Unterlagen dienen.

Im zweiten Schritt, der Planung; wird anhand des ausgewählten Pflegephänomens die Form der Pflegeintervention ausgewählt. So z.B. wird festgelegt, ob der Bewohner/Patient angeleitet wird oder ob seine Pflege vollständig übernommen wird. Als nächstes wird die Hauptintervention, z.B. die Lagerung, spezifiziert. D.h. die Lagerungsart und zusätzliche Hilfsmittel werden ausgewählt. Ein standardisierter Pflegeplan vereinfacht an dieser Stelle die Dokumentation. Der standardisierte Pflegeplan liefert Hinweise zur Durchführung notwendiger Maßnahmen mit den Pflegestandards. „Ein wesentlicher Bestandteil der Pla­nung ist die „Zielformulierung“.“ (Fafflock et al, 2003:86) Die festgelegten Ziele werden nach einer festgelegten Dauer überprüft und reflektiert. Die Festlegung der Pflegeziele liefert Informationen über den Soll-Zustand. „Die Definition von Pflegezielen, die gleich­zeitig als Maßstab für die Wirksamkeit der geplanten pflegerischen Maßnahmen gelten, ist die Grundvoraussetzung für eine spätere Qualitätssicherung im Bereich der Pflege.“ (Trill,1993:10) In der Zielformulierung sollte nach Fern- und Nahzielen unterteilt werden. Als Fernziel wird der Sollzustand nach Ablauf des gesamten Pflegeprozess festgelegt und als Nahziel werden die einzelnen Schritte zur Erreichung des Fernzieles festgelegt. Die Pflegeplanung selbst bietet Informationen über die Festlegung der Maßnahmen, z.B. welche Pflegestandards verwendet werden sollen.

Innerhalb der Pflegeplanung werden auch die Ziele der gewählten Pflegemodelle bis zu deren Umsetzung geplant. „In der Praxis wird dabei häufig das ATL- oder das AEDL- Modell von Monika Krohwinkel ausgewählt.“ (Saenger, 2005:174)

Für den dritten Schritt, der Durchführung der Pflege, welche der Planung folgt, müssen alle durchgeführten Interventionen und erbrachten Leistungen dokumentiert werden, womit alle an der Pflege Beteiligten informiert werden können, was bereits getan wurde oder nicht. Nur so können die Leistungen transparent dargestellt werden.

Im vierten und letzten Schritt des Pflegeprozess sollte ein Vergleich oder eine Abweich­analyse zwischen den zuvor formulierten Zielen und dem Ergebnis erfolgen. Fafflock et al (2003:88) stellen aber fest, „dass innerhalb der Prozesssystematik vor allem die Ergebnis­erfassung nur zu einem geringen Prozentsatz in der Pflegepraxis umgesetzt wird.“ Dabei soll die Evaluation Informationen bieten, wie der Bewohner/Patient auf Interventionen reagiert. Trotzdem werden aus vielfältigen Gründen immer wieder die Pflegeplanungen von Pflegemitarbeitern abgelehnt. Saenger zitiert Spahn (2005:174) und sagt: „Es ist all­gemein bekannt, dass die Pflegeplanung in der Mehrzahl der Einrichtungen defizitär ist bzw. überhaupt nicht geführt wird.“ Zu den Gründen, warum keine Pflegeplanung durch­geführt wird, zählen:

- Zu geringe zeitliche Ressourcen, um die Planungen überhaupt auch zu lesen und zur Übergabe zu verwenden
- Praktische Pflegehandlungen werden als sinnvoller erachtet
- Hohe bürokratische Belastung

Zu den hohen bürokratischen Belastungen gehören nicht nur die Pflegedokumentation selbst, sondern auch die Doppel- und Mehrfachdokumentationen und die Dokumentation von ärztlichen Anordnungen. Dabei ist die Dokumentation von ärztlichen Anordnungen keine Pflegedokumentation. Was die Pflegedokumentation wirklich ist, wird nachfolgend beschrieben.

3 Die Pflegedokumentation

Aufgaben der Pflegedokumentation sind die Fixierung pflegerischer Handlungen und Ent­scheidungen, Einsatz als Kommunikationsmedium, Abrechnungshilfsmittel für die Ver­waltung, strategisches Planungsinstrument und Beweismittel. Obwohl die Pflegedoku­mentation Funktionen, wie die Dokumentation, Information, Kontrolle und Disposition vereint, wird sie „meist nur als Leistungsnachweis und zur rechtlichen Absicherung“ ge­nutzt. (Garms-Homolova, Niehörster, 1998:10) Ob diese Aussage so zutrifft, zeigen die Ergebnisse der Untersuchung. Dabei ist die Pflegedokumentation die Grundlage für die kontinuierliche Umsetzung des Pflegeprozess und dient diesem als Informationsquelle. Denn die Pflegedokumentation dokumentiert alle Phasen des Pflegeprozess. Aber zur Pflegedokumentation gehört nicht die „Dokumentation der ärztlichen Anordnungen oder der Vitalparameter.“ (Eichstädter et al, 2005:17) Wird die Pflegedokumentation von allen Pflegekräften umfassend geführt, so „können sonstige Datensammlungen wie Visiten-, Labor-, Nachtwachen- und Übergabebücher die alle von verschiedenen Mitgliedern des Pflegeteams nach eigenen Vorstellungen geführt werden, entfallen“. (Liebsch et al, 1992:28)

Mit der Informationsfunktion wird allen an der Pflege und Versorgung des Bewohners/Patienten Beteiligten eine Informations- und Kommunikationsgrundlage ge­boten und unterstützt sie in der Versorgung der Bewohner/Patienten, da in der Pflegedo­kumentation alle pflegerischen Handlungen und Entscheidungen festgehalten werden. Die Pflegedoku­mentation enthält auch Informationen für das Case-Management, denn aus der Dokumen­tation geht hervor, welchen Pflege- oder Rehabilitationsbedarf bei dem Bewohner oder Patienten besteht und welche Ressourcen oder Potenziale noch vorhanden sind.

In ihrer Kontrollfunktion ist die Pflegedokumentation nicht nur zur rechtlichen Absicherung, sondern auch ein einrichtungsinternes- und externes Nachweis- und Kontrollinstru­ment der Pflegequalität und kann so für das Benchmarking verwendet werden. Zudem wird mit der Pflegedokumentation eine Transparenz der erbrachten Pflegeleistungen geschaffen und ermöglicht einen Kosten- und Leistungsvergleich zwischen pflegerischen Maßnahmen und den entsprechenden Ressourcen. (vgl. Eichstädter, 2005:19) Womit das Management der Einrichtung unterstützt wird.

In der Dispositionsfunktion dient die Pflegedokumentation als Organisationsmittel. Mit diesem können Arbeitsabläufe koordiniert, Dienstpläne gestaltet, Stellen beschrieben, so­wie Sachmittel und Kosten kalkuliert werden. (vgl. Garms-Homolova, Niehörster, 1998:11)

Um eine vergleichbare Pflegedokumentation, die auch der Pflege und nicht nur einer Ab­rechnung dienlich ist, sollten Standards zur Dokumentation eingehalten werden. Mit den Standards sollte nicht nur festlegt werden, wo, wann, wie, wer und was dokumentiert wird, sondern die Dokumentation muss auch wissenschaftlichen Gütekriterien standhalten. Da­mit wird die Qualitätssicherung der Einrichtung unterstützt. Denn mit einer Standardisie­rung, welche nicht nur die Dokumentation betrifft, wird die Überprüfung der Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität vereinfacht. Die Standardisierung selbst ist bereits ein In­strument, um die Qualität der Dokumentation festzulegen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Abhängigkeiten der Qualitäten

Da die Pflegedokumentation auch den wissenschaftlichen Gütekriterien entsprechen soll, muss sie objektiv, reliabel und valide sein. Denn die Pflegedokumentation muss nachvoll­ziehbar sein und gesetzlichen Überprüfungen oder die der Leistungsträger standhalten.

Bei der Einschätzung eines Bewohners/Patienten sollte die Pflegekraft, welche die Pflegeanamese erhebt, diesen so einschätzen, dass eine weitere Pflegekraft, unabhängig vom ersten Ergebnis, zu dem selbigen kommt. Um Fehlerquellen vorzubeugen, bieten sich stan­dardisierte Erhebungsinstrumente an. Beispiele dafür sind RAI[5] oder NANDA[6]. Ebenfalls muss die Einschätzung zuverlässig und genau sein und somit valide. Hinsichtlich der Reli­abilität muss beachtet werden, dass die ausgewählten Erhebungsinstrumente auch genau das messen, was gemessen werden soll. Nicht, dass ein Instrument welches eigentlich die Inkontinenz des Bewohners/Patienten messen soll, dessen Sturzrisiko auf dem Weg zur Toilette misst.

Die Pflegedokumentation unterstützt die Pflegeforschung und die Ausbildung „durch do­kumentierte Fallbeispiele(, …) systematische Sammlung von Informationen [und] Ermög­lichung der patientenübergreifenden Auswertung“. (Eichstädter, 2005:19)

Zusatzfunktionen der Pflegedokumentation sind nach Ostermann und Wolf-Ostermann (2004:590):

- Erstellung eines Datenblattes für den Kontakt und die Zusammenarbeit mit dem MDK
- Dokumentation der Arbeits- und Leistungsnachweise pro Mitarbeiter(in) für regelmä­ßig stattfindende Personalgespräche
- Pflegereport als unterstützendes Medium bei der Dienstübergabe
- Kennzahlen als Hilfsmittel im Pflegecontrolling
- Dokumentation und Analyse der Umsetzung von integrierter Versorgung in Netzwer­ken, von Entlassungsmanagement und Überleitung

Diese Zusatzfunktionen vereinfachen auch die Evaluation der Pflegeunternehmen.

Welche Funktionen einer IT-gestützten Pflegedokumentation bereits evaluiert sind, zeigen die Forschungen dazu.

4 Derzeitiger Forschungsstand zur IT-gestützten Pflegedokumentation

Bevor die Fragen zu vorliegender empirischen Untersuchung beantwortet und die zugehö­rigen Hypothesen überprüft werden, wird der derzeitige Stand der Forschung zu dem Thema „IT- gestützte Pflegedokumentation“ betrachtet. Dabei sind die Forschungen zu den Einstellungen der Pflegekräfte zur Dokumentation am Rechner von besonderem Interesse.

Da ein Grund der Einführung der IT- gestützten Pflegedokumentationen in Pflegeunter­nehmen die Steigerung der Dokumentationsqualität ist, interessiert zu welchen Ergebnissen die Untersuchungen zur Qualität kamen, dazu gehört auch die Umsetzung von Klassifika­tionen zur Vereinheitlichung der Pflegefachsprache.

4.1 Stand im deutschsprachigen Raum

Es wird erst nur auf die Forschung im deutschsprachigen Raum eingegangen, da immer wieder Unterschiede in der Kultur, als auch in der Pflege zwischen den englisch- und deutschsprachigen Ländern genannt werden. So war es auch für Berekoven et al (2003:85) bei der Erarbeitung des OsnaMap „(i)n der Beurteilungsachse oft schwierig, die richtigen Begriffe zu finden. Hier spielen sprachlich-kulturelle Unterschiede zwischen dem Englischen und dem Deutschen sicherlich eine Rolle.“ Aus den Ländern, in denen deutsch und englisch nicht die Muttersprache ist, sind keine Übersetzungen hinsichtlich der Forschung zur Pflegedokumentation bekannt bzw. wurden nicht gefunden.

4.1.1 Das Schweizer Paraplegiker - Zentrum in Nottwil (Schweiz)

Innerhalb des Pilotprojektes EPAP (Elektronischer Pflegearbeitsplatz) ging im Frühjahr 2001 der „“mobile Client“ mit Funknetzwerk“ in Nottwill in Betrieb. (Bosancic et al, 2002:2) Grund der Einführung war die Idee, dass man alle Daten am Patientenbett zur Ver­fügung haben wollte. Es wurde ein Pflegedokumentationssystem, welches nach den Krite­rien „Funktionsumfang, Übersichtlichkeit, Integration und Schnittstellen“ ausgewählt wurde, ergänzend zum laufenden elektronischen Dokumentationssystem etabliert. (Bosancic et al, 2002:2) Mitte 2002 ging das ausgewählte System mit mobilen Clients, wie Abb. 3 zeigt, auf einer Station in den Pilotbetrieb. Parallel dazu liefen Zeitmessungen und ein Vergleich mit stationären Clients[7]. Ende 2002 ging das Produkt mit sechs mobilen Clients auf sechs Stationen in den Echtbetrieb.

Folgende Projektziele wurden in Nottwil (Schweiz) verfolgt und erreicht:

- Steigerung der Pflegedokumentationsqualität
- Automatisierte Erfassung der LEP®-Leistungen (…)
- Automatisierte Erfassung von ICNP-Variablen
- Evaluation der Pflegeinterventionen
- Integration der Pflegedaten in die bestehende interdisziplinäre elektronische Kranken­geschichte (…)
- Ubiquitäre Verfügbarkeit der Dokumentation am Patientenbett
- Erfüllung der Auflagen der Hygiene an mobile Clients
- Einführung von Management-Tools für die schnelle Erstellung von Standardabfragen und Auswertung der neu erhobenen Daten
- Erfüllung der zu erwartenden Anforderungen von „NURSING Data“ ohne weitere personelle Aufwende der Pflege

Der Pflegeprozess wird mit dieser Pflegedokumentation vollständig abgebildet. Und auf­grund der Datenbankstruktur, die Abb.4 zeigt, werden alle pflegerischen Daten automa­tisch generiert, was eine problemlose Auswertung für das Management ermöglicht.

Da der Einsatz von Wireless Lan ein zusätzliches Zeitersparnis von 30 Minuten am Tag pro Pflegekraft brachte, wurde dieses auch als größter Nutzen der elektronischen Pflegedo­kumentation genannt. Da jetzt alle Daten am Patientenbett verfügbar sind.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Einsatz mobiler Clients, um die Mobilität des Pflegepersonals in Verbindung mit der Datenverfügbarkeit auf dem Server sicherzustellen

Quelle: http://www.nexus-ag.de/download/pdf/testimonial/nx_awb_para.pdf, 15.01.2006

Zudem ist durch die Integration von ICNP eine vollständige automatisierte Pflegeplanung möglich geworden. Per Crossmapping[8] wurden ICNP- Codes und LEP®- Variablen hinter­legt. Diese ermöglichen einfachere Auswertungen für das Management.

Positiv wird auch empfunden, dass die bisher handschriftlich verwendeten Formulare wieder zuerkennen sind und die Dokumentation jetzt vollständig lesbar ist. Datenbankabfragen in Listenform sind durch ihre Struktur schneller wahrnehmbar und sparen somit Zeit und rationalisieren die Arbeitsprozesse.

Eine Vernetzung einzelner Systeme über Schnittstellen und dadurch bedingte hohe Anzahl von Schnittstellen wurde aufgegeben, um einen Datenaustausch zwischen den einzelnen Disziplinen zu ermöglichen. Abb.4 zeigt, wie die Systeme jetzt mit Schnittstellen integriert sind.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Integrierte Systeme und Schnittstellen

(Quelle: http://www.nexus-ag.de/download/pdf/testimonial/nx_awb_para.pdf, 15.01.2006)

Weitere Forschungen zur Pflegedokumentation am Computer und zur mobilen Datenerfas­sung führten die Steiermärkischen Krankenanstalten durch.

4.1.2 Implementierung eines Krankenhausinformations-Systems (KIS) an der Steiermärkischen Krankenanstalten Gesellschaft

An den Steiermärkischen Krankenanstalten wurde 1999 mit der Implementierung von KIS begonnen. Am Januar 2001 endete die einjährige Pilotphase „für die 20 Krankenanstalten der KAGes“. (Leitner, Fürst, 2004:99) Es wurde ein Programm ausgewählt, welches die Integration von bestehenden Subsystemen und dem Kommunikationsserver ermöglicht. Vor der EDV-Einführung wurde die Pflegedokumentation papierbasiert geführt. Zur Ka­talogerstellung und dessen Überführung in das KIS wurde eine Arbeitsgruppe gebildet. Aber „(e)ine Freistellung für die Pflegepersonen war nur in geringem Ausmaß möglich. (…) [Ebenfalls] (k)onnten (a)us Dienstplangründen (…) die Schulungen leider nur sehr kurz gehalten werden.“ (Leitner, Fürst, 2004:99) Zur Dokumentation wurden sieben Com­puter und ein Laptop zur mobilen Datenerfassung per Funk-Lan bereitgestellt. Zur Erfül­lung der Soll-Konzepte wurden Keyuser[9] aus der Pflege ausgewählt. Die Pflegedokumenta­tion an den Steiermärkischen Krankenanstalten beinhaltet zwar die Pflegeanamese und –planung. Es sind aber keine Pflegediagnosen im Programm hinterlegt. Leitner und Fürst (2004:101) sagen, dass „(b)asierend auf einer laufenden Motivation der User, Nachschulungen bei Bedarf und persönlicher Vorort-Betreuung (…) eine gute Akzeptanz der Mitarbeiter erreicht (wurde). Auch hat sich die inhaltliche Qualität der Pflege­dokumentation verbessert und ist jetzt zeitsparender möglich.

Umfassender als die Forschungen an den Steiermärkischen Krankenanstalten ist das Projekt, welches in Bremen durchgeführt wurde.

4.1.3 Das Projekt „Pflegeprozess – Standardisierung und Qualität in der Pflege“

Durchgeführt wurde dieses Projekt am Bremer Institut für Betriebstechnik und angewandte Arbeitswissenschaft an der Universität Bremen (BIBA) und dem Institut für angewandte Pflegeforschung an der Universität Bremen (iap). Das Projekt war international ausgerichtet mit Partnern aus Großbritannien und Österreich. Der Projektzeitraum war von Oktober 2000 bis September 2002.

Die Projektziele waren:

- Die Entwicklung einer Struktur zur Erfassung und Dokumentation von Pflegeprozessen – im Sinne einer Typologie[10] - und dessen Umsetzung in eine EDV-Plattform.
- Die Entwicklung eines gemeinsamen Bezugrahmens zum vereinfachten Austausch von Patientinnendaten bei der Überleitung von einer Pflegeeinrichtung in eine andere.
- Die Typologie so gestalten, dass sie international übertragbar ist. (vgl. Fafflock et al, 2003)

Durch die standardisierte Dokumentationsstruktur sollten die Pflegenden unterstützt und eine Transparenz geschaffen werden, die die pflegerische Qualität steigert. In dem Projekt wurde auch die Akzeptanz und Anwendbarkeit der Pflegedokumentation von den Pflegen­den berücksichtigt.

Als Grundlage der Standarisierung der Dokumentation wurden Datenbanken entwickelt. Wie diese aufgebaut sind, zeigt Abb.5. Es erfolgte zunächst eine Klassifizierung der Merkmale und standardisierte Aufnahme dieser in eine EDV-Struktur. Dabei sollte keine marktfähige Software entstehen. Dennoch sollte eine Typologie entwickelt werden, welche von Softwareherstellern exemplarisch genutzt werden kann.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5: Bearbeitungsmodul in der Zielsetzung des Projektes

(Fafflock et al, 2003:11)

Das Projekt verlief in fünf Phasen. In der Erhebungsphase erfolgten Recherchen zu pflegetheoretischen Grundlagen, bereits vorhandenen Pflegeklassifikationssystemen und deren Übertragbarkeit, sowie eine Ist-Analyse, welche Aufschluss über die Handhabung des Pflegeprozesses geben sollte.

In der Umsetzungsphase entstand der erste Entwurf der Typologie auf Grundlage des Pflegeprozess der WHO (Assessment, Planung, Intervention/Leistungserfassung und Evalua­tion/Ergebnisüberprüfung). Darauf wurden Pflegephänomene in die Datenbanken einge­pflegt und logische Verknüpfungen erstellt. (vgl. Fafflock et al, 2003:17)

In der Erprobungsphase testeten einige Einrichtungen über einen Monat die Typologie. Zuvor erhielten die Anwender Schulungen zu dem Anwendungsprogramm.

Es gab eine indirekte Evaluation, da es „möglich (war), die Auswahl der Daten der einzel­nen Anwenderinnen durch die zentrale Speicherung aller Daten auszuwerten und anderer­seits erhielt das Projektteam Rückmeldungen der Nutzerinnen über ein eingebautes E-Mail-System im Programm.“ (Fafflock et al, 2003)

Zur Hälfte und zum Ende der Erprobungsphase wurde mit einem Fragebogen evaluiert und zur Verstetigung entstand ein Empfehlungshandbuch.

Im Fazit kommen Fafflock et al (2003:142) zu dem Ergebnis, dass „(d)urch die geringe Anzahl der Teilnehmerinnen (…) als auch die geringe Anzahl der auswertbaren Daten­sätze, (…)keine repräsentativen Aussagen über die erzielten Ergebnisse der Pilotphase gemacht werden (können).“ Trotzdem ergab die Auswertung, dass die EDV- gestützte Pflegeplanung von den meisten Anwenderinnen als sinnvoll und positiv bewertet wird. Im Projekt wurde eine hohe Akzeptanz der neu definierten Typologie erzielt. Pflegende mussten sich mit der eigenen Pflegesprache auseinandersetzten und konnten diese dann auch dementsprechend nutzen. Es wurde auch festgestellt, dass eine optimal gestaltete Be­nutzeroberfläche einen Zeitgewinn bringen würde. Einige Projektziele, wie die Verbesse­rung der Dokumentation, sind erreicht worden, andere nur zum Teil. So wurde die technische Umsetzung als zeitintensiv empfunden und Skalierungen bilden kleinschrittige Ver­änderungen nicht vollständig ab. Abschließend kommen Fafflock et al (2003:143) zu der Ansicht, „dass bei den Pflegenden in den Krankenhäusern, Altenpflegeeinrichtungen, und ambulanten Pflegediensten der Pilotphase durchaus eine Bereitschaft zu erkennen ist, sich auf eine EDV- gestützte Pflegeplanung einzulassen, sofern sie den Anforderungen einer anwenderfreundlichen Benutzeroberfläche sowie einer strukturierten Vorgehensweise analog des Pflegeprozesses entspricht und umfassend fachlich-sachlich richtige Inhalte abbildet.“

Trotz dieses sehr umfangreichen Projektes in Bremen ist die folgend beschriebene Studie, die bekannteste zur rechnergestützten Pflegedokumentation.

4.1.4 Die PIK-Studie

„1989 wurde das Länderprojekt „Pflege im Krankenhaus (PIK)“ ins Leben gerufen, das sich in der ersten Phase vornehmlich mit der Definition der Benutzeranforderungen be­schäftigte, bevor es dann eine Software primär zur Unterstützung des Pflegeprozesses (PIK – „Pflegeinformation- und –kommunikationssystem, früher „Pflegedienst im Kranken­haus“) entwickelte“. (Hannah et al, 2002: 21) Seit 1997 beschäftigt man sich am Universi­tätsklinikum Heidelberg mit der rechnergestützte Pflegedokumentation. An der Medizini­schen Hochschule Hannover beschäftigte man sich in dieser Zeit ebenfalls mit dem Thema. In Zusammenarbeit mit der Firma HINZ entstand das Pflegedokumentationssystem NANCY, welches für die Dokumentation in Krankenhäusern zur Verfügung steht. Die Projektlaufzeit in Heidelberg war von 1998 bis 2001. „In diesem Projekt soll(ten) syste­matisch die Voraussetzungen, Einführungsmöglichkeiten und Auswirkungen rechnerge­stützter Pflegedokumentation untersucht werden.“ (http://www.klinikum.uni-heidelberg.de/index.php?id=6660&L=1, 01.02.2006) Das Projekt war in drei Teile gegliedert.

Im ersten Teil wurde die rechnergestützte Pflegedokumentation auf einigen Pilotstationen eingeführt. Ziel dieses Projektteils war es „die kurz- und langfristigen Auswirkungen auf die Akzeptanz des Pflegeprozesses, der Akzeptanz von Computern in der Pflege sowie auf die Qualitätsverbesserungen in der Pflegedokumentation [zu] ermitteln (…).“ (Mahler et al, 2002:2) Die Ergebnisse waren Grundlage für einen weiteren routinemäßigen Einsatz.

Im zweiten Teil wurden die Auswirkungen dieser Dokumentationsform evaluiert, da auf Grund des bisher geringen Einsatzes von rechnergestützten Pflegedokumentationen kaum Veröffentlichungen zu Evaluationen dieser Dokumentationsform vorhanden waren. Zum Schluss wurde die ICNP[11] in der Pflegedokumentation evaluiert. Da die ICNP u.a. eine einheitliche Pflegesprache ermöglichen soll.

Die Ergebnisse des Projektes ergaben sich durch die Interventionsstudie. Diese wurde auf vier Stationen durchgeführt. Der Zeitpunkt der Intervention wurde mit Einführung der rechnergestützten Pflegedokumentation anhand von PIK® gewählt. Es wurden drei Mo­nate vor Einführung, sowie drei und neun Monate nach Einführung Fragebögen an die Mitarbeiter verteilt und Dokumentationsanalysen durchgeführt, sowie Interviews zu zwei verschiedenen Zeitpunkten geführt. Als Ergebnisse wurde genannt, dass die Akzeptanz nach Einführung der rechnergestützten Pflegedokumentation unterschiedlich war. Hierbei spielten die Faktoren wie „Verweildauer auf Station und Krankheitsbild der Patienten, be­stehende Erfahrungen der Mitarbeiter mit Computern und der Führungsstruktur auf der Station“ eine bedeutende Rolle. (Mahler et al, 2003:70) Als wichtiges Ergebnis wurde he­rausgefunden, dass alle Schritte des Pflegeprozesses in der Informationstechnologie ab­bildbar sind und mit PIK® auch von allen fast vollständig abgebildet worden ist. Zudem war die Dokumentation ab der Rechnerstützung deutlich lesbarer. Zu den Qualitätsmes­sungen an der Dokumentation konnte gesagt werden, dass es subjektive und objektive Verbesserungen gab. Aber auch ein Verbesserungsbedarf war zu verzeichnen. So wurden im Pflegebericht genannte Probleme nicht in die Planung einbezogen, standardisierte Pla­nungen wurden unreflektiert, ohne sie zu individualisieren, übernommen.

Auch wenn die bereits genannten Studien beispielhaft versuchten Pflegeklassifikationen in ihren Programmen zu hinterlegen, so beschrieben sie nicht, wie dieser Arbeitsschritt voll­zogen wird. Eine Projektgruppe aus Osnabrück hat diesen Arbeitschritt veröffentlicht.

4.1.5 OsnaMAP

Mit OsnaMAP wurde ein Vorgehensmodell ähnlich der Transcodierung der NANDA-Diagnosen[12] in die ICNP entwickelt. Da erwartet wird, dass sich die ICNP zur Referenztermi­nologie entwickeln wird und Vorgehensmodelle wie das OsnaMAP künftig für Benchmar­king- und Forschungszwecke an Bedeutung gewinnen. Für die Codierung oder auch Map­ping genannt, werden die vorhandenen Hauskataloge in die Referenzterminologie proji­ziert. Für die Entwicklung des OsnaMAP wurden zunächst Erfahrungsberichte von Exper­ten, welche bereits mit der ICNP arbeiten, gesammelt. Im Ausland tätige Experten erhiel­ten einen an den Interviewleitfaden angeglichenen Fragebogen per Mail. In Deutschland tätige Experten wurden interviewt. Für die Interviews gab es nur drei Stellen, die bereits mit der ICNP arbeiten. Daher waren die Experten von der Medizinischen Hochschule Hannover, dem Tumorbiologischen Zentrum in Freiburg und von der ICNP - Nutzergruppe Nord. (vgl. Berekoven et al, 2003:79)

Voraussetzungen für die Transcodierung nach dem Vorgehensmodell OnaMAP war die Gründung einer Projektgruppe, welche die hauseigenen Kataloge überarbeitet und codiert. Um eine hohe Validität zu erzielen, erfolgte ein Parallelmapping. In diesem codierten die Projektmitglieder unabhängig voneinander. Um die Güte zu bestimmen wurden die Codie­rungen in Matchkategorien eingeordnet. (vgl. Berekoven et al, 2003:81) Im dritten Schritt wurden die Einzelergebnisse mit den Achsen und Matchkategorien abgeglichen. Dabei sollten Begriffe, die sich nicht codieren ließen, überarbeitet werden. Dieses wurde in der Gruppe besprochen und die Diskussionsergebnisse flossen in die Endversion ein. Um die Validität zu garantieren sollte ein Peer Consulting stattfinden. Dazu sollten bei Unstim­migkeiten oder Unsicherheiten externe Experten, die bereits mit der ICNP arbeiten, hinzu­gezogen werden. Dieses war jedoch nicht notwendig, da die Projektgruppe selbst einen Konsens fand.

[...]


[1] Deskriptive Statistik= Beschreibende Statistik

[2] Explorative Datenanalyse = „versucht ihre Schlussfolgerungen daten- und nicht modellorientiert zu ziehen“ (Ostermann, 1999:7)

[3] Konfirmatorische Datenanalyse = Bestätigende Datenanalyse (engl. to confirm = bestätigen)

[4] Coping-Strategie: Bewältigungsstrategie

[5] RAI: Resident Assessment Instrument

[6] NANDA: North American Nursing Diagnosis Association (Bruggen, 2002:52)

[7] Client: Rechnerarbeitsplatz

[8] Crossmapping: Siehe Kapitel 2.1.5

[9] Keyuser: Bindeglied zwischen Endnutzer und EDV-Hersteller (vgl.: Leitner, Füst, 2004:100)

[10] „Unter einer Typologie wird das Einteilen eines Bereiches von Sachverhalten nach einem oder mehreren zentralen Merkmalen verstanden. In ihrer entwickelten Form stellt die Typologie eine vollständige Klassifikation von Sachverhalten dar (Lexikon zur Soziologie 1995, S.690)“ (Fafflock et al, 2003:9)

[11] ICNP: International Classification of Nursing Practise

[12] NANDA: North American Nursing Diagnosis Association (Nordamerikanische Pflegediagnosenvereinigung) (Bruggen, 2002:52)

Excerpt out of 133 pages

Details

Title
Empirische Untersuchung zur IT-gestützten Pflegedokumentation
College
Alice Salomon University of Applied Sciences Berlin AS
Grade
1,0
Author
Year
2006
Pages
133
Catalog Number
V67609
ISBN (eBook)
9783638586559
ISBN (Book)
9783638718417
File size
2437 KB
Language
German
Notes
Keywords
Empirische, Untersuchung, IT-gestützten, Pflegedokumentation
Quote paper
Sabine Steffan (Author), 2006, Empirische Untersuchung zur IT-gestützten Pflegedokumentation, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/67609

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Title: Empirische Untersuchung zur IT-gestützten Pflegedokumentation



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