Die Einführung einer BSC als Instrument der strategischen Unternehmensführung in einem genossenschaftlichen Industrieunternehmen


Diplomarbeit, 2002

93 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Themenstellung
1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit

2. Unternehmensführung
2.1 Strategische Unternehmensführung
2.1.1 Strategische Planung
2.1.2 Strategische Kontrolle

3. Der Managementansatz „Balanced Scorecard“
3.1 Grundgedanken und Entwicklung
3.2 Das Konzept der Balanced Scorecard nach Kaplan und Norton
3.2.1 Finanzwirtschaftliche Perspektive
3.2.2 Kundenperspektive
3.2.3 Interne Prozessperspektive
3.2.4 Lern- und Entwicklungsperspektive
3.3 Die Verknüpfung von Kennzahlen mit der Strategie
3.3.1 Ursache-Wirkungsbeziehungen
3.3.2 Ergebnisse und Leistungstreiber

4. Uelzena eG, ein Unternehmen der Nahrungs- und Genussmittelindustrie
4.1 Das Unternehmen
4.2 Qualitätsmanagementsystem DIN EN ISO 9001 – 2000
4.3 Funktionsbereich Logistik
4.4 Balanced Scorecard im Bereich Logistik

5. Pilotprojekt „Balanced Scorecard im Bereich Logistik“
5.1 Schaffung eines organisatorischen Rahmens
5.2 Die Klärung der strategischen Grundlagen mit Hilfe der Unternehmensscorecard
5.3 Die Entwicklung der Balanced Scorecard
5.4 Sicherstellung des kontinuierlichen Einsatzes der Balanced Scorecard
5.5 Review und Überarbeitung der Unternehmensscorecard

6. Zusammenfassung und Ausblick

Literaturverzeichnis

Glossar

Anhang

Eidesstattliche Erklärung

Abbildungsverzeichnis:

Abbildung 1 : Die Zielgrößen „kurzfristiger Erfolg“ und langfristiges Erfolgspotential“

Abbildung 2 : Messung/Bewertung strategischer finanzwirtschaftlicher Themen

Abbildung 3 : Die interne Prozessperspektive – das generische Wertkettenmodell

Abbildung 4 : Die Firmengruppe der „Uelzena eG“

Abbildung 5 : Absatzmengen 2001

Abbildung 6 : Prozessorientiertes Managementsystem in Anlehnung an DIN EN ISO 9001 : 2000

Abbildung 7 : Die 5 Phasen des Horváth&Partner-Modells zur Implementierung einer Balanced Scorecard bei der Uelzena eG

Abbildung 8 : Projektplan zur Erarbeitung der Bereichsscorecard

Abbildung 9 : Die zweite Phase der Erarbeitung

Abbildung 10 : Klärung der strategischen Grundlagen

Abbildung 11 : Die dritte Phase der Erarbeitung

Abbildung 12 : Entscheidungskriterien zur Auswahl der Methoden

Abbildung 13 : Die Balanced Scorecard des Logistikbereiches

Abbildung 14 : Die vierte Phase der Erarbeitung

Abbildung 15 : Die fünfte Phase der Erarbeitung

Meike

und

meiner Familie

1. Einleitung

„Wenn man das Ziel nicht kennt, ist kein Weg der richtige.“ [vgl. www.aphorismen.de) Anhand dieser Worte aus dem Koran lassen sich viele Verbindungen zu der Thematik dieser Arbeit herstellen. Zum Einen stehen die beiden Substantive für wesentliche Begriffe des zu behandelnden Managementansatzes. Das Ziel drückt den strategischen Zustand eines Unternehmens aus. Der Weg ist die Strategie, wie dieses Ziel erreicht werden soll. Zum Anderen ergibt sich aus dem Satzaufbau eine logische Beziehung, die durchweg im Konzept des Instrumentes eine tragende Rolle spielt. Die „Ursache-Wirkungsbeziehungen.“ Beide Verbindungen zum einleitenden Zitat werden im Verlauf dieser Arbeit deutlich. Zunächst wird jedoch ein genauerer Einblick über die Thematik und den Umfang dieser Arbeit gegeben.

1.1. Themenstellung

In der vorliegenden Arbeit wird die Balanced Scorecard nach Kaplan und Norton als ein Instrument der strategischen Unternehmensführung behandelt. Dieser in Deutschland erst relativ spät eingeführte Managementansatz verfolgt langfristig die Unternehmensstrategie und verknüpft dabei die strategische mit der operativen Ebene. Die Auseinandersetzung mit diesem innovativen Instrument erfolgt in zunehmendem Maße auch in vielen wissenschaftlichen Abhandlungen in Fachmagazinen, Fachbüchern und Diplomarbeiten. Die meisten beruhen auf Erfahrungsberichten über Implementierungen.(Weber/Schäffer, Töpfer, Controller Magazin) Erschwerend wirkt jedoch, dass es in der Literatur kaum Ausführungen über das methodische Vorgehen bei der Erarbeitung von Einzelaspekten des Balanced Scorecard-Konzeptes gibt.

Im Hinblick auf die gesetzliche Pflicht zur Einrichtung eines Früherkennungs- und Risikomanagementsystems (§91 Abs. 2 AktG) bei Aktiengesellschaften erfolgt in der Literatur zunehmend die Betrachtung des Verbundes von Balanced Scorecard und Risikomanagement.

Des Weiteren ist zu erwähnen, dass sich das Instrument der Balanced Scorecard von einer anfänglichen Modeerscheinung zu einem immer häufiger praktizierten Managementansatz wandelt. Dies zeigt auch die gemeinsame Erhebung der Universitäten Eichstätt und Wien, die besagt, dass „rund 40% der DAX-100 Unternehmen die Balanced Scorecard entweder einsetzen oder im Umsetzungsprozess stecken.“ [Gaiser/Greiner, 2002, 109]

Das Thema dieser Arbeit liegt in der Einführung einer Balanced Scorecard in einem genossenschaftlichen Industrieunternehmen. Dieses Unternehmen, die „Uelzena eG“ erfüllt seit etwa zwei Jahren die Normen des →Qualitätsmanagementsystems DIN EN ISO 9000:2000. Dieser revidierten Normenreihe liegt u. a. ein Prinzip zugrunde, welches einen systemorientierten Managementansatz beinhaltet. In der Balanced Scorecard sieht die Unternehmensleitung ein diesem Ansatz unterstützendes Instrument. Vor diesem Hintergrund leistet das Thema der Diplomarbeit einen Beitrag zur kritischen Auseinandersetzung mit dem Führungsinstrument und dessen weiterer Zukunft im Unternehmen.

1.2. Zielsetzung und Aufbau der Arbeit

Der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt in der Einführung einer Balanced Scorecard. Der Begriff der „Einführung“ bezieht sich dabei primär auf die Erarbeitung einer Balanced Scorecard und nicht auf den sich anschließenden ersten Einsatz des Instrumentes. Die Erarbeitung einer Balanced Scorecard umfasst außerdem nicht das gesamte Unternehmen, sondern nur einen untergeordneten Bereich, die Logistik der Uelzena eG. Mittels eines internen Projektes wird eine Balanced Scorecard erarbeitet und für die Anwendung in dem Bereich vorbereitet. Anhand dieser Ausführungen sollen die Probleme aufgezeigt werden, die sich bei diesem Implementierungsprojekt ergeben haben. Auf diesen Erkenntnissen aufbauend und den ersten Erfahrungen im Umgang mit dem Instrument soll anschließend erörtert werden, ob die gewählte Vorgehensweise im Falle einer unternehmensweiten Ausdehnung beibehalten werden kann, bzw. an welchen Punkten Verbesserungen vorzunehmen sind. Des Weiteren ist zu klären, ob eine gegebene Unternehmensscorecard aufgrund der neuen Erkenntnisse zu überarbeiten ist.

Die Ausführungen gliedern sich dabei in vier Kapitel.

Im folgenden Kapitel 2 erfolgt zunächst eine Einordnung des Konzeptes der Balanced Scorecard als ein neues Instrument der Unternehmensführung in dessen Gesamtzusammenhang. Trotz der besagten Verknüpfung mit der operativen Führungsebene wird nur auf die strategische Unternehmensführung eingegangen, da die Balanced Scorecard primär als langfristiges Instrument tituliert wird. Mit Hilfe der Unterteilung in die Managementtätigkeiten Planung und Kontrolle und deren anschließenden Erläuterung wird das Instrument in die strategische Unternehmensführung eingeordnet.

In Kapitel 3 wird das theoretische Konzept der Balanced Scorecard ausführlich dargelegt. Die Ausführungen zu dem Konzept stützen sich im Wesentlichen auf Kaplan/Norton, welche die Balanced Scorecard entwickelt haben. Beginnend mit den Kritikpunkten an damaligen Leistungsmessungssystemen und die daraufhin einsetzende Weiterentwicklung erfolgt anschließend die Vorstellung ausgewählter Sichtweisen. Derartige Perspektiven stellen das Grundgerüst einer jeden Balanced Scorecard dar. Der zweite Teil des Kapitels 3 beinhaltet die charakteristischen Merkmale des Konzeptes. Sie bedeuten einerseits die Verbindung der Perspektiven untereinander, andererseits stellen sie einen Unterschied zu anderen Ansätzen dar.

Das vierte Kapitel stellt zunächst das Unternehmen Uelzena eG vor. Hierbei gehe ich zunächst auf die Organisation und die entsprechenden Voraussetzungen ein. Anschließend wird ein Einblick in das erwähnte Qualitätsmanagementsystem gegeben. Den Abschluss bildet der Pilotbereich Logistik.

Der fünfte Abschnitt befasst sich mit der Umsetzung des Konzeptes in die unternehmensspezifische Praxis. Der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt dabei auf der Erarbeitung einer Balanced Scorecard in dem Nahrungsmittelunternehmen „Uelzena eG“. Das methodische Vorgehen ist eng an Horváth, den Übersetzer der amerikanischen Ausgabe, angelehnt, welches aufgrund von gesammelten Praxiserfahrungen verfasst worden ist. Die einzelnen Phasen des Projektes zeigen auf, welche Arbeiten erledigt werden müssen und welche Problemfelder aufgetaucht sind. Bereits an dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass das Projekt aus krankheitsbedingten Gründen nicht vollständig zu Ende geführt werden konnte. Die Zielsetzung dieser Arbeit, die Beibehaltung oder Veränderung der Vorgehensweise im Falle einer unternehmensweiten Ausdehnung, bleibt davon allerdings unberührt.

2. Unternehmensführung

Die Unternehmensführung lässt sich im weiteren Sinne in zwei große Bereiche unterteilen. Zum einen in die Unternehmensführung als „Institution“ und zum anderen in die als „Funktion“. Während die institutionale sich mit der Thematik über die Führungskräfte, Führungsebenen und Führungsaufgaben befasst, widmet sich die funktionale Unternehmensführung den Prozessen und Strukturen des Unternehmens. Im folgenden Kapitel gilt der funktionalen Unternehmensführung das Hauptaugenmerk.

Die funktionale, auch prozessorientierte Unternehmensführung genannt, zeigt „den zeitlichen Ablauf des Zustandekommens von betrieblichen Entscheidungen und umfasst mehrere Phasen.“ [Olfert/Pischulti, 1999, 30] Sie gliedert sich in die Zielsetzung, die Planung, die Durchführung, die Kontrolle und die Steuerung. Unabhängig von der Einordnung der Führungskräfte in das Unternehmen und dem konkreten Gegenstand ihres Verantwortungsbereiches (z. B. strategisch oder operativ) werden sie immer wieder mit diesen Grundfunktionen des Managements konfrontiert.

Die Balanced Scorecard wird als ein Instrument der strategischen Unternehmensführung tituliert. Bei richtiger Implementierung werden auch die operativen Führungsebenen berührt, womit zum einen eine klare Abgrenzung zu anderen strategischen Instrumenten (z.B. → GAP-Analyse) vollzogen werden kann, worin zum anderen jedoch auch die Besonderheit der Balanced Scorecard liegt. Bevor jedoch im einzelnen hierauf eingegangen wird, geht es zunächst um die Einordnung dieses Instrumentes in den Gesamtzusammenhang der strategischen Unternehmensführung. Hierzu gehe ich kurz auf die Bedeutung der strategischen Unternehmensführung ein. Anschließend erfolgt mittels der beiden Hauptbereiche „Strategische Planung“ und „Strategische Kontrolle“ eine Einordnung der Balanced Scorecard in den Gesamtzusammenhang.

2.1. Strategische Unternehmensführung

Die Kapitalmarktorientierung von Unternehmen nimmt seit einigen Jahren an Bedeutung zu. Somit besteht die Gefahr, dass die Unternehmensführung die vom Markt bevorzugten Indikatoren überbetont und Faktoren vergleichsweise vernachlässigt, die nicht schnell zu höheren Werten führen - auch wenn sie für die langfristige Rentabilität von Wichtigkeit sind. „Da zwischen langfristigen und kurzfristigen Erfolgen gegenläufige Entwicklungen möglich sind, sollte die Unternehmensleitung sowohl den kurzfristig orientierten Periodenerfolg als auch das langfristig ausgerichtete Erfolgspotential überwachen.“ [Gladen, 2001, 128] Den Unterschied zwischen beiden Größen verdeutlicht die nachstehende Abbildung:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Die Zielgrößen „kurzfristiger Erfolg“ und „langfristiges Erfolgspotential“

[Quelle: Gladen, 2001, 126]

Gladen definiert das Erfolgspotential „als Bündel nachhaltig wirksamer Wettbewerbsvorteile [...], die rechtzeitig aufgebaut werden müssen, um in nachfolgenden Perioden Erfolge erzielen zu können.“ [Gladen, 2001, 126]

Damit nun die langfristige Existenz gesichert werden kann, bedarf es sowohl der strategischen Planung als auch der strategischen Kontrolle im Unternehmen.

2.1.1 Strategische Planung

Die strategische Planung umfasst im Wesentlichen drei Bausteine: die „Analyse-Phase“, die „Ziel-Phase“ und die „Strategien-Phase“.

„Die Basis des strategischen Planungsprozesses liegt in der Klarlegung der strategischen Ausgangsposition der Unternehmung.“ [Peemöller, 1997, 104] Die Analyse der gegenwärtigen Situation sollte sich auf einen Zeitraum der letzten 4 und der zukünftigen 4 Jahre beziehen und betrifft die drei Bereiche Umwelt, Unternehmen und Wertesystem. „Der Umweltanalyse kommt dabei die Aufgabe zu, Chancen und Risiken des Umfeldes zu antizipieren, während die Unternehmensanalyse Stärken und Schwächen der Unternehmung aufzuzeigen hat.“ [Peemöller, 1997, 106] Die Wertsystemanalyse schließlich zeigt an, welche Strategien mit dem Wertsystem der Unternehmung vereinbar sind. Der Unternehmensführung stehen für die Bestimmung der Ausgangsposition u. a. die → SWOT-Analyse und die → Lebenszyklusanalyse als Instrument zur Verfügung.

Neben diesen Informationen bedarf es einer klaren Zielsetzung der Unternehmung. Unter Ziel ist „ein zukünftiger, erstrebenswerter Unternehmungszustand“ zu verstehen. [Peemöller, 1997, 117] Hierbei sind die verschiedenen Anforderungen der unterschiedlichsten Interessensgruppen, die alle bestimmte Erwartungen und Ansprüche besitzen, zu berücksichtigen. Ein Instrumentarium für diese Identifizierung der Ambitionen stellt die → Stakeholder-Analyse dar. Weiterhin ist zwischen qualitativen und quantitativen Zielen zu unterscheiden. In den qualitativen Aussagen spiegeln sich die geschäftspolitischen und sonstigen sozialen Aufgaben wider, in denen das Unternehmen seine Existenzberechtigung sieht. Bei den quantitativen Zielen gehört das Streben nach Gewinn zu den häufigsten und wichtigsten Zielen.

Auf den Ergebnissen der beiden Bausteine Analyse und Zielfindung beruht der dritte Baustein, die Strategiebestimmung. Nach Peemöller handelt es sich bei einer Strategie um langfristige wirksame Maßnahmenbündel, die den Weg der Zielerreichung bestimmen. [vgl. Peemöller, 1997, 123] Die Formulierung der Strategien erfolgt dabei auf zwei Ebenen. Auf der Ebene der gesamten Unternehmung [→ Corporate strategy] gilt der klassische Ansatz: das Marktwachstums-Marktanteils-Portfolio der → Boston Consulting Group (BCG). Einzelne Geschäftseinheiten werden mit ihrem Marktvolumen und dem zugehörigen Marktwachstum in einer Matrix positioniert. Aus dem entstehenden Portfolio ist abzulesen, ob ein Gleichgewicht zwischen →Cash-Flow -Erzeugung und Cash-Flow-Bedarf besteht. Damit ein optimales Portfolio erreicht werden kann, bieten sich die vier bekannten Normstrategien → Stars, →Question Marks, →Cash-Cows und →Poor dogs an. Zu Einzelheiten dieser Strategien verweise ich auf das Glossar im Anhang.

Die zweite Ebene spiegelt die einzelnen → strategischen Geschäftseinheiten (SGE) wider, sofern diese im Unternehmen existieren. Diese SGE sind als relativ autonome „Mikro-Unternehmen“ zu betrachten, die jeweils spezielle Produkte auf unterschiedlichen Märkten in Stellung gebracht haben. Somit können auch hier verschiedene Strategien vorherrschen. Auch hier eignet sich eine Matrix zur Visualisierung: die → Produkt-Positionierungs-Matrix. Innerhalb dieser Matrix und den Zielvorstellungen der einzelnen SGE unterscheidet Porter drei Typen von Wettbewerbsstrategien: → Kostenführerschaft, → Differenzierung, → Nischenstrategie. Allen Strategien liegen Maßnahmen zu Grunde, mit denen die SGE versuchen, ihre Produkte in die gewünschte Position zu bringen.

Nachdem das Unternehmen bzw. die SGE die verschiedenen Strategien ausgewählt und beurteilt haben, müssen diese in kurzfristige Handlungen umgesetzt werden. Ohne eine effiziente Strategieimplementierung bleibt die strategische Planung wirkungslos. Doch wann ist eine Umsetzung effizient? Mit dieser Frage beschäftigt sich die strategische Kontrolle.

2.1.2 Strategische Kontrolle

„Nach traditionellem Verständnis stellt die Kontrolle einen Soll-Ist-Vergleich dar, der ex-post die Übereinstimmung von Planung und Vollzug beurteilt.“ [Peemöller, 1997, 138] Doch diese Feedback-Kontrolle weist im strategischen Bereich grundlegende strukturelle Mängel auf. Zum einen kommen die Kontrollinformationen zu spät (zeitlicher Aspekt), und zum anderen können trotz Übereinstimmung zwischen Soll und Ist dringende Änderungen innerhalb der Planung erforderlich sein, weil die Grundannahmen sich gravierend verändert haben (sachlicher Aspekt). Um diese beiden Aspekte zu berücksichtigen, ist es notwendig, ein Kontrollsystem einzuführen, welches laufend die Realisierbarkeit der strategischen Planung überprüft und frühzeitig Störgrößen identifiziert und eventuelle Veränderungen der Planung und somit auch der Strategien berücksichtigt. [vgl. Peemöller, 1997, 138]

Drei Arten der strategischen Kontrolle stehen hierfür der Unternehmung zur Verfügung. Es handelt sich dabei um die →Prämissenkontrolle, die →Durchführungskontrolle und die →strategische Überwachung.

Durch die Prämissenkontrolle werden die strategischen Schlüsselannahmen über die externe Umwelt und die interne Ressourcen-Situation überprüft. Besonderes Augenmerk ist hierbei auf jene Prämissen zu legen, die bereits bei geringen Abweichungen weitreichende Konsequenzen nach sich ziehen.

„Im Rahmen der Durchführungskontrolle stehen Erkenntnisse über bisherige Ergebnisse strategischer Maßnahmen im Vordergrund.“ [Weber/Schäffer, 2000, 20] Sie dient im Wesentlichen der Beantwortung der Frage, ob die eingeschlagene strategische Richtung beibehalten werden kann.

Der dritte Bereich widmet sich der strategischen Überwachung. Sie identifiziert durch eine ungerichtete, kontinuierliche Beobachtung interner und externer Einflussfaktoren strategiebedrohliche Auswirkungen.

Der bereits erwähnte zeitliche Aspekt ist auch Gegenstand der Frühwarnsysteme. Sie haben zum Ziel, Gefährdungen mit einem zeitlichen Vorlauf zu signalisieren, damit bereits beim Erkennen Reaktionen ergriffen werden können. Somit treten derartige Frühwarnsysteme dem zeitlichen Aspekt entgegen. Diese Informationsinstrumente allein der strategischen Kontrolle zuzuordnen, würde der Intention und vor allem den Ergebnissen nicht gerecht. Die meist in die Zukunft gerichteten Erkenntnisse finden auch Niederschlag in der Analysephase, dem Ausgangspunkt der strategischen Planung. Somit schließt sich der Steuerungskreislauf. Voraussetzung ist jedoch ein funktionierendes Planungs- und Kontrollsystem.

An diesem Punkt lässt sich nun die Balanced Scorecard in den Gesamtzusammenhang der strategischen Unternehmensführung einordnen:

Die Grundstruktur der strategischen Unternehmensplanung lässt sich laut Peemöller in 6 verschiedene Phasen einteilen. Phasen 1-4 (=Analyse-, Ziel-, Strategien- und Bewertungsphase), die der strategischen Planung zuzuordnen sind, und Phase 5 und 6 (=Ausführungs- und Kontrollphase), die zur strategischen Kontrolle gehören. Die Balanced Scorecard ist in diesem Sinne ein ganzheitliches Instrument. Sie tangiert alle Bereiche dieser 6 Phasen. Zwar wird „von der Balanced Scorecard [...] kein Beitrag zum kreativen Prozess des Erfindens von Unternehmensstrategien erwartet“ [Gladen, 2001, 171], jedoch ist im Zuge einer Implementierung des Managementsystems „Balanced Scorecard“ eine Auseinandersetzung mit der Strategie und ihren Grundannahmen zwingend erforderlich. In den meisten Unternehmen ist eine ausformulierte Strategie nicht vorgegeben. Spätestens dann muss bei Phase 1 begonnen werden. Die Funktion der Balanced Scorecard liegt jedoch in der Förderung der Beachtung der Unternehmensstrategien, indem sie zur Operationalisierung beitragen soll. [vgl. Gladen, 2001, 171] Auf welche Art und Weise dies geschehen soll, wird im Verlauf dieser Arbeit noch herausgestellt. Somit liegt das Instrument an der Schnittstelle zwischen der strategischen Planung und der strategischen Kontrolle.

Auch die verschiedenen Arten der Kontrolle, Inhalt der Phase 6, finden bei der Balanced Scorecard Berücksichtigung. Durch Kennzahlen und deren Soll-Ist Vergleich existiert in gewisser Form eine Durchführungskontrolle. Die Prämissenkontrolle verstehen Kaplan/Norton als einen „→ double-loop-Prozess“. Dieser tritt auf, „wenn Manager Voraussetzungen in Frage stellen und überlegen, ob die Annahmen, nach denen sie bisher gehandelt haben, unter den jetzigen Voraussetzungen und Beobachtungen und Erfahrungen noch aufrecht erhalten werden können.“ [Kaplan /Norton, 1997, 17]

Laut Gladen ist die Balanced Scorecard „als ein strategisch-orientiertes Steuerungskennzahlensystem anzusehen“, welches „als Kennzahlenkombination und Managementinstrument für Planung, Durchsetzung und Kontrolle“ beschrieben werden kann. [Gladen, 2001, 171] Um diese These zu verdeutlichen, gehe ich im folgenden Kapitel auf das Konzept der Balanced Scorecard und seine charakteristischen Merkmale ein.

3. Der Managementansatz „Balanced Scorecard“

Ausgangspunkt dieses aktuell diskutierten Managementansatzes war das amerikanische Nolan Norton Institut, ein Forschungszweig der →KPMG. Dieses Institut veranstaltete im Jahre 1990 „eine einjährige, von mehreren Unternehmen durchgeführte Studie zum Thema Performance Measurement in Unternehmen der Zukunft“. [Kaplan/Norton, 1997, VII] David P. Norton leitete die Studie, während Robert S. Kaplan die akademische Betreuung übernahm.

3.1 Grundgedanken und Entwicklung

Die teilnehmenden Unternehmen, z.B. General Electric oder Apple Computer, waren der Meinung, dass die bestehenden Informationsversorgungssysteme zukünftige Wertschöpfungsprozesse behinderten. Die Kritik bezog sich vor allem auf das traditionelle Rechnungswesen. Geprägt durch finanzielle Berichterstattung wurden immaterielle bzw. intellektuelle Vermögenswerte dem Betrachter nicht vermittelt. Auch heutzutage ist dieses Problem nicht eindeutig gelöst. Betrachtet man die deutsche Rechnungslegung nach dem HGB, so dürfen z. B. die erworbenen Firmenwerte maximal bis zu 4 Jahre in der Bilanz ausgewiesen werden. Spätestens nach dem vierten Jahr müssen sie abgeschrieben sein. Anders ist dies in der internationalen und amerikanischen Rechnungslegung [→IAS oder →US-Gaap] geregelt. Nach dem Prinzip des → true and fair view besteht die Möglichkeit, den Geschäfts- oder Firmenwert bis zu 30 Jahre in der Bilanz auszuweisen.

Diese Vorschrift existierte zum damaligen Zeitpunkt jedoch noch nicht, so dass Investitionen in langfristige Fähigkeiten und Kundenbeziehungen nicht erfolgswirksam ausgewiesen werden konnten.

Zweifelsohne sind diese Prozesse wertschöpfend. Allerdings lässt sich ihre Höhe nicht definieren. Eine Voraussetzung für diese Prozesse ist die Entwicklung und Vorgabe von Plänen, die darin münden, übergeordnete Ziele bzw. Werte zu erreichen. Die Durchsetzung dieser Pläne vollzieht sich zumeist nicht ohne Reibungsverluste. Damit eine Planrealisation rechtzeitig gesichert werden kann, sind zielführende Eingriffe in den Wertschöpfungsprozess notwendig. Hierfür benötigt die Führungsebene Informationen über die Realisierungsaussicht. Diese Informationsversorgung des Führungssystems zu Steuerungszwecken wird auch heutzutage immer noch durch das Instrumentarium des Rechnungswesens, besonders des internen wie z.B. die Kostenrechnung dominiert. Um diese einseitig, vergangenheitsorientierte Belastung auszugleichen, ergänzten die Studienteilnehmer das herkömmliche Kennzahlengerüst mit nicht-monetären Kennzahlen. Somit wurde versucht, eine Ausgewogenheit herzustellen, die schließlich dem Kennzahlensystem den Namen „Balanced Scorecard“ gab.

Erste Veröffentlichungen der Ergebnisse dieser Studie zur Durchführbarkeit und den Vorteilen eines solchen Measurementsystems zogen Weiterentwicklungen nach sich. Die bedeutendste ist hier die Verknüpfung der festgelegten Kennzahlen mit der Unternehmensstrategie. Zu diesen Verknüpfungen erfolgen unter Gliederungspunkt 3.3 detailliertere Ausführungen.

Laut Kaplan/Norton entwickelte sich „die Balanced Scorecard von einem verbesserten Kennzahlensystem zu einem wichtigen Führungssystem“. [Kaplan/Norton, 1997, IX] Um dieser These den notwendigen Halt zu geben, wird in den beiden anschließenden Kapiteln das theoretische Konzept und seine charakteristischen Merkmale erläutert.

3.2 Das Konzept der Balanced Scorecard nach Kaplan und Norton

Die Balanced Scorecard wird in ihrem ursprünglichem Konzept in verschiedene Perspektiven unterteilt. Zum einen wird damit das Unternehmen aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet, womit die Ganzheitlichkeit des Instrumentes gewährleistet wird [vgl. Schmitz, 2001, 248], und zum anderen bedeutet die Berücksichtigung der unterschiedlichen Sichtweisen auch eine Ausgewogenheit zwischen den Kennzahlen. Des Weiteren wird dem Umstand Rechnung getragen, dass der Erfolg eines Unternehmens nicht nur finanzielle Quellen besitzt und mehrere strategische Orientierungen möglich sind.

Laut Kaplan/Norton „ermöglichen“ die vier Perspektiven „ein Gleichgewicht von kurzfristigen und langfristigen Zielen, zwischen gewünschten Ergebnissen und den Leistungstreibern für diese Ergebnisse, zwischen harten Zielkennzahlen und weicheren, subjektiveren Messwerten.“ [Kaplan/Norton, 1997, 24] Nach den Begründern wird eine Balanced Scorecard in die vier klassischen Perspektiven unterteilt:

- „financial“ (finanzielle Perspektive)
- „customer“ (Kundenperspektive)
- „internal business process“ (interne Prozessperspektive)
- „learning and growth“ (Lern- und Entwicklungsperspektive)

„Diese Sichtweisen sind die Basis vieler in den Unternehmen verwendeter und in der Literatur vorgestellter Perspektiven.“ [Ehrmann, 2000, 91] Allerdings besitzen diese genannten Ansichten auf das Unternehmen keinen Vorschriftcharakter, sondern sind als beispielhafte Vorschläge zu sehen. Ein Unternehmen muss die Perspektiven herausfinden, aus denen heraus die strategische Umsetzung der Ziele zu erreichen ist. „Je nach strategischer Ausgangslage des Unternehmens können alternativ auch weitere Sichten, wie z.B. eine Wettbewerbs- oder Lieferantensicht, entwickelt werden. [Schmitz, 2001, 248] Die geeignetsten Perspektiven sind diejenigen, welche die Strategien am besten abzubilden vermögen.

Die weiteren Ausführungen beschränken sich nun auf die vier klassischen Perspektiven, da diese nach einer Untersuchung der PricewaterhouseCoopers AG [PWC], Basel aus dem Jahre 1998 auch die meistgenannten Sichtweisen sind. „Bei der Perspektivenwahl geben [...] 80% an, dass sie die vier vorgeschlagenen Perspektiven von Kaplan und Norton für die eigene Scorecard übernommen haben.“ [PwC, 2001, 12] Die Reihenfolge der einzelnen Perspektiven stellt nicht ein Ranking im eigentlichen Sinne dar. Jeder Blickwinkel ist als gleichberechtigt anzusehen. Allerdings ist die Anordnung der Gliederungspunkte nicht ohne Hintergrund ausgewählt, worauf ich später noch genauer eingehen werde.

3.2.1 Finanzwirtschaftliche Perspektive

Trotz der eigentlich gewünschten Distanzierung von der finanziellen Dominanz erfährt auch bei diesem neuen Managementansatz die monetäre Sichtweise eine besondere Bedeutung. „Ohne Berücksichtigung der finanziellen Seite eines Unternehmens, ohne langfristige Einnahmeüberschüsse kann kein Unternehmen auf Dauer existieren.“ [Friedag/Schmidt, 1999, 184] Somit nimmt diese Perspektive eine exponierte Stellung ein, die zudem noch eine weitere Charakteristik aufweist: Sie nimmt im Gegensatz zu den anderen eine Doppelrolle im System der Balanced Scorecard ein. Die finanziellen Kennzahlen „definieren die finanzielle Leistung, die von der Strategie erwartet wird und sie dienen als Endziele für die Ziele und Kennzahlen aller anderen Scorecard-Perspektiven.“ [Kaplan/Norton, 1997, 46]

Im ersten Teil dieser Aussage spiegelt sich zugleich die Hauptfrage dieser Sichtweise wider. Welche finanzwirtschaftlichen Ziele stellt sich das Unternehmen, und inwiefern werden diese Ziele erreicht? Diese Frage ist vor allem für die Kapitalgeber interessant. Somit sind die Kennzahlen und Ziele so auszurichten, dass alle Interessenten eine möglichst hohe Kapitalverwertung erzielen. Gelingt dies nicht, ist eine Abwanderung des Kapitals hin zu einer optimaleren Verwertung nicht auszuschließen. Folglich wird dem Unternehmen die Liquidität, Basisziel jeder Unternehmung, entzogen.

Es stellt sich jedoch die Frage, mit welchen Kennzahlen die Ergebnisse des betrieblichen Leistungsprozess den Kapitalgebern am besten zu vermitteln sind. Nach Kaplan und Norton richten sich die finanzwirtschaftlichen Zielsetzungen nach dem Lebenszyklus des Unternehmens bzw. der Geschäftseinheit. Vergleichbar mit dem Produktlebenszyklus durchläuft auch eine Unternehmung verschiedene Entwicklungsstufen. „Wachstum“, „Reife“ und „Ernte“ werden in der Literatur als Synonyme verwendet. Je nach Stufe unterscheiden sich die verschiedenen Strategien.

Im Wachstum begriffene Unternehmen befinden sich im Anfangsstadium ihres Lebenszyklus. In dieser Phase stehen zumeist enorme Kapitalanstrengungen im Vordergrund. Aufbau einer Unternehmensorganisation, Investitionen in Produktionsanlagen, Mitarbeiter und Werbung bedingen eine hohe Kapitalbindung. Kurzfristige Gewinne verzeichnen die wenigsten Unternehmen. Vielmehr „gilt der Liquiditätssicherung besondere Aufmerksamkeit, da vor allem Unternehmen mit geringer Eigenkapitaldecke in der Wachstumsphase leicht in eine Liquiditätsfalle geraten.“ [Friedag/Schmidt, 1999, 190] Somit würde die Kennzahl der Kapitalrendite wenig Sinn ergeben, da genügend Kapital nicht aus den bestehenden Leistungsfeldern abgeschöpft werden kann. Aussagekräftiger sind in dieser Situation z. B. Ergebniswachstums- oder Umsatzwachstumsraten. Geeignet wäre auch eine Kennzahl „Reichweite der Zahlungsfähigkeit“.

Die sich anschließende Phase der Reife ist in den meisten Unternehmen auf das Ziel der Rentabilität ausgerichtet. Festigung und Erhöhung des Marktanteils sowie die Eliminierung unrentabler Produkte sollten im Vordergrund der Betrachtung stehen. Eine geeignete Zielgröße stellen dabei die Deckungsbeiträge der Produkte sowie das Betriebsergebnis dar. Des Weiteren haben Investitionsprojekte „ihren Schwerpunkt nicht in erster Linie in Rückzahlung von Verbindlichkeiten und Wachstum, wie dies in der Wachstumsphase der Fall war, sondern vielmehr in der Überbrückung von Engpässen, in Kapazitätserweiterung und kontinuierlicher Verbesserung.“ [Kaplan/Norton, 1997, 47]

Die abschließende Erntephase, häufig auch „Cash-Cow-Phase“ genannt, ist vor allem von dem Ziel hoher Liquiditätszuflüsse gekennzeichnet. In dieser Zeit werden keine wichtigen Investitionsprojekte mehr getätigt, sondern vielmehr vorhandene Potentiale genutzt. Sofern jedoch noch Investitionsprojekte vorgenommen werden, besitzen diese klar definierte und kurze Amortisationszeiten. Die übliche Kennzahl in diesem Unternehmensstadium ist der Cash-Flow. Das in den Vorstadien investierte Kapital soll dem Unternehmen wieder zugeführt werden und zur Verfügung stehen.

Der hier geschilderte normale Entwicklungsstufenprozess verläuft oft über Jahrzehnte und endet meist nicht mit dem Untergang der Unternehmung. Vielmehr treten Veränderungen sowohl in der internen als auch in der externen Umgebung auf, so dass sich die Unternehmung veränderten Gegebenheiten gegenübergestellt sieht. Diese Veränderungen bedingen eine Adaption der eingeschlagenen Strategien und somit auch der finanzwirtschaftlichen Zielsetzungen.

Zusätzlich zu dem Unternehmenslebenszyklus sind Kaplan und Norton zu dem Ergebnis gekommen, das den ausgewählten Strategien bestimmte finanzwirtschaftliche Themen zugrunde liegen. Ungeachtet der Lebensphase, in der sich das Unternehmen befindet, handelt es sich um Ertragswachstum und –mix, Kostensenkung und Produktivitätsverbesserung sowie die Nutzung von Vermögenswerten.

Das erste strategische Thema sind produkt- und marktbezogene Maßnahmen, mit denen das Unternehmen seinen Ertrag zu steigern bzw. eine ausgewogenere Verteilung zu generieren versucht. Derartige Maßnahmen beziehen sich auf neue Produkte, neue Kundenbeziehungen, neue Anwendungsgebiete sowie eventuelle neue Preisstrategien.

Ziel des zweiten Kerngedankens ist die Reduzierung der Kosten. Begleitet wird dies mit Maßnahmen, die darauf abzielen, im Unternehmen vorhandene Ressourcen effizienter zu nutzen.

Der Ansatzpunkt der dritten Strategie ist „eine Verbesserung der Abläufe bei Investitionsprojekten und die Beschleunigung des Investitionsprozesses“ [Kaplan/Norton, 1997, 58] sowie die des Nettoumlaufvermögens.

Zusammengefasst ergibt sich nachstehende Abbildung, welche die gebräuchlichsten Kennzahlen der genannten Themen den einzelnen Lebenszyklusphasen der Unternehmen zuordnet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Messung und Bewertung strategischer finanzwirtschaftlicher Themen

[Quelle: Kaplan/Norton, 1997, 50]

Folgt man den Ergebnissen der Studie von Kaplan und Norton, so ist bereits mit Hilfe dieser Tabelle und einer gegebenen Balanced Scorecard die strategische Grundausrichtung einer Unternehmung zu erkennen. Im Zusammenhang der Verknüpfung von Unternehmensstrategie mit den Kennzahlen einer Balanced Scorecard verweise ich auf die nachfolgenden Ausführungen zur Charakteristik der Balanced Scorecard.

3.2.2 Kundenperspektive

Der Einbezug der Kundenperspektive in den Aufbau der Balanced Scorecard beruht auf dem Tatbestand, das sich innerhalb der Märkte eine Wandlung vom →Verkäufermarkt zum →Käufermarkt vollzogen hat. „Früher lag der Hauptschwerpunkt der Unternehmen auf ihren internen Potentialen, und da hauptsächlich auf Produktleistung und technologischer Innovation“. [Kaplan/Norton, 1997, 62] Ein potentieller Engpass lag in der Produktionskapazität.

Heutzutage liegt dieser Bereich jedoch bei den Kunden, da der Käufer über Erfolg bzw. Misserfolg des Produktes entscheidet. Wer die Wünsche der Kunden jedoch nicht klar identifiziert, wird schnell von denjenigen Konkurrenten überholt, die diese Bedürfnisse entsprechend befriedigen können.

Diese Veränderung der Markteigenschaft impliziert zusätzlich noch eine gewichtige Entscheidung. Durch eine Identifikation der Kundenbedürfnisse ist es notwendig, die Kunden und Marktsegmente zu bestimmen, bei und in denen das Unternehmen konkurrenzfähig sein soll. Zwangsläufig muss das Unternehmen von den Kundenwünschen Abstand nehmen, die sie nicht optimal zufrieden stellen können. Wer versucht, alle Kundenbedürfnisse zu befriedigen, läuft Gefahr, es niemandem recht zu machen. „Durch die Fokussierung auf wenige Bereiche, auf wenige Kunden- und Marktsegmente wird das Management gezwungen, seine Ressourcen strategisch einzusetzen.“ [Friedag/Schmidt, 1999, 115]

Die Marktsegmente stellen die finanziellen Quellen des Erfolges dar und sind somit sorgfältig auszuwählen.

Sofern ein Unternehmen erst einmal seine Zielsegmente auf dem Markt identifiziert hat, kann es entsprechende Kennzahlen für diese Perspektive festlegen.

Nach den Forschungen von Kaplan und Norton wählen die Unternehmen überwiegend zwei Kennzahlengruppen für diesen Bereich aus. Zum einen handelt es sich dabei um die Grundkennzahlen. Größen wie z. B. Kundenzufriedenheit, Marktanteil und Kundentreue findet man in vielen Scorecards wieder. Aus diesem Grund werden sie in der Literatur auch als „Kernkennzahlengruppe“ bezeichnet.

Das zweite Bündel umfasst die →Leistungstreiber der Kundenergebnisse. „Sie beantworten die Frage, was ein Unternehmen seinen Kunden bieten muss, um einen möglichst hohen Grad an Zufriedenheit, Treue, Akquisition und schließlich Marktanteil zu erreichen.“ [Kaplan/Norton, 1997, 65] Diese Kennzahlen in Form von Leistungstreiber stellen somit Frühindikatoren dar, während die Kernkennzahlen →Spätindikatoren sind. Nachfolgende Skizzierung der einzelnen Größen dient dem besseren Verständnis der Balanced Scorecard und ihrer Charakteristik.

Die Gruppe der Kernkennzahlen enthält die Kennzahlen:

- Marktanteil
- Kundentreue
- Kundenakquisition
- Kundenzufriedenheit
- Kundenrentabilität

Sie erscheinen auf den ersten Blick in jedem Unternehmen gleich. „Um jedoch ihren Einfluss so groß wie möglich zu gestalten, sollten sie auf die Zielkundengruppe abgestimmt werden, von der sich die Geschäftseinheit Wachstum und Rentabilität erhofft.“ [Kaplan/Norton, 1997, 66]

Die Kennzahl „Marktanteil“ drückt den Umfang eines Geschäftes in einem gegebenen Markt aus. Die Ermittlung des Marktanteils fällt größeren Unternehmen nicht unbedingt schwer, für kleinere und mittlere Unternehmen stellt dies bereits ein Problem dar. Festzuhalten ist, dass die Bewertung des Marktanteils umso einfacher ist, je eindeutiger die Zielkundengruppe oder das Zielmarktsegment spezifiziert worden ist.

Somit zeigt sich bereits hier, wie detailliert und sorgfältig die oben erwähnte Kunden- und Marktsegmentierung vorgenommen werden muss.

Um den Kunden- und/oder Marktanteil dementsprechend zu steigern bzw. aufrechtzuerhalten, bedarf es einer treuen Kundschaft. „Der teuerste Kunde ist der Neukunde.“ [Friedag/Schmidt, 1999, 119] Folglich gilt die Aufmerksamkeit nicht nur den potentiellen Kunden, sondern vor allem den Bestandskunden. Eine interessante und einfach zu ermittelnde Kennzahl stellt in diesem Bereich der „Anteil des Umsatzvolumens der Stammkunden“ dar.

Trotz der Pflege der Bestandskunden besitzt die Neukundengewinnung ebenfalls Relevanz. „Gewonnene Neukunden sind eine wichtige Ursache für Umsatzsteigerungen.“ [Friedag/Schmidt, 1999, 120] Bei der Definition der Kennzahl ist zu empfehlen, auch die Umsatzhöhe der Neukunden mit einzubeziehen.

Der Spätindikator „Kundenzufriedenheit“ sagt etwas über den Erfolg eines Unternehmens aus. Denn nur zufriedene Kunden kaufen mehrmals beim gleichen Unternehmen. Statistisch gesehen, berichten unzufriedene Kunden 5- bis 10 mal von ihren negativen Erfahrungen, zufriedene Kunden aber nur 1- bis 3 mal. [vgl. Friedag/Schmidt, 1999, 118]

Diese wichtige Kennzahl ist im Vergleich zu den anderen nicht einfach zu messen. Häufig geschieht dies über Kundenbefragungen in Form von Fragebögen oder Interviews. Beide Techniken erfordern einerseits einen hohen Zeitaufwand, andererseits auch einen hohen Qualitätsstandard der auszuarbeitenden Fragen. Die Wichtigkeit der Kundenzufriedenheit kann nicht oft genug betont werden.

Sofern alle erwähnten Kennzahlen im anzustrebenden Zielkorridor liegen, folgt daraus noch keine positive Rentabilität der Kunden. Zwar ist bei unrentablen Kunden sorgfältig kurzfristig zu überprüfen, ob gegebenenfalls in nächster Zeit hohe Absatzmöglichkeiten zu erzielen sind. Langfristig ist es jedoch unumgänglich, sich von seinen unrentablen Kunden zu trennen. „Je differenzierter die Kundenrentabilität erfasst wird, umso besser kann das Management entscheiden, welche Zielgruppen weiterhin zu bedienen sind.“ [Friedag/Schmidt, 1999, 120]

Die Gruppe der Leistungstreiber berücksichtigt Leistungen im weiteren Sinne, die das Unternehmen seinen Kunden zur Verfügung stellt, um Kundenzufriedenheit, Kundentreue und andere Ziele der Kernkennzahlen zu erreichen. Es handelt sich um Wertangebote. Diese sind im Gegensatz zu den Kernkennzahlen unternehmensindividuell. Viele Autoren vertreten allerdings die Auffassung, dass es eine Vielzahl solcher Angebote gibt, die unternehmens- und branchenübergreifend sind und in drei Gruppen zusammengefasst werden können. Sie bezeichnen sie als

- Produkt- und Serviceeigenschaften
- Kundenbeziehungen
- Image.

Das erste Wertangebot, Produkt- und Serviceeigenschaften, bezieht sich laut Ehrmann auf die Funktionalität, die Qualität und den Preis des Produktes. [vgl. Ehrmann, 2000, 118] In Verbindung mit diesen Wertangeboten ist die Unternehmensstrategie zu betrachten. Konkurriert das Unternehmen in hoch- oder niedrigpreisigen Märkten, besitzen diese strategischen Entscheidungen zweifelsohne einen großen Einfluss auf das geschilderte Wertangebot. Wichtige Produkt- und Serviceeigenschaften spiegeln sich in den Kennzahlen „Anteil unbeanstandeter Lieferungen“, „Retourenquote“ oder „Verständlichkeit von Gebrauchsanweisungen“ wider.

[...]

Ende der Leseprobe aus 93 Seiten

Details

Titel
Die Einführung einer BSC als Instrument der strategischen Unternehmensführung in einem genossenschaftlichen Industrieunternehmen
Hochschule
Hamburger Fern-Hochschule
Note
2,0
Autor
Jahr
2002
Seiten
93
Katalognummer
V6800
ISBN (eBook)
9783638142922
ISBN (Buch)
9783638697149
Dateigröße
1466 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Einführung erfolgt innerhalb eines Pilotprojektes im Logistikbereich.
Schlagworte
Einführung, Instrument, Unternehmensführung, Industrieunternehmen
Arbeit zitieren
Timo Klabunde (Autor:in), 2002, Die Einführung einer BSC als Instrument der strategischen Unternehmensführung in einem genossenschaftlichen Industrieunternehmen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/6800

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