In vielen Beispielen höfischer Epik hat der Topos der heilenden Frau seinen Platz 1 ; mit großer Selbstverständlichkeit ist hier von weisen und fähigen Heilerinnen die Rede. Diese Tatsache hat bislang erstaunlich wenig Reaktionen in der Forschung hervorgerufen; 2 zudem unterscheiden sich die bestehenden Lehrmeinungen zu diesem Thema oft beträchtlich. 3 Daher soll im Rahmen der vorliegenden Hausarbeit u.a. anhand von Wolfram von Eschenbachs „Parzival“ eine Positionsbestimmung der Forschung sowie eine Neubewertung der verschiedenen Arten von Heilerinnen und ihrer Funktion angestrebt werden. Einleitend hier ein paar Sätze zur Vorgehensweise in dieser Arbeit. Nach einer zusammenfassenden, kritischen Wiedergabe ausgewählter Forschungspositionen wird das Postulat einer grundlegenden Mentalitätsforschung für den Bereich der mittelalterlichen Heilkunde und insbesondere bezüglich der Position heilender Frauen im Mittelalter formuliert. Eine wichtige Rolle spielt dabei die bislang bestehende Unterbewertung der Rolle der „Magie“ als Differenzfaktor zur neuzeitlichen Konzeption von Medizin. Die Frage nach dem Verhältnis „magischer“ und „wissenschaftlicher“ Heilmethoden wird deshalb ins Zentrum dieser Arbeit gerückt. Sodann werden einige für das Thema relevante Arten von Heilerinnen vorgestelltz.B. die weisen Frauen, die höfisch gebildeten Frauen, die Wundheilerinnen und die ausgebildeten Ärztinnen. Für eine Evaluierung der Bedeutung heilkundlich tätiger Frauen im „Parzival“ stellt sich vor allem die Frage nach deren Funktion, mythologischen Wurzeln sowie nach den Persönlichkeitsprofilen. 4 Dabei werden v.a. die Heilkunde betreffende, literatursoziologische und mythologische Herleitungen versucht. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einführung
- Zur Situation heilender Frauen im Mittelalter und zum Verhältnis von Magie und Wissenschaftlichkeit
- Heilende Frauen im Mittelalter und die Trennung von Schul- und Volksmedizin. Zum Forschungsstand
- Stephan Maksymiuks Postulat der Mentalitätsforschung und der heilkundliche Bereich
- Das Phänomen der Hofmagier und die Heilkunde am Hof
- Zur Bedeutung heilkundlich tätiger Frauen im Mittelalter
- Gebildete Frauen im höfischen Bereich, ihre heilkundliche Tätigkeit und ihr „traditionelles Erbe“
- Weise Frauen
- „Pagane“ Wurzeln
- Die weise Frau im Mittelalter
- Ausgebildete Ärztinnen
- Andere Arten von Heilerinnen
- Mythologische Bezugspunkte
- Heilende Frauen im „Parzival“
- Wolframs von Eschenbach „Parzival“
- Mythologischer Hintergrund der Schastel marveile-Episode
- Die literarische Inszenierung des Heilungsprozesses. Arnive als dominierende Figur
- 1. Stufe: Vorbereitung der Heilung durch Zuwendung, Schönheit und sublimierte Erotik
- 2. Stufe: Arnive als Wundheilerin und Cundrie als Bereitstellerin der Salbe
- Vermischung des medizinischen und des historisch-mythologischen Diskurses im zweiten Schritt der Heilung. Arnive als kluge höfische Dame und weise Heilerin
- Arnive und die Wundersäule
- Gawan und Arnive. Das Verhältnis von „weiblicher“ Weisheit und Königinnenmacht zu „männlichem“ Rittertum
- Die „seelische Heilung Gawans“. Arnive als weise „Ärztin der Seele“ und Orgeluse als „schöne Hexe“
- Cundrie la surziere
- Vergleich mit Hartmanns „Erec“. Cundrie und Famurgan als „Bereitstellerinnen“ des Heilmittels
- Die Heterogenität der Cundriegestalt
- Cundrie und die „Töchter Adams“
- Mythologische Tiersymbolik im Vergleich zu Thüring von Ringoltingens „Melusine“
- Abschwächung des magischen Elements und das schwankende Urteil gegenüber der magischen Heilkunst der Cundrie
- Die Bildung der Cundrie. Cundrie als Hofmagierin
- Zur mythologischen Herkunft der Cundriefigur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit widmet sich der Untersuchung der Rolle heilender Frauen in der hochmittelalterlichen Gesellschaft und insbesondere in Wolfram von Eschenbachs „Parzival“. Sie verfolgt das Ziel, die Forschungslandschaft zu diesem Thema zu beleuchten, bisherige Ansätze kritisch zu bewerten und eine Neubewertung der verschiedenen Arten von Heilerinnen und ihrer Funktion im Werk vorzunehmen.
- Die Bedeutung von Magie und Wissenschaftlichkeit im Kontext mittelalterlicher Heilkunst
- Die verschiedenen Arten von Heilerinnen im Mittelalter, wie z.B. weise Frauen, höfisch gebildete Frauen, Wundheilerinnen und ausgebildete Ärztinnen
- Die Rolle und Funktion heilender Frauen in Wolframs von Eschenbachs „Parzival“
- Das Verhältnis von schulmedizinischen und volksmedizinisch-magischen Heilmethoden im „Parzival“
- Die literarische Inszenierung des Heilungsprozesses in „Parzival“ und insbesondere die Bedeutung von Frauengestalten in diesem Prozess
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema ein und erläutert die Problemstellung und die Forschungsziele. Sie stellt verschiedene Ansätze der Forschung zur Rolle von heilenden Frauen im Mittelalter vor und kritisiert deren Schwächen und Defizite.
Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit der Situation heilender Frauen im Mittelalter und dem Verhältnis von Magie und Wissenschaftlichkeit. Es beleuchtet die Trennung von Schul- und Volksmedizin, die Rolle von Magie in der mittelalterlichen Heilkunde und verschiedene Arten von Heilerinnen, darunter weise Frauen, höfisch gebildete Frauen, Wundheilerinnen und ausgebildete Ärztinnen.
Das dritte Kapitel analysiert die Rolle von heilenden Frauen im „Parzival“ und widmet sich vor allem den Figuren Arnive und Cundrie. Es untersucht ihre Funktion im Heilungsprozess, ihre mythologischen Wurzeln und ihre Persönlichkeitsprofile.
Schlüsselwörter
Die vorliegende Hausarbeit behandelt die Rolle von heilenden Frauen im hochmittelalterlichen „Parzival“ von Wolfram von Eschenbach, mit einem Fokus auf die Figuren Arnive und Cundrie. Die Arbeit untersucht die Verbindung von Magie und Wissenschaftlichkeit in der mittelalterlichen Heilkunde, die verschiedenen Arten von Heilerinnen im Mittelalter, und die literarische Inszenierung des Heilungsprozesses im Werk. Dabei werden Themen wie Volksmedizin, Schulmedizin, höfische Kultur, Mythologie und Geschlechterrollen im mittelalterlichen Kontext beleuchtet.
- Citation du texte
- Eva Köppl (Auteur), 2001, Weise, heilende Frauen in der hochmittelalterlichen Gesellschaft und im 'Parzival' Wolfram von Eschenbachs, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/68726