Der Beitrag des Finanzmarktes zum Wirtschaftswachstum


Seminar Paper, 2006

21 Pages, Grade: Sehr Gut


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Wachstumstheorien und Finanzmärkte

3. Auswirkungen von Börsen und Finanzmärkten auf das Wirtschaftswachstum

4. Anleihenmärkte und Wirtschaftswachstum

5. Venture Capital und Wirtschaftswachstum
5.1. Was ist Venture Capital?
5.2. Der Beitrag von Venture Capital zum Wachstum

6. Gründe warum offene Finanzmärkte, im speziellen die Entwicklung der Börsen eines Landes, zum Wirtschaftswachstum beitragen

7. Reformvorschläge für Österreich

8. Bibliographie

1. Einleitung

Während Amerikas Wirtschaft sich nach den weltweiten ökonomischen Problemen der Jahre 2000 bis 2002 wieder stark erholt hat und mit Wachstumsraten von zeitweise über vier Prozent aufwartete[1], und während die Emerging Markets dieser Welt seit Jahren mit exorbitanten Wachstumszahlen von einem Hoch zum nächsten jagen, dümpelt das Wirtschaftswachstum in Europa, besonders in den alten Ländern der EU, mit durchschnittlichen Raten von um die zwei Prozent[2] so vor sich hin.

Ein Grund warum die wirtschaftlichen Schwellenländer ihr Wachstum so sehr vorantreiben können, ist die Reformation ihrer Finanz- und Kapitalmärkte, welches besonders auch ausländischen Investoren die Möglichkeit gibt, dort direkt zu investieren um in Folge auch am Aufschwung teilzunehmen.

Gerade auch deshalb ist der Einfluss der Finanzmärkte auf das Wirtschaftswachstum, und die diversen Möglichkeiten wie diese das Wachstum stützen, fördern und anregen können, ein in den letzten Jahren vieldiskutiertes Thema. Zahlreiche Publikationen dazu wurden veröffentlicht und es wurde viel darüber diskutiert, was man in Europa verbessern kann, um den Anschluss an das weltwirtschaftliche Wachstum wieder herzustellen.

Im Folgenden wird sich die vorliegende Arbeit mit diesem Thema auseinandersetzen. Zu Beginn wird dazu kurz auf diverse Wachstumstheorien eingegangen und ein Zusammenhang dieser zu den Auswirkungen der Finanzmärkte auf das Wirtschaftswachstum erstellt. Des weiteren werden Beweise erbracht, dass die Finanzmärkte zum Wachstum beitragen und wie sie dies tun. In Folge wird auf die Einflüsse von Aktien- und Anleihenmärkten sowie neuerer Finanzierungsinstrumente wie Private Equity und Venture Capital als Wirtschaftstreiber näher eingegangen. Abschließend werden noch diverse Reformvorschläge, im Besonderen für die österreichische Wirtschaft, aufgeworfen und diskutiert.

2. Wachstumstheorien und Finanzmärkte

Um im weiteren Verlauf dieser Arbeit verschiedene Arten von Auswirkungen und Beiträgen des Finanzmarktes zum wirtschaftlichen Wachstum von Ökonomien aufzuzeigen und zu diskutieren, soll vorweg kurz auf einige Wachstumstheorien eingegangen werden, die einen bedeutenden Einfluss auf die Wissenschaften der Volkswirtschaftslehre hatten und haben. Die Wachstumstheorie ist ein Zweig der Volkswirtschaftslehre der sich mit der Erklärung der Ursachen von Wirtschaftswachstum befasst[3]. Bekannte Wachstumsmodelle sind beispielsweise das Harrod-Domar-Modell (1942, Keynesianisches Wachstumsmodell), das Solow-Swan-Modell (1956, Neoklassisches Wachstumsmodell) oder endogene Wachstumsmodelle, welche Mitte der 1980er Jahre entstanden. Auf Keynesianische Modelle soll hier jedoch nicht näher eingegangen werden, da bei ihnen Finanzmärkte eine untergeordnete bzw. keine Rolle spielen.

In neoklassischen Wachstumsmodellen, wie dem Solow-Modell werden Erklärungen des langfristigen Wachstums einer Volkswirtschaft beschrieben[4]. Die zentrale Aussage ist hier, dass für dauerhaftes Wirtschaftswachstum langfristig nur das Tempo des technischen Fortschritts von Bedeutung ist. Wachstumspolitik kann folglich auf lange Sicht nur erfolgreich sein, wenn sie den technischen Fortschritt begünstigt.

Neoklassische Modelle haben jedoch den Nachteil, dass in ihnen das Langzeitwachstum exogen bestimmt wird, also bestimmende Faktoren, wie beispielsweise die Wachstumsrate des technischen Fortschritts außerhalb dieser Modelle liegt und somit der Ursprung des Wachstums nicht erklärt wird[5]. Deshalb wurden in Folge endogene Wachstumstheorien entwickelt, um diesen Defiziten der neoklassischen Modelle entgegenzuwirken. Die heutigen endogenen Wachstumstheorien sehen die Hauptbedeutung in der Entwicklung von neuen Technologien und Humankapital. Die Unternehmen und Erfinder sind angehalten technologischen Fortschritt zu generieren, um einen Vorteil gegenüber den Mitbewerbern zu haben.

Im Gegensatz zu den neoklassischen (oder keynesianischen) Wachstumstheorien fällt also technischer Fortschritt nicht kostenlos "wie Manna" vom Himmel, sondern muss produziert werden[6]. Diese Aussage ist im Zuge dieser Arbeit über den Beitrag des Finanzmarktes zum Wachstum insofern von besonderem Interesse, da die Entwicklung technischen und technologischen Fortschritts etwas kostet und somit auch irgendwie finanziert werden muss. Heute erfolgen weite Teile der Finanzierung von Innovationen in bereichen wie Chemie, Technologie und Biotechnologie, Pharmazie etc. durch Venture Capital und Private Equity Gesellschaften, dem Streben junger Firmen nach neuem Kapital über die Börse oder anderen Formen von Finanzierung langfristigen Wachstums durch Instrumente des Kapitalmarktes.

Es wird somit in dieser Arbeit die Behauptung bekräftigt, dass Kapital- und Finanzmärkte einen wesentlichen Beitrag zum regionalen und überregionalen bis hin zum weltweiten Wirtschaftswachstum leisten. Im Laufe der Arbeit soll verdeutlicht werden wie dies geschieht, in welchem Ausmaße Finanzmärkte Wachstum fördern und welche speziellen Bereiche (Börsen, Anleihenmärkte, Venture Capital, Private Equity etc.) ihren Beitrag dazu leisten.

3. Auswirkungen von Börsen und Finanzmärkten auf das Wirtschaftswachstum

Wie eine im Jahr 2004 vom Institut für Höhere Studien in Wien durchgeführte Untersuchung über die volkswirtschaftliche Bedeutung des österreichischen Kapitalmarktes[7] hervorhebt, ist „nicht nur der Entwicklungsstand des Finanzsystems insgesamt für die wirtschaftliche Entwicklung bedeutsam, sondern speziell auch die Aktivität am Eigenkapitalmarkt hat positive Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum (...)“.

So konnte in der Studie statistisch belegt werden, dass je höher der Börsenumsatz eines Landes ist (gemessen wurde dies anhand eines Indikators der den Umsatz an den Börsen eines Landes zu dessen Bruttoinlandsprodukt ins Verhältnis setzt – Umsatz/BIP), desto höher auch das Wachstum des Bruttoinlandsproduktes sowie das Investitionswachstum sind.

Darüber hinaus gibt es einen Zusammenhang zwischen der Aktienkultur eines Landes und der Schaffung von Arbeitsplätzen. Wie Rüdiger von Rosen in seinem Beitrag über die Definition von Aktienkulturen[8] beschreibt, weisen Länder mit einer höher entwickelten Aktienkultur (im besonderen die USA und Großbritannien) momentan eine wesentlich geringere Arbeitslosigkeit auf als die Staaten Kontinentaleuropas, wo die Aktienkultur noch nicht so weit fortgeschritten ist. Er unterstreicht somit die Aussage dass „an diesem Indikator gemessen eine stärkere Nutzung der Aktie als Finanzierungs- und Anlageinstrument zu einem höheren gesamtwirtschaftlichen Niveau führt.[9]

Diese Meinung wird im weiteren auch von Reto Franconi, Vorstandvorsitzender der Deutschen Börse AG, vertreten. Demnach wurden durch die im ehemaligen Wachstumssegment der Deutschen Börse, dem Neuen Markt, vertretenen Firmen in nur drei Jahren mehr als 30.000 nichtsubventionierte Arbeitsplätze geschaffen[10]. Ob diese in dem Ausmaß auch heute noch bestehen, sei jedoch dahingestellt. Faktum ist jedoch auch hier, dass Börsen und Aktienmärkte eine Chance für Wirtschaftswachstum und Arbeitsplatzschaffung darstellen können.

Filer, Hanousek und Campos fanden in ihrer Studie über die Auswirkungen von Aktienmärkten auf das Wirtschaftswachstum im Jahr 1999 ebenfalls Zusammenhänge zwischen den genannten Faktoren. Sie konnten beweisen, dass besonders für Niedriglohnländer (jedoch auch für Hochlohnländer) eine Korrelation zwischen Grad der Aktivitäten an der Börse eines Landes und dessen Wirtschaftswachstumsraten besteht. Je aktiver demnach der Handel an den Börsen der untersuchten Entwicklungsländern ist, desto höher sind auch deren Wachstumsraten. Dabei werden die Resultate ihrer Forschung folgendermaßen beschrieben:

„It is clear from these results that an active stock market is crucial in reallocating capital to high value uses in developing countries. Without such a market, growth in low and lower middle income countries is substantially lower than it could be were such an active stock exchange to be present.”[11]

Die Untersuchungen führten also zu dem Ergebnis, dass die Kapitalumschlagsgeschwindigkeit (turnover velocity) an den Börsen positiv mit den Wirtschaftswachstumsraten eines Landes korrelieren. Dieses Resultat scheint naheliegend, da hohe Kapitalumschlagshäufigkeiten auf effiziente Märkte schließen lassen und durch ineffiziente Kapitalmärkte bekanntermaßen Wachstum behindert wird. Interessant hierbei ist jedoch, dass dieser Effekt sowohl in Niedrig- als auch in Hochlohnländern zu finden war, nicht hingegen in Ländern mit mittlerem Durchschnittseinkommen.

„Results suggest that a higher turnover velocity causes growth, but only for high and low income countries. There is no effect for countries in the middle income group.”[12]

Warum dies der Fall ist, wird in der Arbeit von Filer, Hanousek und Campos jedoch nicht näher erläutert.

Ein weiterer interessanter Aspekt dieser Forschungen findet sich in dem Ergebnis, dass auch eine positive Beziehung zwischen der Marktkapitalisierung aller börsennotierten Unternehmen (in Relation zum BIP) eines Landes und dessen Wirtschaftswachstumsraten besteht. Erklärbar ist dieser Effekt dadurch, dass in effizienten Kapitalmärkten das erwartete zukünftige Wachstum der Firmen bereits im Vorhinein in den Börsenkurs der Unternehmen eingespeist wird, was in der Folge wieder zu einer höheren Marktkapitalisierung der Unternehmen führt.

„... as expected there is a positive link between market capitalization (normalized for the level of GDP) and future economic growth. This link, however, is likely to be because efficient markets incorporate anticipated future growth into current period prices and, therefore, market capitalization. Some suggestion that this may be the underlying cause of the link between market capitalization and growth can be seen in the pattern of results across income groups and countries. The link (…) is more significant in higher income countries.”[13]

Diese Beziehung ist also in hochentwickelten Industrieländern am stärksten ausgeprägt. Ein Grund hierfür könnte sein, dass die hochindustrialisierten Länder (beispielsweise die USA, Japan, GB, Deutschland etc.) auch über die weltweit effizientesten Kapitalmärkte verfügen, und dass die beschriebene Beziehung zwischen Marktkapitalisierung und Wachstum in hochentwickelten Ländern aus dieser Markteffizienz resultiert.

Es ist jedoch zu beachten, dass hier grundsätzlich nicht argumentiert wird, dass höhere Marktkapitalisierung zu höherem Wirtschaftswachstum führt, sondern dass die in Zukunft erwarteten Wachstumsraten der Unternehmen bereits im Vorfeld in deren Börsenkurse einfließt und diese somit steigen lässt. Dies führt in Folge zu einer höheren Marktkapitalisierung. Das Wachstum der Unternehmen und die damit verbundenen steigenden Kurse ziehen jedoch in Folge nationale und internationale Investoren an. Das Interesse an den Finanzmärkten steigt, die Liquidität sowie der Kapitalumschlag erhöhen sich und all diese Faktoren haben in weiterer Folge auch positive Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum einer Nation.

Wie die Forschungen von Filer, Hanousek und Campos belegen, gibt es also eine Reihe von Beiträgen der Finanzmärkte im generellen und der Börsen im speziellen, zum wirtschaftlichen Wachstum von Nationen. Ein Faktum, welches den dargebotenen Resultaten jedoch zu Grunde liegt, um Wachstum mit Hilfe von Kapitalmärkten zu fördern, ist die ökonomische Freiheit der Finanzmärkte in den jeweiligen Ländern[14]. Der Begriff der „ökonomischen Freiheit“ subsummiert in diesem Zusammenhang Aspekte wie

- das Nicht-Eingreifen von Regierungen in Finanzmärkte,
- freien Kapitalfluss,
- die Möglichkeit direkter Investitionen auch durch ausländische Organisationen und Personen sowie
- freies Bankwesen (keine Regierungskontrolle heimischer und ausländischer Banken).

Folgende Grafik[15] verdeutlicht den Zusammenhang von wirtschaftlicher Freiheit (die Einteilung erfolgte in fünf Gruppen von „Bottom“ – Länder mit hoher Korruption und Regierungen die ausländische Direktinvestitionen verhindern – bis „Top“ – Länder mit völlig freien und offenen Finanzmärkten) und Wirtschaftsleistung, gemessen am BIP pro Kopf.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.1: Wirtschaftliche Freiheit und Pro-Kopf-Einkommen

[...]


[1] http://www.wko.at/statistik/eu/europa-wirtschaftswachstum.pdf

[2] durchschnittliches Wirtschaftswachstum der EU-15 in 2003 1,1 %, in 2004 2,3 % und in 2005 1,4 % (http://www.wko.at/statistik/eu/europa-wirtschaftswachstum.pdf)

[3] http://de.wikipedia.org/wiki/Wachstumstheorie

[4] http://de.wikipedia.org/wiki/Solow-Modell

[5] http://de.wikipedia.org/wiki/Endogene_Wachstumstheorie

[6] http://de.wikipedia.org/wiki/Endogene_Wachstumstheorie

[7] Kühnelt; „Der Österreichische Kapitalmarkt – Die Wachstumsreserve“; 2004

[8] Von Rosen; “Handbuch Europäischer Kapitalmarkt”, 2001; S. 488

[9] Von Rosen; “Handbuch Europäischer Kapitalmarkt”, 2001; S. 488

[10] Franconi; “Handbuch Europäischer Kapitalmarkt”, 2001; S. 537

[11] Filer/Hanousek/Campos; „Do stock markets promote economic growth?“; 1999; S.10

[12] Filer/Hanousek/Campos; „Do stock markets promote economic growth?“; 1999; S. 9

[13] Filer/Hanousek/Campos; „Do stock markets promote economic growth?“; 1999; S. 9

[14] Filer/Hanousek/Campos; „Do stock markets promote economic growth?“; 1999; S. 5

[15] Grafik aus “Finanzmärkte fördern realwirtschaftliches Wachstum über den Prozess der kreativen Zerstörung“http://www.iskwien.at/content/exposition/These7.pdf

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Details

Title
Der Beitrag des Finanzmarktes zum Wirtschaftswachstum
College
University of Linz  (Institut für Volkswirtschaftslehre )
Course
Intensivierungskurs Industrieökonomie
Grade
Sehr Gut
Author
Year
2006
Pages
21
Catalog Number
V70112
ISBN (eBook)
9783638614610
ISBN (Book)
9783638624749
File size
555 KB
Language
German
Keywords
Beitrag, Finanzmarktes, Wirtschaftswachstum, Intensivierungskurs, Industrieökonomie
Quote paper
Johannes Bauernberger (Author), 2006, Der Beitrag des Finanzmarktes zum Wirtschaftswachstum, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/70112

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