Grundbegriffe und Theorien pädagogischen Denkens und Handelns


Term Paper, 2006

39 Pages, Grade: 1,3


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

Deckblatt

Literaturverzeichnis und Graphiknachweis

Frage 1

Begriffserläuterung der menschlichen Praxis

Frage 2

Streit über (un)gleiche Bildungsmöglichkeiten entscheidbar?

Frage 3

Begriffsklärung Aufforderung zur Selbsttätigkeit

Frage 4

Endlichkeit der pädagogischen Praxis

Frage 5

Begriff der Nicht-Hierarchizität

Frage 6:

Unterscheidung der Theorien der Erziehung

Frage 7:

Frage 8:

Aufzeigen der Unterschiede der Institutionentheorien

Frage 9:

Abgrenzung der älteren Einteilung der päd. Praxis von neuerer Erziehung als ein sich selbst negierendes Gewaltverhältnis Maßnahmen der Aufsicht, Drohung, Autorität und Liebe

Aufgabe 10

Erziehung durch Unterricht?

Beschreibung des aristotelischen und neuzeitlichen Modells

Aufgabe 11

Darstellung der sechs Ebenen einer bildenden Interpretation neuzeitlicher Wissenschaft

Aufgabe 12

Klärung der Begriffe methodische, thematische und institutionelle Offenheit

Literaturverzeichnis und Graphiknachweis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Frage 1

Begriffserläuterung der menschlichen Praxis

Erläutern Sie den Begriff der menschlichen Praxis,

indem Sie

(1.) zwischen einem

reduktionistischen, einem überdehnten

und einem angemessenen Verständnis

von Praxis unterscheiden,

(2.) diese Unterscheidungen

auf die ausdifferenzierten

Bereiche der Praxis auslegen und

(3.) reduktionistische, überdehnte und angemessene Auslegungen

der Leiblichkeit, Freiheit, Geschichtlichkeit und Sprachlichkeit der Praxis voneinander abgrenzen.

Unter dem Begriff der menschlichen Praxis versteht man alle Tätigkeiten des Menschen. Die Praxis ist für ihn von fundamentaler Bedeutung, da sie den Menschen als imperfektes Wesen, das stets in der Notwendigkeit existiert praktisch zu handeln, vom Tier abgrenzt. Obwohl er zur Tätigkeit bestimmt ist, stellt dies noch nicht die Bestimmung des Menschen dar, er findet sie aber in ihr. Es gilt zwischen einem reduktionistischen, einem überdehnten und einem angemesseneren Verständnis menschl. Praxis zu unterscheiden. Redukt. Betrachtet wird die Imperfektheit des Menschen als unabänderlicher Mangel, als unbehebbares Defizit empfunden, das auch durch Praxis nicht zu kompensieren ist. Bei überdehnter Betrachtungsweise ist man der Überzeugung diese Imperfektheit durch Praxis, durch Wollen u. Tun überwinden zu können. Zu einem angemesseneren Verständnis hingegen gelangt man, wenn man den imperfekten Menschen so betrachtet, dass er aufgrund seiner Imperfektion u. Lernfähigkeit mithilfe der Praxis Perfektion anstrebt, sie aber nie erreicht, sondern sich ihr nur annähert, u. so handelnd seine Bestimmung findet.

Diese Unterscheidungen lassen sich ebenso auf die ausdifferenzierten Praxisbereiche der Arbeit, Ethik, Politik, Religion, Kunst u. Pädagogik übertragen. Die Arbeit gehört von je her zum Menschen. Um seine Existenz zu sichern, veränderte er durch Arbeit die Umwelt u. dabei aufgrund seiner praktischen Tätigkeit auch die Arbeit als Praxisform. Nach redukt. Maßstäben beurteilt wird Arbeit als Notwendigkeit im Sinne eines unabänderlichen menschl. Mangels erachtet, der den Menschen bestimmt. Nach überdehntem Verständnis gelingt es dem Menschen durch Arbeit etwas Perfektes zu schaffen u. Arbeit als Praxisform zu vervollkommnen. Angemessener jedoch ist es, dass der Mensch durch sie sowohl lernt als auch hervorbringt, sie zu perfektionieren sucht, es aber nicht schafft u. durch Arbeit seine Bestimmung findet. Die Ethik ist die Praxis der Auslegung der Sitte. Der Mensch verfügt nicht über angeborene Verhaltensregeln, er erwirbt sie durch Praxis. Sie sind für ein gesellschaftliches Leben unabdingbar, aber keinesfalls konstant, sondern müssen stets neu interpretiert werden. Redukt. betrachtet ist die Ethik notwendig, da der Mensch unbehebbar imperfekt ist und auch mit Ethik bleibt. Wenn man das Verständnis der ethischen Praxis überdehnt, ist man dagegen der Überzeugung durch Ethik den sittlich perfekten Menschen formen zu können, die perfekte Ethik zu finden. Dass der Mensch durch ethisches Handeln lernt, nach unerreichbarer Perfektion strebt u. so seine Bestimmung erfährt, ist jedoch zutreffender.

Der Praxisbereich der Politik bearbeitet die Vorstellung einer zukünftigen Gesellschaft sowie deren nicht vorhersehbaren Probleme in der Gegenwart. Nach redukt. Verständnis ist sie aufgrund des Mängelwesens des Menschen, das trotz politischer Praxis unabänderlich bleibt, nötig. Überdehnt verstanden vermag die Politik den Menschen und sich selbst als Praxisform zu vervollkommnen. Angemessener ist jedoch ein Verständnis, dass die Lernfähigkeit des Menschen bedenkt u. politische Praxis nicht bei einmal getroffenen Entscheidungen belässt, sondern ebenso die Möglichkeit zukünftiger Veränderung offen lässt. Die Religion ist die Praxis vom Verhältnis zum Tod u. zum Sinn der eigenen Existenz. Redukt. bewertet ist sie notwenig, da der Mensch den unbehebbaren Mangel aufweist sterblich zu sein. Mit überdehntem Verständnis unterstellt man der religiösen Praxis, den perfekten Sinn der menschl. Existenz definieren zu können, obwohl es angemessener ist, dass der Mensch die Erkenntnis des Sinns seines Lebens erstrebt, doch sich ihr nur annähert, u. dabei seine Bestimmung findet. Die Kunst ist die Praxis der ästhetischen Gestaltung von Welt u. verdeutlicht die Spannungsverhältnisse der Praxen zueinander. Auch in seiner Verfassung als ästhetisch Handelnder wird der Mensch redukt. als Mängelwesen eingeschätzt. Bei überdehntem Verständnis gelingt es der Kunst die Spannungsverhältnisse aufzuheben. Angemessener verstanden ist es jedoch, dass ästhetische Welterfahrungen spannungsvoll bleiben. Die Pädagogik ist die Praxis der Erziehung, aufgrund derer der Mensch Bildung und Bestimmung bekommen soll. Redukt. bewertet ist sie wegen des Mangels erzogen werden zu müssen nötig. Wird das Verständnis überdehnt, erreicht die Pädagogik einen beizubehaltenden Endzustand, der bei angemessenerem Verständnis jedoch nie erreicht wird, allein schon um eine offene zukünftige Entwicklung zu gewährleisten. Die menschl. Praxis ist leiblicher, freier, geschichtlicher u. sprachlicher Natur u. deshalb auch in diesen Aspekten auszulegen und abzugrenzen. Der Leib ist welterfahrend u. artikulierend das universelle Organ der Praxis. Er ist weder redukt. verstanden der Körper als sich nur selbsterhaltender Organismus noch überdehnt betrachtet eine Maschine. Das prakt. angemessenere Freiheitsverständnis ist ein solches, das sich von der redukt. Wahlfreiheit, d.h. einer Freiheit der Wahl aus vorgegebenen Möglichkeiten, u. dem überdehnten Freiheitsbegriff einer Willkürfreiheit, einer unbeschränkten Freiheit zu tun u. lassen was man mag, insofern unterscheidet, dass man gegebene Wahlalternativen wählen, interpretieren und verändern kann u. wählt was einem mehr beliebt. Z.B. können wir, vor die Wahl gestellt ob wir lieber Kaffee oder Tee trinken wollen auch ablehnen, oder ein anderes Getränk vorziehen(z.B. Milch).

Die Geschichtlichkeit ist das Verhältnis zur Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft bei der Betrachtung menschlichen Handelns. Redukt. verstanden sieht sich der Mensch als Opfer der Geschichte, ganz im Gegensatz zum überdehnten Verständnis, welches den Menschen zum Herren der Geschichte und der Zukunft erklären möchte. Ein angemesseneres Verständnis bedenkt die Einwirkungen des Menschen auf die Geschichte, jedoch erkennt es auch Zufälle u. Unvorhergesehenes an. Sprachlichkeit ist die menschl. Fähigkeit zu artikulieren und gestikulieren. Redukt. betrachtet ist die Sprache ein Abbild der Welt u. in überdehntem Sinn eine Konvention, d.h. eine Willkürbezeichnung. Sie ist aber keines von beidem. Sprache ist interpretierte Welt u. ein Produkt bisheriger oder neuer Weltdeutungen.

Frage 2

Streit über (un)gleiche Bildungsmöglichkeiten entscheidbar?

Teil 1:

Prüfen Sie, ob der Streit darüber, ob die Menschen von ihrer Natur her gleiche oder ungleiche

Bildungsmöglichkeiten haben, wissenschaftlich (theoretisch und empirisch) entschieden werden kann?

Teil 2:

Was versteht man unter der unbestimmten Bildsamkeit des Menschen und wie lässt sich dieser Begriff von den Begriffen der Erbanlage und der Begabung unterscheiden?

Teil 3 (freie Aufgabe):

Was kann man über beide Fragen aus Valentin Braitenbergs Essay: Gescheit sein (Kursbuch Mai 1985) lernen?

Der Streit darüber, ob die Menschen von Natur aus gleiche oder ungleiche Bildungs-Möglichkeiten haben, wird von den Theoretikern schon sehr lange geführt. Es gibt zwei Positionen, die pädagogisch naive und die politisch pragmatische, mit unterschiedlichen Auffassungen. Die päd. Naive Position vertritt die Überzeugung, dass die Menschen von den Anlagen her gleiche Bildungsmöglichkeiten haben, die Umwelt diese dann aber ungleich werden lässt. Die pol. pragmatische Position argumentiert, dass die Menschen schon in ihren Anlagen ungleich sind, stimmen aber mit der päd. naiven Position in bezug auf die erzeugte Ungleichheit durch die Umwelt überein. Beide wollen unter Aufhebung der Standesgrenzen und Herstellung von Chancengleichheit beweisen wie gleich(päd. naiv) oder ungleich(pol. pragmatisch) die Bildungsmöglichkeiten der Menschen sind. Obwohl im direkten Vergleich die päd. naive Position unterliegt(die Menschen sind heute immer noch ungleich), ist die pol. pragmatische dennoch nicht verifiziert. Ihre Überlegenheit verdankt sie nämlich nur dem Scheitern der Gegenposition. Der Streit ist als Opposition unterschiedlicher ideologischer Prämissen nicht theoretisch zu entscheiden. Die Bildungsmöglichkeit, die Intelligenz, lässt sich nicht empirisch messen, da Bildungsprozesse oft Durchmischungen von Anlagen-, Umwelt- und Interaktionsdeterminierung nicht quantifizierbaren Anteils sind. Darüber hinaus ist auch nicht klar, was uns unsere Anlagen zu sein erlauben. Diesen Punkt greift das Prinzip der unbestimmten Bildsamkeit auf. Dieser Begriff verdeutlicht, dass der Mensch zum Lernen bestimmt ist, d.h. er kann Fähigkeiten erlernen. Was er aber im Verlauf seines Lebens erlernt ist unbestimmt. Er kann und muss erst durch Mitwirkung an der menschl. Gesamtpraxis lernend seine Bestimmung finden. Der Begriff der unbestimmten Bildsamkeit ist von der Erbanlage, die eine direkt im Erbgut codierte und somit festgelegte Fähigkeit meint, die später nur ausgeprägt wird, abzugrenzen und unterscheidet sich von dem Begriff der Begabung, der Fähigkeit bestimmte Dinge besser zu können als andere Menschen, insoweit, dass unsere Begabungen, die sogar unsere Bestimmung darstellen impliziert werden und wir im Alltag mitunter gezwungen sind, über die Intelligenz von Leuten zu urteilen, um so zu selektieren. Braitenberg zeigt aber auf wie subjektiv und multiperspektivisch jedoch sich Intellekt tatsächlich betrachten lässt. Definiert man es als gesteigerte Effizienz des Denkens? Oder vielleicht doch eher als eine praktikable Intelligenz(= können, erst im Lernen durch Mitwirkung an der menschlichen Gesamtpraxis unter Voraussetzung der unbestimmten Bildsamkeit offensichtlich werden.

In Valentin Braitenbergs Essay: „Gescheit sein“ (Kursbuch Mai 1985) lernen wir, das sowohl der Begriff der Intelligenz als auch der Dummheit uns in der Kindheit in bestimmten Situationen durch Geschicklichkeit ein Ziel erreichen trotz beschränkten Intellekts)? Er verdeutlicht darüber hinaus wie facettenreich doch Motive für eine genaue Bestimmung der Intelligenz als anlagen- oder umweltdeterminiert bzw. deren Ablehnung sein können. Man verweise hier nur auf sein brisantes Beispiel unter der ersten Feststellung von 2. für die Kategorie der gescheiten Leute oder unter der dritten Feststellung von 2. auf die Frage nach der Vererbbarkeit. Auch Braitenberg erkannte, dass wir die Fähigkeit zu lernen vererbt bekommen. Bezeichnete zutreffenderweise indirekt die unbestimmte Bildsamkeit als „...das genetische Geschenk, das uns zum Kulturwesen macht. ...“ , führt Intelligenz als generell globale menschliche Eigenschaft ein und relativiert die Methoden zur Intelligenz-Feststellung. Abschließend veranschaulicht Valentin Braitenberg inwieweit uns unsere eigene Intelligenz mitunter auch selbst beeinflussen kann, indem wir unsere Freundschaften danach richten oder in Intelligenzklassen denken.

[...]

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Details

Title
Grundbegriffe und Theorien pädagogischen Denkens und Handelns
College
Humboldt-University of Berlin  (Institut für Erziehungswissenschaften)
Course
Modul 1 der Erziehungswissenschaften im WS 2006/07
Grade
1,3
Author
Year
2006
Pages
39
Catalog Number
V71042
ISBN (eBook)
9783638627283
File size
1218 KB
Language
German
Notes
Es handelt sich hierbei um ein Portfolio.
Keywords
Grundbegriffe, Theorien, Denkens, Handelns, Modul, Erziehungswissenschaften
Quote paper
Ricardo Paßkönig (Author), 2006, Grundbegriffe und Theorien pädagogischen Denkens und Handelns , Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/71042

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Title: Grundbegriffe und Theorien pädagogischen Denkens und Handelns



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