Die doppelte Ablehnung des europäischen Verfassungsvertrags - Konsequenzen und Handlungsoptionen


Trabajo de Seminario, 2005

14 Páginas, Calificación: sehr gut


Extracto


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Kernpunkte des Europäischen Verfassungsvertrags

3. Gründe und Konsequenzen der zweifachen Ablehnung der Europäischen Verfassung
3.1 Motive zur Ablehnung des Verfassungsvertrags
3.2 Konsequenzen der Ablehnung

4. Alternativen zur Verfassungsratifikation
4.1 Wiederholung des Ratifikationsprozesses in Frankreich und den Niederlanden
4.2 Ausschluss der Nicht-Ratifizierer
4.3 Bildung eines ‚Kerneuropa’ mit erweiterter Kooperation
4.4 Rosinen aus der Verfassung picken

5. Fazit

6. Bibliographie

1. Einführung

Am 29. Oktober 2004 unterzeichneten die Staats- und Regierungschefs der 25 EU-Mitgliedsstaaten und der drei Kandidatenländer den Vertrag über eine Verfassung für Europa, den sie am 18. Juni desselben Jahres einstimmig angenommen hatten. Dieser Vertrag tritt jedoch erst in Kraft, wenn er von jedem Unterzeichnerstaat nach dem in seiner Verfassung vorgeschriebenen Verfahren ratifiziert wurde. Je nach juristischer und geschichtlicher Tradition der einzelnen Länder geschieht dies mittels Volksabstimmung oder eines parlamentarischen Verfahrens.

Wie in den vielen Diskussionen um die EU-Verfassung oft verwechselt, geht es bei der Europäischen Verfassung nicht darum, die Europäische Union an die Herausforderungen der Ost-Erweiterung anzupassen. Die Motivation hinter der Verfassung ist es, die Kompetenzen und Zuständigkeitsbereiche der EU zu klären, das demokratische Defizit zu mindern und die Legitimität der EU zu sichern sowie deren politische Effizienz zu verbessern[1].

Zum heutigen Zeitpunkt haben bereits dreizehn Mitgliedsstaaten[2] den Verfassungsvertrag ratifiziert. Am 29. Mai beziehungsweise am 1. Juni 2005 lehnten allerdings sowohl Frankreich wie auch die Niederlande den Vertrag in einem Referendum ab, beide mit signifikant hoher Wahlbeteiligung[3]. Über eine mögliche Krise des Ratifizierungsprozesses legt die Verfassung lediglich fest, dass „der Europäische Rat befasst wird, wenn nach Ablauf von zwei Jahren nach der Unterzeichnung des Vertrags über eine Verfassung für Europa vier Fünftel der Mitgliedstaaten den genannten Vertrag ratifiziert haben und in einem Mitgliedstaat oder mehreren Mitgliedstaaten Schwierigkeiten bei der Ratifikation aufgetreten sind[4].“

In dieser Arbeit möchte ich mich nun mit den möglichen Alternativen der EU zur Handhabung der momentanen Krise des Ratifizierungsprozesses befassen. Der erste Teil gibt einen Überblick über den Inhalt und die Bestimmungen der Verfassung. Darauf folgt im zweiten Teil eine Analyse der Ablehnung, sowie der möglichen Konsequenzen für die Europäische Union. Anschliessend sollen im dritten Teil dieser Arbeit verschiedene Wege aufgezeigt werden, wie die EU mit der momentanen Krise umgehen könnte oder sollte. Diese Handlungsoptionen werden sowohl vom politischen wie auch vom juristischen Standpunkt aus durchleuchtet.

2. Grundaussagen und Neuerungen der Verfassung

Auf dem Gipfel von Laeken 2001 beriefen die Staats- und Regierungschefs zum ersten Mal in der Geschichte der EU einen „Konvent zur Zukunft der Europäischen Union“[5] ein. Das Mandat des Konvents war sehr vorsichtig gefasst. Sein offizieller Auftrag war es, die nächste Regierungskonferenz möglichst umfassend und transparent zu gestalten. Er sollte Vorschläge für eine Reform der EU erarbeiten und den Weg zu einer Verfassung für die europäischen Bürger öffnen. Nach 16 Monaten intensiver Arbeit beendete der 105-köpfige Konvent im Juni 2003 seine Beratungen offiziell und verabschiedete einen gemeinsamen Entwurf für eine EU-Verfassung[6].

Der Verfassungsvertrag hebt den EG-Vertrag und den EU-Vertrag, sowie alle Verträge zu ihrer Änderung und Erweiterung, auf und fasst diese in einem einheitlichen Vertragsrahmen zusammen. Die Europäische Union soll so eine einheitliche Struktur und Rechtspersönlichkeit erhalten, welche die Arbeit der EU effizienter und transparenter für die europäischen Bürger gestaltet.

Generell kann die Verfassung in vier Teilen zusammengefasst werden: Der erste Teil definiert die Ziele, Zuständigkeiten, Entscheidungsfindungsprozesse und Institutionen der Union; Teil II erklärt die vollständige Übernahme der Charta der Grundrechte; Teil III definiert die Politikbereiche und Arbeitsweisen der EU und berücksichtigt die Bestimmungen der gegenwärtigen Verträge; in Teil IV sind schliesslich noch Allgemeine und Schlussbestimmungen, sowie einige Ausführungen zum Verfahren zur Annahme der Verfassung und Protokolle der Kommission enthalten[7].

Die wichtigste institutionelle Neuerung ist die Errichtung des Amtes eines Aussenministers der Union, der die EU auf internationaler Ebene vertritt. Der europäische Aussenminister nimmt die bisherigen Aufgaben des Hohen Vertreters für die gemeinsame Aussen- und Sicherheitspolitik und des Kommissionsmitglied für Aussenbeziehungen wahr. Aufgrund dieser neu erworbenen eigenen Rechtspersönlichkeit kann die Union auf internationaler Ebene ihr Gewicht stärker geltend machen. Aufgrund der Verfassung wird ausserdem der Europäische Rat zu einem vollwertigen Organ, dessen Vorsitz ein Präsident mit begrenzten Befugnissen führt und für jeweils zweieinhalb Jahre ernannt wird. Das System der halbjährlichen Rotation des Vorsitzes der verschiedenen Formationen des Rates zwischen den Mitgliedsstaaten wird beibehalten, allerdings im Rahmen einer „team presidency“ dreier Länder. Für die Anzahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments hat die Regierungskonferenz entschieden, eine Obergrenze von 750 festzulegen. Die Definition der qualifizierten Mehrheit für die Beschlussfassung im Rat war bekanntermassen die schwierigste Frage, mit der sich die Regierungskonferenz zu beschäftigen hatte. Der Rat entscheidet künftig auf der Grundlage der doppelten Mehrheit der Mitgliedstaaten und der Bevölkerung, was eine doppelte Legitimität der Union verdeutlichen soll. Zudem sind für eine Sperrminorität fortan mindestens vier Mitgliedstaaten erforderlich. Ausserdem ändert die Verfassung die Bestimmungen im Bereich Justiz und Inneres, um die Errichtung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zu erleichtern und zu verbessern. Diese Bereiche unterliegen künftig der Gemeinschaftsmethode. Ferner gilt für sie weitgehend die Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit[8].

Trotz all dieser Veränderungen, sind im Wesentlichen die meisten Bestimmungen gleichgeblieben. Im Gegensatz beispielsweise zur Einheitlichen Europäischen Akte oder dem Vertrag von Maastricht hat die Verfassung die Zuständigkeiten der EU nicht wesentlich ausgeweitet. Die Kommission sieht vorwiegend Bestimmungen eingeführt oder bestätigt, welche „die Organe der EU demokratischer, transparenter, rechenschaftspflichtiger und bürgernäher machen sollen“[9]. Beispielsweise hätten die Bürger aufgrund der Verfassung neuerdings das Recht, die Kommission aufzufordern, dem Gemeinschaftsgesetzgeber einen Gesetzesvorschlag zu unterbreiten, wenn sie in einer bestimmten Anzahl von Mitgliedstaaten mindestens eine Million Unterschriften gesammelt haben. Ausserdem garantiert die Charta einen besseren Schutz der Grundrechte.

Während dieser Vertrag manchen Kritikern viel zu weit geht, weil er angeblich einen „Superstaat“ heranbilde und den Nationen die Macht aus den Händen nehme, geht es anderen nicht weit genug, etwa im Sozialen oder in Sachen Demokratie. Beiden Einwänden kann wohl selbst das beste Abkommen nicht gerecht werden.

3. Gründe und Konsequenzen der zweifachen Ablehnung der Verfassung

In diesem Abschnitt werden die Gründe der Bürger für eine Ablehnung des Verfassungsvertrages analysiert. Ausserdem soll ergründet werden, wie die EU die Verfassung auf überzeugendere Weise vorstellen und die Zweifel der Bevölkerung so hätte beschwichtigen können. Abschliessend wird kurz erläutert, welche Konsequenzen die Ablehnung des Verfassungsvertrag in Frankreich und der Niederlande für die Europäische Union haben könnte, sowohl gegen Innen[10] als auch in Bezug auf ihr Image nach Aussen.

[...]


[1] Vgl. Skach (2005): S. 151 - 152

[2] Österreich, Belgien, Deutschland, Griechenland, Italien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Slowakei, Slowenien, Spanien, Ungarn und Zypern

[3] Das französische Volk lehnte die Verfassung mit 54,68% bei einer Wahrbeteiligung von 69,3% ab, während die Holländer mit 61,6% und einer Beteiligung von 62,8% Nein zum Verfassungsvertrag sagten.

[4] Vgl. „30. Erklärung zur Ratifikation des Vertrages über eine Verfassung für Europa“, online im Internet: http://europa.eu.int/constitution/de/ptoc164_de.htm#a638

[5] Der Konvent setzte sich aus Vertretern der Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsstaaten und Kandidatenländern, Mitgliedern der nationalen Parlamente (2 pro Staats), Mitgliedern des Europaparlaments und zwei Vertretern der Europäischen Kommission zusammen.

[6] Online im Internet: http://www.eu-kommission.de/html/themen/verfassung.asp [Stand 2.8.2005]

[7] Online im Internet: http://europa.eu.int/constitution/de/allinone_de.htm [Stand 2.8.2005]

[8] Online im Internet: http://europa.eu.int/constitution/download/summ_de.pdf [Stand 2.8.2005]

[9] Online im Internet: http://europa.eu.int/constitution/download/summ_de.pdf [Stand 2.8.2005]

[10] Einfluss auf die politische Zielsetzung, neuer nationaler Egoismus, politische Lähmung, etc.

Final del extracto de 14 páginas

Detalles

Título
Die doppelte Ablehnung des europäischen Verfassungsvertrags - Konsequenzen und Handlungsoptionen
Universidad
University of Zurich  (Politikwissenschaft)
Curso
Die europäische Integration. Theorie und Praxis
Calificación
sehr gut
Autor
Año
2005
Páginas
14
No. de catálogo
V71660
ISBN (Ebook)
9783638633703
Tamaño de fichero
455 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Ablehnung, Verfassungsvertrags, Konsequenzen, Handlungsoptionen, Integration, Theorie, Praxis
Citar trabajo
Anina Vontobel (Autor), 2005, Die doppelte Ablehnung des europäischen Verfassungsvertrags - Konsequenzen und Handlungsoptionen, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/71660

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