Sucht und Abhängigkeit


Trabajo Universitario, 2007

55 Páginas, Calificación: 1,3


Extracto


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Begriffsklärungen
2.1 Das Wort „Droge“
2.1.1 Definition von Drogen
2.1.2.. Legale „Alltagsdrogen“ und illegale „Betäubungsmittel“
2.2 Das Wort „Sucht“ – das Dahinsiechen
2.2.1.. Historischer Rückblick
2.2.2 Die heutige Bedeutung von Sucht
2.3 Der Begriff Sucht wird durch den Begriff der Abhängigkeit ersetzt

3.. „Sucht“ und „Abhängigkeit“
3.1 Stoffgebundene und stoffungebundene Suchtformen
3.2 Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und ihr internationales Klassifikationssystem der Krankheiten (ICD-10)
3.2.1 WHO Definition von Abhängigkeit
3.2.2... Diagnoseschema der WHO: ICD-
3.3 Definitionen von Wanke und Gross
3.4 Hauptmerkmale psychischer, physischer und sozialer Abhängigkeit
3.5 Verlauf einer Suchterkrankung auf einen Blick

4.. Phasen und Ursachen bis zur Entstehung einer krankhaften Abhängigkeit
4.1 Die einzelnen Phasen bis zur Entstehung einer krankhaften Abhängigkeit
4.2 Theorien zu den Ursachen einer krankhaften Abhängigkeit
4.2.1 Klassische Theorien
4.2.2.. Moderne Theorien
4.2.3 Die Theorie des Trias Modells (Kielhz’sche Dreieck)

5 Schlussbetrachtung
5.1 Zusammenfassung
5.2 Kontroll- und Freiheitsverlust
5.3 Recht auf Rausch
5.4 Resümee

6. Literaturverzeichnis

Anhänge

1 Einleitung

Mit der Industrialisierung kam die Verbreitung von Drogen in Europa und Nordamerika. Diese sind als Handelsware von den Kolonialmächten eingesetzt worden. Noch bis in die 20er Jahre des 20. Jahrhunderts sind Drogen legal gewesen. Berühmte Pharmahersteller konnten das enorme Potential von Drogen entdecken und vertrieben sie als alkohol-, morphin-, kokain-, cannabis- und heroinhaltige Arzneimittel. Aufgrund der Gefährlichkeit und des hohen Suchtpotentials von Drogen, erklärten die Vereinten Nationen in den sechziger Jahren alle Drogen für verboten, die die Gesundheit schädigen. Daraufhin ist weltweit ein Drogenabkommen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) beschlossen worden, das den stetigen Anstieg von Drogenkonsum verhindern sollte.

Heute finden Drogen einen leichten Zugang ins Alltagslegen. Etwa 5–10% der deutschen Bevölkerung leiden unter einer Abhängigkeit. Nikotin und Alkohol sind derzeit Suchtmittel Nummer Eins und es sterben mehr Menschen daran als an Heroin, Kokain oder Cannabis. Angenommen wird, dass ca. 15 Million Menschen rauchen und jährlich ca. 140.000 Menschen an den Folgen des Rauchens sterben. Ca. 70.000-100.000 werden durch das Rauchen frühzeitig invalide und durch Passivrauchen sterben ca. 3.400 Menschen.[1] Von Alkohol sind ca. 2 Mio. Menschen abhängig, und ca. 70.000 sterben an den Folgen direkt oder indirekt z.B. durch Verkehrsunfähigkeit in Unfällen. Bei den Medikamentenabhängigen sieht es ähnlich aus, insbesondere weil die Dunkelziffer einen viel hören Anteil an Abhängigkeitskranken vermuten lässt als die Statistik besagt. Ungefähr 175.000 Menschen sind von illegalen harten Drogen wie Heroin, Kokain u.a. abhängig, und letztes Jahr sind ca. 1.326 Menschen an den Folgen gestorben. Cannabis mit ca. 250.000 Konsumenten stellt den höchsten Anteil des illegalen Konsums dar. Dennoch sind bisher keine Menschen daran gestorben. Die Zahlen der Gelegenheitskonsumenten illegaler Substanzen, insbesondere Cannabis wird weit aus höher geschätzt.[2]

Die Folge des übermäßigen Drogenkonsums ist die Sucht nach Drogen. Menschen sind süchtig. Der Großteil der deutschen Bevölkerung ist von irgend etwas abhängig. Süchtig nach Heroin, Kokain, Cannabis, Alkohol, Nikotin, Kaffee, sowie Magersüchtig, Konsumsüchtig, Machtsüchtig, Sportsüchtig und Arbeitssüchtig. All dies sind Krankheiten, die uns durch alle Bevölkerungsgruppen begleiten. Die Liste der Abhängigkeiten könnte fortgesetzt werden. Alles macht süchtig, egal ob es Substanzen, Verhaltensweisen oder Tätigkeiten, die ständig durchgeführt werden, sind. Menschen können von allem und jedem Stoff süchtig werden. Doch was bedeuten Sucht und Abhängigkeit? Und wie entstehen sie? Warum sind diese Begriffe so unpopulär? Fragen, die in dieser Arbeit beantwortet werden sollen.

Zu Beginn der Arbeit werden die allgemeinen Begrifflichkeiten geklärt, um bei der Verwendung von den Begriffen Drogen, Sucht und Abhängigkeit ein einheitliches Verständnis zu haben. Dabei soll die Problematik der Vielfältigkeit von Begriffen dargestellt werden.

In den weiteren Kapiteln werden die Phänomene Sucht und Abhängigkeit angerissen. Eine ausführliche Ausarbeitung lediglich eines Begriffes würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Die Definitionsvielfalt hat es oft unmöglich gemacht, gradlinig zu argumentieren. Als sehr problematisch erwies es sich, das Definitionschaos zu bewältigen und im Nachhinein zu sortieren. Hier liegt der Schwerpunkt in der Zusammenführung von unterschiedlichen und allgemein bekannten Definitionen.

Des Weiteren spielen in dieser Arbeit nicht nur Definitionen und Kriterien eine Rolle, sondern auch die unterschiedlichen Formen und Phasen einer Abhängigkeit. Das Bedingungsgefüge einer Abhängigkeit soll untersucht werden. Außerdem soll versucht werden, die unterschiedlichen Theorien nebeneinander zustellen, zu ordnen und einheitlich zu verbinden.

2 Begriffsklärungen

Sucht, Abhängigkeit und Drogen, eines der Phänomene unserer Zeit. Betrachtet man die Begriffe, so scheint man den Sinn, den diese Begriffe beinhalten, gleich zu verstehen. Mit diesen Begriffen verbindet man Wörter wie Suchtmittel, Rauschgiftmittel, Drogenabhängigkeit und Drogensucht, sowie Eifersucht, Magersucht und Alkoholsucht, die besonders negativ konnotiert sind. Man möchte mit diesen Eigenschafen nichts zu tun haben. Was bedeuten diese Begriffe und warum werden Horrorvisionen mit diesen Inhalten verbunden?

2.1 Das Wort „Droge“

Früher war der Drogenkonsum entweder an den rein medizinischen Einsatz, religiöse Rituale oder gewisse Festivitäten gebunden, doch im Zuge der Neuzeit haben Drogen ihre ursprüngliche Bedeutung der Heilung verloren. Offensichtlich wird der Begriff Heute anders begriffen als im Mittelalter.

In: BERTELSMANNWörterbuch[3]

Dro|ge [f. 11] 1 pflanzlicher oder tierischer Rohstoff für Arzneimittel (aus der Natur stammend oder künstlich hergestellt) 2 Mittel, das Wohlbefinden oder Rauschzustände hervorruft [<frz. drogue <mndrl. droge ”trocken“, <in der Fügung droge-fate ”Trockenfässer“, was irrtümlich als ”Fässer mit Trockenware“ verstanden wurde, sodass die Bez. von der Verpackung auf den Inhalt überging]

In: DUDEN – das Fremdwörterbuch[4]

(eine ähnliche Beschreibung)

Dro |ge ‹niederd.-fr.› die; -, -n: 1.a) Rauschgift; b) (veraltend) Arzneimittel. 2. (durch Trocken haltbar gemachter) pflanzlicher od. tierischer Stoff, der als Arznei-, Gewürzmittel u. für technische Zwecke verwendet wird.

Aus den Beschreibungen geht hervor, dass der Begriff „Droge“ die Bezeichnung für pharmazeutisch wirksame Substanzen ist, die aus pflanzlichen, mineralischen und tierischen Stoffen gewonnen werden und zur Herstellung von Heil-, Gewürz- und Anregungsmitteln gebraucht worden sind. Sie steigern das Wohlbefinden und führen zu Rauschzuständen.

Das Wort „Droge“ leitet sich vom Althochdeutschen (Adjektiv) „drög“[5] ab und geht zurück auf das französische Wort „drogue“ und weiter auf das niederländische Wort „droog“[6]. Die entsprechende Übersetzung für alle Begriffe ist gleichbedeutend und bedeutet das „trocknen“ von Arzneien. Diese Bezeichnung entwickelte sich aus der Heilmittelverarbeitung pflanzlicher, tierischer und mineralischer Stoffe. Das Verfahren ist vorwiegend in getrockneter Form verarbeitet und aufbewahrt worden, um es später als Gewürz, Parfum oder Arznei verwenden zu können.[7]

Monika Boland hat festgestellt, dass der Begriff „Droge“ ursprünglich aus dem Arabischen stammt und über die Franzosen in den deutschen Sprachraum gelangt ist.[8]

Der niederländische Begriff „Droog“ ist in den englischsprachigen Raum gelangt, von dort zu dem Begriff „Drugs“ gewandelt und mit dieser Bezeichnung wieder in die Niederlande zurückgekehrt. Bis Heute wird in den Niederlanden der englische Sammelbegriff Drugs gebraucht, der ebenso Weltweit verwendet wird.[9]

2.1.1 Definition von Drogen

Loviscach definiert Drogen als psychoaktive Substanzen pflanzlicher oder synthetischer Herkunft, die durch ihre Wirkung auf das zentrale Nervensystem, das Befinden und die Erlebniswelt der Nutzer verändert.[10]

„Das heißt: sie können die Benutzer z.B. anregen, beruhigen, dämpfen, berauschen, ihre Stimmung beheben (euphorisierende Wirkung) oder senken (deprimierende Wirkung). Das weltweit am häufigsten benutzte Mittel zur Stimmungsveränderung ist vermutlich der Kaffee. Alle Drogen können Anlass einer Sucht sein, d.h. sie haben ein mehr oder weniger hohes Suchtpotenzial“.[11]

Ähnlich heißt es bei Scheerer und Vogt, die Drogen als

„…alle Stoffe, Mittel, Substanzen, die aufgrund ihrer chemischen Natur Strukturen oder Funktionen im lebenden Organismus verändern, wobei sich diese Veränderungen insbesondere in den Sinnesempfindungen, in der Stimmungslage, im Bewusstsein oder in anderen psychischen Bereichen oder im Verhalten bemerkbar machen“ definieren.[12]

Demnach sind Drogen, Stoffe, die in die natürlichen Abläufe des Körpers eingreifen und Stimmungen, Emotionen und Wahrnehmungen beeinflussen und je nach Zusammensetzung und Wirkungsgrad eine berauschende und teilweise bewusstseinsverändernde Wirkung haben, die zu einer veränderten Fremdwahrnehmung führen kann. Dabei können sie leicht anregend und beruhigend, sowie erregend und unangenehm wirken. Erst seit jüngster Zeit sind Einschränkungen des Begriffs „Droge“ als psychoaktive (psychotrope) Substanz üblich. Als psychoaktive Substanzen pflanzlicher oder chemisch-synthetischer Herkunft wirken sie auf das zentrale Nervensystem. Diese Substanzen wirken psychoaktiv bzw. psychotrop und können durch Schlucken, Trinken, Rauchen, Schniefen, Spritzen zugeführt werden.[13]

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert jede Substanz als Droge, „die in einem lebenden Organismus Funktionen zu verändern vermag“. Mit diesem erweiterten Drogenbegriff erfasst die WHO nicht nur Cannabisprodukte, Halluzinogene, Stimulantien, Opiate, Kokain Schnüffelstoffe, Schlaf- und Beruhigungsmittel, sondern auch Alltagsdrogen wie Alkohol, Tabakerzeugnisse, Tee und Schmerzmittel.

Die Besonderheit in dieser Definition liegt darin, dass zwischen Alltagsdrogen, Genuss- und Lebensmittel kaum noch unterschieden wird.[14]

Spricht man in der Öffentlichkeit über Drogen, dann geht es um das Suchtmittel, das Rausch erzeugt und unmittelbar süchtig macht.[15] Der Begriff ist mit negativen Assoziationen verknüpft, mit denen Menschen nicht in Verbindung gebracht werden wollen. Besonders Begriffe wie „Rauschmittel“, „Suchtmittel“ oder „Betäubungsmittel“ sind negativ konnotiert.

Grundsätzlich können alle Drogen süchtig machen. D.h. alles was dem Menschen gefällt und zum besseren Gefühl verhilft kann Sucht erzeugen. Drogen in jeglicher Form können die Erlebniswelten des Benutzers verändern. Andererseits können Drogen ärztlich verordnet (Medikamente) werden und dabei ein hohes Abhängigkeitspotenzial (Pillen: Beruhigungs- und Schlafmittel) beinhalten. Dennoch erzeugen nicht alle Drogen einen Rauschzustand oder führen unmittelbar zur Abhängigkeit.

2.1.2 Legale „Alltagsdrogen“ und illegale „Betäubungsmittel“

Legale Drogen sind für den Gebrauch und Verkauf gesellschaftlich akzeptiert und erlaubt. Zu den legalen Drogen gehören Genussmittel wie Alkohol, Nikotin, Koffein und Tee, sowie Medikamente (Schlaf-, Schmerz- und Beruhigungsmittel, sowie Psychopharmaka) und Schnüffelstoffe (Lösungsmittel auf Kohlenwasserstoffbasis, Bastelartikel). Dennoch beeinflussen diese Stoffe den menschlichen Körper und können abhängig machen. Der kontinuierliche Gebrauch über einen längeren Zeitraum kann abhängig machen, die Gesundheit erheblich schädigen, und sogar in den Tod führen.[16]

Im juristischen Bereich handelt es sich bei Drogen um Betäubungsmittel, die je nach Schädlichkeit und Suchtwirkung dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) untergeordnet sind und den generellen Umgang mit Betäubungsmittel festlegt. Die aktuelle gesetzliche Grundlage lautet „Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln (Betäubungsmittelgesetz – BtMG)“.[17] Die Stoffe werden je nach Wirkungsgrad in legale oder illegale Betäubungsmittel eingeteilt, in den Anhängen des BtMG genau beschrieben sind. Die drei Listen der Anhänge gliedern die Betäubungsmittel in „1. nicht verkehrsfähigen Betäubungsmittel, 2. verkehrsfähigen, aber nicht verschreibungsfähigen Betäubungsmittel und 3. verkehrsfähigen und verschreibungsfähigen Betäubungsmittel“.[18]

Das BtMG regelt den Verkehr mit illegalen Betäubungsmitteln und verbietet die Herstellung, die Einfuhr, den Besitz und den Verkauf von illegalen Drogen. Der Verstoß gegen diese Auflagen wird mit einer Geld- oder Freiheitsstrafe geahndet.

Zu den illegalen Betäubungsmitteln zählen z.B. Opiate (Opium, Heroin, Morphin), halbsynthetische Drogen (Kokain, Crack), vollsynthetische Designerdrogen (Ecstasy ‚XTC’: DOB, MBDB, MDA, MDE, MDMA;[19] PCP), Halluzinogene (LSD[20], Mescalin, Psilacybin), Naturdrogen wie Cannabis (Haschisch, Marihuana) und Aufpuschmittel (Amphetamine: Speed, Crystal; Metamphetamine). Zusätzlich werden diese illegalen Betäubungsmittel je nach Wirkungsgrad in „weiche“ und „harte“ Drogen unterteilt sind.[21] Entscheidend für dieses Abgrenzkriterium ist, in wie weit und wie schnell eine Substanz physisch und psychisch abhängig macht. Unter die „weichen Drogen“ fallen Stoffe, die nur über ein geringes psychisches Abhängigkeitspotential verfügen und körperlich nicht zwangsläufig abhängig machen.[22] Klassisch gesehen ist die Gruppe der „weichen Drogen“ keine Gruppe, da nur eine einzige Droge eindeutig dieser Kategorie zugeordnet werden kann.[23] Hierbei handelt es sich um das Hanfkraut mit dem Wirkungstyp Cannabis, in seinen verschiedenen Erscheinungsformen (Haschisch, Marihuana etc.). Der Konsum von Cannabis verursacht eine geringfügige psychische Abhängigkeit und beim Absetzen der Droge, treten keine körperlichen Entzugssymptome auf, die als ein Zeichen körperlicher Abhängigkeit gelten.[24] Dennoch bleibt umstritten, ob das Absetzen der weichen Droge nur geringe psychische Abhängigkeit auslöst. Kokain hingegen gehört zu den „harten“ Drogen, und das psychische Suchtpotential gilt als extrem hoch, obwohl es körperlich kaum abhängig macht.

Der Sinn dieser Unterscheidung zwischen harten und weichen Drogen liegt in dem höher angelegten Strafmaß, bei der Genuss und Handel von harten Drogen, da die medizinische Definition von ‚harter’ und ‚weicher’ Droge, zu ganz anderen Einteilungsresultaten führen würde.

Kritisch ist die Unterteilung von legalen und illegalen Drogen zu sehen, da die Parameter einer psychischen und physischen Abhängigkeit nicht eindeutig auf Unterschiede zwischen den Drogen hinweisen. Legale Genussmittel wie Tabak, Alkohol und medizinisch legitimierte Medikamente sind weit verbreitet und gesellschaftlich anerkannt. Sie verursachen nachweislich größere Schäden an Menschen als die verbotenen und so genannten gefährlichen Drogen. Diesbezüglich liegen schon seit Jahrzehnten wissenschaftliche Erkenntnisse (Befunde) zu physischen und psychischen Risiken des Konsums legalisierter Drogen vor, die in der Öffentlichkeit immer noch weitgehend ignoriert werden. Z.B. Alkohol als legales Genussmittel zeigt ein hohes Suchtpotential. Hingegen stellt die illegale Droge Cannabis im Hinblick auf Physis und Psyche ein wesentlich geringeres Gefahrenpotential dar.[25] Von Medikamenten-, Nikotin- und Alkohol geht eine weitaus höhere Gefahr aus, abhängig und geschädigt zu werden, als von Cannabis-Produkten. Das zeigt die Todesstatistik von Nikotin-, Alkohol- und Medikamentenabhängigen, die auch ohne die Dunkelziffer weit vor allen anderen illegalen Drogenkonsumtoten liegt.[26]

2.2 Das Wort „Sucht“ – das Dahinsiechen

Aus: WAHRIGRechtschreibung[27]

Sucht f. 2 krankhaft gesteigertes Bedürfnis, Z.B. Trunksucht

sie|chen intr. 1 lange krank sein, meist: dahinsiechen[28]

Aus: BERTELSMANNWörterbuch

Sucht [f. 2] krankhaft gesteigertes Bedürfnis (nach Mitteln zur Erzeugung bestimmter Zustände; Alkohol~, Rauschgift~, Schlaf~) [ ➔ siechen]

sie|chen [V.1, hat gesiecht; o.Obj.] siech sein, [meist] dahinsiechen; der Kranke siecht nur noch[29]

Demnach wird Sucht als ein zwanghafter und krankhafter Zustand beschrieben. Die Ursachen dieser Erkrankung scheinen in der Psyche zu liegen, da die Zufuhr eines Mittels lediglich zur Erzeugung von bestimmten Empfindungen dient.

Das Wort „Sucht“[30] wird häufig mit dem Wort „Suchen“ in Zusammenhang gebracht. Doch ist „Sucht“ in keiner Weise mit dem Verb „Suchen“ verwandt, sondern leitet sich von dem altgermanischen (altdeutschen) Adjektiv „siech“ oder Verb „Siechen“ ab, das „krank“ heißt, und das Leiden an einer Krankheit bedeutet. Im heutigen Sprachgebrauch ist der Begriff „siech“ – als das „Dahinsiechen“ bekannt, das nur noch regionalen Bekanntheitsgrad besitzt.[31]

Obwohl das Wort „Sucht“ nicht von „Suchen“ abstammt, kann es dennoch mit dem Begriff „Suchen“ assoziiert werden, was entweder soviel wie das erfolglose Suchen nach der inneren Mitte oder „die Suche nach dem guten Gefühl: dem Glücksgefühl“ bedeuten kann. In der Psychologie steht hinter der Sucht „immer eine stellvertretende Suche nach Beziehung, Liebe, Glück, Kontakt, Lust, Zufriedenheit u.m.“, die in der Regel auf diesem Weg langfristig erfolglos bleibt.“[32] Dabei handelt es sich um eine Ersatzhandlung, bei der Sucht einer Ersatzfunktion gleich kommt und sich die geistige und emotionale Energie auf die Auseinandersetzung mit dem Suchtmittel konzentriert.[33]

2.2.1 Historischer Rückblick

Bis ins 16. Jahrhundert bezeichnete „Sucht“ jede Art von Krankheit, wie Bleichsucht (spezielle Form der Blutarmut), Brech- und Esssucht (Bulimia nervosa), Gelbsucht (Hepatitis), Fallsucht (Epilepsie), schwarze Sucht (Cholera), Schwindsucht (Tuberkulose) oder die Wassersucht (Aszites) und die meisten Krankheitsbegriffe sind auch heute noch im Sprachgebrauch.[34] Im Laufe des sechzehnten Jahrhundert hat sich der Begriff „Krankheit“ an Stelle von „Sucht“ etabliert und „Sucht“ hat sich allmählich zum Synonym für Leidenschaft und Triebe entwickelt. Religiös-moralische Werteigenschaften haben den Begriff zunehmend mit negativen Eigenschaften belastet und Sucht nahm die Bedeutungen unmoralischer Verhaltensweisen an, wie Sehnsucht, Eifersucht, Rachsucht, Sehnsucht, Zanksucht.[35] Bis Heute wird noch das sündige Verhalten mit der Sucht assoziiert.[36]

Im 18. Jahrhundert ist der Begriff der „Trunksucht“ entdeckt worden, die zuvor als Laster, Neigung oder verkorkste Leidenschaft galt. 1784 konnte der Mediziner und Sozialforscher Benjamin Rush in seinen Untersuchungen über Trunksucht (heute: Alkoholismus) die Wirkung von Branntwein auf den menschlichen Körper und Geist bewiesen und als „Krankheit des Willens“ bezeichnete. Damals erhielt Sucht die heutige Bedeutung einer „krankhaften Abhängigkeit“.[37] Sprachgeschichtlich hat Trunksucht zum generellen Bedeutungswandel des Wortes Sucht beigetragen, denn nicht nur weitere extreme Erscheinungsformen des Drogenkonsums sind in die Folge der Sucht aufgenommen worden, sondern auch zunehmend andere durch übermäßig starkes Verlangen geprägte Verhaltensformen wie Herrschsucht, Spielsucht, Sexsucht, Fernsehsucht, Konsumsucht, Arbeitssucht u.m.[38]

Im 19. und 20. Jahrhundert nahm das Wort Sucht allmählich zwanghaften Charakter an und bezeichnete eine krankhafte Verformung von Vernunft und Willen. Insbesondere in der Medizin verfestigte sich der Begriff als krankhaftes Verhalten. Die Synthetisierung und Isolierung von einer immer größeren Menge von Wirkstoffen, bedeutete den Anstieg der von Ärzten beschriebenen Süchte. Extreme Erscheinungsformen von Drogenkonsum fielen unter den undefinierten Fachbegriff „Sucht“, was nun die „Hörigkeit gegenüber dem Konsum berauschender Substanzen“ bedeutete.[39] Im Ersten und Zweiten Weltkrieg entstanden Begriffe wie „Giftsucht“ und „Rauschgiftsucht“. Heute bedeutet Sucht eine gefährliche und krankhafte Abhängigkeit.

2.2.2 Die heutige Bedeutung von Sucht

Heute verstehen wir unter Sucht das Stadium einer schlimmen Krankheit. Sucht zeichnet sich durch ein schleichendes und zunehmend zwanghaftes Verhaltensmuster aus, das mehrere Phasen bis zur totalen Erkrankung durchlebt. Kennzeichnend für süchtiges Verhalten ist immer der zwanghafte Drang und das unbezwingbare Verlangen nach Suchtmitteln, das nicht unbedingt die Einnahme einer Substanz bedeuten muss. D.h. Sucht kann süchtige Verhaltensweisen wie z.B. Mager-, Spiel- oder Internetsucht bezeichnen.

„Sucht“ ist durchweg bis heute negativ behaftet. Kaum eine Assoziation ist frei von Abneigung, Angst und Abscheu. Zudem kommen Begriffe wie Drogensucht und Rauschgiftsucht hinzu, die für nicht wenige die Vorstellung eines gefährlichen Horrorsszenarios darstellen, mit der Folge von Krankheit, Elend, Seuche, niedere Beweggründe, Hass, Gier, Rache und Tod. Ebenso leisten die Medien ihren Beitrag und vermitteln uns ein negatives Bild von Drogensucht. Drogenabhängige werden als willensschwache, haltlose, kriminelle und selbstzerstörerische Rauschgiftsüchtige dargestellt und als asoziale, verwahrloste, verkommene, gemeingefährliche Personen abgestempelt. In unserer Gesellschaft werden gerne voreilige Schlüsse über süchtiges Verhalten gezogen, ohne der Überlegung nach zu gehen, wo Sucht sich vom „Normalen“ abgrenzt.

2.3 Der Begriff Sucht wird durch den Begriff der Abhängigkeit ersetzt

Im offiziellen Sprachgebrauch der Weltgesundheitsorganisation (WHO)[40] existierte der Begriff "Sucht" von 1957 - 1964. Damals war Sucht Ausdruck für eine krankhafte Substanzabhängigkeit, und bezog sich speziell auf die Hörigkeit Rausch- und Betäubungsmitteln gegenüber. Diese Definition der Sucht entstand unter dem besonderen Aspekt der Besorgtheit über den expandierenden Opiatkonsum und sie bezog sich hauptsächlich auf das Suchtpotenzial von Opiaten. In diesem Zeitraum verfolgte die WHO das Ziel der Bekämpfung von Opiat- und Alkoholsucht, die im hohen Maße körperliche Abhängigkeiten verursachten.[41] Aufgrund politischer Vorgaben sind zusätzlich zu Opium und Alkohol, Substanzen wie Kokain, Cannabis und Amphetamine in die Bestimmungen der WHO aufgenommen worden, auch wenn sie den ursprünglichen Definitionsmerkmalen der WHO nicht entsprachen.[42] Immer mehr Substanzen galten als gefährliche suchterzeugende Substanzen und die WHO-Kriterien über Sucht entsprachen nicht mehr dem zeitgenössischen Verständnis über Suchterkrankungen. Der Begriff der „Abhängigkeit“ schien die bessere Lösung zu sein, der die krankheitsbedingte Lage spezifischer beschreiben konnte. Die Abhängigkeit bezieht sich auf „Etwas“, auf das man angewiesen ist, um körperliches und seelisches Gleichgewicht zu halten, was zur elementaren Lebenserhaltung notwendig ist, wie z.B. Nahrungsaufnahme und Atmen. Hingegen ist der Begriff Sucht ein weiterer Begriff, der veraltet und negativ behaftet ist und über die Abhängigkeit hinausgeht.[43] Zu viele Belastungen haben sich mit dem Begriff der Sucht verbunden. In unserem heutigen Sprachverständnis führen diese ursprünglichen Bedeutungen von Sucht, die nicht nur das krankhafte Verhalten beschreiben, zu Irritationen. Deshalb hat die WHO 1964 den undefinierten Begriff „Sucht“ durch den wertneutraleren Begriff der „Abhängigkeit“ sowie „schädlichen Gebrauch“ (Missbrauch) ersetzt. Zusätzlich zum krankhaften Missbrauch von Drogen ermöglichte die Neubesetzung die Einbeziehung von seelischen und sozialen Begleit- und Folgeerscheinungen.[44] Die Karriere des Suchtbegriffs war im medizinischen Bereich beendet. Die Erforschung von Suchtursachen wendete sich von der Fixierung auf eine bestimmte Substanz ab und rückte die Persönlichkeit des Menschen in den Vordergrund.[45] Zwar wird in wissenschaftlichen Arbeiten der Begriff "Sucht" nicht mehr verwendet, doch wird der Begriff Sucht umgangssprachlich weiterhin verwendet.

[...]


[1] Vgl. Infantologie.de Online, Die Risiken des Rauchens, Zahlen und Fakten

[2] Vgl. DHS, Statistik 2003

[3] Zitat: Wissen.de: Bertelsmann Online-Wörterbuch zu Droge

[4] Zitat: Duden, 1997, S. 206

[5] Vgl. Loviscach, 1996, S. 17

[6] Vgl. Etymologie Online

[7] Vgl. Schwendter, 1992, S. 9

[8] Ebd.

[9] Vgl. Wikipedia Online: Droge

[10] Vgl. Loviscach, 1996, S. 17

[11] Zitat: Loviscach, 1996, S. 17 f.

[12] Vgl. Scheerer/Vogt, 1989, S. 5f.

[13] Vgl. Badry/Knapp, 1989, S. 17

[14] Vgl. DHS Online und Landesinstitut für Schule und Weiterbildung, 1988, S. 14

[15] Vgl. Drosdowski/Scholze-Stubenrecht/Wermke, 1997, S. 206

[16] Vgl. Lexikon der Süchte Online

[17] in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. März 1994, das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 22. Dezember 2006 (BGBI. I S. 3416) geändert worden ist und die nächste Änderung durch Art. 1 V v. 14.2.2007 ist noch nicht berücksichtigt Zitat: Bundesministerium für Justiz Online

[18] Vgl. Gesetzestexte Online § 1 Abs.1 und 2 Betäubungsmittel

[19] DOB: 2,5-Dimethoxy-4-bromamphetamin; MBDB: N-Methyl-1-(1.3-benzodixol-5yl)-2- butanamin; MDA: 3,4 Methylendioxyamphetamin; MDE 3,4 Methylendioxy-N- ethylamphetamin; MDMA: 4 Methylendioxy-N-ethylamphetamin

[20] LSD: d-Lysersäure-Diäthylamjid-Tratat

[21] Vgl. Merian – Schüler, Texte Online

[22] Vgl. Stangl-Taller Arbeitsblätter

[23] Vgl. Thema-Drogen.Net Online

[24] Vgl. Steinmann, Philip, 2000/01, S. 7

[25] Vgl. Loviscach, 1996, S. 19

[26] Vgl. Friedrichs, 2002, S. 30f.

[27] Vgl. Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde Online

[28] Zitat: Wissen.de, WAHRIGOnline-Wörterbuch zu Sucht

[29] Zitat: Wissen.de: Bertelsmann Online-Wörterbuch zu Sucht

[30] siehe Anhang: weitere Wörterbuchbeschreibungen zu Sucht

[31] Vgl. Wikipedia Online: Sucht

[32] Zitat: Wikipedia Online: Sucht

[33] Vgl. Wikipedia Online: Sucht

[34] Vgl. Cousto, Hans, 2002, S. 4

[35] Vgl. Loviscach, 1996, S. 33

[36] Vgl. Duden, 1989, S. 725

[37] Vgl. Böllinger, Stöver, 2002, S. 25 und Cousto, 2002, S. 4,

[38] Vgl. Cousto, 2002, S. 4,

[39] Vgl. Rauschnetz Online, der Suchtbegriff, 2000

[40] Die WHO-Weltgesundheitsorganisation wird im nächsten Kapitel noch mal genauer beschrieben.

[41] Vgl. Rauschnetz Online, der Suchtbegriff, 2000

[42] Vgl. Scheerer/Vogt, 1989, S. 14f.

[43] Vgl. Drogenaufklärung Online, 2000

[44] Vgl. Wikipedia Online: Sucht

[45] Vgl. Rauschnetz Online, der Suchtbegriff, 2000

Final del extracto de 55 páginas

Detalles

Título
Sucht und Abhängigkeit
Universidad
University of Kassel
Curso
Sucht, Diagnostik, Epidemiologie
Calificación
1,3
Autor
Año
2007
Páginas
55
No. de catálogo
V72219
ISBN (Ebook)
9783638690058
ISBN (Libro)
9783638694865
Tamaño de fichero
614 KB
Idioma
Alemán
Notas
In dieser Arbeit werden wissenschaftliche Theorien über Sucht und Abhängigkeit nebeneinander gestellt. Dabei wird versucht die unterschiedlichen und abweichenden Erklärungsansätze zu sortieren und eine Einheitlichkeit im Verständnis über Sucht/ Abhängigkeit zu schaffen. Viel Spass beim Lesen!!!!
Palabras clave
Sucht, Abhängigkeit, Sucht, Diagnostik, Epidemiologie
Citar trabajo
Dipl. Sozialpäd./-arbeiterin (Uni) Christina Aman (Autor), 2007, Sucht und Abhängigkeit, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/72219

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