Der Ruf nach Reformen in der Bildungspolitik ist in Deutschland selten so stark gewesen wie in den letzten Jahren. Kaum eine Zeitung, die noch keinen Artikel zur „Bildungsmisere“ in Deutschland veröffentlicht hat, kaum ein Weg der noch nicht vorgeschlagen wurde, um die deutschen Schulen in ihrem „Sturzflug“ aufzuhalten. Dennoch befindet sich Deutschland nicht zum ersten Mal in einer Situation des bildungspolitischen Rückstandes im Vergleich zu anderen europäischen Staaten, in der die in den Schulen vermittelten Werte und Inhalte nicht mehr den Anforderungen der Zeit entsprechen. Auch zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatte sich das Bildungssystem als überholt und erneuerungsbedürftig erwiesen. Damals tauchte von vielen Seiten die Forderung nach einer ganzheitlichen Pädagogik auf, die vor allem das Kind in seiner Individualität wahrnehmen und achten sollte, Körper und Seele gleichermaßen. Viele Reformbewegungen haben ihre Wurzeln in dieser Zeit und zeichnen sich trotz ihre Heterogenität durch das gemeinsame Verständnis der Funktion von Schule aus: dort sollten nach Johann Heinrich Pestalozzi „Kopf, Herz und Hand“ dem jeweiligen Alter und Vermögen der Schüler gemäß entwickelt werden.
Namen aus der Reformbewegung, wie etwa Maria Montessori, Rudolf Steiner, Hermann Lietz, etc. scheinen einer anderen Zeit anzugehören. Oder können wird doch auch 100 Jahre später noch von ihren pädagogischen Ideen und Konzepten profitieren und daraus Nutzen für die Schule von heute ziehen? Welche Reformen hat die deutsche Bildung zu Beginn der 21. Jahrhunderts nötig, um den internationalen und nationalen Ansprüchen wieder gerecht zu werden? Nach den Veröffentlichungen der PISA- Studie werden meist pauschal negative Urteile über deutsche Schüler und Schulen abgegeben, die sich an einem Schulsystem, wie dem der Finnen orientieren müssten, um auch deutsche Kinder und Jugendliche zu verständigen und kompetenten Bürgern zu erziehen. PISA-E, die äquivalente Studie innerhalb der Republik, zeigte jedoch ganz deutlich, dass in kaum einem anderen Land so starke Leistungsunterschiede zwischen den Schulen bestehen. Wäre es da nicht das Naheliegendste, sich an erfolgreichen Lehrmethoden in deutschen Schulen zu orientieren, anstatt skandinavischen Vorbildern nachzueifern, denen sich vor einem kulturellen Hintergrund, in dem u.a. die Lesetradition eine weit wichtigere Position einnimmt, andere pädagogische Möglichkeiten bieten?
Inhaltsverzeichnis
- Schule in Deutschland: Richtung suchend - Richtung weisend?
- Bildungslandschaft um 1900
- Aufbruchstimmung
- "Entdeckung" der Psyche des Kindes
- Erwartungen an eine "neue Schule"
- Landerziehungsheimbewegung
- Hermann Lietz - Leben und Weltsicht
- Die Anfänge
- Name und Programm
- Bildungslandschaft um 2000 im Kontext der PISA - Studie
- PISA 2000, 2003 und PISA-E
- Befunde aus PISA
- Erwartungen an Schule heute
- Öffentliche Meinungen
- Ganztagsschulen
- Die Zukunftsfähigkeit der LEH- Pädagogik
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert die Landerziehungsheim-Pädagogik im Kontext der deutschen Bildungslandschaft und untersucht ihre mögliche Vorbildfunktion für staatliche Schulen. Der Fokus liegt auf den Herausforderungen der modernen Bildung und der Frage, ob die Prinzipien der Landerziehungsheime zeitgemäße Lösungen bieten können.
- Die Entwicklung der Bildungslandschaft in Deutschland im 20. Jahrhundert und die Kritik am traditionellen Schulsystem
- Die Entstehung und Entwicklung der Landerziehungsheim-Bewegung
- Die Bedeutung der PISA-Studie und ihre Erkenntnisse für die deutsche Bildung
- Die Relevanz ganzheitlicher Pädagogik und der Rolle der Landerziehungsheime in diesem Kontext
- Die Zukunftsfähigkeit der Landerziehungsheim-Pädagogik im Vergleich zu modernen pädagogischen Ansätzen
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel analysiert die Bildungslandschaft in Deutschland zu Beginn des 21. Jahrhunderts und setzt die Diskussion um Reformen im Bildungswesen in den Kontext der PISA-Studien. Das zweite Kapitel widmet sich der Bildungslandschaft um 1900 und beleuchtet die damaligen Reformbewegungen und die Entstehung der Landerziehungsheimbewegung. Die Analyse des dritten Kapitels konzentriert sich auf die Bildungslandschaft um 2000 im Kontext der PISA-Studie.
Schlüsselwörter
Landerziehungsheim, Ganzheitliche Pädagogik, Bildungslandschaft, Reformen, PISA-Studie, Schulsystem, Zukunftsfähigkeit, Hermann Lietz, Lebenslanges Lernen, Individualität, Gemeinschaft, gesellschaftliche Herausforderungen.
- Quote paper
- Michala Garbe (Author), 2004, Die "Zukunftsfähigkeit" der Landerziehungsheim-Pädagogik, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/74106