Die Große Koalition bestehend aus CDU/CSU und SPD, die von 1966 bis 1969 unter Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger regierte, stellte ein Novum im bundesrepublikanischen Parlamentarismus dar. Seit 1949 befanden sich CDU und CSU in der Regierungsverantwortung, meist mit der FDP als Koalitionspartner, während die SPD sich auf bundespolitischer Ebene in der Opposition befand. Trotz dieser neuen Form des Regierungsbündnisses geriet die Große Koalition lange Zeit in Vergessenheit, sie wurde sozusagen zu einer „Vergessene[n] Regierung“.
Unter einer Koalition versteht man im politikwissenschaftlichen Sinne ein „Parteienbündnis, das abgeschlossen wird, um eine Regierung zu bilden und diese […] parlamentarisch zu unterstützen“. Große Koalitionen werden in der Regel von den beiden großen Parteien eines dualistisch angelegten Mehrparteiensystems gebildet. So verfügte die Große Koalition von 1966 bis 1969 über die für Verfassungsänderungen nötige Zweidrittelmehrheit im Bundestag.
Obwohl es bereits von 1947 bis 1950 in Hessen und ab 1965 in Niedersachsen eine große Koalition gab, weckte das Entstehen der Großen Koalition auf Bundesebene Befürchtungen in der bundesdeutschen Öffentlichkeit und bei verschiedenen Intellektuellen, wie etwa Karl Jaspers oder Günter Grass, die das demokratische System der Bundesrepublik in Gefahr sahen. Man befürchtete „Machtkartell, Proporzdemokratie, Vernichtung der parlamentarischen Demokratie.“ Es schien so, als widerspräche eine Regierung bestehend aus den beiden großen Parteien dem Geist der Bonner Republik.
Es stellt sich anhand dieser einleitenden Überlegungen die Frage nach dem Zustandekommen der Großen Koalition im Dezember 1966 und dem Regieren, genauer gesagt dem informellen Regieren, innerhalb dieser Koalition. Neben dem empirischen Teil, der sich der Regierung Kiesinger widmet, wird ein Blick auf die Theorie der Koalitionsbildung und auf die theoretischen Überlegungen zu informellem Regieren geworfen. Abschließend wird der Versuch einer Bilanzierung der Großen Koalition vorgenommen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Regieren in der Großen Koalition 1966 - 1969 - Koalitionsbildung und informelles Regieren
- Prämissen und Überlegungen zur Betrachtung der Koalitionsbildung und des Informellen Regierens in der Großen Koalition 1966 - 1969
- Koalitionsbildung
- Informelles Regieren
- Die Entstehung der Großen Koalition 1966
- Das Ende der Regierung Erhard
- Die Koalitionsverhandlungen
- Die Wahl Kiesingers zum Bundeskanzler und die Kabinettsbildung
- Beurteilung der Koalitionsbildung
- Informelles Regieren in der Großen Koalition 1966 - 1969
- Informelles Regieren zu Beginn der Großen Koalition
- Der Kressbronner Kreis
- Die Entstehung des Kressbronner Kreises - „Die Nebenregierung am Bodensee“
- Die Entwicklung des Kressbronner Kreises bis 1969
- Der Kressbronner Kreises - Verlegenheitsschöpfung oder Überkabinett?
- Prämissen und Überlegungen zur Betrachtung der Koalitionsbildung und des Informellen Regierens in der Großen Koalition 1966 - 1969
- Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Große Koalition in Deutschland von 1966 bis 1969. Das Hauptziel ist es, die Entstehung dieser Koalition und die Rolle des informellen Regierens innerhalb dieser Regierung zu analysieren. Die Arbeit betrachtet sowohl die formalen Aspekte der Koalitionsbildung als auch die informellen Prozesse, die das politische Handeln beeinflusst haben.
- Koalitionsbildungsprozesse in der Bundesrepublik Deutschland
- Theorien der Koalitionsbildung (office-seeking vs. policy-seeking)
- Das Phänomen des informellen Regierens
- Analyse der Großen Koalition unter Bundeskanzler Kiesinger
- Der Kressbronner Kreis als Beispiel informellen Regierens
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung führt in das Thema der Großen Koalition (1966-1969) ein und stellt die Forschungsfrage nach dem Zustandekommen der Koalition und dem informellen Regieren innerhalb dieser. Sie skizziert die Besonderheit dieser Koalition im bundesrepublikanischen Kontext und erwähnt die anfänglichen Bedenken hinsichtlich des demokratischen Systems. Die Einleitung kündigt den Aufbau der Arbeit an, der sowohl theoretische Überlegungen zu Koalitionsbildung und informellem Regieren als auch eine empirische Analyse der Regierung Kiesinger beinhaltet.
Regieren in der Großen Koalition 1966-1969 - Koalitionsbildung und informelles Regieren: Dieses Kapitel untersucht die theoretischen Grundlagen der Koalitionsbildung und des informellen Regierens. Es analysiert verschiedene Koalitionstheorien, insbesondere das „office-seeking“- und das „policy-seeking“-Modell, und diskutiert deren Stärken und Schwächen im Hinblick auf die Erklärung der Großen Koalition. Das Kapitel legt den Grundstein für die spätere empirische Analyse, indem es die relevanten theoretischen Konzepte und den analytischen Rahmen definiert.
Schlüsselwörter
Große Koalition, Koalitionsbildung, informelles Regieren, CDU/CSU, SPD, Bundeskanzler Kiesinger, Kressbronner Kreis, Regierungslehre, Spieltheorie, policy-seeking, office-seeking, bundesrepublikanischer Parlamentarismus.
FAQ: Regieren in der Großen Koalition 1966 - 1969
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert die Große Koalition in Deutschland von 1966 bis 1969, mit besonderem Fokus auf ihre Entstehung und die Rolle des informellen Regierens. Es werden sowohl die formalen Aspekte der Koalitionsbildung als auch die informellen Prozesse untersucht, welche das politische Handeln beeinflusst haben.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt die Koalitionsbildungsprozesse in der Bundesrepublik, Theorien der Koalitionsbildung (office-seeking vs. policy-seeking), das Phänomen des informellen Regierens, eine Analyse der Großen Koalition unter Bundeskanzler Kiesinger und den Kressbronner Kreis als Beispiel informellen Regierens.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung, ein Hauptkapitel über die Koalitionsbildung und das informelle Regieren in der Großen Koalition (1966-1969) und einen Ausblick. Das Hauptkapitel beinhaltet die Entstehung der Großen Koalition (inkl. Ende der Erhard-Regierung, Koalitionsverhandlungen und Kabinettsbildung), eine detaillierte Betrachtung des informellen Regierens und eine eingehende Analyse des Kressbronner Kreises.
Welche Forschungsfrage wird gestellt?
Die zentrale Forschungsfrage betrifft das Zustandekommen der Großen Koalition und die Bedeutung des informellen Regierens innerhalb dieser Regierung. Es wird untersucht, wie sich formelle und informelle Prozesse auf das politische Handeln ausgewirkt haben.
Welche theoretischen Konzepte werden verwendet?
Die Arbeit verwendet verschiedene Koalitionstheorien, insbesondere das „office-seeking“- und das „policy-seeking“-Modell. Diese werden kritisch diskutiert und auf ihre Anwendbarkeit im Kontext der Großen Koalition hin untersucht.
Was ist der Kressbronner Kreis?
Der Kressbronner Kreis wird als Beispiel für informelles Regieren in der Großen Koalition analysiert. Die Arbeit untersucht seine Entstehung, Entwicklung und Bedeutung, wobei die Frage diskutiert wird, ob er als „Nebenregierung“ oder als eine Art „Überkabinett“ zu betrachten ist.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Große Koalition, Koalitionsbildung, informelles Regieren, CDU/CSU, SPD, Bundeskanzler Kiesinger, Kressbronner Kreis, Regierungslehre, Spieltheorie, policy-seeking, office-seeking, bundesrepublikanischer Parlamentarismus.
Was ist das Ziel der Arbeit?
Das Hauptziel der Arbeit ist es, die Entstehung der Großen Koalition von 1966 bis 1969 und die Rolle des informellen Regierens innerhalb dieser Regierung zu analysieren und zu verstehen.
- Quote paper
- Daniel Stelzer (Author), 2007, Die Große Koalition von 1966 bis 1969 - Koalitionsbildung und informelles Regieren, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/75269