Die Vertragsstaaten der Europäischen Union führen ab 2005 den Handel mit Emissionszertifikaten ein. Gemäß der Richtlinie 2003/87/EG vom 13. Oktober 2003 wurden die einzelnen Staaten dazu verpflichtet, der EU-Kommission bis 31. März 2004 einen Nationalen Allokationsplan (NAP) vorzulegen. Dieser sollte den allgemein gehaltenen Rahmen der Richtlinie spezifizieren. Neben der Anzahl der Zertifikate, die die einzelnen Staaten den jeweiligen Unternehmen zuzuteilen gedenken, musste auch die Allokationsmethodik konkretisiert werden.
Direkt betroffen von diesem System des Emissionshandels sind besonders alle energieintensiven Industriezweige in den jeweiligen Mitgliedsstaaten. Seitens der organisierten Verbandsmacht dieser Industriezweige kam es auf allen Stufen des politischen und administrativen Entscheidungsprozesses zu Versuchen der Einflussnahme und Interessenartikulation. Bestrebungen, auf den Entscheidungsprozess Einfluss zu nehmen und auf die eigenen Belange und potentielle negative Beeinträchtigungen aufmerksam zu machen, fanden sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene statt.
Nun ist es nichts grundlegend Neues, wenn bei geplanten Richtlinienvorhaben der Europäischen Union, organisierte Verbandsinteressen versuchen, den Regelungsinhalt gemäß ihren Vorstellungen zu beeinflussen oder auf negative Folgen aufmerksam zu machen. Im Falle des Systems des Emissionshandels schien sich aber zu bewahrheiten, was in der wissenschaftlichen Literatur konstatiert wird. Dass nämlich, obwohl es sich bei den Umweltzertifikaten um ein „theoretisch bestechendes Konzept handelt, dieses kaum Eingang in die praktischen Umweltpolitik gefunden habe“ (Bonus/Niebaum 1998: 225). Insbesondere sieht sich das Umweltzertifikat mit einer Reihe von „Akzeptanzbarrieren“ (Gawel 1998: 113) konfrontiert, die vor allem von Seiten der handelnden Akteure der einzelnen Wirtschaftssubjekte artikuliert werden.
In dieser Arbeit soll untersucht werden, inwieweit die in der Wissenschaft formulierten Akzeptanzbarrieren mit denen deckungsgleich sind, die seitens der Wirtschaftssubjekte im Laufe der politischen Entscheidungsfindung tatsächlich betont worden sind.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Private Wirtschaftssubjekte aus Sicht der Politischen Ökonomie
- Akzeptanzprobleme von Zertifikaten
- Planungsunsicherheiten als Akzeptanzproblem
- Entwertung bereits getätigter Investitionen als Akzeptanzproblem
- Komparativ negative Einkommenseffekte als Akzeptanzproblem
- Positionierung der Wirtschaft zum Zertifikatshandel
- Positionierung der Wirtschaftsverbände
- Problem der nichtsubstituierbaren Produktionsverfahren
- Ablehnung einer Emissionsobergrenze
- Befürchtete Wettbewerbsnachteile
- Technische Schwierigkeiten und Planungsunsicherheiten
- Ablehnung eventueller Doppelbelastungen
- Die Wuppertal-Studie
- Positionierung der Wirtschaftsverbände
- Schlussfolgerungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die Akzeptanzprobleme von Umweltzertifikaten, insbesondere aus der Perspektive der deutschen Wirtschaftsverbände. Der Fokus liegt auf der Analyse der in der wissenschaftlichen Literatur formulierten Akzeptanzbarrieren und deren Übereinstimmung mit den tatsächlichen Einwänden der Wirtschaftssubjekte im politischen Entscheidungsprozess.
- Die Akzeptanzprobleme von Umweltzertifikaten aus ökonomischer Perspektive
- Die Positionierung der Wirtschaftsverbände gegenüber dem Zertifikatshandel
- Die Rolle von Planungsunsicherheiten und Wettbewerbsnachteilen bei der Akzeptanz von Zertifikaten
- Die Relevanz der politischen Ökonomie für die Analyse der Interessenvertretung der Wirtschaftssubjekte
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 1: Einleitung
Diese Einleitung erläutert die Einführung des Emissionshandels in der Europäischen Union und die damit verbundenen Herausforderungen. Die Arbeit fokussiert auf die Akzeptanzprobleme von Umweltzertifikaten und die Positionierung der deutschen Wirtschaftsverbände dazu.
- Kapitel 2: Private Wirtschaftssubjekte aus Sicht der Politischen Ökonomie
Dieses Kapitel analysiert das Verhalten der Wirtschaftssubjekte im Hinblick auf Umweltschutzmaßnahmen aus der Perspektive der politischen Ökonomie. Es werden die Anreize und Handlungsmotive der Wirtschaftssubjekte im politischen Entscheidungsprozess beleuchtet.
- Kapitel 3: Akzeptanzprobleme von Zertifikaten
Dieses Kapitel beleuchtet die Akzeptanzprobleme von Umweltzertifikaten, die aus verschiedenen Perspektiven entstehen. Es werden ethische, ökologische und ökonomische Einwände gegen die Einführung des Zertifikatssystems diskutiert.
- Kapitel 4: Positionierung der Wirtschaft zum Zertifikatshandel
Dieses Kapitel befasst sich mit der konkreten Positionierung der deutschen Wirtschaftsverbände zum Zertifikatshandel. Es werden die Argumente und Einwände der Verbände im Detail analysiert und in den Kontext der politischen Ökonomie eingeordnet.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Akzeptanzproblemen von Umweltzertifikaten im Kontext des Emissionshandels. Dabei werden insbesondere die Positionierung der deutschen Wirtschaftsverbände, Planungsunsicherheiten, Wettbewerbsnachteile und die politische Ökonomie als zentrale Themen behandelt.
- Arbeit zitieren
- Michael Hofmann (Autor:in), 2004, Akzeptanzprobleme von Umweltzertifikaten: Theorie und Praxis, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/76414