Wodurch wird das Sexualverhalten älterer und alter Menschen beeinflusst und welchen Einfluss hat dies auf die Pflege?


Travail d'étude, 2007

46 Pages, Note: bestanden (keine Note)


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Aufbau der Arbeit/ Einleitung

2 Forschungsstand

3 Allgemeiner pflegerischer Umgang mit der ATL Sexualität

4 Kontinuität oder Veränderung der Sexualität im Alter
4.1 Vorstellungen und Wünsche
4.2 Sexuelles Interesse
4.3 Erotik im Alter
4.4 Sexuelle Aktivität
4.5 Sexuelle Zufriedenheit
4.6 Körperliche Veränderungen
4.7 Erektionsstörungen
4.8 Krankheiten, die das Sexualleben im Alter beeinflussen
4.9 Weitere Einflussfaktoren
4.10 Zuletzt drei Wünsche

5 Sexualität und Alzheimer

6 Sexuelle Beziehungen bei Personen mit Demenz und ihren Partnern

7 Sexuell unangemessenes Verhalten bei Personen mit Demenz

8 Homosexualität im Alter
8.1 Begriffserklärung und allgemeine Informationen
8.1.1 Vorkommen – bei Frauen
8.1.2 Vorkommen – bei Männern

9 Anders alt werden – Die Lebenssituation von „alten Schwulen und Lesben“
9.1 Altershomosexualität
9.2 Vorteile für Schwule und Lesben im Alter

10 Wohnprojekte für Homosexuelle
10.1 „Gay and Gray“
10.2 Das Wohnprojekt „Anders leben in Ehrenfeld“ (Köln)
10.3 Der Berliner „Sonntags-Club“ 40 plus
10.4 Das AltenpfleGayheim
10.5 Verein Village
10.6 Pflegedienst „von gleich zu gleich“
10.7 Besuchs- und Begleitdienste

11 Fazit

12 Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Die vorliegende Arbeit soll sich mit der Sexualität im Alter beschäftigen. Um sich einen Einblick über dieses Thema verschaffen zu können, wurde nach geeigneten Studien in Datenbanken und nach vorhandener Fachliteratur recherchiert. Die Autoren wählen für dieses Projekt also die Methode der Literaturanalyse.

Über die Sexualität im Alter wird in der Öffentlichkeit nur relativ selten gesprochen und die Vorurteile der Gesellschaft sind immer noch sehr starr, doch ist altern und Sex haben nicht die natürlichste Sache der Welt? Aus diesem Grund haben sich die Autoren dieser Arbeit für dieses Thema entschieden.

Sexualität dient primär der geschlechtlichen Fortpflanzung des Menschen, doch außerdem erzeugt die Sexualität Lust und Befriedigung. Eine Differenzierung der sexuellen Verhaltensweisen des Menschen sind dabei nicht unwesentlich von psychischen, sozialen und kulturellen Faktoren abhängig (vgl. Das grosse illustrierte Lexikon, Band 3, S. 823).

Zusätzlich werden bei sexuellen Handlungen die Bedürfnisse nach Liebe, Geborgenheit, Bindung und persönlicher Verwirklichung erfüllt. Sexualität ist also nicht nur das Begegnen und Ausleben sexueller Ansprüche, sondern auch das Bedürfnis nach Zärtlichkeit und partnerschaftlicher Zuwendung. Demnach kann Sexualität nicht nur auf auserwählte Lebensetappen beschränkt sein, sondern nimmt auf das menschliche Verhalten von der Geburt bis zum Tod Einfluss (vgl. Pflege Heute, S. 300).

Das Alter ist eine zeitliche Epoche in der Entwicklung von Lebewesen und ist gekennzeichnet durch eine Verlangsamung von Stoffwechselprozessen mit daraus resultierendender Leistungsminderung (vgl. Harenberg, S. 93).

Das Sexualleben von alten Menschen ist gesellschaftlich tabuisiert und wird als obszön empfunden. Die Biologie des Menschen orientiert sich jedoch nicht nur am Privileg der Jugend unserer Gesellschaft (vgl. Kursbuch Gesundheit, S. 705).

Untersuchungen zeigen, dass viele alte Menschen ihr eigenes Sexualleben negativ bewerten, begründet und verursacht durch den Partnermangel als auch durch die Situation in Altenheimen und Pflegeeinrichtungen, die fast alle Aussichten zur sexuellen Aktivität vorenthalten. Jedoch ist Sexualität auch noch im hohen Alter wichtig, denn Bindung, Geborgenheit und Zärtlichkeit stimulieren die Lebensaktivität und den Lebenswillen und darf daher älteren Menschen nicht verweigert werden (vgl. Schäffler, S. 383).

Was für einen Einfluss die Sexualität allgemein auf die Pflege hat und wie das Personal auf die Sexualität ihrer Patienten eingehen kann, soll im zweiten Kapitel dieser Arbeit dargestellt werden.

Die sexuelle Reaktionsfähigkeit wird im Alter nicht grundsätzlich eingeschränkt, d.h., die Fähigkeit zum Geschlechtsverkehr bleibt erhalten. Vor allem Menschen, die in ihrem Leben ein aktives Sexualleben hatten, werden dies auch noch im Alter weiter fortführen. Es ändert sich lediglich der sexuelle Reaktionszyklus (vgl. Schäffler, S. 383).

Allerdings können die normalen Veränderungen des Körpers und die Zunahme von Krankheiten oder Behinderungen die Sexualität im Alter beeinflussen und verändern, worauf in Kapitel drei in dieser Arbeit bezug genommen wird.

Der alte Mensch ist ein angesehenes, gewürdigtes Mitglied in unserer Gesellschaft und soll in der Öffentlichkeit, sofern der Allgemeinzustand dies noch zulässt, auch noch eifrig teilnehmen können. Sein Geschlechtsleben ist genauso wenig grotesk, wie das der jungen Bevölkerung und ist ein Zeichen für Lebensfreude. Deshalb sollte unsere Gesellschaft dafür mehr Einfühlungsvermögen und Toleranz aufbringen (vgl. Grete, H., S. 225).

Wie sieht aber das Sexualleben von alten Menschen aus, wenn sie sich geistig nicht mehr am Leben beteiligen können, wenn sie z.B. an Demenz erkrankt sind? Auf diese Thematik soll in Kapitel vier dieser Arbeit genauer eingegangen werden.

Die meisten Mitglieder unserer Gesellschaft favorisieren als Lebenspartner einen Menschen des gegensätzlichen Geschlechts. Einige Menschen trachten allerdings nicht nach einer heterosexuellen Beziehung, sondern sie bevorzugen einen gleichgeschlechtlichen Sexualpartner. Da Homosexualität aber den gängigen Konventionen widerspricht, stoßen gleich-geschlechtliche Beziehungen daher oft auf Unverständnis und Befremden. Doch finden homosexuelle Paare immer mehr Akzeptanz in der Öffentlichkeit, weshalb sie sich freier zu ihrer Beziehung bekennen und sich nicht mehr verstecken müssen (vgl. Pflege Heute, S. 301).

Wie steht die Gesellschaft jedoch alten homosexuellen Paaren gegenüber?

Diese Problematik soll im Kapitel fünf dieses Projektes ausgearbeitet werden. Die zu beantwortende Forschungsfrage dieser Arbeit lautet demnach: „Wodurch wird das Sexualverhalten älterer und alter Menschen beeinflusst und welche Auswirkungen hat dies auf die Pflege?

2 Forschungsstand

Für den Zeitabschnitt zwischen Lebensmitte und Pflegeheim interessierten sich die Sozial- und Sexualwissenschaften lange Zeit nur wenig. Grund dafür ist die Annahme, dass Menschen in diesem Alter ihre Identität gefunden haben, meistens in stabilen Berufs- und Familiensituationen leben. Manifestiert sich die Sexualität in dieser Lebensphase nicht als klinisches Symptom mit Krankheitswert, findet sie seitens der Wissenschaft wenig Beachtung. Es liegt möglicherweise die Vorstellung zu Grunde, dass sich die Sexualität in der zweiten Lebenshälfte eher in ruhigen Bahnen verläuft (Vgl. Bucher et al. 2001).

„Sowohl in der öffentlichen Wahrnehmung als auch in der Wissenschaft galten alte Menschen lange als asexuell und bis heute liegen im deutschsprachigen Raum nur wenige gesicherte empirische Erkenntnisse über sexuelle Aktivität und Zufriedenheit mit der Sexualität alter Menschen vor.“ (Gunzelmann et al. 2004)

Allerdings wird von vielen Menschen die zweite Lebenshälfte eher als bewegte Zeit erlebt (Vgl. Perring-Chiello 2000).

Mit der fortschreitenden Individualisierung sind normierte Lebensläufe immer weniger die Regel, es wird Flexibilität und Mobilität verlangt. Die Menschen werden in immer neue Lebenslagen versetzt, was das Lösen von Entwicklungsaufgaben bis ins hohe Alter hinein fordert (Vgl. Bucher et al. 2001).

„Der Verlust von allgemein gültigen Werten führt dazu, dass persönliche Bedürfnisse emotionaler und sexueller Art für die Selbstentfaltung der Individuen immer wichtiger werden. Deren Befriedigung gilt als Ausdruck von Lebensqualität und Glück, in Partnerschaften als Gütesiegel für die Beziehung und in der zweiten Lebenshälfte gar als Indikator (oder Rezept) für Vitalität, Gesundheit und erfolgreiches Altern.“ (Bucher et al. 2001)

Trotz der Relevanz des Themas Sexualität im Alter richten sich die meisten empirischen Untersuchungen vorzugsweise auf Jugendliche oder Problemgruppen beziehungsweise –Themen wie Aids oder sexuelle Gewalt (Vgl. Bucher et al. 2001).

Bisher genauer untersucht wurden die sexuellen Funktionen. Mit steigendem Alter verringern sich das sexuelle Verlangen und die sexuelle Aktivität, die sexuellen Reaktionen verlangsamen sich und verlieren an Intensität (Vgl. Masters und Johnson 1996; McKinlay und Feldman 1994).

Von Sydow stellte fest, dass mit zunehmendem Alter eine größere Varianz im sexuellen Verhalten und Erleben auftritt, die nicht mit biologischen Faktoren erklärt werden kann.

Selten untersucht wurden die psychosozialen Einflüsse für diese Unterschiede bei Menschen im höheren Alter (Vgl. Bucher et al. 2001).

Die Sexualität wurde anhand von großen Querschnittstudien erstmalig im Jahre 1948 von Kinsey untersucht. Das sexuelle Erleben wird hier als wichtiger Teil der somatischen und psychischen Gesundheit definiert (Vgl. Kinsey et al. 1948).

Mitte und Ende der 60er Jahre wurde auch das sexuelle Erleben der älteren Bevölkerung zunehmend zum Objekt der Forschung. Pfeiffer und Verwoerdt weisen einen graduellen Rückgang der sexuellen Aktivität, jedoch nicht des sexuellen Interesses nach. Dieser Rückgang wird dabei allerdings von beiden Geschlechtern eher dem männlichen Teil des Paares zugeordnet (Vgl. Pfeiffer et al. 1968, 1969).

Das auch bei älteren Personen die Sexualität als wichtiger Faktor der Lebensqualität angesehen wird, zeigt eine Studie aus dem Jahre 1996, in der eine Population älterer schwedischer Männer zu 83 Prozent Sex als wichtiger oder sehr wichtig erachtet (Vgl. Helgason et al.1996).

In einer weiteren Studie aus dem Jahr 1999 wird eine etwas geringere Einschätzung beobachtet, so dass 67 Prozent der Männer und 57 Prozent der Frauen eine befriedigende sexuelle Beziehung als wichtig für die Lebensqualität angeben. Für eine noch wichtigere Rolle in der Beurteilung der Lebensqualität wird hier von 90 Prozent beider Geschlechter einer glücklichen Beziehung zugeschrieben (Vgl. Fisher 1999).

In einer Befragung von 450 älterer Menschen aus dem Jahre 1994 zeigt Brähler und Unger, dass sich die Gruppe mit bestehender Sexualität als weniger zur Depression neigend empfindet. Weiterhin geben die Mitglieder dieser Gruppe eine subjektiv empfundene bessere soziale Einbindung und höhere soziale Kompetenz an (Vgl. Brähler und Unger 1994).

„Die wenigen vorliegenden Studien weisen oft Mängel auf, die ihre Aussagekraft erheblich mindern. Ungenügende Repräsentativität der Stichproben und inadäquate Operationalisierung des Gegenstandes Sexualität (vor allem die Reduktion auf Geschlechtsverkehr) sind die häufigsten konstantierten Probleme.“ (Bucher et al. 2001)

In der vorliegenden Arbeit wurden meist qualitativen Studien verwendet, auch aus dem englischsprachigen Raum. Für das Thema Homosexualität wurde vorwiegend auf Erfahrungsberichte von Experten zurückgegriffen.

3 Allgemeiner Pflegerischer Umgang mit der ATL Sexualität

Nach und nach setzt in der Pflege beim Umgang mit der ATL Sexualität (Aktivitäten des täglichen Lebens) ein Umdenken ein, z.B. soll die strikte Geschlechtertrennung in Pflegeeinrichtungen schrittweise aufgelöst werden. Ältere Personen verdienen die gleiche Achtung vor ihrer Geschlechtlichkeit und ihrer Intimität wie jüngere Menschen unserer Gesellschaft.

In der Ausübung der täglichen Pflege wird zwar versucht auf dieses Problem Rücksicht zu nehmen, doch ist es auch für Pflegende oft nicht einfach, dieses in ihre Arbeit zu implementieren. Jenes beginnt bereits bei Entscheidungen, die gegenüber der täglichen Körperpflege vom Personal übernommen werden müssen. So zeigt sich noch oft, dass Pflegende sich selbst, bei der Aufgabe des Waschens, einem gleichgeschlechtlichen Patienten einer anderen Altersstufe zuordnen. Dementsprechend werden z.B. jüngere Patienten häufiger von gleichgeschlechtlichen Pflegenden gewaschen als ältere. Warum ist das eigentlich so (vgl. Pflege Heute, S. 300 – 301)?

„Pflegen heißt berühren und sich berühren lassen, bedeutet nah, aber nicht distanzlos zu sein“ (Zitat: Pflege Heute, S. 302).

Bestimmte Signale bei Körperkontakt oder liebevolle Gesten von Trost können von Patienten mitunter auch mal missverstanden werden. Es bedarf viel Fingerspitzengefühl, um die feinen Unterschiede der verschiedensten Berührungen beachten und zwischen Zärtlichkeit und Hilfestellung unterscheiden zu können. Folglich werden in unserer Gesellschaft, je nach Beziehung dem anderen Menschen gegenüber, bestimmte Abstandsstufen eingehalten.

Es werden vier Stufen zwischen menschlichen Abstands voneinander unterschieden:

- Intim (direkter Kontakt bis etwa 15 – 50 cm),
engste Stufe zwischenmenschlichen Abstands, z.B. beim Kind oder Partner
- Persönlich (50 bis 75 cm Abstand), z.B. bei einem guten Freund
- Gesellschaftlich (1 bis 1,5 m),
„üblicher Abstand“, z.B. auf Partys, in Büros oder auf der Liegewiese im Schwimmbad
- Öffentlich (mindestens 3,5 m Abstand), z.B. auf der Straße, in öffentlichen Verkehrsmitteln oder Kaufhäusern

(vgl. Pflege Heute, S. 302)

Obgleich Pflegende meist in keiner engen Beziehung zum Patienten stehen, müssen sie in ihren Arbeitshandlungen regelmäßig die Stufe zum intimen Abstand überschreiten. Diesen nahen Kontakt würde ein Mensch außerhalb des Pflegebereiches vermutlich als äußerst unangenehm empfinden, wobei diese Gefühle auf die individuelle Erziehung oder auf gesellschaftliche Normen zurückzuführen sind. Jedoch ist es bei der Verrichtung der Pflege nicht abwendbar und absolut erforderlich, dass der Pflegende seinen Patienten näher kommt. Aus diesem Grund wird der intime Abstand in der Pflege von allen Beteiligten toleriert, erfordert jedoch psychische Kraft, um dies auch auszuhalten (z.B. Berührungen bei der Körperpflege im Intimbereich). Es kann bei der Pflege aber trotzdem zu komplizierten Situationen kommen, die eine gelassene, aber dennoch diskrete Reaktion der Pflegekraft erfordern, denn oft überspielt der Patient mit unangemessenen Bemerkungen auch nur seine eigene Unsicherheit. Eventuelle Probleme, die in der Praxis auftreten, sollten im gesamten Team angesprochen und bewertet werden. Dadurch können eventuelle Probleme im täglichen Umgang mit der Sexualität des Patienten besser bewältigt werden (vgl. Pflege Heute, S. 302).

Pflegehandlungen im Genitalbereich können bei männlichen Patienten Erektionen verursachen, deshalb setzen diese ein hohes Maß an Feingefühl voraus. Es ist ratsam in einem solchem Fall ruhig und sensibel zu reagieren, ggf. den Patienten darauf anzusprechen oder die Pflege kurzfristig zu unterbrechen und zu einem späteren Augenblick weiter fortzuführen.

Eine Vorankündigung des Arbeitsschrittes kann solche unangenehmen Situationen evl. Verhindern (z.B. die Vorhaut beim Waschen zurückschieben).

Gelegentlich zeigen Patienten auch offensichtlich, dass diese Maßnahmen erregend auf sie wirken. Hier stößt das „Berücksichtigen der Bedürfnisse des Patienten“ und das Verständnis dem Patienten gegenüber jedoch hart an die Grenzen des Pflegepersonals.

In diesem Fall sollte der Umgangston gegenüber des Patienten deutlich verändert werden, um ihn mit Bestimmtheit in seine Schranken zu weisen.

Bei Besuch sollte das Pflegepersonal in Form von Zurückhaltung Verständnis für die Situation aufweisen, denn gerade in einer Situation, wie eine Erkrankung sie darstellt, benötigen Menschen die körperliche Nähe und Zuwendung durch ihre nahen Angehörigen. Falls die benötigten Pflegemaßnahmen nicht verschoben werden können, sollte wenigstens versucht werden die Angehörigen (Ehe- oder Lebenspartner) in die Pflege mit einzubeziehen, um das Bedürfnis des Patienten nach Nähe zu unterstützen (vgl. Pflege Heute, S. 303).

Pflegende im Nachtdienst werden durchaus mit der sexuellen Lust im Krankenhaus, in Form von Selbstbefriedigung, konfrontiert. Wie gesagt, ist dies jedoch ein natürlicher Vorgang und sollte akzeptiert und toleriert werden, (z.B. Zimmer eine gewisse Zeit lang nicht betreten) solange, wie andere Mitpatienten sich nicht belästigt fühlen. Sollte dies der Fall sein, muss derjenige mit Formgefühl darauf hingewiesen werden, dass dies aus Höflichkeit der anderen Patienten gegenüber nicht zulässig ist (vgl. Pflege Heute, S. 303).

„Der gesamte Lebensraum eines Patienten reduziert sich im Krankenhaus (besonders bei Immobilität) auf die zwei Quadratmeter Bettfläche und den Nachttisch. Dieser Platz ist Ess-, Wohn- und Schlafzimmer, Bad und Toilette und nicht einmal dort ist der Patient vor ungebetenen ‚Gästen’ sicher“ (Zitat: Pflege Heute, S. 303).

Um die Intimsphäre des Patienten zu wahren sollte sich an bestimmte Verhaltensweisen gehalten werden:

- vor Eintritt in das Patientenzimmer deutlich anklopfen,

- um zu häufige Störungen zu vermeiden, möglichst gleich mehrere Verrichtungen im Zimmer ausüben

- die Bettdecke nicht ohne Vorankündigung entfernen

- bei der Körperpflege im Zimmer für Sichtschutz sorgen (Paravent) oder den eigenen Körper als Blickschutz nutzen

- bei der Ganzkörperwäsche nur kleine Körperareale aufdecken und diese so bald wie möglich wieder bedecken

- vor Benutzung des Nachttisches oder des Spindes des Patienten um Zustimmung fragen, nichts umräumen oder wegwerfen

- persönliche Unterhaltungen mit oder über den Patienten in separaten Räumlichkeiten durchführen (wenn möglich) oder Mitpatienten eventuell aus dem Zimmer bitten

- für den Fall, dass Patient ein Flügelnachthemd trägt und das Zimmer verlassen möchte unbedingt für Oberbekleidung sorgen (z.B. Morgenmantel)

- Geschlechtsteile korrekt als Penis oder Vagina bezeichnen und keine Ausdrücke aus der Umgangssprache verwenden

- auch der Mund gehört zu den intimen Körperbereichen (Mundpflege, Essen reichen)

(vgl. Pflege Heute, S. 303)

Jede dieser Handlungsweisen sollten stets individuell und mit Respekt durchgeführt werden, doch kann dagegen übertriebene Distanz unangemessen sein.

Es sollten nicht unbedingt bei allen Pflegeverrichtungen Handschuhe vom Personal getragen werden (z.B. Atemstimulierende Einreibung), um dem Patienten nicht ständig das Gefühl zu vermitteln, dass man sich vor ihm ekeln würde. Lässt sich auf grund der Pflegehandlung (z.B. Einreibung mit einer Salbe) das Tragen der Handschuhe nicht vermeiden lassen, sollte man dem Patienten die Gründe dafür erklären (vgl. Pflege Heute, S. 303).

4 Kontinuität oder Veränderung der Sexualität im Alter

„Sexualität ist nichts endgültig Gegebenes, sie ist für den Menschen eine Aufgabe und ein zu vollbringendes Werk, sie ist nicht einfache Funktion des Bedürfnisses, des Instinkts oder des Triebes, noch auch von spezieller Wissenschaft gesichertes umgrenztes Gebiet. Sexualität ist auch im Alter eine Erfahrungs-Chance, die nur jeder selbst machen kann, die noch nicht einmal vom Sprechen darüber sich öffnet. Wo das Sexuelle anfängt, endet die macht des Verbalen und damit auch die Wissenschaft.“ (Ricoeur)

Es ist nicht so einfach zu bestimmen, wer ein alternder Mensch ist. Vom höheren Alter aus geriatrischer Sicht wird meist ab 60 oder 65 Jahren gesprochen, wobei etwa bis zum 75. Lebensjahr von den jungen Alten und ab dem 75. Lebensjahr von den alten Alten die Rede ist (Vgl. Radebold 1992).

Geht man hingegen von den altersassoziierten hormonellen Veränderungen aus, finden sich diese bereits ab dem 40. Lebensjahr. Jenseits des 50. Lebensjahres kann man einen bedeutsamen Anstieg dieser Beschwerden verzeichnen. Bei der Frau werden diese Phänomene als Wechseljahre bezeichnet, und auch die Möglichkeit der Wechseljahre des Mannes wird in den letzten Jahren diskutiert.

Das psychologische Konzept der Midlife Crisis erklärt diese Zunahme an Beschwerden als Folge familiärer, berufsbezogener oder lebensaltersspezifischer Konflikte (z. B. Verlassen des Hauses durch die Kinder, berufliche Krisen wie Erfolglosigkeit, Entlassung, Frühberentung) (Vgl. Beutel et al. 2000). Beiden Konzepten folgend wäre der alternde Mensch ein Mensch nach Klimakterium oder nach der Midlife Crises.

Obwohl der Anteil alter Menschen in der Gesamtbevölkerung steigt, wird über Partnerschaft und Sexualität in der zweiten Lebenshälfte kaum geredet. Hierfür können verschiedene Erklärungsansätze aufgeführt werden.

Zum einen wuchsen die Menschen, die sich heute im höheren Lebensalter befinden, in einer Zeit auf, in der Sexualität untrennbar an Fortpflanzung gebunden war, offene Kommunikation über sexuelle Bedürfnisse und Beziehungen war unüblich. Menschen jenseits des reproduktiven Alters wurden eher als asexuelle Wesen gesehen und behandelt. Auch in den heutigen Zeiten der möglichen Trennung von Sexualität und Fortpflanzung und der verlängerten Lebenserwartung sind die Bilder der asexuellen Alten erhalten geblieben (Vgl. Bucher et al. 2001).

[...]

Fin de l'extrait de 46 pages

Résumé des informations

Titre
Wodurch wird das Sexualverhalten älterer und alter Menschen beeinflusst und welchen Einfluss hat dies auf die Pflege?
Université
Martin Luther University  (Institut für Pflege- und Gesundheitswissenschaften)
Cours
Spezielle Pflege- und Gesundheitswissenschaft
Note
bestanden (keine Note)
Auteurs
Année
2007
Pages
46
N° de catalogue
V78864
ISBN (ebook)
9783638852531
ISBN (Livre)
9783640136889
Taille d'un fichier
556 KB
Langue
allemand
Mots clés
Wodurch, Sexualverhalten, Menschen, Einfluss, Pflege, Spezielle, Pflege-, Gesundheitswissenschaft
Citation du texte
A. Mewitz (Auteur)E. Knaute (Auteur)S. Hennig (Auteur)N. Berger (Auteur), 2007, Wodurch wird das Sexualverhalten älterer und alter Menschen beeinflusst und welchen Einfluss hat dies auf die Pflege?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/78864

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