Religiösen Judenhass wollen wir als einen integralen Bestandteil der Geschichte verstehen, der je nach Kultur und Zeitalter in unterschiedlichem Maße ausgeprägt war, jedoch niemals verschwand.
Mit dem Aufkommen des politischen Antisemitismus in Deutschland im späten 19. Jahrhundert stellten sich immer mehr Juden die Frage nach ihrer Identität als Deutsche und als Juden. Das Bemühen deutscher Juden, ihre Treue zum Vaterland durch die Teilnahme am Ersten Weltkrieg zu belegen und die Hoffnungen, die sie in diese Beweisführung legten, erwiesen sich als tragisches Missverständnis.
Jakob Wassermann war einer der berühmtesten jüdischen Autoren der Moderne und gehörte zu den meistgelesenen Romanschriftstellern der Kaiserzeit und der Weimarer Republik.
1921 hat er seine autobiographische Schrift Mein Weg als Deutscher und Jude veröffentlicht, in der er den deutschen Antisemitismus thematisiert und scharf kritisiert. Hauptthema dieses Werkes ist die deutsch-jüdische Identität.
Das Thema der Auseinandersetzung Wassermanns mit solcher Identität ist nicht nur für die Disziplinen der Ethnologie und der Geisteswissenschaft, sondern gerade auch für die Interkulturelle Germanistik relevant, weil sich dieses Fach in vielerlei Hinsicht mit der Frage der Fremdheit beschäftigt und die Juden nicht selten als so genannte Repräsentanten der Fremdheit stilisiert werden. Durch die langjährige Präsenz des jüdischen Volkes in vielen Ländern dieser Welt kann es heutzutage in hohem Maße als Träger kultureller Vielfalt gelten.
Die Beschäftigung mit dem, was manchmal als fremd aufgefasst wird bzw. werden kann - in diesem Fall die Juden - dient vor allem der Selbstaufklärung und der Vorbereitung auf einen reflektierten Umgang mit dem Fremden in der späteren Tätigkeit.
Immer mehr Menschen müssen lernen, mit Angehörigen anderer Traditionen, Rechtssysteme und kollektiver Sinnentwürfe zu interagieren und benötigen xenologisches Basiswissen. Heutzutage wird das wechselseitige kulturelle Verständnis auch deshalb relevanter, weil die Anforderung besteht, in einer multikulturellen Gesellschaft zusammenzuleben. Um das Verhalten anderer Kulturen und Menschen zu verstehen, brauchen wir aber auch ein Wissen über die früheren Epochen der eigenen Kultur. Ausgangspunkt ist die Entdeckung des Fremden im Eigenen. Sein Fremdes zu verstehen, erleichtert die Einfühlung in das Fremde des Anderen.
Inhaltsverzeichnis
- A. Einleitung
- I. Einführung in die Thematik
- II. Zum Aufbau der Arbeit
- B. Judentum und Judenfeindschaft
- I. Definition des Begriffes ,,Juden“
- II. Zur Geschichte des Judentums und der Judenfeindschaft
- 1. Religiöser Antijudaismus
- a. Antisemitismus im Mittelalter (Ausgrenzung und Verfolgung)
- 2. Die Aufklärung als Chance für das Judentum
- Judenemanzipation und die „Judenfrage“
- 3. Die Entstehung des modernen Antisemitismus in Deutschland
- a. Definition des modernen Antisemitismus
- b. Politischer Antisemitismus der Kaiserzeit
- Berufliche und soziale Schichtung im Kaiserreich
- c. Der Antisemitismus in der Weimarer Republik
- 4. Nationale Einheit durch Ausgrenzung
- 5. Zionismus als national-jüdische Gegenbewegung zum Antisemitismus
- C. Jakob Wassermann: „Mein Weg als Deutscher und Jude“
- I. Jakob Wassermanns Leben und Werk
- 1. Kindheit und Jugend in Fürth
- 2. Lehr- und Wanderjahre (1889-1894)
- 3. München - Anfang einer Karriere (1894-1898)
- 4. Österreich die zweite Heimat Wassermanns (1898-1933)
- II. Die deutsch - jüdische Existenz Wassermanns
- III. Die Konstruktion jüdischer Identität
- 1. Begriffserklärung „Identität“
- 2. Jüdische Identität (Das Problem der jüdischen Identität in der bürgerlichen Gesellschaft)
- D. Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Auseinandersetzung Jakob Wassermanns mit jüdischer Identität in der Moderne. Sie untersucht, wie Wassermann seine deutsche und jüdische Herkunft in seinen Werken und in seinem Leben verarbeitet und wie er mit den Herausforderungen des Antisemitismus in Deutschland umging. Die Arbeit soll zeigen, wie Wassermanns Erfahrungen die Entwicklung seiner Identität prägten und wie er sich in einer Gesellschaft positionierte, die von Antisemitismus geprägt war.
- Die Geschichte des Antisemitismus in Deutschland
- Die Entwicklung der jüdischen Identität in der Moderne
- Die deutsch-jüdische Existenz Jakob Wassermanns
- Wassermanns Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus in seinen Werken
- Die Relevanz von Wassermanns Werk für die interkulturelle Germanistik
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die den Hintergrund der Thematik und den Aufbau der Arbeit erläutert. Das zweite Kapitel widmet sich dem Judentum und der Judenfeindschaft, beginnend mit der Definition des Begriffs „Jude“ und der Geschichte des Judentums und der Judenfeindschaft. Im dritten Kapitel wird das Leben und Werk Jakob Wassermanns vorgestellt, mit besonderem Fokus auf seine deutsch-jüdische Identität und seine Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus. Der Schluss der Arbeit wird nicht in dieser Zusammenfassung vorgestellt, um keine Spoiler zu enthüllen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Themen Judentum, Judenfeindschaft, Antisemitismus, Identität, deutsch-jüdische Existenz, Jakob Wassermann, Interkulturelle Germanistik, Fremdheit, Stereotypentheorie, Kulturwandel und interkulturelle Kommunikation.
- Quote paper
- Magdalena Palarz (Author), 2007, Jakob Wassermann und seine Auseinandersetzung mit jüdischer Identität in der Moderne, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/81782