Das Gabenkonzept von Marcel Mauss und seine anthropologische Inkonsistenz zu den unveräußerlichen heiligen Objekte des Baruya-Stammes in Neuguinea


Term Paper, 2007

31 Pages, Grade: 1,7


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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Ausgangspunkt: das Gabenkonzept von Marcel Mauss
2.1. Kritik an Mauss und Weiterführung seiner Gedankengänge: Erwähnung der vierten Verpflichtung sowie die der Güter, die unveräußerlich sind
2.2. Theorien und Interpretationen über die unveräußerlichen Güter

3. Die unveräußerlichen heiligen Objekte bei dem Baruya-Stamm in Neuguinea

4. Fazit

5. Literatur/ Quellenangaben

1. Einleitung

Geschenke, die man gibt und Geschenke, die man nimmt, finden wir in allen Gesellschaften, seit eh und je, immer wieder vor. Kleine Geschenke, so sagt der Volksmund, erhalten die Freundschaft, während bei grossen dies nicht unbedingt sein muss. In diesem Fall könnte nämlich der Beschenkte sich unbehaglich fühlen, wenn er nicht in der Lage ist, dass große Geschenk, das er erhielt, adäquat groß zu erwidern.

Andererseits: Gar keine Gaben erhalten die Freundschaft auch nicht. Das Geben, das zunächst nicht als ökonomische Prämisse verstanden sein soll, unterliegt gleichwohl einem ebenso pragmatischen wie prekären Reglement der wechselseitigen Verpflichtung und Verschuldung.

Überträgt man das Gesagte aus der Sphäre freundschaftlicher oder familiärer Beziehungen in diejenige, wo Gruppen und Kollektive miteinander Berührung haben, die noch nicht in „rein“ marktwirtschaftlich organisierten Gesellschaften leben, so hat man schon mehr als eine Ahnung von dem, was Marcel Mauss in seiner Abhandlung „Essai sur le don“ 1925 die Gabe nennt: ein soziales Phänomen, das zuallererst Sozialität stiftet, weil es die Menschen zur Gegenseitigkeit verpflichtet. Mit anderen Worten hat Mauss gezeigt, dass das Geben die Verknüpfung von drei Verpflichtungen umfasst, d.h. der Verpflichtung zu geben, der Verpflichtung zu empfangen oder anzunehmen und diese zu erwidern, sofern man angenommen hat (Mauss 1990: 91). Für Mauss ist es ein soziales Phänomen, welches er als „totales“ charakterisiert, weil in ihm religiöse, politische, ökonomische, juristische und moralische Aspekte des Zusammenlebens verschmelzen. Dabei verpflichtet und verbindet es die Gruppen und Klans, wobei Mauss sich, unter anderem, auf Malinowskis Beschreibung des „Kula“ der Bewohner des Archipels Trobriand stützte, gelegen im Osten Neuguineas. Bei diesen Bewohnern wurde deutlich, dass der zeremonielle Tausch und die damit gemeinte obligatorische Weitergabe von kostbaren Objekten sich kreisförmig vollzieht und zwar nur in einer Richtung. Irgendwann, mitunter nach langer Zeit, kehren dann die Gaben zum ersten Geber zurück. Auf ihrem Weg verleihen die Armreifen und Muschelketten als Gaben ihren zeitweiligen Inhabern, den Häuptlingen zumeist, Prestige und Ehre und verketten so die Inseln des Archipels und ihre Bewohner, so dass diese interinsulare Infrastruktur zu einem großen ritualisierten Geben und Nehmen wird (Mauss 1990: 50-1). Dabei sorgt dieser Gabentausch auch für eine Kontinuität, d.h. für eine soziale Verflechtung, die als ein stabilisierender Faktor anzusehen ist.

Diese Zirkulation verbunden mit dem zwanghaften Charakter der obligatorischen Dreierverpflichtung löste für Mauss eine wesentliche Frage aus: „Was liegt in der gegebenen Sache für eine Kraft, die bewirkt, dass der Empfänger sie erwidert?“ Mauss setzte die Existenz eines Geistes oder Seele in der Sache voraus, welcher derjenigen, der sie empfängt, zum Erwidern drängt und dabei den Geist und die Seele mit religiösen Dimensionen verbindet (Mauss 1990: 40). Ein methodischer Fehler, der von Levi-Strauss kritisiert wurde, mit der Behauptung, Mauss wäre unvorsichtig gewesen und hätte für einen Augenblick lang den wissenschaftlichen Geist vergessen (Levi-Strauss 1989:31).

Kernpunkt meiner Hausarbeit liegt deshalb vielmehr in der Fragestellung: „Ist es möglich, Dinge zu geben und sie zugleich zu behalten?“ Anders ausgedrückt: „Gibt es Dinge, die man weder verkaufen noch geben kann, sondern behalten muss und die trotzdem einen gebenden Charakter für andere haben?“ Gestützt durch das Buch von Maurice Godelier mit dem Titel: “Das Rätsel der Gabe versuche ich, jener Frage auf dem Grund zu gehen, die Marcel Mauss nicht erschöpfend beantworten konnte. Abgesehen von Godelier zeigte auch die Forschung von Annette Weiner, um dieser Frage auf die Spur zu kommen, indem sie die Aufmerksamkeit erstmals systematisch auf die Dinge lenkte, die in dem Gabenaustausch und erst recht in die Warenzirkulation nicht eingehen und auch nicht eingehen dürfen. Die Gabe, das Geschenk ohne Gegenleistung, die den Beschenkten gegenüber dem Geber in die Schuld stellt, sie ist, so laut Godelier, schon als ursprüngliche Struktur der Religion verstanden, d.h. die Welt als Gabe der Götter, und die Menschen als ihre ewigen Schuldner. So schildern Godelier und Weiner darum die heiligen Objekte, als jene Gaben, die niemals verschenkt werden können. Marcel Mauss hatte sie nur nebenbei erwähnt, daraus allerdings kein hermeneutisches Kapital geschlagen. So z.B. sind es besonders wertvolle Kupferplatten der nordamerikanischen Kwakiutl, Talismane, sowie auch bestimmte Kenntnisse und Riten, die im Gabentausch der Gesellschaften nicht in den Verkehr gebracht werden. Sie verbürgen jeweils die Identität der Klans und Gesellschaften. Aber, und das ist entscheidend, sie gehören den Menschen nicht eigentlich. Denn empfangen haben es ihre Ahnen aus den Händen ihrer Götter, in deren Macht es stünde, jederzeit ihre Urgaben zurückzunehmen. Obwohl unveräußerlich sind diese heiligen Objekte allerdings nicht ohne Wirkung. In diesen Objekten setzt sich nämlich als Wirkung die ursprüngliche Wohltat der Götter fort, so dass diese auch zirkulieren können. Was also bei diesen unveräußerlichen heiligen Objekten veräußerlich ist, ist die Wirkung der göttlichen Kraft, die diesen Objekten innewohnt. Eine Dankesschuld gegenüber den Göttern ist aber hierdurch nicht völlig abtragbar.

Im weiteren Verlauf dieser Arbeit geht es um den imaginären Kern der Macht in den heiligen Objekten. Die jeweiligen Gründungsmythen der Klans und Gesellschaften, die sich um die heiligen Objekte ranken, erzählen Geschichten von der Beziehung der Menschen zu den Ursprungsmächten. In diesen Geschichten verwandeln sich die Menschen und lassen an ihrer Stelle Götter handeln. Ferner geht es bei diesen Gründungsmythen auch um die Urszenen der Beziehungen der Menschen untereinander, d.h. insbesondere von der Beziehung zwischen Männern und Frauen. Das Beispiel, das Godelier lieferte, betrifft die Baruya in Neuguinea: Im Mythos und in den heiligen Objekten ist festzustellen, dass die Männer die ursprüngliche Schöpfungs- und Zivilisierungsmacht der Frauen usurpierten (Godelier 1999:161).

2. Ausgangspunkt: das Gabenkonzept von Marcel Mauss

Mauss Leistung besteht vordergründig zunächst einmal darin, die anthropologischen Untersuchungen seiner Zeit –etwa die von Malinowski und Boas- zu systematisieren und in eine theoretische Form zu bringen. Die ethnologischen bzw. anthropologischen Untersuchungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts machten darauf aufmerksam, dass die archaischen Gesellschaften vor allem vom Gabentausch geprägt waren. Dieser regulierte die sozialen Verhältnisse über den Zyklus von Geben, Annehmen und Erwidern zwischen den verschiedenen Parteien und innerhalb von Kollektiven. Der Austausch von Dingen und Personen steuerte die Reproduktion dieser Gesellschaften auf grundsätzliche Weise: Für Mauss stellt der Gabentausch in archaischen Gesellschaften ein System totaler Leistungen dar, welches “gleichzeitig [ein] ökonomisches, juristisches, moralisches, ästhetisches, religiöses, mythologisches und soziomorphologisches Phänomen“(Mauss 1990:2) ist. Dabei sind diese totalen sozialen Leistungen Basisaktivitäten, die in einer obligatorischen Dreierverpflichtung münden, nämlich die Verknüpfung des Gebens, Nehmens und Erwiderns. Derjenige, der gibt, erhält dann nach einer gewissen Zeit etwas, weil für den, der was bekam, die Implikation besteht, anschließend dieses zu erwidern. Individuen oder Gruppen fühlen sich also verpflichtet, nicht nur zu geben oder anzunehmen, sondern auch das, was sie angenommen haben, zu erwidern. Besonders interessant bei dieser obligatorischen Dreierverpflichtung ist der Nachweis von Mauss, dass innerhalb des Austausches zwischen Individuen oder Gruppen eine Kraft existiere, die die Menschen zwingt, die Dinge zirkulieren zu lassen und zwar in einer Kreislaufbewegung, bis die Gaben zu ihrem Ursprungsort, d.h. zu ihrem ursprünglichen Geber, zurückkehren (Mauss 1990: 42). Dabei stellt der Geber eine doppelte Beziehung zum Nehmer her: Zum einen, weil der Geber jemanden etwas gibt und es mit ihm teilt, schafft er Solidarität. Zum anderen liegt dieser Beziehung eine Superiorität zwischen Geber und Nehmer zugrunde, d.h. eine Überlegenheit des Gebers gegenüber dem Nehmer, weil der Nehmer sich in eine gewisse Schuld und Abhängigkeit vom Geber begibt, insbesondere dann, wenn er das, was er bekam, nicht zu erwidern vermag. Dieser Doppelcharakter von Solidarität und Superiorität zeigt also in seinem eigentlichen Wesen eine Ambivalenz zwischen Geber und Nehmer. Die Kräfte werden hierbei zwar geteilt, einmal durch das Geben, zum anderen aber durch den Druck auf den Nehmer, dieses ebenso zu erwidern. Das Geben stellt somit eine Verschiedenheit und eine Ungleichheit des Status zwischen Geber und Nehmer her, eine Ungleichheit, die sich unter gewissen Umständen in eine Hierarchie verwandeln kann. Es existieren also zwei entgegengesetzte Bewegungen, in denen einerseits die Gabe die Protagonisten annähert und andererseits sie sozial voneinander entfernt, in der der eine zum Schuldner des anderen wird. Dabei ist es für Mauss auch bemerkenswert, dass “bei diesen Stämmen [...] jedoch das Prinzip der Rivalität und des Antagonismus [besteht], [...]. Man geht bis zum offenen Kampf, bis zur Tötung der einander gegenübertretenden Häuptlinge und <Adligen>. Und andererseits geht man bis zur rein verschwenderischen Zerstörung der angehäuften Reichtümer, um dem rivalisierenden Häuptling, [...] den Rang abzulaufen. Totale Leistung liegt in dem Sinne vor, daß wirklich der ganze Clan durch die Vermittlung seines Häuptlings kontrahiert, für alle seine Mitglieder, für alles, was er besitzt, und für alles, was er tut. Doch hat diese Leistung seitens des Häuptlings einen stark agonistischen Zug“ (Mauss 1990: 24). Die zentralen Begriffe für Mauss sind Antagonismus und Agonismus, durch die deutlich wird, dass von dem beiden Elementen, dem Teilen und der Schuld, es die zweite ist, nämlich die der Schuld und der sozialen Distanzierung, welche die meisten Auswirkungen im gesellschaftlichen Leben haben kann. Es geht dabei um verschiedene Formen von Konkurrenz, um den Zugang zu Reichtum, zu Macht, zu Kenntnissen und zu ritueller Hierarchie. Die Gabe mit ihrem Doppelcharakter und ihrer Ambivalenz schafft ideale Bedingungen, die für die Entwicklung jener archaischen Gesellschaft von entscheidender Bedeutung ist, wenn es sich vor allem um die Herstellung und Aufrechterhaltung persönlicher Beziehungen handelt, d.h. um das Funktionieren der Beziehungen zwischen Individuum und Gruppe, aus denen sich die Gesellschaft zusammensetzt.

Betrachtet man die dritte Verpflichtung, nämlich die des Erwiderns, so wird aus der Sichtweise von Mauss deutlich, dass “der wichtigste dieser geistigen Mechanismen [die Regeln/ die Vorstellungen] [...] ganz offensichtlich jener [ist], der dazu zwingt, das empfangende Geschenk zu erwidern. Nirgends aber treten die moralischen und religiösen Ursachen für diese Verpflichtung deutlicher in Erscheinung als in Polynesien“(Mauss 1990: 25). Das Geben, Nehmen und Erwidern sind also für Mauss wesentliche anthropologische Grundzüge, wobei er noch von einer vierten Verpflichtung sprach, nämlich die, dass die Menschen bestimmten göttlichen Mächten, bzw. Geistern der Natur oder den Geistern der Ahnen, Opfergaben zu entrichten haben. Sie richten Gebete an sie, opfern ihre Güter und bisweilen sogar ihr Leben. Im Hinblick auf die vierte Verpflichtung muss allerdings erwähnt werden, dass Mauss sie nur nebenbei erwähnte, ohne daraus eine ausführliche Analyse zu gestalten. Mauss beschrieb dies folgendermaßen: “Noch ein viertes Motiv spielt in dieser Ökonomie und Moral des Geschenks eine Rolle, nämlich das des Geschenks, das den Menschen im Hinblick auf die Götter und die Natur gemacht wird. Wir haben die eingehende Untersuchung, die nötig wäre, um die wahre Bedeutung dieses Motivs deutlich zu machen, nicht vorgenommen“ (Mauss 1990:39).

Betrachtet man die Dreierverpflichtung genauer, so stellt man fest, dass diese, wie eben erwähnt, einem obligatorischen und zwanghaften Charakter aufweist. Nicht nur, dass der Zwang besteht zu geben bzw. anzunehmen, sondern auch der Zwang, es zu erwidern. Dabei versuchte Mauss, diesen zwanghaften Charakter mittels des Glaubens zu erklären, indem er der gegebenen Sache eine Seele oder Kraft zuschrieb, die sie zwingt, zu der Person zurückzukehren, die diese ursprünglich besaß. Es geht also hierbei um eine zwanghaft zirkulierende Eigenschaft der Sache, die zu ihrem ursprünglichen Eigentümer zurückkehren will. Mauss selbst analysierte dabei die polynesischen Begriffe des hau und mana und stellte fest, dass es nämlich der hau ist, “des Geistes der Sachen [...], [der] ganz durch Zufall und völlig unvoreingenommen den Schlüssel zu diesem Problem [liefert]. Das, was in dem empfangenen oder ausgetauschten Geschenk verpflichtet, kommt daher, daß die empfangene Sache nicht leblos ist. Selbst wenn der Geber sie abgetreten hat, ist sie noch ein Stück von ihm. Durch sie hat er Macht über den Empfänger. [...]. Im Grunde ist es das hau, das zu den Ort seines Ursprungs, zur geheiligten Stätte des Waldes und des Clans und zum Eigentümer zurückkehren möchte. [...]. Im Maori-Recht [ist] die durch die Sache geschaffene Bindung eine Seelen-Bindung [...], denn die Sache selbst hat eine Seele. [...]. Beseelt, oft individualisiert, hat sie die Neigung, zu [ihrer Ursprungsstätte] zurückzukehren [...] oder für den Clan und den Boden, dem sie entstammt, etwas zu produzieren, das sie ersetzt“ (Mauss 1990: 32-6). Auch bei der Analyse des so genannten Potlatsch, wie Mauss das System der totalen Leistung nennt, wird deutlich, dass dieser Leitgedanke abermals zum Vorschein kommt, indem er versucht, den Beweis hervorzubringen, “daß den beim Potlatsch ausgetauschten Sachen eine bestimmte Kraft innewohnt, die sie zwingt, zu zirkulieren, gegeben und erwidert zu werden“ (Mauss 1990:103). Mauss geht sogar soweit, dass er zum Beispiel den kostbaren Kupfergegenständen einen lebendigen Charakter zuschreibt. Nicht nur der Zwang des Zirkulierens dieser Gegenstände ist von Bedeutung, sondern auch, dass eine Kraft in diesen Kupferplatten existiere, “die andere Kupferplatten anzieht, so wie der Reichtum Reichtum anzieht [...]. So leben sie ihr eigenes Leben und ziehen andere Kupferplatten an sich [...]: der Kupfer spricht und murrt, bittet darum, weggegeben oder zerstört zu werden; man legt Decken auf ihn, um ihn warm zu halten“ (Mauss 1990: 114-6).

2.1. Kritik an Mauss und Weiterführung seiner Gedankengänge: Erwähnung der vierten Verpflichtung sowie die der Güter, die unveräußerlich sind

Dieser Gedankengang von Marcel Mauss verbunden mit seiner Interpretation wurde insbesondere von Claude Levi-Strauss kritisiert, der ihm vorwarf, einen wesentlichen wissenschaftlichen methodischen Fehler gemacht zu haben. Der Grund dafür lag in dem übermäßigen Empirismus, an welchem Mauss letztendlich gescheitert sei. Levi-Strauss zufolge wurde nämlich Mauss das Opfer von religiösen Glaubensvorstellungen und der Magie, als er versuchte, religiöse Theorien und phantasievolle Vorstellungen mit streng empirisch, wissenschaftlichen Erklärungen zu vermischen, die dabei in seinem Denken unversehens den Wert einer wissenschaftlichen Feststellung annahmen. Verbissen hatte Mauss in seiner Abhandlung über die Gabe den Versuch unternommen, “ein Ganzes aus Teilen zu rekonstruieren, und da dies sichtlich unmöglich ist, muß er diesem Gemisch ein zusätzliches Quantum hinzufügen, das ihm die Illusion gibt, seine Rechnung ginge auf. Dieses Quantum ist das hau. Stehen wir hier nicht vor einem der (nicht so seltenen) Fälle, wo der Ethnologe sich vom Eingeborenen narren läßt?“ (Levi-Strauss 1989:31). Eigentlich bestünde die Aufgabe des Ethnologen darin, nachdem man die Auffassung der Eingeborenen freigelegt hat, solche Vorstellungen mittels einer objektiven wissenschaftlichen Kritik zu reduzieren, mit dem Ziel, zugrundeliegende Realitäten zu erreichen.

Auch wurde die Sichtweise von Mauss hinsichtlich seiner Darstellung des hau von Levi-Strauss nicht akzeptiert, indem er schrieb: “Das hau ist nicht der letzte Grund des Austausches: es ist die bewußte Form, in welcher die Menschen einer bestimmten Gesellschaft, in der das Problem eine besondere Bedeutung hatte, eine unbewußte Notwendigkeit erfaßt zu haben, deren Grund anderswo liegt“ (Levi-Strauss 1989:31).

Im Folgenden warnt uns dann Levi-Strauss vor dem, was passieren würde, wenn man es wagt, dem Vorgehen von Mauss zu folgen:

“[Man liefe] Gefahr, die Soziologie auf einen gefährlichen Weg zu führen, der gar ihr Untergang sein könnte, wenn man nämlich einen Schritt weitergeht und die soziale Realität auf die Auffassung reduzieren würde, die sich der Mensch, und selbst der Wilde, von ihr bildet. [...] Die Ethnographie würde sich dann in eine wortreiche Phänomenologie auflösen, in ein fälschlich naives Gemisch, in welchem die anscheinende Dunkelheit des Denkens der Eingeborenen nur hervorgehoben würde, um die ansonsten allzu greifbare Verworrenheit des Denkens des Ethnographen zu verdecken“ (Levi-Strauss 1989:36).

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Details

Title
Das Gabenkonzept von Marcel Mauss und seine anthropologische Inkonsistenz zu den unveräußerlichen heiligen Objekte des Baruya-Stammes in Neuguinea
College
University of Freiburg  (Institut für Ur- und Frühgeschichte)
Course
Hauptseminar
Grade
1,7
Author
Year
2007
Pages
31
Catalog Number
V81930
ISBN (eBook)
9783638885454
ISBN (Book)
9783638891356
File size
481 KB
Language
German
Keywords
Gabenkonzept, Marcel, Mauss, Inkonsistenz, Objekte, Baruya-Stammes, Neuguinea, Hauptseminar
Quote paper
Volker Petzold (Author), 2007, Das Gabenkonzept von Marcel Mauss und seine anthropologische Inkonsistenz zu den unveräußerlichen heiligen Objekte des Baruya-Stammes in Neuguinea, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/81930

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